Über das Richteramt in St.Veit

Mai 29, 2012 um 18:30 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen Kommentar
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Den Weg vom Herzogstuhl als dem ältesten Rechtssymbol Kärntens die Jahrhunderte herauf nachzugehen bis wir beim Vorsteher unseres Bezirksgerichtes anlangen, würde selbst einer Doktorarbeit gut anstehen. Solch umfassendes Thema im gegebenen Rahmen zu versuchen, kann nur heißen, da und dort ein bißchen Lokalkolorit einzufangen und nicht mehr.

Dank des glücklichen Umstandes, daß der um die Stadt ganz allgemein, für deren Geschichte im besonderen einst so verdienstvoll wirkende Schulrat Norbert Rainer im Jahre 1927 ein Stadtbuch herausgegeben hat und dafür so namhafte Mitautoren wie Dr.Karl Ginhart, Rudolf Niederl und Dr.Martin Wutte zu gewinnen wußte, können hier wohl fundierte Angaben daraus bezogen werden. Wutte, ein Kind des Nachbarortes Obermühlbach und später zum großen Landeshistoriker geworden, befaßte sich in seinem Beitrag „Aus der Geschichte von St.Veit“ Seite 52-84 auch sehr ausführlich mit Rechts- und Gerichtsfragen. So ist es ein leichtes, darin die entsprechenden Stellen aufzusuchen und daraus zu zitieren. Wenn es da z.B. heißt, daß Herzog Hermann 1174 einen Gerichtstag in St.Veit gehalten hat, dann muß man davon ausgehen, daß ein solches Gericht nicht permanent sondern fallweise fungierte und auch nur die Händel und Streitsachen des Adels zum Gegenstand hatte, denn die einfachen Bauern und Bürger waren damals weitgehenst einem strengen, oft willkürlichen und jedenfalls ungesatzten Gewohnheitsrecht ihrer Burg- und Landherren überlassen. Mit herzoglicher Hofhaltung in St.Veit, 1199 erstmals urkundlich erwähnt, konnte sich allmählich der Aufstieg des kleinen Ortes zum Markt (1199), zur Stadt (Stadtmauer 1228) und schließlich zur Landeshauptstadt vollziehen. Es ist St.Veits große Zeit, das einerseits Sitz des Kärntner Landtaidings, einer Gerichtsversammlung der Landesgemeinde unter Vorsitz des Landesfürsten oder des Landrichters geworden ist, anderseits aber im Zuge der vermehrten Markt- und Stadtfreiheiten auch ihr eigenes Stadtgericht erhalten hat. Das Landtaiding wurde später in dasHoftaiding, also in das Hofgericht des Landesfürsten und in die Landschranne, ein ziviler Gerichtsstand des Adels, geteilt.

 Herzog Bernhard verlieh seiner Stadt schon im 13. Jhdt das Stadtrecht. Über Jahrhunderte wird es jetzt darum gehen, bei jedem Herrscherwechsel, sich die vorhandenen Privilegien rasch wieder aufs neue und möglichst vollinhaltlich oder gar verbessert bestätigen zu lassen. Wie stolz war man doch auf diese Freiheiten und darauf, die bürgerlichen Rechtssachen im eigenen Kreise regeln zu dürfen.

Weil wir eingangs auch vom Herzogstuhl sprachen, nur so viel: Sein wirkliches Alter liegt im Dunkel der Geschichte. Mit der Einsetzung des Grafen Meinhard von Tirol am 1.9.1286 und aus dem Bericht darüber vom steirischen Reimchronisten Ottokar (Ca.I  S.469) gibt es dazu den ersten urkundlichen Nachweis. Daß der Stuhl am Zollfeld aber nicht ausschließlich ein Platz der Herzogseinsetzung, der Huldigung und Lehenvergabe sondern gleichzeitig ein Richterstuhl war, steht außer Frage. Kein Richterstuhl allerdings, vor den auch der kleine Mann sein Recht suchen konnte. Solches wurde erst einmal und für lange Zeit ausschließlich städtischen Bürgern mit Stadtrechten und Stadtrichtern gewährt. Daher der alte Satz „Stadtluft macht frei“

Seit Graf Meinhard gibt es mit Sicherheit neben dem herzoglichen Richter einen eigenen Stadtrichter in St.Veit, während die Zeit davor nicht ganz klar ist, ob im Bedarfsfalle der erstere oder schon der zweite einzugreifen hatte. Neben Hoftaiding und Landschranne wurde von Meinhard auch ein oberster Landrichter in St.Veit gehalten.

Da nicht alle Freiheitsbriefe dem Zahn der Zeit standgehalten haben, kann oft nur unsicher rückgeschlossen werden. So soll Herzog Meinhard 1290 den St.Veiter Bürgern das Recht erteilt haben, Räte und Bürgermeister in jährlichen Wahlen zu bestimmen, die im neuen Rathause beraten und rechtsprechen mochten. Vom Ende des 13. Jhdts an finden sich jedenfalls Jahr für Jahr andere Stadtrichter, was auf eine Wahl durch die Bürgerschaft hinweist. Die 12 Räte sind seit 1304 nachgewiesen und heißen die Geschworenen, weil sie dem Landesfürsten einen Dienst- und Treueeid leisten mußten.

 Mit den Habsburgern als neuen Landesherren blieben zwar die genannten Gerichtsbehörden und auch die übrigen Landesbehörden weiterhin in St.Veit, von einer Residenzstadt war aber von nun an keine Rede mehr.

Im 15. Jhdt kommen die Landtage auf. Das sind die aus Adel, hoher Geistlichkeit und Städtevertretern gebildeten Landesversammlungen, welche in aller Regel in St.Veit tagen.

Jetzt gibt es anstatt der 12 Geschworenen schon zwei Ratseinrichtungen, den sogenannten Inneren Rat und den Rat der Acht. Der Innere Rat übt unter Vorsitz des Stadtrichters die Gerichtsbarkeit in Streitsachen aus. Der Achter-Rat hingegen kümmert sich um die Stadt-verwaltung. Man kann inzwischen von einer vollen Selbstverwaltung sowohl in der bürgerlichen Gerichtsbarkeit als auch in der Vermögensverwaltung der Stadt sprechen. Kaiser Friedrich verleiht 1457 Richter und Rat Acht und Bann für 6 Jahre, bzw ab 1465 auf ewige Zeiten. Damit war das Recht verbunden, gegen Gesetzesbrecher die innerhalb des Stadtfrieds aufgegriffen wurden, auch mit Todesstrafe vorzugehen. Der Platz des Hochgerichts stand zwischen Muraunberg und Klagenfurterstraße außerhalb der Stadt. Für kleinere Vergehen gab es den Pranger „am Platze“. Die Wohnung des Freimannes, das war der Henker, befand sich gewiß schon damals im Hause (Zwölf-)Botengasse 11, wo noch 1775 der kk Scharfrichter Josef  M a r t i n  domiziliert war. (Die Zwölf-Botengasse führte zur einstigen Zwölf-Boten-Kirche, sprich Kirche der Zwölf Apostel –  in der Ost-Ecke der Stadtmauer gelegen).

1545 erlaubte Kaiser Ferdinand neben der Wahl des Stadtrichters wie bisher, zusätzlich die Wahl eines Bürgermeisters. Grund dafür war die deutliche Zunahme des städtischen Wirtschaftsbetriebes und Realbesitzes. Das Geschäft mit dem Hüttenberger Eisen schien immer besser zu florieren. Während die Bürgerschaft – dazu zählte nur wer Haus- und Grundbesitz innerhalb der Stadt hatte und wer ausdrücklich als Bürger angenommen worden war – Räte und Stadtrichter wählte, erkoren die letzteren jährlich am Johannestag, das ist der 27. Dezember, den Bürgermeister. Für die Versammlung aller Räte, des Richters und des Bürgermeisters bildete sich  die Bezeichnung „Magistrat“ heraus.

 Kaiser Leopold I bestätigte zwar die Blutgerichtsbarkeit, verlangte aber zugleich, daß künftig die Landeshauptmannschaft die Oberaufsicht über durchgeführte Kriminalprozesse  wahrzunehmen habe. Auch hatte jeder neu gewählte Stadtrichter gesondert um Belehnung mit dem Blutbanne bei der Innerösterreichischen Regierung in Graz einzukommen und vor dem Landeshauptmann in Klagenfurt den Eid abzulegen. Alle folgenden Landesfürsten haben dieses Privileg bestätigt, letztmalig 1794 Kaiser Franz I. Dies zeigt aber auch schon ganz deutlich, daß der Zentralstaat im Kommen ist und die Reglementierungen auch im Justizwesen dementsprechend immer stärker zunehmen.

 Die jährliche Stadtrichterwahl erfolgte immer im Juni und zwar am Sonntag vor dem Veitstag. Abends gab der neue Richter dem ganzen Magistrat ein Essen und der Bürgerschaft wie den Bürgerswitwen je eine Halbe Wein und ein Brot. Die richterlichen Insignien, wie Szepter, Schwert und Scheide wurden altem Brauche gemäß von drei Knaben mit Musik in die Wohnung des Richters getragen, worauf dieser wiederum ein Abendessen zu geben hatte.

 Eine wichtige Sache war von Zeit zu Zeit das Abschreiten und Abreiten (Bereitung) der Grenzen des Stadtfrieds. Dabei handelte es sich keineswegs um die Begrenzung der Stadt in Form ihrer Mauern. Man begann in etwa beim ehemaligen Reidenwirt westlich der Stadt, gelangte von dort über Treffelsdorf nach Tratschweg, Tschirnig, übers Untermoos nach Kollerhof, ehe sich irgendwie über den Muraunberg der Kreis wieder schloß. Das war deshalb von Bedeutung, weil die örtliche Zuständigkeit in Gerichts- und Kriminalsachen ohne jeden Zweifel klar sein mußte. Um auch stets eine genügende Anzahl von Zeugen dabei zu haben, wurden nicht nur die angrenzenden Herrschaftsinhaber eingeladen, sondern auch viel Volk, welches man mit dem Aufwerfen von Münzen an besonders markanten Stellen anzulocken wußte. Solche Anlässe wurden gleichfalls mit Festschmaus und zusätzlich mit einem Freischießen auf der Marktwiese abgeschlossen.

 Alle Reformen in der Struktur der Verwaltungs- und Gerichtsbehörden seit der Zeit Maria Theresias und Josef II berühren St.Veit nur noch zum Teil, denn die übergeordneten Gerichte sind längst nach Klagenfurt, Laibach oder Graz übersiedelt und selbst die verbliebenen städtischen Justizeinrichtungen geben kaum noch Anlaß zu besonderer Freude oder zu Stolz. Immer mehr greift die staatliche Obrigkeit ein. Das zunehmend komplizierter gewordene Alltags- und Geschäftsleben läßt sich mit den alten Spruchweisheiten schon lange nicht mehr regeln, wie etwa die Tafel über dem Rathausportal eine enthält:

                                   Eines Mannes Red – eine halbe Red

                                   Man soll sie verhören bed (beide Streitteile!)

Gesetzesblätter und Prozeßordnungen werden immer komplizierter. Eine wahre Flut von Verordnungen und Anweisungen ergießt sich über die Stadt- und Herrschaftsverwaltungen. Der tüchtigste Mann aus der Bürgerschaft scheint bald hilflos angesichts der vielen Neuerungen und teils wieder zurückgenommenen Reformen. Ein geprüfter Jurist, ein Syndikus wird zum absoluten Erfordernis auch für St.Veit, aber wer wird für die Kosten aufkommen, wo doch die Stadt gerade mit schwersten wirtschaftlichen Sorgen zu kämpfen hat?

 Hier verlassen wir unseren berühmten Gewährsmann Dr.Wutte mit respektvollem Dank und begeben uns auf weitere Suche in den wenigen, vom Stadtarchiv verbliebenen bzw. unter den Kreisamtsakten des Kärntner Landesarchivs vorhandenen zeitgenössischen Dokumenten.

 Im Jahre 1789 war die Stadt durch vorangegangene andauernde Verluste in ihren eigenen Montanwerken (Eisengruben um Hüttenberg, Floßofen Urtl bei Guttaring und Stahlhämmer in Siebenaich etc.) schon so sehr in wirtschaftlichen Nöten, daß die staatliche Oberbehörde, das hohe Gubernium in Graz keinen anderen Ausweg wußte, als auf ehesten Abverkauf des bedeutenden Haus- Grund- und Werksbesitzes zu drängen. Kein Wunder, daß im Zuge dessen das altgewohnte Vertrauensverhältnis zwischen Stadtverwaltung und Bürgerschaft schwersten Belastungen ausgesetzt wurde. Bürgerausschüsse, wie solche normalerweise bei Bürgermeisterwahlen zu bilden waren, konstituierten sich jetzt fast nach Belieben, machten Eingaben an die Oberbehörden und waren mit Kritik an den Amtsinhabern nicht zimperlich.

Die ersten größeren Verkäufe gingen 1790 über die Bühne und zwar noch unter Bürgermeister Johann Paul Hauser. Dieser fungierte nebenbei noch als Montan-Werksdirektor der Kammerstadt St.Veit. Weil im März 1795 wieder einmal ein Bürgerausschuß an die Landesstellen mit der Bitte um Umorganisierung des Magistrates herantritt – Hauser hatte knapp zuvor um seine Entlassung angesucht – erfahren wir von der alten und neu vorgeschlagenen personellen Besetzung des Magistrates ebenso wie von Jahreslöhnen:

Der Bürgermeister erhielt insgesamt 820 Gulden, davon 300 als Urtl-Direktor und 120 für Führung der Hämmer in Siebenaich an der Wimitz. 800 Gulden wurden für zwei „geprüfte Räte“ – 120 Gulden für zwei „bürgerliche Räte“ 300 Gulden für den Sekretär, 200 für den ersten und 150 für den zweiten Kanzlisten, 100 Gulden für den Ratsdiener und 150 Gulden für den Gerichtsdiener (Gefangenenwärter) ausgegeben. Für die Rauheisen-Spedition war der Rat Zunzer zuständig. Er verdiente dabei für die Roheisenfuhren von Urtl nach Siebenaich jährlich 140 Gulden. Für die Gerichtstätigkeit kann man also den Bürgermeister zum Teil, einen der geprüften Räte zur Gänze, zumindest einen Kanzlisten und den Gerichtsdiener veranschlagen.

 Um zu sehen, wie es mit dem Gerichtspersonal tatsächlich weiter ging, müssen wir auch auf die vorgeschlagene Neuordnung einen Blick werfen. Demnach wurde das Bürgermeisteramt in Kompetenz und Besoldung empfindlich beschnitten. Der Bürgermeister sollte künftig mit dem Eisenwesen nichts mehr zu tun haben und auch nur mehr 150 bzw 100 Gulden jährlich beziehen. Von den vorgeschlagenen drei neuen „bürgerlichen Räten“ blieb es letztlich bei ihrer zwei, wovon einer die Kirchen- der andere die Armenverwaltung übernehmen sollte und jedermit 120 Gulden, nicht wie geplant mit 150 Gulden besoldet. Anstelle des gewünschten, aber gestrichenen dritten „bürgerlichen Rates“ wurde die Stelle eines Sekretärs mit 300 Gulden beibehalten. Gänzlich neu ist nun der „Syndico“ mit 500 Gulden Jahresbezug und weiterhin e i n  geprüfter Rat um 400 Gulden. Es folgen die Diener wie gehabt und eine völlige Neubesetzung der Werkeverwaltung mit Cassier, Spediteur und zwei Kontrolleuren.

Insgesamt wollte man damit beweisen, 710 Gulden jährlich einsparen zu können. Für die Justizverwaltung der Stadt ist jetzt der geprüfte Syndicus erste Adresse, ihm untersteht möglicherweise der geprüfte Rat und der Sekretär jeweils zum Teil, der 1. Kanzlist und der Gerichtsdiener. So oder so ähnlich wird es wohl bis zur Franzosenzeit weiterhin gegolten haben. Nur die Hüttenverwaltung hat sich durch die öffentliche Versteigerung der Werke in Urtl und Siebenaich samt anhangenden Gruben, Wäldern und Kohlbarren am 15.10.1800 um den Preis von 106.000 Gulden von da an erübrigt. 1815 vernimmt man vom Rückkauf des sogenannten „Hinteren Rathauses, welches ohnedies der Stadt gehört hat und erst 1801 verkauft worden ist“. Dieser Rückkauf kommt 1816 tatsächlich zustande. Verkäufer ist Simon Silli; der Kaufpreis beträgt 650 Gulden. Es handelt sich dabei um den von der Bräuhausgasse her zugänglichen Gebäudeteil des Rathauses, der für Gefängnisse und eine Dienerwohnung im 1.Stock ausgebaut werden wird.

 1815 wird erwähnt: „Der 1. Rat und Criminalrichter hat zugleich das Criminal des hiesigen freyen Landgerichtes zu verwalten“ Weil aber die Besoldungsliste von 1815 nur den Bürgermeister mit 100, den Syndicus und Criminalrichter mit 500, zwei bürgerliche Räte mit zusammen 80, den Sekretär mit 300, einen einzigen Kanzlisten mit 150 und nur einen Amtsdiener mit 150 Gulden aufweist hat man scheinbar aus Sparsamkeitsgründen wieder in allen Positionen reduziert und die Funktionen des Ersten Rates, des Syndicus und des Criminalrichter in einer Person vereinigt. In diesem Jahr erscheint Primus Tonitz als provisorischer Bürgermeister. Er weist seine vorgesetzten Stellen im Land zurecht darauf hin, daß der Magistrat schon einmal besser personell besetzt war, die Zahl der Geschäftsfälle aber sehr wohl zugenommen habe. Er bittet folgerichtig um Erlaubnis zur Personalaufnahme. Tonitz hat schon insgesamt eine wenig erfreuliche Situation im Rathaus übernommen. Viele Dinge sind unerledigt. Es gibt große Rückstände und Unordnung. Gemeinsam mit den Bürgern Wratitsch, Haller, Prinzhofer, Stiefler und Konsorten tritt er für eine besser dotierte Magistratsverwaltung ein. In Zeiten der Geldentwertung sind Beamte mit kleinen Gehältern doppelt arm. Es geht daher auch um Teuerungsabgeltungen für die Bediensteten.

 1819 kommt es zu einem Bürgerausschuß unter Führung von J.Weisenhof dem Apotheker. Es ist quasi eine Partei  g e g e n  teure Beamte. Man ist für Einsparungen, weist darauf hin, daß der „Herr Syndiker Illitsch auch anderen Dominien, d.h. Grundherrschaften dient, außerdem eine Meierei besitzt und mit Vorspann zum Schaden und Notleiden seiner Mitbürger mehr als 1000 Gulden verdient, die Bürger obendrein noch unanständig behandelt“!! Am 20. August desselben Jahres bittet Primus Tonitz um seine Entlassung als Bürgermeister. Die Behörde will zunächst nichts davon wissen und den fähigen und gewissenhaften Mann nicht ziehen lassen. Eine lange, vergebliche Kandidatensuche, eine ungültige ad-hoc-Wahl und ein Neugewählter, der noch viele Tage nach dem Wahlgang als unauffindbar gilt, zwingen Tonitz noch ein ganzes Jahr im Amte zu bleiben. Auch für Johann Karl Illitsch, den Syndicus, sind unter diesen Umständen die Tage in St.Veit gezählt. Er teilt dem Magistrat am 20.6.1820  mit, daß er zum Stadt- und Landgericht, Mercantil- Wechsel- und Criminalgericht in Fiume berufen worden sei. Nach Thomas August Wuzella als Provisorium wird Alois von Heiss mit 1.12.1820 Nachfolgersyndicer in St.Veit. Neuer Bürgermeister ist nach vielen Hindernissen der Handelsmann Michael Wratitsch. Von 16 Wahlmännern haben 12 votiert, davon sind 9 Stimmen auf Wratitsch gefallen. Das magere Ergebnis ist wohl darauf zurückzuführen, daß er eigentlich der Tonitz Partei, wenn man das so sagen kann, angehört hat. In seinem Brief vom 8.8.1820 aus Baden bei Wien erklärte er, die Wahl für kurze Zeit anzunehmen und dies nicht ohne auf seinen schwachen Gesundheitszustand hinzuweisen. Wenn wir uns hier etwas länger bei den Bürgermeistern aufgehalten haben, so deshalb, weil diese Vorgänge ja auch ein Licht auf die offenbaren Unzulänglichkeiten auch in der städtischen Gerichtsbarkeit werfen.                                                               

Rückblick

Im bisher Gesagten ist gezeigt worden, daß das Gerichtswesen in St.Veit mit einem herzoglichen Gerichtstag 1174 in teilweis guter Tradition des Geschehens am Herogstuhl zu einer Zeit begonnen hat, als unser Ort sich noch nicht Markt schon garnicht Stadt nennen konnte. Als es dann dennoch 1228 dazu kam, war die Stadt bald Sitz des Landtaidings und danach des Hoftaidings unter Vorsitz des Landesfürsten oder seines Landrichters. In die Stadt, in der sich die Landstände zu ihren regelmäßigen Beratungen zu versammeln pflegten, gehörte natürlich auch der Zivilgerichtshof des Adels, die Landschranne.

Zur Zeit Herzog Meinhards, dem Görzer gibt es in St.Veit nicht nur den herzoglichen Richter sondern auch bereits einen Stadtrichter, von der Bürgerschaft frei gewählt. Während sich der Zuständigkeitsbereich von den erstgenannten Einrichtungen bis an die Grenzen des Herzogtums erstreckte, war der Machtbereich des Stadtrichters mit dem Burgfried der Stadt ident. Gingen mit dem Verlust der Residenzwürde die ersten Hofämter der Stadt verloren und wanderten später auch die Landtagsversammlungen nach Schenkung der abgebrannten Stadt Klagenfurt an die Kärntner Landstände dorthin ab, so blieb St.Veit zumindest der Stadtrichter weiter erhalten und kurioserweise auch der Freimann, der noch 1775 weit über die Stadt hinaus seinen ständisch/kaiserlichen Befugnissen von hier aus nachzukommen hatte.

Mitte des 15. Jhdt hat St.Veit einen Inneren Rat für die Gerichtsbarkeit und einen Äußeren Rat oder Rat der Zwölf für die städtische Verwaltung. Man höre und staune – Gewaltentrennung zwischen politischer Verwaltung und Gerichtsbarkeit, eine späte Forderung von 1848, wird hier bereits praktiziert! Acht und Bann wird der Stadt vom Kaiser verliehen. Zierde all dessen ist und bleibt aber das neue Rathaus am Platze.

Ungeklärt ist bislang die vorherige örtliche Unterbringung des Stadtrichters! Weil man aber vom Hinteren Rathaus auch des öftern als „vom alten Rathaus“ liest und es sich dabei um jenenen Gebäudeteil handelt, der immer von der Bräuhaus- (Judengasse) her zugänglich gewesen ist, dieser auch ein ungleiches Niveau, sowie ein Kellergeschoß aufweist, könnte man darin das älteste und bescheidenere Gerichtsgebäude erblicken, das man dann, als es nicht mehr benötigt wurde, dem Ärar für Zwecke der königlichen Münze überließ. Dessen Rückkauf durch die Stadt wird im Stiftregister 1745-1747 (LArch.Kat.18/216 Seite 16 u. 30) wie folgt erwähnt: „die Stadt dient  für 1746/47 vom erkauften königlichen Münzhaus an Steuer und Zins 1 Gulden, … für 1746 auch noch Brunnzins gezahlt“

Schließlich haben wir im 1. Teil noch betrachtet, wie die Justizverwaltung zunehmend komplizierter und teurer, wie umgekehrt die mangelnde Zahlungsfähigkeit und Zahlungsbereitschaft der Bürger zu Problemen führten. Man müßte eigentlich noch nachtragen, daß der Siegeszug des Römischen Rechtes über das Deutsche Gewohnheitsrechtes, der seit dem 16./17.Jhdt in Österreich tobte und dem sich die Kärntner in stolzer Besinnung auf ihre alten Landesfreiheiten, wiederum vom Herzogstuhl abgeleitet, am längsten widersetzten. Es durfte eines Tages nicht mehr Kurzer Prozeß gemacht werden, mündliche Verfahren galten nicht mehr, es bedurfte unter allen Umständen und in allem der Schriftlichkeit! Ohne Juristen war kaum noch auszukommen. Das bedeutete Kosten und immer wieder neuen Aufwand. Auch St.Veit mußte seinen Syndicus nehmen und teuer entlohnen. Laut Häuserliste des Jahres 1845 wohnen Syndicus und Amtsdiener mit Familien und jeweils zwei Privatbediensteten im Rathaus.

 Ein neues Kapitel beginnt

Ehe wir nun zum Revolutionsjahr 1848 und damit zum allmählichen Ende der städtischen Justizverwaltung kommen, erlauben uns ein Magistratsprotokoll vom 7. Juli 1848 sowie das dazugehörige Ansuchen an das Kreisamt in Klagenfurt vom 12.des Monats noch wertvolle Einblicke in die Personalsituation der letzten Tage. Es geht darum, den seit 1846 von Jahr zu Jahr befristet gewesenen Vertrag des Diurnisten (=Aushilfsschreiber) Franz von Hochkofler mit 24 Kreuzer pro Tag neuerlich zu verlängern. Bürgermeister Josef Weißenhof, Syndiker Wenzel Bittner, zwei Magistratsräte und der Actuar Stefan Pegrien führen aus, „daß bei diesem Magistrat nur zwei definitive Kanzlisten bestehen, wovon der erste hauptsächlich mit der Führung der politischen- und Jusitz-Einreichungs-Protokolle, Austragung aller Erledigungen in diesen Fächern, mit Indicieren, Registrieren, Normaliensammlungen (= amtliche Rundschreiben), mit dem Vorspann- und Taxgeschäften, den damit verbundenen Rechnungen, mit der Besorgung des Expedites, Verfassung der meisten periodischen Ausweise (= Meldungen) und Einlagen, Erhebung und Vormerkung der Getreide- und sonstigen Naturalzinse beschäftigt ist, – der zweite aber mit Besorgung der Militär-einquartierung, Vornahme der Sperren, Inventuren, Schätzungen (von Verlassenschaften!), Lizitationen und vorallem mit Actuieren bei Verhören und sonstigen Verhandlungen verwendet wird und daß das Mundieren und Ingressieren (= mündliches und schriftliches  Vorbringen der Parteien) ganz im Rückstand bleibe, sodaß die Grundbuchsführung (gemeint ist natürlich noch das alte, magistratliche Grundbuch!), welche einen wichtigen Teil der Amtierung und der Verhandlungen bildet und woran die Parteien eigentlich garnicht aufgehalten werden dürfen, nicht zur gehörigen Zeit vorgekehrt werden könnte……….“

Es wurde erwartet, daß dieses „notwendige Individuum“ zumindest so lange bewilligt wird, „bis die kaiserlichen Bezirksgerichte eingeführt sein werden“. Diesbezügliche Pläne von oberster Stelle lagen Mitte 1848 wohl schon vor, aber die Landes-Organisierungs-Kommission in Klagenfurt hat alle Hände voll zu tun. Sie soll nicht nur die alten Ortsgerichte auflösen, die neuen Bezirksgerichtssprengel bestimmen, die Bezirkshauptmannschaften ins Leben rufen und mit der Bildung der neuen Ortsgemeinden beauftragen, sie soll auch geeignete Mietlokale finden, alle Stellenbewerbungen prüfen und gutes Personal auswählen, alle Amtsinhaber vom Bezirkshauptmann bis zum Amtsdiener vereidigen usf. Aufgaben, die man nicht in wenigen Wochen und Monaten bewältigt.

Am 25. Juli 1849 sind zwar noch einige der obigen Punkte offen, es wird aber in St.Veit bekannt, daß die gerichtliche und politische Einteilung Kärntens vom kk Ministerium der Justiz und jenem des Inneren zu Ende gebracht worden sei und danach die Stadt St.Veit ein Bezirksgericht 1. Klasse und zugleich Strafgericht über Vergehen somit ein Collegial-Gericht und eine Bezirkshauptmannschaft erhalten solle. Die Stadtgemeinde beschließt mit Zustimmung des Magistrates für diese große Wohltat den hohen Ministerien seinen Dank abzustatten. Zu diesem Behufe werden die Herren Josef Meyer und Jakob Süßbauer erwählt, sich persönlich nach Wien in die genannten Ministerien zu verfügen und dortselbst den Dank der Stadt St.Veit zum Ausdruck zu bringen. Dankbarkeit der politisch zwar sehr angeknacksten staatlichen Obrigkeit gegenüber und Freude ob der neuen Beschlüsse schienen wohl begründet. Die Aussicht, alle Lasten der Justizverwaltung los zu werden, dazu eine bedeutende Vergrößerung des Gerichtssprengels, ja und gar eine Bezirkshauptmannschaft zu haben, die im Süden an jene von Klagenfurt, im Osten an Völkermarkt und Wolfsberg, gegen Norden und Westen bis an die Landesgrenze reichen sollte, das war schon was! Handwerk, Kaufmannschaft, Bräuer und Wirte durften sich auf mehr Zulauf und Geschäft in der alten Herzogstadt einrichten. Wer nicht von Haus aus ein geborener „Revoluzzer“  war, der mußte jetzt schon von Revolution genug haben und mit Begeisterung der kaisertreuen Nationalgarde beitreten!!

 Doch damit war die Begeisterung der St.Veiter bei weitem noch nicht erschöpft. Allen Ernstes bot man der LO-Commission, das neue staatliche Gericht   u n d   sobald durch Umbau entsprechend Platz geschaffen worden sei auch die Bezirkshauptmannschaft   g r a t i s   im Rathaus unterzubringen. In der Zwischenzeit begann die BH ihre Tätigkeit im Hause des Josef Bacher – es ist das nämliche Palais am Platze wo heute wieder der Herr Bezirkshauptmann residiert – wobei sich die Gemeinde damals sofort bereit erklärte, für die Dauer des Provisoriums die Miete im Bacherschen Hause, die Ausbaukosten im Rathaus und sogar die künftige Dacherhaltung zu übernehmen. Wahrlich großzügig! Man scheint jedoch später die Gunst veränderter Umstände sehr wohl und schnell erfaßt zu haben um sich die einen oder anderen Einnahmen im Stadtsäckel wieder zu sichern, denn wir werden noch sehen, daß im Rathaus sehr wohl Miete verlangt werden, weil sich der Kaiser das mit den Bezirkshauptmannschaften wieder ein bißchen anders überlegen wird.

 Ein Protokoll vom 6.Feb.1849 hält fest, daß das Gesuch um eine Remuneration für den Magistrat und beeideten Grundbuchsführer Josef Meyer für seine Grundbuchstätigkeit vorläufig noch unerledigt ist. Zu Ende des gleichen Jahres verweigert Dr. Ferdinand Gottschei, Advokat in St.Veit und von Vöcklabruck zugezogen die neuerliche Zahlung von 100 Gulden Hoftaxe. Es tut sich also schon einiges in der Stadt!

Das Jahr 1850 brachte endlich die Auflösung der kleinen Ortsgerichte der Gegend sowie deren sukzessiven Einbau in das neue kk. Bezirksgericht. Abgeschlossen und kundgemacht war die Bezirkseinteilung mit September 1854:

 Der Gerichtssprengel XV St.Veit:

                                                                                   Einwohner      Größe in Joch                           

1. St.Veit                                                                        1.575               1.480

2. Obermühlbach mit Grahsdorf                              526               2.800

3. Schaumboden mit Dörfl u. Steinpichl            1.125               9.700

4. Pisweg mit Grushka                                                   842               3.900

5. Glantschach mit Sörgerberg, Gradenegg      1.126               4.900

6. Feistritz mit Rosenbichel, Pulst, Lebmach      468               1.900

7. Hardegg                                                                          442               1.647

8. Pfannhof mit Leiten,  Kraig, Meiselding         1.758               8.800

9. Hörzendorf mit Projern, Niederd., Tanzenb.   916               4.300

10  St.Georgen mit Goggerw., Launsdorf,

           Gösseling, Taggenbrunn, Osterwitz

           und mit St.Donat                                                2.333             13.700

11 Liemberg                                                                        276               1.879

          Gesamt-Einwohnerzahl           11.387

Ab 30. Oktober 1854 gab es aber weder die Bezirkshauptmannschaft noch das eigenständige und unabhängige Bezirksgericht. Kaiser Franz Josef hat sein erstes Zugeständnis vom 26.6.1849 mit neuer Verordnung vom 31.12.1851 wieder zurückgenommen. Die wenigen verbliebenen Aufständischen von 1848 waren ja schon mit Waffengewalt teils in die Flucht geschlagen, teils hinter Schloß und Riegel und all zu großes Nachgeben somit nicht mehr oportun. Es wurde verfügt, daß die politische- und die Justizverwaltung wiederum in einer Behörde, in sogenannten landesfürstlichen Gemischten Bezirksämtern zu vereinen sind. Der staatliche Durchgriff auf allen Ebenen gegen allenfalls noch da und dort auf Reich und Krone abzielende, geheim agierende Kräfte hatte erste Priorität.

Gut geeignet, Licht auf die Ängstlichkeit und Übervorsicht der damaligen Macht- und Amtsinhaber zu werfen, vorallem aber auf deren Schreckensregiment mit polizeilicher Verfolgung und Einkerkerun von Andersgesinnten ist vielleicht ein Vollzitat aus der teilweise abgebildeten Note des k.k. Oberlandesgerichtes Klagenfurt vom 8. Juli 1851, gerichtet an die dortige Baudirektion:

Das Bezirks-Kollegiatsgericht St.Veit, welchem weiters noch die Bezirke Althofen, Gurk, Eberstein und Friesach in strafrechtlicher Beziehung zugewiesen sind, hat seine Amtslokalitäten im Städtischen Rathause, welches die Stadtgemeinde unentgeltlich dazu wiedmet. In diesem Rathause befinden sich ebener Erde zwei und im erste Stocke 4, im Ganzen 6 Arreste, wozu noch das ebener Erde gelegene, an die Steuerkasse anstoßende, jedoch nicht heitzbare und auch nicht gehörig gesicherte Locale verwendet werden mußte. Diese insgesamt 7 Arreste haben nur für 21 Personen Raum, während sich dermalen 25 Hälftlinge dort befinden und weitere 4 der Einlieferung von den Bezirksgerichten harren. Diese Überfüllung, welche dadurch, daß die Sträflinge weder in das Strafhaus nach Laibach noch Graz abgeliefert werden können, indem auch selbe überfüllt sind, immer steigen muß, macht eine Abhilfe um so dringender, als von den ermaligen Arresten gerade die zwei größeren Nr.1 und 2 jeder für 4 Personen, dunkel, dumpfig, sonach nicht entsprechend sind. Um diesem Übelstande abzuhelfen, ist die Gemeinde St.Veit bereit,   sechs neue Arreste in diesem ihrem Gebäude auf ihre Kosten herzustellen und hat diesfalls den vom Baubezirs-Ingenieur Auersperger verfaßten angebogenen Bauplan vorgelegt, nach welchem ebener Erde 4 neue Arreste Nr.I-IV, im 1.Stocke aber neben der Vergrößerung des dermaligen Arrestes Nr.6 weitere 2 V und VI, dann gleichfalls ebener Erde eine zweite Amtsdienerswohnung und ober dieser ein Kanzlei- und  ein Verhörzimmer gewonnen werden.

Nach der Bemerkung des Bezirkskollegialgerichtes wäre es noch wünschenswert wenn die eine Hälfte des ebenerdigen, wie oben erwähnt, dunklen und dumpfen Arrestes, zu einem Speisegewölb des Gerichtsvollziehers, die andere Hälfte dagegen zu einem Depositorium für Effekten und dagegen das bisher dem Gerichtsvollzieher zugewiesene feste Speiselocal in einen Arrest umgestaltet und hierdurch der Vorteil erzielt würde, das Küchenlokal desselben, sonach auch sein Dienstpersonal durch eine  Türe von dem Verkehr mit den Arresten und den im Hofe des Hauses herumgehenden Arrestanten fernzuhalten. Gleichfalls solle ein Zimmer der hinteren Amtsdienerwohnung ein vergittertes Fenster in den Hofraum erhalten, um die Häftlinge bei Tag und Nacht besser überwachen zu können……..

 Nachdem schon seinerzeit das Hinterhaus für Arrestzwecke zurückgekauft worden ist, kann es sich bei den unzureichend gewordenen Localitäten nur um diese und bei den im Sommer 1851 neu projektierten Komplex um den auf den hier gezeigten Fotos vor und während seiner Abtragung im Jahre 1953 zu sehenden, den Rathaushof lange genug verunstalteten, sogenannten alten Gemeindekotter handeln. Fast in Vergessenheit geraten ist, owohl seither keine fünfzig Jahre vergangen sind, daß die für die Ergänzung der Arkadenbögen über dem Kotter notwenig gewesenen Marmorsäulen vom Topitschnig vlg. Schlintl am Sörgerberg gekommen sind. Dort lagerten sie seit einem Stallbrand 1911 gute 40 Jahre, wie gleichfalls mit alten Fotos aus der Hofchronik belegt, bis sie Altbürgermeister Hubert Zankl für seine Rathausverschönerung zu finden wußte. Die Hoftradition weiß zu sagen, daß die Säulen von Unterwuhr, einer kleinen Örtlichkeit zwischen Pörtschach am Berg, wo immerhin einmal ein Kloster entstehen sollte, ober dem einst bedeutenderen Schloß Möderndorf und nahe dem alten Tanzenberg gelegen. Ob die letztliche Herkunft aus einer dieser drei Nachbarorte, aus einem frühen Hausabbruch in St.Veit oder gar aus Virunum direkt stammen, wer will das heute noch wissen. Die Fotos zeigen ein auffälliges Gleichmaß der Werkstücke, die ein Landwirt wohl kaum jemals anfertigen hätte lassen können. Viereckige Basen und Kapitele sind am Hof in Grassendorf verblieben und lagern dort oder wurden in die Stallwand eingemauert. Damit sei den Freunden der Rechtsgeschichte abwechslungsweise auch ein kleiner Beitrag zum Baugeschehen am Rathause dargeboten.

Unruhige Zeiten

Erinnern wir uns kurz, was wir bisher von überfüllten Gefängnissen in St.Veit, im Bezirk, ja bis Graz und Laibach gehört haben und an die Dringlichkeit weitere Arreste im hiesigen Rathaus zu schaffen. Der Grund dafür lag auf der Hand. Es waren ganz offensichtlich immer noch garnicht wenige, die sich bald um die Früchte der 48er Revolution  betrogen sahen und die noch gerne eine der staatlichen Macht wenig schmeichelnde Stimmung verbreitet hätten. Allgemeine Vorsicht, zu der ja Bürger, Hausherren und Kaufleute im besonderen neigen, war also auch in St.Veit geboten!

Als es aber Ende des Jahres 1853 hieß „Da hier die Trennung der politischen Verwaltung von der Justizpflege nicht statthaben, auch keine Vermehrung des Personals eintreten wird …. die Amtslokalitäten des gegenwärtigen Bezirks-Collegiatsgerichtes auch für das künftige Bezirksamt genügen werden…..“ (Landesarchiv L.Reg.Präs.730) …. war für die St.Veiter Stadtväter ein stiller Protest insofern beschlossene Sache, als jetzt von einer  m i e t e f r e i e n  Unterbringung der staatlichen Behörden im Rathaus nicht länger die Rede sein konnte. Lediglich „die Erhaltung des Daches sei Sache der Gemeinde“.

 Im Rathaus zählte man zu dieser Zeit 15 Zimmer, 14 Kammern, 2 Speisgewölbe, 2 Küchen und 2 Holzlagen. Nicht ausdrücklich genannt, weil auch längst nicht mehr in Gebrauch, werden die zwei heute noch existierenden unterirdischen, fensterlosen Gewölbe – einmal platzseitig und einmal an der Seite zur Bräuhausgasse – wo bis 1776 (Aufhebung der Folter) wohl die hochnotpeinlichen Verhöre stattgefunden haben, ohne daß allfällige Passanten von den unausbleiblichen Folgen des grausigen Geschehens all zu viel mitbekommen mußten.Von je einem Zimmer für die Gemeinde und die kk Grundentlastungs-Distrikts-Kommission sowie von einem Zimmer, einer Kammer und einer Holzlage für das kk Steueramt abgesehen, bezogen Gericht und Bezirksverwaltung alle übrigen Lokale. Der Mietvertrag vom 9.6.1854 sieht eine Laufzeit von 10 Jahren, eine jährliche Miete von 500 Gulden, zahlbar halbjährlich, und weiters vor, daß der 2. Stock auf Kosten der Gemeinde für den Herrn Bezirkshauptmann anständig bewohnbar hergestellt wird. Im Jahr darauf hört man noch von der Schaffung einer eigenen Grundbuchskanzlei durch Herrn Chiem, bürgerlicher Maurermeister und Hausbesitzer in St.Veit. Zur Erlangung des Auftrages in Gesamthöhe von1200 Gulden (mehr als zwei Jahresmieten!) wird ihm allerdings ein 5%-iger Nachlaß abgepreßt. Zuvor waren aber noch einige Rochaden innerhalb des Hauses und vermutlich wohl zusätzlicher Bauaufwand nötig: Die Räume 13-16 bisher vom Gemeindediener benützt, die Wohnung des Nachtwächters (Top 46 und 47) sowie der Gemeinde-Arrest (Top 25) sollten zur künftigen Wohnung des Amtsdieners werden und dessen bisherige Wohnung (Top 27 und 28) für Zwecke des Grundbuchamtes Verwendung finden.

 Das Steueramt

Nicht nur als zeitweiliger Nachbar der Justiz, wohl auch einiger interessanter stadtgeschicht-licher Nebenaspekte wegen, verdient dieses – wenn auch bis heute gleichbleibend beliebte Amt – hier kurze Aufmerksamkeit. Wohl schon vorher am Platze ansässig gewesen, mietet sich das Steueramt im Jänner 1850 für kurze Zeit im sogenannten Bacher´schen Hause, vormals Palais Koller, heute wiederum Sitz der Bezirkshauptmannschaft ein. Nur ein Monat früher, also im Dezember 1849 kam es mit dem gleichnamigen Hausherrn zu einem Mietvertrag zwecks Unterbringung der BH, wir wollen diese ausdrücklich BH1 nennen und dies aus gutem Grund. Wir wissen ja bereits, daß diese BH1 kein langes Leben hatte! Doch wir wollen ja vom Steueramt hören:

 In einem Schreiben der Statthalterei Klagenfurt (Landesarchiv 124/XXXVI/261) an den St.Veiter Magistrat vom 25.12.1849 heißt es, daß gemäß einem Protokoll vom 16.10. das Haus 114 des Johann Bacher zur (neuen) Unterbringung des Steueramtslokales vorgesehen sei und zwar dort „wo sich dermalen das  T h e a t e r   und die  B ü h n e  befindet“ Die Zahlung der Jahresmiete von 150 Gulden übernimmt der Magistrat so lange bis das Rathaus ausgebaut und das Steueramt endgültig dort untergebracht sein wird. Die Kündigungszeit soll 6 Monate betragen. Dank der Tatsache, daß im Karten- und Pläne-Bestand des Landesarchives Sign. N/86.20 bezughabende Umbaupläne vorhanden sind, wissen wir heute nicht nur, wo 1850 die Steuern eingehoben, sondern auch wo unmittelbar zuvor vermutlich lustigere Stückel gespielt worden sind. Theater und anschließend das Steueramt besetzten jedenfalls die zwei ebenerdigen Räume der heutigen BH links des Vorhauses gegen die Dr.Domenig Gasse hin.

Im September 1851 ist man seitens der Gemeinde so weit, daß die dem Steueramt zugesagten Lokale im Rathaus fertiggestellt sind. Die Steuerleute übersiedeln prompt und siehe da, es gibt gleich Anstände. Man läßt die Räumlichkeiten vom damaligen Baudienst auf ihre Eignung erst prüfen, nachdem man bereits eingezogen war und findet dieselben feucht und finster, Papiergeld und Dokumente würden durch Schimmel Schaden leiden usw. Kostspielige Sanierungen werden für notwendig erachtet und die Gemeindeverwaltung gefragt, ob sie den nicht geringen Aufwand und die Beistellung eines neuen Ofens zu übernehmen bereit sei. Die Ablehnung von Gemeindeseite wird im wesentlichen so begründet, das Steueramt hätte nicht so unmittelbar einziehen müssen, sondern über die sechsmonatige Kündigungsfrist noch im Bacher Hause bleiben können; dann wären die Räume gut ausgetrocknet gewesen. Im übrigen hätte man schon bisher genug Auslagen damit gehabt und sei auch durch die Herstellung der Arreste in Schulden geraten, sodaß man schon hoffen dürfe, für neue Baulichkeiten im Steueramt werde das Ärar selbst aufkommen.

Überfällige Reformen

1868 wird das alte Österreich von Norden und Süden gleichzeitig bedroht. Es kommt zu empfindlichen Gebietsverlusten. Eine Befriedung der Inneren Front ist das Gebot der Stunde. Der Kaiser läßt notgedrungen längst fällige Reformen zu. So nennen wir 1868 das Geburtsjahr unserer heutigen Bezirkshauptmannschaft, also der BH2. Die politische Verwaltung zieht (vermutlich zusammen mit dem Steueramt und dem Herrn Bezirkshauptmann) vom Rathaus aus und landet an der schon bekannten, heute noch gültigen Adresse. Das von nun an selbständige kk Bezirksgericht kann sich dadurch den Forderungen der Zeit gemäß weiterentwickeln und der räumlichen Beengtheit für Jahre entkommen. Die Gerichtsorgani-sation verbessert sich laufend und weil auch immer wieder neue Aufgabenstellungen entstehen, kann man sich den sukzessiven Ausbau des Gerichtes im Rathaus bis zum Ende der Kaiserzeit unschwer vorstellen. Eine Untersuchung der intabulierten Mietverträge (Nachträge) vom  31.1.1885, 11.5.1898 und 11.12.1902 (EZ 919 Kärntner Landtafel), würde genauere Aufschlüsse bringen.

Die manchmal recht dubiosen Vorgänge rund um die ersten Bemühungen für einen Gerichtsneubau in St.Veit von 1907 bis 1915 sind im Stadtarchiv gut dokumentiert. Danach ergeht schon am 8.3.1907 ein Erlaß, in welchem die Gemeinde ersucht wird, einen geeigneten Bauplatz ausfindig zu machen. Die prompte Antwort von Bgm.Spöck ist grundsätzlich positiv, man würde allerdings zuvor gerne wissen, welche Grundstücksgröße man ins Auge zu fassen habe. Zum Ansinnen einer Baukostenbeteiligung schweigt man sich dezent aus. Im April meldet sich das Bezirksgericht schriftlich bei der Gemeinde: „……das gerade in Bau befindliche Gerichtsgebäude in Friesach steht auf einem Grundstück von 1548m2 Größe und das würde in etwa wohl auch für St.Veit gelten und außerdem wolle man wissen wozu die Gemeinde finanziell bereit wäre. Nun werden mehrere Möglichkeiten aufgezeigt teils innerhalb, teils außerhalb der Stadtmauer, aber in Bezug einer geldlichen Verpflichtung ziert man sich immer noch.  Eine unruhige Zeit für die St.Veiter Hausherren bricht jetzt an!

Mit Zuschrift vom 21.Mai 1907 verlangt das Oberlandesgerichtspräsidium, die Gemeinde möge sich doch endgültig erklären, aber diese hat es garnicht leicht. Die Einzelinteressen mancher St.Veiter wie die Unmöglichkeit sich auf ungewisse Verpflichtungen für die Zukunft einzulassen, machen Bgm.Spöck das Leben recht schwer.

Der Grundbesitzer, Heinrich Pogatschnig, Lederfabrikant in Villach dem fast die ganze Fläche zwischen heutigem Bezirksgericht, Obermühlbacherstraße und Zenswegerstraße gehört, setzt die Gemeinde mit seiner Bedingung, all dies in Baugründe aufzuparzellieren zusätzlich unter Druck. Als offenkundig wird, daß diese Spekulation aufgehen könnte, kommt es im Mai 1908 zu einem massiven Veto seitens des Verbandes der St.Veiter Hausbesitzer. Diese fürchten nicht ganz zu Unrecht, eine Minderung ihrer eigenen Haus- , Miet- und Grundwerte, wenn nun im Zuge des Gerichtsbaues – zu jener Zeit ganz außerhalb der Stadt – ein neues Siedlungsgebiet entstehen sollte. Sie versäumen auch nicht darauf hinzuweisen, daß der in ihren Augen ungeeignete Platz für ein neues Gerichtsgebäude fern ab dem Verkehr und auch fern der Gasthäuser(!) liegen würde und sich dort möglicherweise bald neue Konkurrenz etablieren könnte. Ihre Eingabe bis zum Justizministerium fruchtet vorerst insoferne nicht, als mit Pogatschnig der Kaufvertrag für das Gerichtsareal und der Grundteilungs-Ausweis mit 18.9.1908 glatt über die Bühne gehen. 

Das Rathaus, nach dem Stadtbrand von 1829 sofort sehr aufwendig wiederhergestellt, war nun nach 80 Jahren trotz dazwischenliegener Baumaßnahmen doch wieder stark abgewohnt. Man wußte nicht recht, wie es weitergehen würde und so entschloß man sich 1912/13 noch einmal zu den aller dringendsten Gebäudereparaturen wie teilweise neue Fußböden und Innenfärbelungen. Am 11. Jän. 1914 schreibt die Gemeinde, jetzt bereits unter Bgm. Anton Reichel hochoffiziell an das OLG-Präsidium Graz der „Baugrund sei völlig ungeeignet, es käme viel Feuchtigkeit vom dahinter liegenden Hang etc.etc.“ Es werden die vorhandenen Baupläne erbeten, angeblich andere Plätze gesucht, in Wahrheit aber gezielt verzögert, weil man die mit Gewißheit zu erwartenden hohen Aufschließungskosten nicht mehr zu tragen bereit ist. Auch ein neuerlicher Totalausbau des Rathauses für Zwecke der Justiz wird wohl auch nur zum Schein erwogen, denn schon mit Gutachten vom 23.3.1915 rät Max Schmidt, Stadtbaumeister, Klagenfurt von einem Radikalumbau dringendst ab. Als dann im April 1915 das k.k. Justizministerium ein letztesmal auf Bekanntgabe des endgültigen Bauplatzes drängt, antwortet die Gemeinde, jetzt unter Bgm. Dr.Domenig, mit der Bitte um Nachsicht, es wären viele Gespräche geführt worden, aber es bestünde angesichts der Kriegszeiten wenig Neigung auf seiten der Grund- und Hausbesitzer, und übrigens hielte man jetzt bzw. vor Ende des Krieges die Ausführung eines Neubaues ohnedies für eher unwahrscheinlich…… 

Der Neuanfang

Mit Ende des 1.Weltkrieges ändert sich vieles, auch in der St.Veiter Stadtverwaltung! Die anschließende Zeit bedeutet den Abschied von Urteilen im Namen seiner Majestät des Kaisers. Von nun an wird im Namen der Republik gehandelt und geurteilt werden. Leopold Polanz, seit 1.August 1920 neuer Bürgermeister und Vertreter der bestimmenden politischen Kraft in der Stadt geht zielstrebig daran, mit der Lösung der Gerichtsfrage und der Übersiedlung der Gemeinde von der bisherigen „Kasern“ (heute Herzog Bernhard Platz   ) ins Rathaus auch gleich der großen Wohnungsnot zu steuern. Er betreibt mit Nachdruck seine Ziele, erwirkt am 24.5.1922 ein rechtskräftiges Urteil auf Räumung des Rathauses zum 1.1.1923, und in einem Schreiben vom 30.5.1922 an das neue Justizministerium wird festgehalten, das Gericht könne nur aus Entgegenommen bis zur ehesten Verwirklichung der alten Bauabsicht verbleiben. Zur unentgeltlichen Herstellung des Straßen-, Wasser- und Stromanschlusses des Neubaues sei man aber bereit.

Eine Aufstellung aus dem Jahre 1925, als man endlich mit dem baldigen Umzug ins schon erstehende Gerichtsgebäude rechnen konnte, gibt uns gute Auskunft über die Raum- und Geschäftsverteilung, teilweise auch über vorhandenes Gerichtsinventar jener Zeit und der Jahrzehnte davor. Es gab – teilweise mit Zimmernummer versehen – 1 den Amtsraum des Gerichtsvorstehers, 2 das Zimmer des Richters für Außerstreitsachen, 3 eine Strafabteilung, 4 das Grundbuch, 5 die Gerichtskanzlei für die Herren von 1 und 2 dortselbst vier Schreibtische, ein Schreibpult sowie drei Spucknäpfe für Einlaufstelle, Zustell- und Expeditabteilung, ein Vorzimmer zu 5, sodann (6) Registratur I und II, sieben Arresträume u.a. mit 15 eisernen Bettgestellen, einem Baderaum mit Blechwanne, ein Magazin, eine Waschküche, einen Spazierhof und eine Aufnahmekanzlei. Dies alles in 15 Zimmern des 1. Stockwerkes und teilweise im Parterre. . Die Baupläne aus 1927 mit der Situation davor und danach liegen im Stadtarchiv auf. Der Plan vom Erdgeschoß ist hier wiedergegeben. Insgesamt entstanden jetzt durch Umbau und Aufstockung an der alten Gemeindeadresse in der Kaserngasse (Herzog Bernhard Platz) sechs und im Rathaus durch unzählige Abtrennungen und Neudurchbrüche dreizehn, in der Mehrzahl Kleinstwohnungen mit Küche und Zimmer. Die Liste der Wohnungswerber umfaßte dagegen 44 Familien! Baulich war das fürs ehrwürdige Rathaus ein schwerer Eingriff, politisch aber eine Großtat!

Man kann sich wohl denken, daß das alte Raumangebot der Justiz längst nicht mehr entsprochen hat, denn sonst wäre nicht so hart auf  Fertigstellung des Neubaues mit angeschlossenem Gefängnistrakt im Norden der Stadt gewartet worden. Die Freude über das endlich gelungene Werk kommt in einem Aufsatz des berühmten St.Veiter Kunsthistorikers Prof. Karl  G i n h a r t – dem man erst kürzlich ein gar kleines Gäßchen widmete – erschienen im gut katholischen Periodikum „Fürs Kärntner Heim“ Jg 1928 Nr.4 so richtig zum Ausdruck. Er lobt darin insbesondere den maßgeblichen Einfluß von Dr. Karl  H o l e y , Professor der Technischen Hochschule in Wien. Weniger schmeichelhaft ist seine an gleicher Stelle getroffene Bewertung des 1912 geschaffenen Hauptbahnhofgebäudes, worin er eher ein Kommerzienratsschloß oder eine Sternwarte zu erblicken glaubte. Am 30. Mai 1927 wird das Rathaus in aller Form der Gemeinde übergeben und ab 1. Juni 1927 fungiert das liebe alte Bezirksgericht im neuen, im eigenen Hause.

Vieles wäre zum weiten Weg mit dem ersten Gerichtstag beginnend, über Hofrichter und Landschranne, zu den Stadtrichtern, von diesen zum ersten kk.Bezirksrichter, dem Stuhlrichter unter dem Bezirksamte, dann wieder zum kk. Bezirksrichter usw. aber auch über die staats-anwaltschaftliche Einrichtung (bestehend seit 1873) nachzutragen bzw. zu ergänzen. Doch schließen wir mit der Feststellung ab, daß 1978 die außenliegenden Bezirksgerichte Althofen, Eberstein, Gurk und Friesach mit ihren Grundbüchern aufgelassen und mit dem St.Veiter Gericht vereinigt worden sind, und daß inzwischen das Haus schon wieder aus allen Nähten platzt sodaß es gerade in unseren Tagen einen großzügigen Ausbau erfährt. Dabei geht es vorallem darum, den schon seit langem funktionslos gewordenen, ehemaligen Gefangenentrakt für dringend gebrauchte, zusätzliche Büroräume umzugestalten und schadhaft gewordene Geschoßdecken zu erneuern.

 Das Richteramt der Stadt St.Veit hat eine bemerkenswerte und lange Tradition. Es ist heute so stark personell besetzt, wie zu keiner Zeit zuvor. Die Entwicklung dieses Amtes vom deutschen Gewohnheitsrecht hin zum Römischen Recht, die Änderungen der Verfahrensweisen von den peinlichen Verhören zur gewaltlosen Wahrheitsfindung, das zeitweilige Wechselspiel von staatlich beherrschtem und freiem, unabhängigen Richteramt, dies alles aufzuzeigen, kann hier nur als Versuch angesehen werden. Es kann auch niemand sagen, wie sich dieses wichtige Amt in Zukunft weiterentwickeln wird. Als Laie hat man ja manchmal den Eindruck, daß heute schon in Verkehrs- , Wirtschafts- , Finanz- und in vielen anderen komplizierten Belangen richterliche Entscheidung mehr und mehr vom Sachverständigen abhängen. In einigen hundert Jahren wird man diesbezüglich wieder ein bißchen mehr wissen! 

Walter Wohlfahrt in „Sankt Veit Kommunal“  Dezember 1999 – März 2000

St. Veit (Glan) um 1750

Mai 29, 2012 um 18:00 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen Kommentar
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Das Steuerbuch von 1753, verwahrt im Kärntner Landesarchiv unter Katalog 18, Faszikel 225 weiß in gedrängter Form allerhand Interessantes und Wissenswertes über die Stadt, ihre Häuser und Bewohner, Gewerbe- und Handelsbetriebe zu erzählen. Ein fremdes und zugleich vertrautes Bild bietet sich uns dar. Das Leben in der Stadt war einst viel bescheidener, anderseits aber da und dort gewiß auch reicher als heute.

Die auf den einzelnen Häusern und Liegenschaften anfallende Steuer errechnete sich aus einer präzise ermittelten Bemessungsgrundlage, der sogenannten „Nutzung“. Auf diese Weise kann z.B. heute noch die damalige Bedeutung und Größe etwa eines Gastbetriebes oder eines Privathauses etc. festgestellt werden. Ja selbst der Umstand, ob das Haus teils oder zur Gänze selbst bewohnt oder aber vermietet war, ist zu erkennen. Nur beispielhaft seien die wenigen Häuser der Friesacher Vorstadt wiedergegeben, wie sie in ihrer Reihenfolge jeweils rechts und danach links von der Straße in Richtung stadteinwärts aufscheinen:

 Name                                                                                                     „Nutzung“                 

Franz Xaver von Pfeilheim, Besitzer des Kölnhofes   15    eigener Zins

                                                                                                          9        für „Inleut“  ( d.h. für Mietleute)

Maria Johanna von Greifenstein, Sternwirt                 40        eigener Zins

Johann Tengg                                                                               4        eigener Zins

Schönmühl                                                                                     2        eigener Zins

Anton Aichwalder, Wirt Schwarzer Adler                        7        eigener Zins

Stadtpfarrkeusche                                                                       7        für „Inleut“

Auf diese Weise lassen sich die Gewerbetriebe jener Zeit recht leicht und lückenlos erfassen.

Wir können uns hier aber nur einiger Betriebe konkret annehmen und müssen uns im übrigen auf eine sumarische Wiedergabe beschränken.

Da sie mit großem Abstand das Jahresbudget der Stadt finanzierten, wie die nachfolgende Aufstellung beweist, seien die „Eisenspeditores“, wie sie wörtlich genannt sind als erste angeführt. Aber zuvor zu den Einkünften der Stadt von 1753 in Gulden:

Eisenniederlagsgefälle                                   2.098

Weinsteuer                                                                 61 

Unsteigerliche Stiften                                          248

darunter versteht man alle bei Neuverleihung von städtischen Häusern  anfallenden Abgaben, die seit Maria Theresia nicht mehr beliebig gesteigert werden durften, also „unsteigerlich“ waren.

Tafern Erträgnisse                                                 121

Weil Tafern das alte Wort für Gasthaus ist, geht es hier also wohl um eine  Art Getränkesteuer

Mautgefälle (im 6 Jahres-Durchschnitt)    169

Ziegelstadel des J.Hartmann                               9

            Dieser befand sich vermutlich auf Stadtgrund!

Laudemia (eine grundherrliche Ababe)       25

Standrecht (Marktstand Abgabe)                    30

                        In Summe                                    2.756

Unter den Herren Eisenspeditores, die gerade noch im Vollbesitz ihrer Eisenhandelsprivilegien gestanden sind und mit Hüttenberger Eisen über Venedig etc. weit in den Süden ja bis in den Nahen Osten handelten, finden wir

Jakob von Kollenstein (verschrieben, richtig Kellerstein)

Johann Paul von Werthenpreis

Georg Siegmund Seidner

Christian Ponter

Johann Koller vom Eisen-Negotio (d.h.Eisen-Geschäft)

Franz von Pfeilheimb

Martin von Secherau

Veit Sonnleitner

Diese Herrschaften hatten fast ausschließlich ihre Palais und Gewerkenhäuser am Oberen Platz und bildeten die erste Gesellschaft der Stadt. Neben diesen finden sich die bescheideneren aber auch durchwegs wohlhabenden „Handelsleute“

Anton Schwarzrock

Johann Unterberger

Thomas Miggitsch

Josef Abbich

Thomas Ambroschütz

Bosjak & Companie

den „Kramer und Fratschler“

Caspar Schwerer, Inhaber des Salz- und Tabakverlages

und die „Versilberer“

Johann Tengg

Caspar Korath

Maria Huttin

Außerdem gab es in der Stadt einen Apotheker und 5 „Freikünstler“ nämlich einen Gold- und Silberarbeiter, einen Bildhauer – kein geringerer als den berühmte Johann Pacher – einen Glockengießer, einen Bettenmacher und den Caffee-Sieder Franz Kuchler.

Neben der Bäckerzunft, bestehend aus sieben namentlich genannten Meistern, werden auch drei „Sudelbäcker“ erwähnt. Der Ausdruck ist eine sehr abwertende Bezeichnung für die nicht zünftigen, also nicht der Zunft angehörenden Bäckereibetriebe.

Nun zur erwähnten summarischen Darstellung aller in der Stadt arbeitenden Gewerbe. Mehrfachnennungen sind dabei in Klammern gesetzt.

Uhrmacher, Büchsenschifter, Müller(9), Tischler(3), Glaser(2), Maurer(2), Steinmetz,

Fleischhauer(8), Färber(3), Hafner(2), Gürtler(2), Bortenwirker, Bader(2), Kürschner(2),

Schlosser(2), Sattler(3), Riemer(3), Weber(5), Zimmermann, Lederer(7), Schuster(9),

Rader(3), Schmieden(3), Binder(2), Schneider(10), Sockenstricker, Drechsler,

Handschuhmacher(2), Weißgerber, Kampelmacher, Zirkelschmied, Seiler(2), Klampferer,

Kupferschmied(2), Seifensieder, Lebzelter(4).

Den Bierbrauern und den Brennern sowie deren Produktionsmengen wurde seitens der Finanzbehörde ein ganz besonderes Augenmerk geschenkt. Es scheint so gewesen zu sein, daß sich einige der niedergelassen Wirte auf das Brennen verschiedenster Spirituosen spezialisiert hatten.

Die markanteste Persönlichkeit in diesem Zusammenhang ist wohl Hans Süßbauer.

Neben 480 Eimer Kesselbier und 2.418 Eimer Steinbier erzeugte er Im Jahre 1753 noch 2 Eimer, 20 Maß „Branntwein vom Kesselbier-Geläger“!!! Da kann es sich ja wohl um nichts anderes handeln als um den ersten St.Veiter Whisky?

Im Falle der übrigen Branntweine wurde streng unterschieden.

1. „Wälische Weine“ zu Branntwein machten

            Franz Schwarzrock                20 Maß

            Maria J.v.Greifenstein  40 Maß

            Maria Turteltaubin                 20 Maß

            Thomas Miggitsch                  10 Maß

            Johann Schöffmann   2 Eimer  6 Maß

2. „Steirische Weine“ verarbeiteten zu Branntwein

            Veit Sonnleitern         1 Eimer 38 Maß

            Jos.Schludermann      1 Eimer 38 Maß

3. Mit Getreide-Brand

            befaßten sich insgesamt

            7 Personen mit zusammen ca. 10 Eimer Jahresproduktion.

Man kann hier gut ablesen, in welchen Häusern das vornehme und in welchen das weniger zahlungskräftige Publikum verkehrt haben mag. Für darüber hinausgehende, jeweils ganz persönliche Überlegungen und Gedankengänge, dürfte der Verfasser für diesmal wieder einige Anregung gegeben haben. Wenn auch Steuern zu keiner Zeit gerne gezahlt worden sind. In diesem Falle war es doch gut so. Ohne das eingangs erwähnte Steuerbuch hätten wir das eine oder andere aus unserer geliebten Stadt und aus ihrer „guten alten Zeit“ wohl kaum erfahren. 

Walter Wohlfahrt in St. Veit Kommunal Jänner 1999

 

Die Stadt St.Veit und ihre Fußballer

Mai 28, 2012 um 19:27 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen Kommentar
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 Teil I (1920-1938)

 In Tagen, da sich der Fußballsport unserer Stadt gerade wieder anschickt, an alte, glorreiche Zeiten anzuschließen und in denen sich St.Veiter Kicker auf nationaler wie internaler Ebene stark hervortun (Nationalkeeper, Deutscher Pokalsieger mit Vfb Suttgart) oder sich ein zweiter  in der Österreichischen Olympia-Auswahlmannschaft U 21 bewährt hat, ist es vielleicht garnicht uninteressant, einmal die Frage nach den historischen Anfängen des örtlichen Fußballsportes zu stellen. Wie und wann hat denn dies alles begonnen?

 So gut der Wiederbeginn nach 1945 in den diversen, längst schon wieder vergriffenen Festschriften auch behandelt ist, über die Zeit davor ist darin leider nur ganz wenig zu erfahren. Es liegt in der Natur der Sache, daß sich selbst bei den besten Erzählern und verläßlichsten Gewährsleuten mit den Jahren kleinere und größere Gedächtnislücken einstellen. Ein kritischer Vergleich solcher Berichte mit den verfügbaren historischen Quellen erscheint daher angezeigt.

Als Vertreter des Stadtmuseums tut mat gut daran, mit den eigenen Beständen zu beginnen, wie z.B. mit den Auftragsbüchern der einstigen Druckerei Schlick in St.Veit. Ein Gutteil des Druckerei-Umsatzes dieses altehrwürdigen Betriebes bestand nach dem ersten großen Krieg darin, Plakate für die verschiedensten Anlässe zu drucken und in der Stadt zu affichieren. So wurden auch dem „Turnverein“ 25 Stück Ankündigungs-Plakate für ein Fußballspiel am 22.5.1920, bzw. 30 Stück für ein weiteres Heimspiel am 6.6.1920 zum Preise von je 95 Kronen geliefert. Für das Ankleben von jeweils 20 Stück davon wurden separat 12 Kronen berechnet.

 Wenn man jetzt nicht wüßte, daß es zu jener Zeit auch schon einen „Arbeiter Turnverein St.Veit“ gegeben hat, zwar noch nicht vereinsbehördlich angemeldet, aber immerhin in der Realität, dann könnte man leicht in die Irre gehen und meinen, beim Auftraggeber hätte es sich um den St.Veiter „Turnverein von 1883“ gehandelt. Das wäre weit gefehlt, denn bei den Turnern war und blieb das Fußballspielen verpönt. Der „Arbeiter Turnverein“ hingegen konnte sich damit gesellschaftlich, sportlich und politisch ganz bewußt vom renommierten Turnverein abheben. Fußball wurde sogar mit Absicht da und dort als Proletensport verächtlich gemacht.

 Zu einer gewissen Alleinstellung, wie man heute im modernen Marketing sagen würde, eignete sich also der Fußballsport damals ganz vorzüglich. Wenn wir uns nur kurz entsinnen, so kam dieses Spiel auf zwei Wegen in die alte Monarchie. Einmal nach Wien über englische Firmenniederlassungen bzw. deren Angestellte in Form des Wiener Cricket- und Fußballclubs und bald darauf auch noch durch englische Gärnter des Barons Rothschild. Diese letzteren waren die Gründer des „First Vienna Football Club“ von 1892. Blieb der erstgenannte Club eher ein vornehmer in sich geschlossener Kreis, so öffneten sich die Gärtner-Fußballer sehr bald auch österreichischen Sympathisanten und Mitspielern. Dadurch lebte Sport und Verein in Wien noch fort, als es dort eines schönen Tages Rothschild und dessen englische Gärtner garnicht mehr gab.

 Der zweite Weg über den der Fußball ins alte Österreich kam,  führte von der deutschen Universität Prag über steirische Studenten nahezu zeitgleich nach Graz. Weil aber der Prager Fußball aus Deutschland dorthin kam, hatten dessen Jünger von Haus aus eine gewisse deutschnationale Vorliebe, was dann die Rivalität zwischen den Wiener und Grazer Vereinen noch zusätzlich fördern sollte. Seit 1901 gab es bei uns erste Länderspiele (Österr.-Schweiz 4:0) und 1911 starteten erstmals österreichische Meisterschaftsbewerbe. Nach Klagenfurt brachte den Fußball ein namentlich unbekannter Turnlehrer des Gymnasiums, der 1909 den Ersten Kärntner Fußballverein gründete, aus dem später der KAC hervorging. Weitere Vereinsgründungen in Kärnten folgten 1919. Zum KAC gesellten sich die Amateure Klagenfurt, Klagenfurter (Arbeiter?)Turnverein, Villacher Sportverein, Kaufmännischer Sportclub Klagenfurt und „Vorwärts“Klagenfurt.  Der Kärntner Fußballverband besteht seit 1920 und die erste Kärntner Fußballmeisterschaft startete 1922.

 Kein Wunder also, daß sich auch in St.Veit früh Fußball-Liebhaber, sei es aktiv oder als Anhänger fanden. Einen brauchbaren Überblick für diese Zeit bietet die Festschrift des SV St.Veit von 1965 (15 Jahr Jubiläum) auf Seite 16. Der Spielplatz lag allerdings nicht, wie dort behauptet in  A l t g l a n d o r f  sondern auf dem ehemaligen Reitplatz in  G l a n d o r f. Dieser Reitplatz gehörte zur ehemaligen Kavalleriekaserne und soll an den Weg zum Kollerhof gegrenzt haben. Bei der oben geschilderten frühen Begegnung mit dem Kaufmännischen Sportverein Klagenfurt ist es offensichtlich um das Spiel vom 22. Mai 1920 gegangen, denn beim Spiel vom 6.6.1920 hieß der Gegner anders. Das Kärntner Tagblatt – Organ der Kärntner Christlich Sozialen Partei – berichtet nämlich am 9.6.1920, daß die Jungmannschaft des KAC durch den Spieler Richter verstärkt am 6.6. gegen den St.Veiter Turnverein ein Wettspiel austrug und mit 6:0 (1:0) gewonnen hat. Gleichzeitig wird das Rückspiel in Klagenfurt für Sonntag, 13.6.1920 um 15 Uhr angekündigt.

 Am 20.6.1920 bringt die genannte Tageszeitung die Ankündigung eines Fußball-Progaganda-Spieles der Senioren-Mannschaft des KAC in St.Veit für den gleichen Tag:

                 „Auf den Gründen der alten Reitschule (Kollerhof) bei Glandorf

                  kommt es zu einem Wettspiel mit dem St.Veiter Turnverein. Leider

                läßt das Interesse des St.Veiter Publikums am Fußballsport noch

                sehr zu wünschen übrig. Bei den bisherigen Veranstaltungen des

                Turnvereines waren jedesmal kaum 100 Menschen anwesend.

                Deshalb ist es dem Turnverein auch nicht möglich, sich Mannschaften

                von auswärts kommen zu lassen“

Das Tagblatt vom 22.6. bringt das Resultat von 3:7 (2:3) und hebt unter den St.Veitern den Mittelstürmer Vaschauner sowie den Tormann Erich Arztmann besonders hervor.

Ein weiterer Spielbericht zum vorgenannten 3:7 erscheint im gleichen Blatt vom 25.6.1920..

 Nun, so gering dürfte das Interesse am Fußball in St.Veit vielleicht doch nicht gewesen sein. Bedenkt man, daß unserem Heimatland in diesem Jahr noch eine schicksalsschwere Entscheidung, nämlich die  Abstimmung vom 10. Oktober bevorstand und der Sportbetrieb doch unbeschadet aller Widerwärtigkeiten fortlebte, so kann es an Begeisterung und Opferbereitschaft seitens der Spieler und Funktionäre nicht gemangelt haben. Auch sind offenbar diese Zeitumstände die Ursache für die verspätete offizielle Gründung des Sportvereines in St.Veit (genauer gesagt des Arbeiter Turn- und Sporvereines = ATUS) mit Bescheid des Amtes der Kärntner Landesregierung vom 16.8.1923. Bis dahin segelte man zwar streng juristisch vereinslos, nach außen hin aber praktisch als FC St.Veit, und auch als Sportverein St.Veit.

Leider waren die politischen Lagerkämpfe im damaligen Österreich wenig dazu angetan, einen geregeleten Spielbetrieb zu fördern, ganz im Gegenteil! Wie in der schon oben zitierten Festschrift des SV von 1965, Seite 17 richtig dargetan, kommt es 1934 zum Verbot des St.Veiter Arbeitersportvereines. Die Gründung des Eisenbahnersportvereins 1931 liegt jedoch v o r diesem Verbot, nicht wie behauptet, danach. Im Akt der Präsidiale der Landesregierung Nr. 3956 erliegt ein interessantes Gesuch vom 24.4.1934 an die BH um Bewilligung zur Gründung eines Sportvereines in St.Veit, unterfertigt von den Proponenten August Voraberger, Getreidehändler; Josef Holzmann, Konditor, Milch- und Zuckerwaren, Anton Medwed, Friedrich Bugelsheim, Gastwirt.

 Die Sicherheitsdirektion für Kärnten argwöhnt, es könnten sich hier Anhänger der verbotenen sozialdemokratischen Partei wiederbetätigen und verlangt von der ständestaatlichen Gemeindevertretung eine Stellungnahme nicht nur hinsichtlich der Zuverlässigkeit der antragstellenden Personen sondern auch in Bezug darauf, ob sich nicht vielleicht ehemalige Vereinsmitglieder des verbotenen Turnvereins darunter befinden. Nachdem Gendarmen zwecks Erhebung ausgeschickt worden waren, dürfte sich der eine oder andere Unterzeichner wohl überlegt haben, ob er die Sache noch weiter unterstützen soll. Die Antwort der Gemeinde an die BH lautet dahingehend, daß allein Anton Medwed als guter Fußballer bekannt sei, die übrigen Personen aber wohl nur aus Geschäftsrücksichten und keinesfalls aus sportlichen Motiven zur Unterstützung bereit waren. Im übrigen seien von den rund 30 Anhängern des geplanten Vereines ca die Hälfte ehemalige Arbeiter-Turnvereinler und der Rest verteile sich auf sonstige Arbeiter und Angestellte.

 Da in der Sache selbst monatelang nichts voranging, langte bei der Behörde der mit 5.12.1934 datierte neue Vorschlag auf Gründung eines  V a t e r l ä n d i s c h e n (!) Sportvereines St.Veit ein. Eine dabei verwendete Stampiglie zeigt einen Fußballer mit Rundschrift „Sportverein St.Veit“. Um nur ja weiter Vereinsfußball betreiben zu können, war man offensichtlich zu jeder Konzession bereit. Aber schon elf Tage danach, am 16.12.1934 wird der BH mitgeteilt, die unterfertigten Spieler hätten einstimmig beschlossen, bei der Sektionsleitung des Vaterländischen Sportvereins der Bediensteten der Österr. Bundesbahnen um Aufnahme zu ersuchen. Das vorhandene Vermögen, bestehend aus zwei Lederbällen und zwei Garnituren Dressen bringe man kostenlos in den genannten Verein ein. Die hier Unterfertigten sind weitgehend ident mit den auf einem Foto von 1934 oder 1935 abgebildeten Fußballern. Die Unterschriften stammen von Bussetti, Trampitsch, Tripold, Grüner, Medwed, Freidl, Jaritz, Norbert Piuk, Weißenberger, Hoy, Blatnik, (1mal unleserlich). Die vollen Namen enthält die zitierte Festschrift von 1965.

 Am 4.1.1935 wird das seinerzeitige Ansuchen vom 24.4.1934 formell zurückgezogen. Die damalige Staatsmacht hat die Eisenbahner, ob ihrer wichtigen Funktion im Lande, in sportlichen Belangen ganz offensichtlich großzügiger behandelt und das Unterschlupfen der Fußballer in diesem Verein toleriert, obwohl es keinen Zweifel darüber geben konnte, daß sich hier Gleich und Gleich zusammen gesellte. Der Fußballbetrieb in St.Veit war dadurch für einige Jährchen jedenfalls gesichert und das war den Sportbegeisterten zu jener Zeit die Hauptsache.

Fotos von 1934 und 1935 zeigen die Mannschaft fast unverändert und jedesmal in den gleichen Dressen. Am Bild von 1935 erkennt man auch die Eisenbahner-Funktionäre, die laut Festschrift von 1965 Kaiser und Stephan geheißen haben sollen. Was aber sonst über den „Vaterländischen Sportverein“ in der Festschrift, Seite 19 geschrieben steht, erscheint durch die oben getroffenen Klarstellungen überholt. Nach AR.Ing.Erich Eggers Beitrag im Heimatbuch des Bezirkes St.Veit 1956, Seite 48ff ist der Eisenbahner Sportverein von 1931 erst 1938 aufgelöst worden. Aus einem unveröffentlichten Aufsatz des Herrn Stadtamtsdirektors (Jg 1915) geht ferner hervor, daß parallel zu den fußballerischen Initiativen der St.Veiter, auchdie vielen Glandorfer Jugendlichen vornehmlich aus den Eisenbahner Wohnhäusern, wenn auch wild und vereinslos, so doch nicht weniger begeistert diesem Sport frönten. Ihr Spielplatz lag am Gelände der einstigen Ziegelei (heute Finkenweg).  Von Interesse ist auch dessen Mitteilung, daß Soldaten der Volkswehr (1920 !) in ihrer Freizeit in Glandorf Spiele austrugen. Die Volkswehr war bekanntlich der erste Wehrkörper der 1. Republik und hatte keinen all zu langen Bestand. Das Volkswehrbat.8 St.Veit war in der ehemaligen Kavalleriekaserne Glandorf (heute ca. Funder Verwaltungsgebäude) untergebracht.

 Aus persönlichen Aufzeichnungen Erich Eggers geht weiters hervor, daß er 1928 in der Schülermannschaft, ab 1932 in der Jugend- und Kampfmannschaft des Sportvereins St.Veit gespielt hätte, was beweisen würde, daß damals schon gezielte Jugendarbeit geleistet worden ist. Mit der Übersiedlung seiner Eltern nach Glandorf (1.4.1933) spätestens gelangte er zum Eisenbahner-Sportverein, wo er angeblich bis 1934 die Sektionsleitung inne hatte.

 Ing.Norbert Piuk (Jg 1915) erzählt: Trainer und Betreuer war zu meiner Zeit Bertl Blattnik (Angestellter des Konsum St.Veit und einstiges Mitglied des ebenfalls 1934 verbotenen Central-Verbandes Kaufmännischer Angestellter in Klagenfurt). Es gab nur einfaches Lauf- und Balltraining. Die Dressen gehörten dem Verein. Für Fußballschuhe mußte man selbst sorgen, soferne nicht ein Anhänger – in meinem Falle der Konditor Holzmann – als Sponsor auftrat. Es gab einen Schaukasten in der Stadt, wo man z.B. lesen konnte „Nächstes Spiel am Sonntag um 9 Uhr in Annabichl, oder in Feldkirchen usw.“ Obwohl die Last der Anreise jedem selbst überlassen blieb, war man schon glücklich, sich nur aufgestellt zu finden. Egal ob mit einem motorisierten Fan oder zu zweit auf einem Fahrrad, man war jederzeit und verläßlich zur Stelle. Die ersten Auswärtssiege, etwa das 4:0 gegen Annabichl oder das 9:0 in Feldkirchen endeten mit regelrechter Flucht vor dem jeweiligen Heimpublikum. In Annabichl flogen gar Steine durch die Luft. Fanatischer Siegeswille und rein sportlicher Ehrgeiz waren noch schwer auseinanderzuhalten. Als man schon auf dem Rennbahngelände spielte, befanden sich die Umkleideräumlichkeiten entweder am Dachboden der Tiroler Weinstube Bugelsheim oder im nahen Pferdestall des Herrn Schubernig auf der Rennbahn. Anhänger und Gönner, die es sich leisten konnten, zahlten zur Siegesfeier daheim wohl auch einmal ein Viertel Wein (20Groschen) oder ums gleiche Geld ein Spezialbrot. Für die Platzvorbereitung erhielt ich 50 Groschen und wenn der wohlgesinnte Sägewerksbesitzer (Höfferer Säge) auf die 50 Groschen für die Sägespähne verzichtete, hatte ich einen ganzen Schilling in der Tasche. Gespielt wurde auch gegen Seebach bei Villach, gegen Friesach und St.Peter-Klagenfurt. Im Jahre 1936 gab es in St.Veit ein Fußballturnier. Soweit die Schilderung von Herrn Ing. Norbert Piuk.

Teil II (1945-ca.1970)

Bezeichnend für die Fußballbegeisterung der Zeit nach 1945 ist folgende kleine Episode, die mir eine bekannte Sportgröße, Allrounder und Multifunktionär, Träger der Großen Verdienstmedaille der Republik, Freund Herbert Werzer (Jg 1922) erzählt hat. Der Friede war erst wenige Tage alt, da traf sich die St.Veiter Jugend schon auf der Sommegger Wiese (heute Kelag-Schulhaus) um hinter dem runden Leder her zu jagen. Von Schloß Kölnhof herunter, dort als ehemaliger Wehrmachtsangehöriger gerade ordnungsgemäß von englischer Besatzungsmacht entlassen, näherte sich als jung gebackener Heimkehrer Josef Jäger, der spätere Sparkassenleiter. Der Einladung, gleich mitzukicken, kam er freudig nach. Erst nach Stunden entsann er sich, dass daheim vielleicht Angehörige auf ihn warten könnten…..

Es sieht ganz so aus als hätten die englischen Besatzer von 1945 eine zweite Mission in SachenFußball hier zu erfüllen gehabt. Wohl gab es unter den unzähligen deutschen Soldaten, die im Lager bei der Schießstatt-Allee noch Monate auf Heimfahrt zu warten hatten, ebenfalls sehr gute Fußballer. Diese formierten sich alsbald zur sportlich gefürchteten Lagermannschaft „Rote Teufel“. Ohne den sprichwörtlichen brittischen Sportgeist und deren Vorliebe für den Fußball, wären die Roten Teufel wohl kaum zu Vergleichskämpfen mit englischen Militär-Teams in ganz Kärnten und zu unbestrittenen Ruhm gelangt. Denn in jedem kleinen englischen Camp gab es allsogleich eigene Teams die ihre Kräfte messen wollten. Als für Zivilisten noch das strenge Fraternitierungsverbot galt, Kontakte zwischen Militär und Zivilbevölkerung den englischen boys also noch strikte untersagt war, begegneten sich englische und deutsche Soldaten auf dem grünen Rasen. Auch bunt zusammengewürfelte österreichische Mannschaften wurden akzeptiert und eingeladen. Dabei zeigten sich die über Getränke und Lebensmittel scheinbar unbeschränkt verfügenden Gastgeber anfänglich äußerst spendabel. Als aber die „Sieger“ auch immer öfter Niederlagen hinzunehmen hatten, war es mit den Siegesfeiern leider bald vorbei. Gewinnen lassen, nur um etwas zu essen zu kriegen, das wäre eine Verletzung des fair play gewesen.

Auf englischer Seite gabe es einen berühmten Spieler, namens Steel. Dieser wurde als Verstärkung allseits sehr willkommen und wurde mehrmals von Spital an der Drau, wo er seinen Standort hatte, herbei geholt wo immer nötig.

Wir sind zwar noch in der Besatzungszeit, doch es musste auch das Bodenständige wieder einmal hoch gebracht, ein wenig politisch vorgesorgt werden. So hat Bürgermeist Martin Rom, der spätere Nationalratsabgeordnete alle Jünger des runden Leders in die Küchenbaracke beim Heizhaus am Güterbahnhof geladen, um irgend eine Art organisiertes Vereinsleben zu gründen. Alfred Riedl, ein früher Spieler und Trainer, erinnert sich, dass sich Rom mit den einfachen Worten an die Versammelten wandte „Arbeiter san ma alle, also wer ma den neuen Verein Arbeiter-Turn-und Sportverein nennen. Mit Einstimmigkeit hat man kurzerhand den ATUS ST.VEIT als legitimen Nachfolger des Vorkriegs-Fußballs aus der Taufe gehoben. Auch der Kärntner Fußballverband entstand schon 1945. Es gab 8 Vereine in der 1. Klasse, 12 in der 2. Klasse – darunter auch Atus St.Veit – und schließlich 8 Vereine in der dritten Klasse.

1949 verfügt der Atus bereits über ine starke Mannschaft mit der man den Aufstieg in die 1. Klasse glatt schaffte. Ein besonderer Leistungsträger im Atus-Dress war der englische Besatzungssoldat Andrew Murphy aus Liverpool. Er füllte sich hier so wohl, dass er seine Braut und spätere Ehefrau aus St. Veit mit sich nahm, als es auch für ihn heimwärts ging.

Für den Atus, mit seinen verschiedenen Sektionen, kam allerdings bald die Zeit, wo die Fußballer auf die international erfolgreichen Handballer ein wenig eifersüchtig wurden. Es wurde gemunkelt, die Handballer fahren in der Welt herum, während die Vereinsleitung für die Fußballer kein Geld hätte. Tatsächlich formierte sich rund um die Handball-Legende Rudi Flick eine Handball-Herrenmannschaft von hohen Graden, die nicht nur national mithalten konte, sondern sogar deutsche Gastvereine nach St. Veit holte und Gegenbesuche mit beachtlichen sportlichen Resultaten absovierte. Auch eine Damen-Handballmannschaft wurde aufgebaut, die sich einige Jahre gehalten hat.

Tatsächlich führten die geschilderten Eifersüchteleien zur Gründung des offiziell, aber nicht wirklich unpolitischen Vereines SV St. Veit am 3. März 1950 im Gasthaus Grabenwirt. Der Atus erfuhr dadurch einen empfindlichen Aderlaß und gewisse „Rückhol-Aktionen“ fruchteten nur zum Teil. Während sich die Erfolge der Atus Spieler eher in Grenzen hielten, eilte der SV von Sieg zu Sieg. Schon im ersten Jahr ist man Meister der 2. Klasse und steigt auf. Selbst in der neuen Spielklasse wird 1952 der 2. Tabellenplatz erreicht. Über Landesliga gelangt man in die neu geschaffene Tauernliga, wo sich Kärntner und Salzburger zu messen hatten. Man stelle sich vor, diese Erfolge wurden noch ganz ohne Verträge, Prämien und Handgelder erzielt. Alles was Spieler damals erwarten durften, war vielleicht da und dort ein besseres berufliches Unterkommen! Ab der Tauernliga  m u s s t e n   nach den Bestimmungen des Österr.Fußballverbandes die Spieler erstmals Verträge unterschreiben, die dem Kontrollausschuß des Kärntner Verbandes zur Genehmigung vorzulegen waren. Die neuen Prämien betrugen S 30 für einen Sieg, S 20 für das Remis und S 10 pro Niederlage. Ab dem dritten Spiel – Sieg über die Austria Klagenfurt – steigerten sich die Prämien auf 100/50/20.

Die Übersiedlung des SV 1956 von großen Spielfeld der Rennbahn in die Prinzhoferstraße brachte zwar endlich die ersehnte Freiheit in der Ansetzung von Spielterminen, weil nicht länger auf den Zweitverein Rücksicht zu nehmen war, doch die Mannschaft konnte die gewohnte Überlegenheit auf dem kleineren Platz nie mehr richtig ausspielen, was schließlich auch einer der Gründe für den Abstieg aus der Tauernliga war. Langjähriger, verdienstvoller Vereinsobmann war übrigens Herr Karl Tirof.

Beide Klubs erlebten wechselhafte Zeiten, ehe 1970 Prof. Hermann Kövari bei den Amateuren bzw. 1971 Prof. Walter Ludescher beim Sportverein die Geschicke in ihre Hände nahmen. 1973 wurde der SV Kärntner Meister und stieg in die Regionalliga Mitte auf. Jetzt wurde mit Hilfe des Hauptsponsors Herrn KR DI Karl Funder eine Interessengemeinschaft zwischen beiden Vereinen geschlossen. Die Vereinsnamen lauteten SV/SCA Funder St. Veit bzw. SCA/SV Funder St. Veit.

SV/SCA Funder spielte in der Regionalliga und erreichte den 4. Tabellenrang. Durch Auflösung der Regionalligen 1974 hatte man in die Landesliga zurückzukehren, wo man jedoch 1975 sofort wieder Meister geworden ist. Nach sehr harten Qualifikationsspielen gegen Vorwärts Steyr und WSV Liezen wurde der Aufstieg in Österreichs zweithöchste Spielklasse, in die sogenannte 2. Division geschafft.

Der SCA/SV Funder spielte zur  gleichen Zeit in der Kärntner Liga, wo er als Meister aufstieg. Das Spieljahr 1976/1977 sah beide St. Veiter Vereine in der 2. Division!

Walter Wohlfahrt in „St. Veit Kommunal“  März u. April 1999 auszugsweise.

 

Eine interessante Ecke unserer Stadt

Mai 28, 2012 um 17:39 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen Kommentar
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Das Wohnhaus Bräuhausgasse 25A der Familie Martin Bodner ist unmittelbar an die Stadtmauer angebaut. Insgesamt fünf Fensteröffnungen durchbrechen die Wehrmauer gegen den Stadtgraben hin. Der Zugang besteht von der Bräuhausgasse her und dieser wurde stets auch von den Nachbarn links und rechts mitbenützt. Das meist geschlossene Tor läßt den Blick von Foto 1 aber selten zu.

 Dieses Gebäude war seit 1768 das Benefiziatenhaus der Gleismüllner´schen Stiftung mit der Adresse Judengasse Nr.25 alt, 26neu. Als Vorbesitzerin gilt Johanna Höcher, eine Malerswitwe. Dieses Haus ist jedoch von dem in der Stiftungsurkunde von 1474 genannten „Kaplanshaus  zu St.Veit in der Stadt zwischen Hans Kaltenhauser  und Peter Maler gelegen“ zu unterscheiden. Das älteste Domizil des Benefiziaten lag nämlich ebenfalls in der Judengasse/spätere Bräuergasse, in nächster Nähe zwar, aber doch an anderer, bislang unbekannter Stelle.

 Dieses erste Gebäude wurde nach Beschädigung durch den Stadtbrand von 1747 verlassen. Für den Benefiziaten gab es bis 1768 ein Zwischenquartier im sogenannten Zigulnig´schen Hause in der Kirchgasse neben der Mesnerei. Als jedoch Jakob Moschee dem Johann Höfferer von Baltersperg 1768 im Benefizium nachfolgte, hielt es dieser in der Kirchgasse nicht lange aus. Er beklagte sich beim Patron, also beim Magistrat, sein Haus sei voller Mäuse, Ottern und Schlangen und obendrein noch feucht und ungesund. Moschee – von ihm stammt zur Erinnerung an seine Eltern die Grabinschrift, welche links vom Südportal in die Außenwand der Stadtpfarrkirche eingemauert ist und wie folgt lautet:

„Franz Moschee, Bürger und Glasermeister ligt allda bey seiner Gattin Maria welcher den 31. July 1768 gestorben, dem Gott samt allen Verstorbenen gnädig seye. Aus kindlicher Liebe gegen seine lieben Aeltern hat Jacob Moschee, gewester Dechand zu Lind in Traathal (Drautal) als Gleismüllner Beneficiatus Curat diesen Grabstein machen lassen“ – war somit der erste Benefiziat, der das Haus Judengasse 25alt, 26neu bewohnt hat. Der Magistrat zeigte sich bei dieser Gelegenheit von seiner besten Seite. Er gewährte zweihundert Gulden für die Adaptierung des desolaten Gebäudes und auch das nötige Bauholz aus eigenem Wald. 1769 richtete Moschee ein neuerliches Ansuchen um weitere Bauhilfe an die Stadtherren. Diese wollten zunächst wohl nichts mehr davon hören, doch nach Intervention des Bischofs von Lavant, griff man halt noch einmal ins Stadtsäckl.

Die vermutlich nächsten Benefiziaten sind Jakob Tonitz (1832 genannt) und Kajetan Klesel (1845). Zu ersterem wäre zu ergänzen, daß lt. Stiftregister um 1823 bis längstens 1826 „Herr Primus Tonitz, Weinhändler allhier, den jährlichen Fruchtgenuß von einer Wiese als kleine Remuneration für die Temporalienverwaltung der Gleismüllner´schen Benefiziat Gült“ inne hatte. Es sieht ganz so aus, als gäbe es ein Verwandschaftsverhältnis zwischen dem Benefiziaten und dem Weinhändler. Von Klesel wird gesagt „er wohne im Hause Nr. 26, einem städtischen Gebäu, zusammen mit einer Magd“. Das Wohnhaus dürfte also damals aus Erdgeschoß und einem Obergeschoß bestanden haben. Das mit dem „städtischen Gebäu“ ist aber sicherlich ein Irrtum, nur daraus entstanden, daß die Stadt immer wieder für alle Gebäudekosten aufkommen sollte und zeitweilig auch tatsächlich dafür aufgekommen ist. Über die Verfügungsrechte der kirchlichen Behörden ist jedoch nur einmal in alter Zeit und nur vorübergehend ein Zweifel aufgekommen, als während der Reformation die lutherisch gesinnte Stadtverwaltung das damals umfangreiche Besitztum der Gleismüllnerischen Stiftung an sich zu ziehen trachtete. Der jeweilige Benefiziat hatte laut  Stifterwillen  zwar  die  Möglichkeit, Grundstücke und Besitztümer zu verkaufen oder zu vertauschen, benötigte dazu aber die ausdrückliche Zustimmung des Erzpriesters von Friesach bzw. des Salzburger Erzbischofs, später die des Bischofs von Gurk.

Auf Klesel folgte möglicherweise schon Franz Franziszi als Benefiziat und Katechet. Er, der berühmte Kärntner Volkstumsforscher, bewohnte unserer Haus für die Dauer seines Wirkens in St.Veit und zwar von 1857 bis 1870 und hinterließ eigenhändig geschriebene Notizen zur Geschichte der Gleismüllner´schen Stiftung. Er bemühte sich darin auch um die Lokalisierung des ursprünglichen Benefiziatenhauses in der Judengasse, ohne aber anscheinend zu befriedigenden Resultaten zu gelangen, denn in seiner Veröffentlichung von 1864 – „Archiv für vaterländische Geschichte, Seite 77ff“ – läßt er alle Überlegungen zum ältesten Benefiziatenhaus bezeichnenderweise gänzlich weg. Oswin Moro widmete diesem vortrefflichen Mann und vorbildlichen Seelenhirten einen würdigen Nachruf in der Carinthia 1951, Seite 6ff.

 Ob und wer nach 1870 dieses Haus als Benefiziat noch bewohnt hat, ist vorerst nicht auszumachen. Bald dürfte man jetzt aber dazu übergegangen sein, die vorhandenen Wohnräume im Haus in der Bräuhausgasse einfach zu vermieten. Die einst ansehnlichen Stiftungserträge – bis 1848 nahezu ungeschmälert vorhanden – sind insbesondere durch die Grundentlastung der bäuerlichen Untertanen stark geschrumpft. Man erhielt nur ein Drittel des Wertes an Ablöse und legte diese Mittel in Wertpapieren an, verlor aber dafür die bisherigen Erträgnisse aus Huben in Straganz, in Niedergöriach am Magdalensberg, am Ranach bei Brückl, in Thalsdorf, St.Sebastian und Glandorf zu hundert Prozent. Im Eigentum verblieben lediglich die nichtbäuerlich, also etwa an Kaufleute und Gewerbetreibende verpachteten Äcker und Wiesen im Weichbild der Stadt, sowie das Benefiziatenhaus in der Bräuhausgasse. Die Erträge daraus belaufen sich knapp nach der Jahrhundertwende lt Kassa-Journal 1902-1929 für Pachtgründe auf 110 Kronen, für Mieteinkünfte beim Benefiziatenhaus auf 240 Kronen und für Zinsen aus einem Wertpapier-Nominale von insgesamt 7.500 Kronen auf etwa 300 Kronen, zusammen also auf rund 650 Kronen jährlich. Das reichte gerade einmal für die Steuern, für durchschnittlich 100 Stiftungsmessen à 1 Krone 20 Kreuzer und für das Verwaltungshonorar von 432 Kronen pro Jahr. Solche Zahlen ließen natürlich den Posten eines Benefiziaten schon zu Franziszis Zeiten völlig unattraktiv erscheinen und es würde garnicht wundernehmen, wenn sich danach niemand mehr für diese Stelle gefunden hätte. Mit dem unglücklichen Ende des 1. Weltkrieges sind obendrein auch noch alle Wertpapiere der Inflation zum Opfer gefallen.

Zur Hausgeschichte bietet das Kassen-Journal noch einige Details. So hört man im Jahre 1902, daß der Lehrer Adam mit seiner Familie einziger Mieter ist und jährlich 240 Kronen zahlt. Die Wiese beim Pulverturm hat Gustav Mlinek um 63 Kronen, Franz Titz einen Acker um 35 Kronen und Andreas Pogatschnig ein drittes Grundstück um 16 Kronen in Pacht. Mit der Zeit wechseln nicht nur die Pächter sondern auch im Hause tut sich einiges. Auf den Lehrer Adam folgt 1906 Franz Lappitsch, Bahnbediensteter als Mieter. Aus diesem Anlaß liefert Tischlermeister Johann Essich einen neuen Küchenboden um 18 Kronen. Eigenes Wasser gibt es beim Hause nicht, daher werden 4 Kronen an den Wirt Josef Migglitsch für die Gestattung des Brunnwasserbezuges geleistet. 1907 macht Zimmermeister Carl Ebner für 23 Kronen eine neue Senkgrubenabdeckung im Rainer Garten. Das heißt, daß der Hauskanal durch die Stadtmauer durchführte. Im Jahre 1920 – wie man weiß, am Höhepunkt der Wohnungsnot in St.Veit – kommt es anscheinend zur Aufstockung des Hauses, denn es werden nicht nur „140 Kronen für Verputzen der Wohnung im 2. Stock“ ausgegeben, es gibt von nun an plötzlich  3 Mieter, namens Vetter, Kraßnig und Herenig. Die Miete beträgt für jeden 10.000 Inflations-Kronen bzw. nach Währungsumstellung 1 Schilling monatlich. Im Jahre 1929 wird mit 290 Schilling mehr ausgegeben, als mit 231 Schilling ein-genommen. In den Ausgaben ist ein Betrag von 116 Schilling für 29 Stiftungsmessen enthalten. Für den Mieter Kraßnig kommt im Jänner 1939 Herr Kanolzer ins Haus und bleibt bis mindestens 1957. Seine Nebenmieter wechseln häufig. Es sind dies u.a. Maria Gaggl, Ernst Schöppl und Herr Bizai. Am 2.8.1941 wird die Wasserleitung montiert (Luftschutz!) und im November darauf eine Wasseruhr eingebaut. 1942 mußte eine Luftschutzspritze ins Haus und weil über den Winter die neue Wasserleitung einfror, war diese im April 1942 aufzutauen. Oh ja, der strenge Winter 1941/42 hat noch viel schlimmeres auf dem Gewissen……

 Walter Wohlfahrt in „St. Veit Kommunal“  August 2000

 

 

 

Der Hutmacher in der Erlgasse

Mai 28, 2012 um 16:55 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen Kommentar
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In einer garnicht so fernen Zeit waren die Hausbesitzer der Stadt St.Veit, egal ob in der Innenstadt oder in einer der Vorstädte noch fast ausnahmslos Ackerbürger. Da die Grenzen des Burgfrieds weit über Altstadt und die vier Vorstädte hinausreichten, waren noch genügend Flächen zu Ackerbau, zum Mähen oder Beweiden vorhanden. Einer der letzten Viehhalter der Innenstadt, dessen Kühe auf  ihrem Weg zu den Weidegründen noch täglich für frischen Dung am Hauptplatz sorgten, soll ungefähr in der Ecke der Bräuhausgasse gewirtschaftet haben und Rainer geheißen haben.

Die Bürgerliche Privatgült St.Veit, ein Zusammenschluß aller Hausbesitzer mit eigenen Statuten war zuständig für die Organisation und Verwaltung dieses Gemeinschaftsbesitzes. Damit auch niemand benachteiligt oder bevorzugt sei, wurden die Gründe alle Jahre durch das Los neu zugeteilt. Wer einen Tauschpartner fand, weil es für beide Teile günstiger erschien, konnte innerhalb einer gesetzten Frist noch Änderungen vornehmen. Die Anfänge dieser Privatgült, oder etwaige frühere Bezeichnungen dafür, sind noch kaum erforscht. Tatsache ist jedenfalls, daß sie in einer kritischen Phase der Stadtgeschichte, in der Zeit also, da die Eisenhandelsprivilegien von Kaiser Josef II abgeschafft worden sind, bereits in Funktion war. Diese kaiserliche Maßnahme war nicht nur schmerzlich für alle hier ansässigen Eisenhändler mit ihren prunkvollen Häusern am Platz, sie traf auch die Stadtverwaltung schwer, die mit Steuern und Abgaben nicht mehr im gewohnten Umfange rechnen konnte. Waren es echte Notverkäufe oder nur reine Vorsichtsmaßnahme der städtischen Amtsinhaber, die als Bürger der Stadt auch selbst ein Interesse haben mußten, daß nichts in falsche Hände gerät – jedenfalls wurden alle Realitäten die bis dahin das Bürgermeisteramt verwaltet hat, innerhalb kurzer Zeit abgestoßen. Dabei fällt auf, daß sich durchwegs potente und honorige Bürger der Stadt als Käufer fanden, die postwendend alle ihre neu erworbenen Besitztitel an die Bürgerliche Privatgült zedierten, so daß letztere schließlich neben den schon vorhandenen Gemeinschaftsflächen, auch noch Stadthäuser, Landwirtschaften und Industrieanlagen besaß.

Warum man einem direkten Kaufakt auswich und stattdessen den Umweg über die Zession beschritt? Einige Erklärungen dafür gäbe es vielleicht. Etwa die Gefahr einer Anfechtung wegen Insidergeschäft, oder die nicht zu erwartende Zustimmung seitens des übergeordneten Kreisamtes? Die ganz genauen Beweggründe sind nicht überliefert.

 Um nun endlich zum Hause in der Erlgasse zu kommen, welches den Aufhänger dieses Berichtes bildet, sei vorangestellt, daß die Privatgült noch später mit dem Ankauf feiler Stadt- und Vorstadthäuser sowie mit deren gewinnversprechender Weiterveräußerung Geschäft zu machen trachtete. Auf solche Art gelangte auch das Hutmacherhaus 1856 für wenige Wochen in die Hand der Bürgerlichen Privatgült. Diese war nämlich bemüht, die Erträgnisse aus dem angehäuften Liegenschaftsbesitz wieder fruchtbringend anzulegen und betätigte sich obendrein eifrig als Darlehensgeber, so auch an den Vorbesitzer des Hutererhauses Villacher Vorstadt 39, Ignaz Jakob Lerch mit Namen. Der arme Lerch hatte schon vor 25 Jahren das kleine Anwesen von der Rosalia Prettnerischen Vormundschaft gekauft und war nach so langer Zeit nicht nur den Großteil des Kaufschillings, sondern zusätzlich 400 Gulden für ein neues Darlehen der Privatgült schuldig. Rechtsnachfolger der Prettner war der Convent der Elisabethinnen in Klagenfurt und als diesem die Wartezeit zu lang geworden war, kam es zur Zwangsversteigerung. Die Elisabethinnen haben bekanntlich nicht nur hier von Prettner, ehemals Advokat und Bürgermeister von St.Veit, geerbt, sondern auch dessen Gut Rosenbichel bei Pulst. Dieser unerfreulichen Gerichtsmaßnahme, sowie der Genauigkeit eines Beamten verdanken wir nebenbei gute Auskünfte über die personelle Zusammensetzung der Bürgerlichen Privatgült St.Veit im Jahre 1856. Beim Weiterverkauf des Hutmacherhauses verlangte der Führer des neuen Grundbuches nämlich allen Ernstes vom Gültverwalter, dem hochangesehenen Andreas Elsäßer eine Vollmacht, sodaß wir nicht nur den Verwalter, sondern alle Ausschußmitglieder und vermutlich die meisten Mitglieder per Namen kennen. Die diesbezüglichen Akten sind im Museum der Stadt St.Veit geordnet und katalogisiert.

Das Haus bekam inzwischen die topografische Bezeichnung St.Veit „156 neu/158 alt“. Man nimmt an, daß mit Einführung des Katasters um 1828 die bisherige Hausnumerierung nach Stadt und Vorstädten aufgelassen wurde und eine Gesamtdurchzählung aller Häuser (Hauslisten!) platzgriff, das wäre „158/alt“, schließlich mit Gründung des neuen Bezirksgerichtes um 1850 die Nummer „156/neu“. Die Bezeichnung „Erlgasse 15“ gibt es erst seit Einführung von Straßennamen in St.Veit.

 Der Käufer Franz Muschlin vererbte das Anwesen, es bestand übrigens aus dem Wohnhaus zwischen Bach und Erlgasse samt Hutmachergerechtsame sowie einem Garten auf der anderen Straßenseite mit Holzhütte, 1870 an Luzia Muschlin, deren ae Sohn Ignaz Slamanig 1882 als Käufer auftrat. Von Maria Slamanig (seit 1912) ging die Liegenschaft 1926 auf Johann Slamanig über, der noch im gleichen Jahr das Haus an Max und Ursula Schöffmann aus Gösseling verkaufte um sich auf dem verbliebenen Grundstück gegenüber ein stattliches neues Wohnhaus, Erlgasse 10, zu schaffen. Hier her gehören auch die nach Auflösung der Privatgült um die Jahrhundertwende angefallene Acker- und Wiesenparzellen im Westen der Stadt.

Die Behausung des einstigen Hutmachers, jetzt Erlgasse15 und im Besitz der Familie Zoff,  zählt zwar nur zu den mittleren Vorstadthäusern, über einen Zeitraum von eineinhalb Jahrhunderten betrachtet, konnte sie uns aber dennoch so manches über die Stadt erzählen.

Walter Wohlfahrt in „St.Veit Kommunal“ Ende 1998

 

 

 

 

Das Elektrizitätswerk St.Veit

Mai 28, 2012 um 11:38 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen Kommentar
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So um das Jahr 1910 beschäftigte sich der höchst verdienstvolle Bürgermeister der Stadt St.Veit, Dr. Johann Spöck, seines Zeichens tüchtiger Notar und großer Gesellschaftsmensch ganz ernsthaft mit der Frage, in St.Veit das elektrische Licht einzuführen. Ob dabei die viel beklagte, äußerst störungsanfällige alte Straßenbeleuchtung wirklich der einzige Grund dafür war, möchte man fast bezweifeln. Denn immerhin, in Paris spielte man bereits seit 1895, in Wien seit 1896 und bei Prechtl in Klagenfurt auch schon seit 1908  in entsprechenden Etablissements Stummfilme, warum nicht auch in St.Veit?

 Es ist wohl klar, daß man dem hohen Gemeinderat nicht einfach mit so direkten Wünschen kommen konnte. Auch als Vertreter einer liberalen und antiklerikalen Richtung hatte der Bürgermeister gewiß auf  kirchentreue Kreise Rücksicht zu nehmen, denen ein moderner Lichtspieltempel nicht gerade ein Anliegen sein konnte. Wir werden aber später noch sehen, daß der Errichtung des E-Werkes die Gründung des ersten St.Veiter Kinos auf dem Fuße folgte. Ganz fremd war das neue Vergnügen den Leuten nicht mehr, denn ein wanderndes Kino gab es schon. In der Sitzung des Gemeinderates vom 9.5.1911 protokollierte man unter Tagesordnungspunkt neun: „Die 6 Projekte für eine elektrische Zentrale werden dem kk. Prof. Wolfgang Wendelin in Graz zur Prüfung und Begutachtung vorgelegt“. Danach gingen drei Monate ins Land, ehe der Gemeinderat in der Sitzung vom 8.8.1911 zu den zwei folgenden Beschlüssen fand.

„1. Errichtung eines Elektrizitätswerkes mit Dieselmotorenbetrieb durch die Gesellschaft für Elektrische Industrie in Weiz und

 2. Ansuchen beim Kärntner Landesausschuß (heutige Regierung) um Bewilligung zur Aufnahme eines Darlehens in Höhe von 200.000 Kronen“

 Ein Nachtragsbeschluß im Gemeinderat vom 10.10.1911, die Fundamente für 200 HP-Motore (Horse Power = Pferdestärke oder PS) und das Maschinenhaus entsprechend groß zu bauen wird „mit allen gegen zwei Stimmen“ gefaßt.

 Die Arbeiten dürften sehr zügig vonstatten gegangen sein, denn noch im gleichen Jahr, genau in der Sitzung vom 5.12.1911 hält man unter Protokollpunkt 4 wörtlich fest: „In der Elektrischen Angelegenheit werden die verschiedenen Anfragen und Aufklärungen durch Herrn Ing.Wutte erörtert. Es wird die Kilowattstunde für Licht auf 60 Heller und für Kraft auf 30 Heller kommen. Der Bürgermeister teilt ferners mit, daß nach den Gutachten des Sachverständigen  es unbedingt notwendig ist, daß sämtliche Hausinstallationen von  e i n e r  Firma durchgeführt werden müssen, weil sonst das Werk gefährdet wäre. Herr Ing. Wutte bringt über diese Angelegenheit noch weitere Aufklärungen und begründet die einheitliche Installation eines Elektrizitätswerkes, worauf beschlossen wird, am Samstag den 9.d.M. beim „Stern“ eine Versammlung abzuhalten, wo jeder Partei Aufklärung über Installationsarbeiten gegeben werden. Von der Firma Pichler in Weiz wird Herr OberIng. Morwitzer zur Versammlung erscheinen. – Es wird einstimmig beschlossen daß bis 1. Juli die Baufirma und von dieser Zeit ab die Gemeinde selbst die Installationsarbeiten durchführen wird. In den Elektrizitäts-Ausschuß werden gewählt die Herren: (nachträglicher Einschub: „um die Konzession ist anzusuchen“) Dr.Joh.Spöck, Mich.Feichter und Johann Trixner, in den Überwachungsausschuß die Herren Anton Reichel und Rudolf Mattersdorfer.“

Auch der anschließende Punkt des nämlichen Protokolles ist interessant; er lautet:

„Die Zuschrift der k.k. Staatsbahndirektion wegen Anbringung eines Stadtwappens am neuen Personenbahnhof (Hauptbahnhof) wird mit Befriedigung zur Kenntnis genommen und wäre hierbei auch in Erwägung zu ziehen, daß am neuen Personenbahnhof, sowie an der Elektrischen Zentrale und am Wasserschloß (je) eine Erinnerungstafel angebracht wird.“

 Zumindest im E-Werk wurde tatsächlich eine Tafel angebracht mit der Inschrift:

  • Erbaut 1912
  • unter dem
  • Bürgermeister Dr.Joh.Spöck
  • von der
  • Gesellschaft für Elektrische Industrie
  • Zweigniederlassung Weiz
  • vorm. Franz Pichler & Co

Es dürfte wohl nicht mehr all zu viele St.Veiter geben, die auf Anhieb sagen könnten, wo das erste E-Werk der Stadt entstanden ist oder die das Gebäude, welches heute nur mehr ein Umspannwerk beherbert,  im Vorübergehen als einstige Elektro-Zentrale erkennen würden. Es ist der ungewöhnlich hohe Bau vor dem Westbahnhofgelände.

 Die weitere Geschichte des Werkes ist rasch erzählt. So groß die Freude der Stadtbewohner über die neue Helligkeit auch war, einen wunden Punkt hatte die neue Anlage, das war ihre Abhängigkeit vom ausländischen Dieselöl. Dieses kam damals mit Kesselwagen der Bahn aus dem damals gerade noch österreichischen Galizien. Doch bald gab es Krieg, der mit dem Verlust Galiziens endete. Die anschließende Devisennot erlaubte für längere Zeit keine regelmäßigen Importe mehr. Das erzwang schließlich eine Neuorientierung. Flußlaufwerke an der Gurk bei Passering und bei Bruckendorf waren von 1925 an die Zukunft und logische Konsequenz. Parallel dazu waren die Dieselaggregate zwar noch längere Zeit aushilfsweise im Einsatz, doch Erweiterungsmaßnahmen in der Zentrale St.Veit kamen nicht mehr in Betracht.

 Aus der Kärntner Wasserkraftwerke AG, Klagenfurt – gegründet 1923 – wurde im Jahre 1939 die Kärntner Elektrizitäts AG (Kelag) und diese 1948 durch Verstaatlichung zur Landesgesellschaft. Mit Verstaatlichungsbescheid des Landeshauptmannes vom 10.2.1948 und Wirksamkeit vom 1.3.1948 endete die Selbständigkeit der hiesigen Kraftwerke. Die St.Veiter Zentrale, Haus Nr. 120 (heute Lastenstraße 8), die Wasserkraftwerke von Passering und Unterbruckendorf mit allen Freileitungen sowie 17 Hektar Grund wurden in die neue Landesgesellschaft eingebracht und die Stadtgemeinde St.Veit erhielt dafür ein entsprechendes Aktienpaket.

Die in unseren Tagen aus dem Verkauf dieser Aktien gewonnene Liquidität zeigt, daß die 200.000 Kronen des Jahre 1911 nebst den späteren Investitionen an der Gurk keine schlechte Rendite abgeworfen haben. Nach der guten Saat, einst von tüchtigen Kommunalpolitikern gelegt, profittieren jetzt deren späte Amtsnachfolger. Daß der eine ein Bürgerlicher war und der andere ein Sozialdemokrat ist, ist geschichtliche Irnonie.  

 Abschließend noch einmal kurz zur Geschichte des Kinos in St.Veit, weil der innige Zusammenhang nicht zu übersehen ist. Mit Inbetriebnahme des E-Werkes waren alle Voraussetzungen für einen KINEMATOGRAPHEN, so nannte man die ersten Filmvorführapparate, in St.Veit gegeben. Schon am 7.11.1911 befaßt sich der Gemeinderat mit entsprechenden Anträgen. Das Sitzungsprotokoll, Punkt 26 sagt:

 

                        „Die beiden Gesuche des Johann Jäger und des

                        Karl Karner um Aufstellung eine Kinomatographen

                        werden der kk.Bezirkshauptmannschaft mit dem

                        Bemerken zugesandt, daß die Personen vertrauenswürdig

                        erscheinen und die Lokale geeignet sind.“

 

Ganz offensichtlich handelt es sich um zwei getrennte Bewerbungen und zwei verschiedene Lokale. Wie es mit Karl Karner weiterging, muß vorerst offen bleiben. Johann Jäger hingegen erscheint schon im Jahr darauf als Eigentümer eines prächtigen Kinobaues neben seinem Gasthof in der Villacher Straße. Eine Innenaufnahme beweist, daß anfänglich bei Tischenin Viererreihen gespielt wurde. Wenn man richtig rechnet, gab es 24 Tische a 5 Sitze, in Summe also 120 Plätze. Neben dem Eintritt wurde also auch noch bei der Konsumation verdient. Der Zulauf war enorm und steigerte sich noch mit den späteren Tonfilmen.

Neben dem kinosüchtigen städtischen Publikum, pilgerten lichte Scharen aus allen Tälern und Winkeln der Umgebung, wenn sonn- und feiertags, später alltäglich die spannendsten Filme liefen.

 Als aus vorerwähnten Gründen 1918 die Diesellieferungen ausblieben und in St.Veit die Lichter ausgingen, wußte man sich in der Villacher Straße mit einer eigenen Lichtmaschine rasch zu helfen. Von der Mechanischen Werkstätte Julius Gaggl in Lebmach wurde ein Petroleummotor mit Maschinist, es war mein Vater,  entsandt, denn –  the show must go on! – und sie ging weiter, falls nicht zwischendurch einmal der Transmissionsriemen von der Scheibe fiel…..

 1925 war die Familie Jäger bereits so erfolgreich, daß sie das Patrizierhaus Hauptplatz 31 kaufen und aus dem Hoftrakt postwendend einen modernen Kinosaal machen konnte. Trotz allgemeiner Geldknappheit waren die Kinovorstellungen regelmäßig ausverkauft. Die Begeisterung für das neue Medium war so groß, daß man eher auf alles andere, nur nicht auf einen Kinobesuch verzichtete.

Walter Wohlfahrt in “ St.Veit Kommunal“  April 1998

 

 

 

 

Zum Haus am Unteren Platz 16

Mai 28, 2012 um 10:51 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen Kommentar
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Die Geschichte eines Stadthauses ist immer wieder eng verknüpft mit Familien und Familienschicksalen. Gräbt man zeitlich oft nur ein wenig in die Tiefe, offenbaren sich wundersame Ereignisse, menschliche, nicht selten gar zu menschliche Ereignisse. Man kann dabei aber auch zu unerwarteten, zu neuen Erkenntnissen in Bezug auf die allgemeine Stadtgeschichte gelangen. Dazu mehr im Verlauf dieser Abhandlung.

 Einleitend zur örtlichen Bestimmung nur so viel, dass es sich bei obiger Adresse um jenes Haus handelt, in welchem noch bis vor kurzem die BAWAG PSK Filiale untergebracht war. Die beiden Nachbarn sind Reformhaus Leikam links und ganz neu Hartlauer rechts. Die Besitzaufzeichnungen reichen bis in das Jahr 1780. Da hat nämlich ein gewisser Johann Pippenbacher, aus Straßburg in Kärnten gebürtig, Fleichhauermeister und seit 1774 St. Veiter Bürger, sein Haus in der Klagenfurter Vorstadt dem Berufskollegen Haterer abgegeben um sich am Unteren Platz anzukaufen. Die Fleischerei selbst befand sich nicht im gekauften Haus, sondern in der „Schulhausgasse“ bei den sogenannten „Fleischbänken“ an der Nordgrenze des Friedhofes, der damals noch um die Stadtpfarrkirche herum bestand. Ein zum Haus gehöriger Acker lag in der Friesacher Vorstadt im Ried „Siechenhaus“ zwischen Mailänder, Wahrheit und dem Fahrweg nach Weyer.

 Nach Pippenbachs Ableben ging aller Besitz mangels männlicher Erben auf die Witwe Anna über. Es dauerte nicht lange, da kam es zum neuerlichen Besitzwechsel, von Anna auf Tochter Katharina, verehelichte Debellak. Gemeinsam mit ihrem Gatten Thomas richtet sie bereits 1830 eine Eingabe an den Magistrat, ihre eigene Mutter betreffend. Was sich im Landesarchiv unter Stadt St. Veit Faszikel 50 an wörtlicher Aussage findet ist einerseits recht bezeichnend für beim Erben immer wieder vorkommende Eifersüchteleien, andererseits aber ein echter Neufund, der geeignet ist, der „Chronik des St. Veiter Bürger-Goldhauben Frauen-Vereines“ (erschienen 2002 auf Anregung von Frau Christa Ebner) eine frühe, bislang nicht bekannte Haubenträgerin hinzu zu fügen. Der verkürzte Originaltext lautet, „der hohe Magistrat möge das täglich gefährlicher werdende Betragen unserer Mutter, welches auf einen ziemlichen Grad von Tollheit schließen lässt, untersagen. Anna Pippenbach habe allerlei Wertgegenstände zum Schwiegersohn Traunsteiner verschleppt, u. a. und jetzt kommt es,  1 Goldspitz(en)haube, 1 Schwarzsamtenen Kittel mit Goldspitz(en) und 1 grünen zizenen Kittel.  Der weitere Verlauf der Familienfehde ist zwar nicht bekannt, dass es sich aber bei der Fleischhauermeistersgattin Anna Pippenbach, Lebenszeit ca. 1755-1830, um eine St. Veiter Goldhauben-Frau gehandelt hat, darf hier ohne jeden Zweifel nachgetragen werden.

 Thomas Debelack erscheint 1831 beim Taufeintrag seines Kindes als bürgerlicher Fleischer aus Krain gebürtig in der Matrikel auf, obwohl er de facto erst 1844 Bürgerrecht erhielt. Seit 1833 ist er auch als Besitzer angeschrieben.                                                         

Walter Wohlfahrt in „St. Veiter Stadtblattl“ Fritz Knapp – Mai 2012

25 Jahre Restaurant Vitus-Quelle

Mai 28, 2012 um 10:34 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen Kommentar
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Die Eröffnung eines modernen Restaurationsbetriebes durch Frau Trudelinde Kircher am 5. April 1974 bedeutete einerseits einen weiteren Bruch in der vorausgegangenen Nutzungsart des altehrwürdigen Hauses im Erlgraben, man steht jedoch als beliebte St. Veiter Gastwirtschaft in einer guten, jahrzehntelangen Tradition. Man sollte sich daran erinnern, dass hier durch zwei Jahrhunderte so manche gesellige Runde sich ihres Lebens, der eine oder andere der Stärkung oder Wiedergewinnung seiner Gesundheit erfreuen durfte.

Viel wurde über die Vitus-Quelle und das gleichnamige „Mineralbad“ schon  geschrieben, aber längst noch nicht alles gesagt! Da wäre einmal der gelehrte Chemiker Josef Mitterdorfer mit seinem Aufsatz „Die Mineralquelle im Mühlbachgraben bei St.Veit“ in Carinthia 10.7.1824 zu nennen. Er liefert darin nicht nur die chemische Analyse des Vitus-Wassers, empfiehlt nicht allein Trinkkuren bei Verdauungsbeschwerden, Blasenleiden, Katarrhen und Blutarmut, sondern vergleicht dessen Eignung für Vollbäder sogar mit den Heilquellen von Liebenwerda in Böhmen und Ruhla bei Eisenach. Man würde zu weit gehen, wollte man darin lediglich ein Gefälligkeitsgutachten erblicken. Die Erwähnung des Badehauses und die handfeste Empfehlung, endlich Quellwasser anstelle des gewöhnlichen Bachwassers ins Haus und in die Badewannen zu leiten, spricht aber vielleicht doch für eine teilweise Anlaßarbeit. Es heißt nämlich wörtlich „für das schon seit mehreren Jahren mit vielen Bequemlichkeiten eingerichtete, öffentliche Badehaus ….. wird bis jetzt nur das Wasser des vorbeiströmenden Mühlbaches verwendet, welches auf Verlangen gewärmt und durch künstliche Zusätze als Stahl-, Schwefel- oder Kräuterbad benützt und ziemlich stark besucht wird.“

In einer Reihe „Kärntner Bäder“ im Südmarkkalender 1932 Seite 145 befaßt sich Norbert Rainer gleichfalls mit dem Thema. Neben Mitterdorfer zitiert er ein Gutachten des landschaftlichen Apothekers Johann Hollemschnig aus Klagenfurt, wonach das Wasser der Vitus-Quelle obendrein bei Blähhals gute Ergebnisse bringe. Auch soll nach Hollemschnig 1877 bei der Wahl des Standortes des Barmherzigen Spitals die Nähe zur Vitusquelle mit eine Rolle gespielt haben. Rainer erwähnt Verdienste der St. Veiter Schützengesellschaft um die Quelle und um die Schaffung eines bequemen Zuganges dorthin sowie die Leistungen des St. Veiter Verschönerungsvereines für den Vituspark ganz allgemein. Im Zuge einer kleinen Besitzgeschichte wird sich noch zeigen, dass der Anregung Mitterdorfers auf Zuleitung des Quellwassers zum Bad bald nachgekommen wurde.

Eine weitere, nicht unwichtige Geschichtsquelle ist eine Art Gästebuch oder Chronik des Hauses. Wenn auch der Zustand des Buches nicht der beste ist und eine Neubindung nicht schaden könnte, sind daraus doch etliche Einblicke, sogar Daten zu gewinnen. Abgesehen vom Ersteintrag 30.10.1832 beginnen regelmäßige Gästnotizen doch erst im Jahr 1841 um später von Einzelnotizen 1863, 1870, 1878 gefolgt zu werden, ehe sich ab 1880 wieder öfter und bis 1887 durchgehend Anwesenheitsbeweise, lustige und ernste, finden. Etwa: „Habe gebadet – glaubte geheilt – leide noch immer – an Heimweh nach St. Veit“ oder „Bade hier seit zwölf Jahren – nie krank, Anderluh 1.5.1882“ Unter den Badegästen bilden St. Veiter und Klagenfurter naturgemäß die Mehrheit, es finden sich aber auch Prager, Wiener und Budapester! In der Chronik finden sich das Wappen der Freiherrn von Koller, eines der Grafen Egger und eine gezeichnete Ansicht des Bades mit Gärtnerei von Frd. Jeluschnig 1840.

An Hand weiterer in die Tiefe führender Unterlagen des Stadtmuseums sowie ergänzender Nachschau im Kärntner Landesarchiv ist es möglich, eine geschlossene Besitzerreihe, um Details ergänzt, darzubieten:  Erbauer und erster Eigentümer des öffentlichen Badhauses von 1820 war Johann Mathäus Frh. von Koller, ein Sohn des 1805 verstorbenen Eisenhandelsherrn gleichen Namens. Dass die erste Absicht, die man mit diesem Bau verfolgte, nicht dem Kurbaden, auch nicht dem persönlichen Gebrauch galt, sondern der armen Stadtbevölkerung zu regelmässiger Körperpflege dienen sollte, geht wohl daraus hervor, dass anfänglich eben nur Bachwasser zur Anwendung kam. Nach frühem Ableben des Gründers erbte 1828 dessen Schwester Katharina, verehelichte Gräfin Egger neben dem Palais am Oberen Platz (heute Bezirkshauptmannschaft), den anderen Stadthäusern, Rasnig-Mühle und Bleiweißfabrik etc. etc. eben auch die „Badeanstalt in der Mühlbacher Vorstadt“. Gräfin Egger griff Mitterdorfers Anregung gleich auf und leitete Quellwasser direkt in die Wannenbäder. Eine neue Qualität des Haus war die Folge. War vielleicht bisher mit einer Badedienerin das Auslang gefunden worden, so ergab sich bald die Notwendigkeit der Unterbringung und Verköstigung von Gästen. Frühestens ab 1830 darf also mit erstem Gastbetrieb an dieser Stelle gerechnet werden, wenn auch ein solcher noch nicht ausdrücklich Erwähnung findet.

Auf Katharina Gräfin Egger folgte 1837 ihr Sohn Graf Gustav. In seine Zeit fallen schon viele Eintragungen im erwähnten Gästebuch. Ob allerdings und wie sehr sich die gräftlichen Herrschaften mit dem Kurbad identifizierten, ist schwer zu sagen. Haben sie das Personal selbst geführt, oder das ganze Haus einfach einem Pächter überlassen? Auch diese Frage muss offen bleiben.

1859 tritt jedenfalls ein neuer Eigentümer auf den Plan, Franz Puntschart. Dieser hat dem Grafen Egger nicht nur das Badhaus, nein noch einiges mehr, vorallem aber die Bleiweißfabrik abgekauft. Puntschart und Bleiweißfabrik bilden übrigens ein eigenes Kapitel im Lebensroman von Dr. Sebastian Weberitsch, Seite 99 ff. Dort ist nachzulesen, wie leicht der herzensgute und freigibige Mann von Zeitgenossen ausgenützt werden konnte. Es müsste nicht wundernehmen, wenn sich auch beim Badhaus die übereifrigen Handwerker gegenseitig ein Geschäft zugeschanzt hätten, so wie sie es bei der Fabrik getan haben. Schon drei Jahre später verkaufte P. an August Rauscher. Auch mit der Fabrik hatte P. wenig Glück. Er starb als ein weitum geachteter, aber armer Mann und war doch einst steinreich gewesen!

August Rauscher war für 15 Jahre Eigentümer und gab das Anwesen 1877 an Jakob Meßner, Fabriksbesitzer in Rottenmann ab, der jedoch noch im gleichen Jahr an Sebastian Weberitsch, Handelsmann in St.Veit „das Badhaus im Erlgraben, Haus Nr. 178alt/20neu um 2.677 Gulden“ weiterverkaufte. Die Erwähnung doppelter Hausnummern zeigt an, dass wir uns gerade in jener Zeit befinden, als man die einfache Durchzählung aller Häuser aufgelassen und mit separater Zählung pro Vorstadt begonnen hat. Vom Gesamtpreis entfielen 177 Gulden auf Fahrnisse, was bedeutet, dass die Einrichtung von Bad und Gasthaus nicht all zu kostbar gewesen sein kann. Im § 7 war vorgesehen, dass die Rücklegung des „Personalen Wirtsgewerbes“ zu Gunsten des Käufers erfolgen musste. Da sich Weberitsch nachweislich zu keiner Zeit als Wirt, sondern ausschließlich als Bäcker und Handelsmann betätigt hat, war vermutlich ein vorhandener Bad- und Gasthauspächter mit zu übernehmen. Weberitsch war es vielleicht nur um Geldanlage und um den sicheren Absatz seiner Backwaren zu tun. Er dürfte jedoch auch einige Verbesserungen, insbesondere am Gebäude haben vornehmen lassen, denn beim Weiterverkauf an Karl Honerlein am 26.1.1885, also nach nur viereinhalb Jahren betrug der Kaufpreis 5.700 Gulden und der des Inventars nur noch 100 Gulden. Davon waren 2.000 in bar zu begleichen, der offene Rest zur späteren Ordnung pfandrechtlich sichergestellt. Zwei Vertragsklauseln sind von besonderem Interesse.  Punkt 5, Wasserleitung und Wasserleitungsrecht aus der Vitusquelle gehen als Zubehör der Realität auf den Käufer über. Punkt 6, der Verkäufer verzichtet zu Gunsten des Käufers auf die Wirtskonzession oder er überläßt ihm diese pachtweise. Die auffällig Wertsteigerung mag vielleicht auf die rechtliche Regelung des Wasserbezuges zurück gehen. Für Hörnerlein, einen Privaten aus Klagenfurt, ist  es ein rein spekulatives Geschäft, denn er findet schon im Jahr darauf in Fräulein Maria Strauß eine Käuferin, die ihm 6.000 Gulden zahlt. Ein leichter Gewinn von 200 Gulden. Auf der Liegenschaft haftet noch immer der offene Kaufpreis per 3.800 zu Gunsten des Weberitsch. Die neue Käuferin übernimmt die Hypothek in ihr persönliches Zahlungsversprechen und ist mutig genug, ein neues Darlehen von 2.500 Gulden bei Frau Franziska Lemisch, geborene Rainer, Mutter des Dr. Arthur Lemisch, aufzunehmen. Oder sollte man nicht lieber die Großzügigkeit der Geldgeberin loben? Es kam nämlich, wie es kommen musste, wenn sich jemand ohne Bares und vielleicht auch ohne ausreichende Geschäftskenntnisse auf geschäftliche Abenteuer einläßt. Übrigens, auch in diesem Falle wiederholten sich die Bestimmungen in puncto Quellwasser und Konzession. Fräulein Strauß dürfte ein paar flotte Jährchen als Wirtin hinter sich gebracht haben, die Zahlungstermine der Silberegger Brauerei blieben von ihr jedenfalls unbeachtet. Kurzum, im August 1890 schritt man zur Zwangsversteigerung des Badhauses. Weberitsch war zur Rettung seiner Forderung gezwungen, mitzusteigern und bekam auch tatsächlich den Zuschlag für 4.400 Gulden. Das reichte gerade für die offenen 3.800 plus Zinsen. Frau Franziska Lemisch ging leer aus. Ein Glück nur, dass sie den reichen Familien Buzzi, Milesi, Rauscher angehörte….

Weberitsch war nun nolens volens wieder im Besitze des Badhauses und hat dabei immerhin 2.00o Gulden verdient! Beim Weiterverkauf an Johann Mörtenhuber und dessen Braut Maria Fink im Mai des Jahres 1892 wird Weberitsch 6.150 Gulden erlösen. Weberitsch hat in knapp zwei Jahren zwischen August 1890 und Mai 1892 noch wesentliche Verbesserungen vorgenommen. So wurde die untauglich gewordene Quellzuleitung neu „und direkter als vorher“ verlegt. Dass das Haus nicht unterkellert war, wirkte sich auf den Gastbetrieb wenig vorteilhaft aus. Also wurde ein Brücke über den Mühlbach geschlagen und am jenseitigen Hang ein Kellerstollen gegraben, dessen Mundloch eine betonierte Terrasse bekam. Darauf konnten von da an Konzertmusiker oder Tanzkapellen gemütlich Platz nehmen und von der Höhe her das pt. Publikum im von Kastanien beschatteten Gastgarten unterhalten. Chronist Dr. Weberitsch weiß von allerlei Abendunterhaltungen mit Tanz, von Kegelbahnen (Eisbahn im Winter) zu berichten.

Der Besitz des Badhauses durch Koller-Egger währte 40 Jahre und blieb für lange Jahre unerreicht. Die Familie Mörtenhuber wirkte hier jedoch von 1892 bis 1950, unglaubliche 58 Jahre lang und wurde, man kann dies mit Fug und Recht sagen, zum Inbegriff von St. Veiter Gastlichkeit, für Kuraufenthalte, Sommer- und Wintersport, für Vereinsaktivitäten und Gesellschaftsabende aller Art. Am 17. Mai 1892 ist von den Brautleuten Mörtenhuber-Fink gemeinsam und je zur Hälfte gekauft und noch am 31. desselben Monats geheiratet worden. Dass Johann Mörtenhuber nicht nur eine wohl ausgestattete, sondern obendrein eine geschäftstüchtige  Braut heimführte, beweist die sofort einsetzende Aufbauarbeit. Das Haus wird um ein Stockwerk angehoben und bald danach wirbt das BAD VITUSQUELLE MIT GUT EINGERICHTETEN FREMDENZIMMERN WANNEN- DUSCH- UND SCHWIMMBÄDERN (GROSSES SCHWIMMBASSIN). Als 1912 die Stadt mit dem neuen Hauptbahnhof endlich direkten Schnellzuganschluss erhält, hofft man nicht zu Unrecht, dass nun bald auch St.Veit vom Fremdenverkehr profitieren würde. Der örtliche Verschönerungsverein erhöht merklich seine Aktivität. Er kommt mit der Schaffung des neuen Vitus-Parks direkt auf Mörtenhubers Betrieb zu. Der wöchentliche Pensionspreis wird mit 42 Kronen, das Einzelbad mit 70 Heller offeriert. Erstmals wird eine Badeordnung erlassen, gedruckt und ausgehängt, der zufolge die Bäder von 6 Uhr früh an geöffnet sind und jedermann ersucht wird, die gewünschten Wärmegrade anzugeben. Auch darf ärztlicher Anordnung zufolge nicht länger als eine halbe Stunde im Bad verweilt werden. Barzahlung hat an die Badedienerin zu erfolgen. Zu dieser Zeit verfügt Mörtenhuber über 15 Zimmer, gleich wie Gasthof Sommeregger am Unteren Platz. Nur Gasthof „Zum Roß“ von Matthias Apolloner in der Klagenfurter Vorstadt hat 25 Zimmer, alle anderen, selbst Hotel Stern nur höchstens 8 oder weniger. Der Kriegsbeginn Herbst 1914 zerstört alle Hoffnungen, er ist sogar ein schwerer Schlag für jeden Gewerbetreibenden, der zuvor hoch investiert hat. Anlagen bleiben ungenutzt, werden schlecht bis unbrauchbar. Es gibt keine entsprechenden Umsätze. Noch lange nach Kriegsende waren die Zeiten miserabel, Inflation und wirtschaftlicher Stillstand gehörten zum Alltag. Erst 1925 nach Einführung der Schilling-Währung kommt es zu zaghaften Neubeginn, der aber durch politisches Rängespiel nach dem Motto jeder gegen jeden, nie richtig in Schwung kommt.

Johann Mörtenhubers Lebens- und Schaffenskraft neigt sich ihrem Ende zu. Am 21.12.1930 stirbt er mit 65 Jahren. Noch ist der Gasthof für Stadt und Umgebung ein gastronomischer Fixstern. Mörtenhuber hinterlässt neben der Witwe eine Tochter namens Maria und den geistesschwachen Sohn Johann. Die Hälfte des Vaters erbst Tochter Maria. In Anbetracht der Behinderung eines allfälligen Miterben mußte das Anwesen gerichtlich geschätzt werden. Dies erlaubt Einblick in Anordnung und Verwendung der Räume, auf Art der Einrichtung des weitläufigen Gebäudes.

Die Mittelachse des Hauses bestand aus einem vorderen, einem mittleren und einem hinteren Vorhaus (2 Ölbilder, 2 Tische, 4 Sessel). Links davon lagen die Badezimmer 1 bis 3 (mit je 1 gußeisernen Badewanne, Waschtisch, 2 Sessel, Eisenofen, Wandspiegel, Kleiderrechen). Weiters befanden sich auf dieser Seite Klosette, Stiegenhaus, 2 Rumpelkammern, Waschküche, Heizraum. Rechts des Haupteinganges befanden sich ein Gastzimmer (4 Tische, 19 Sessel, 1 Lutz-Ofen, Wandspiegel, Diwan, 6 Kleiderrechen, Pendeluhr, Orchestrion, Wandschmuck) Extrazimmer (6 Tische, 24 Sessel, Servietten-Presse, Bücherkasten, Aufsatzkasten, 4 Kleiderrechen, Spieltisch, Wandschmuck, 30 Bierkrüge, 10 Weingläser, 20 Viertel- und Seitelgläser, 1 Schaumwein-Kübel !, 50 Teller, 36 Alpaka-Bestecke, ein Sagspänofen. Allein darin ist schon zu ersehen, dass das Haus eine grundsolide, einge gediegene Ausstattung aufzuweisen hatte, was sich im Obergeschoß mit allen Fremdenzimmern fortsetzt.

Zum Schwimmbad mit seinen 14 hölzernen Kabinen wird vermerkt, dass dieses erst 1930 wieder instangesetzt worden sei, nachdem es in der Nachkriegszeit verfallen ist und durch acht Jahre nicht im Betrieb gestanden hat. Wäre man früher das einzige Bad der Stadt gewesen, so sei inzwischen ein weiteres hinzu gekommen (Anm.d.Verf.: Poganzer). Weiters sei (1930!) durch den Autoomnibus-Verkehr der Längsee der Stadt näher gerückt. Mit der alten Frequenz des Bades sei deshalb nicht mehr zu rechnen. Eintritt ins Freibad für Erwachsene 40 Groschen, für Kinder 30 Groschen. Elektrisches Licht und Wasser der Stadt sei aber eingeleitet. Wasser für das Freibad komme von der im Besitz der Stadt befindlichen Vitus-Quelle. Das Wasserbezugsrecht beim Marienhof sei durch Verkauf erloschen. Hochwasser des Mühlbaches, zuletzt jenes von 1930, würden stets Gefahr bringen. Mangels Unterkellerung seien die Holzböden durchwegs schlecht. Der Wert der Liegenschaftshälfte wird folglich  vom gerichtlichen Schätzmann, Stadtbaumeister Hans Wank  mit 33.000 Schilling bestimmt.

Als schließlich auch Maria Mörtenhuber ihre Haushälfte der Tochter gleichen Namens übergibt, schreibt man schon das Jahr 1943. Wieder befindet man sich inmitten einer harten Zeit voll Nachteilen und Erschwernissen einer Kriegswirtschaft. Der Getränkekeller auf der anderen Bachseite ist mittlerweile zum Luftschutzkeller für die verschreckten St. Veiter umfunktioniert und ausgebaut worden. Schon wieder geht das Geschäft schlecht und selbst die unmittelbare Friedenszeit ist noch lange nicht geeignet, eine Erholung einzuleiten. Alle Fremdenzimmer sind längst schon amtlich besetzt und zu Mieterschutzwohnungen erklärt worden. Sie sollten es noch lange bleiben.

1950 kommt es zum Verkauf an Josef Müller, schon nach 19 Monaten gefolgt von Ludmilla Laurer, geb. Fian. 1955 folgen die Brüder Philipp und Ernst Nagele. Da wird erwähnt, Nagele hätte 60.000 Schilling in das Bad investiert. Trotzdem hat die Gemeinde dem Nagele die Erneuerung der Wasserzuleitung von der Vitus-Quelle versagt. 1967 hatte er angeblich eine Verzichtserklärung abzugeben um einem Prozeß mit der Stadtgemeinde aus dem Wege zu gehen. Wannenbäder und Freibad wurden daraufhin wegen Unrentabilität aufgelassen. Erst nach und nach sind die Mieterschutzwohnungen frei verfügbar geworden. Aus dem Badhaus hat Philipp Nagele schließlich ein Cafe mit Nachtbar gemacht und mit einer Diskothek geendet.

Seit 1973 zeichnet Trudelinde Kircher als Besitzerin. Sie verschönerte das Haus innen und außen. Das Wappen ihrer Ahnen, Ritter von Holle ziert die Hauptfront. Auch Wappenschilder der Freiherren von Koller und der Grafen Egger sind zu bestaunen. Der Restaurantbetrieb wurde von ihr erfolgreich  wieder aufgenommen, letztendlich aber wurde verpachtet und ein Griechen-Lokal daraus gemacht.

Walter Wohlfahrt in St.Veit Kommunal Herbst 1999, verbessert 2012

Alte Stadtwache

Mai 24, 2012 um 14:37 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen Kommentar
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 Es ist wohl einleuchtend, daß eine alte Stadt wie die unsere schon früh eigene Organe für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung benötigte. Richter und Magistrat waren immerhin Errungenschaften der ältesten Zeit, wenn diese auch fast ausnahmslos die Rechtsbeziehungen von und unter den behausten Bürgern zu regeln hatten. Wer war aber damals für das einfache Volk zuständig? Da muß man wohl sehr weit zurückblättern, sofern überhaupt noch etwas darüber zu finden ist!

 Die Ratsprotokolle von 1752-1756 – sie befinden sich jetzt im Kärntner Landesarchiv –  enthalten diesbezügliche Beschlüsse des Jahres 1756 unter den Foliozahlen 58, 167 und 222. Ein einziger Eintrag sei stellvertretend zitiert. Es geht dabei um Johann Roßmann, Petlrichter, der angeblich damals „schon vor sieben Jahren zu diesem Dienste aufgenommen worden“ und mit dem ersten Kleid, sprich Dienstuniform, beteilt worden war. Sein Ansuchen um eine neue „Libarey“ (Libree = Uniform) wird vom Rat dahin beschieden, daß ihm ein neuer Rock gegeben werde und ihm der Schwarzrock (Kaufmann, selbst Ratsmitglied und zeitweilig sogar Bürgermeister) eine Hose liefern solle. Zur Deutung des Begriffes Petlrichter ist ein Judenburger Ratsprotokoll – siehe „Steirischer Wortschatz“ von Theodor Unger, Graz 1903 – vielleicht hilfreich. Dort wird der Bettelrichter im Zusammenhang mit Schelmen und Dieben genannt. Demnach hätte also unser guter Roßmann wohl hauptsächlich auf diese Klientel sein waches Auge zu werfen gehabt.

 Die Jahres-Rechnung der Stadt von 1849/1850 hat zwei Turmwächter und zwei Platzwächter auf der „Lohnliste“. Man wird nicht weit fehl gehen, in den Turmwächtern die im Dienste schichtweise abwechselnden Männer für den Feueralarm, in den anderen die für die allgemeine Sicherheit Zuständigen zu erblicken. Wie immer die Namen für den Wachkörper offiziell  auch lauteten werden,  für Ordnung war gesorgt. Friedrich Knaus schreibt in seinen Lebenserinnerungen, daß zu Ende der 1860er Jahre die Funktion der Nachtwächter durch den Polizei-Mann Legat ersetzt worden sei. Altbürgermeister Dr. Spöck erwähnt in seinem Bericht (Seite 120), daß es im Jahre 1912 einen Polizei-Wachtmeister und zwei Wachmänner gegeben hätte. Von einem Statut und einer Dienstvorschrift der Städtischen Sicherheitswache des Jahres 1897 berichtet übrigens das jüngst digitalisierte Stadtarchiv! Letzteres ist sogar zunehmend ergiebig, indem 1909 von einer Statistik der Jahrestätigkeit, 1913 über eine Anfrage wegen Bezügen und Dienstinstruktionen, gerichtet an die Stadt Gmunden die Rede ist, bzw. 1914 ganz allgemeine Erkundigungen zur Polizei-Wache in Brixen/Südtirol eingeholt werden. 1915 wird ein Aushilfswächter am Turm, in der Person des Franz Puschnig, angestellt. Die Feuerwache befand sich zu jener Zeit bereits im Kirchturm der Evangelischen Kirche, wo es schon deutlich wohnlicher war als im Turm der Stadtpfarrkirche, wobei die Stadt aus diesem Grunde auch einen entsprechenden Beitrag zum Turmbau geleistet hat.

 In den Krisenjahren 1918 bis 1920 hört man nur von einer „Bürgerwache“ , also einer Art Selbsthilfeorganisation, welche die Stadtbewohner vor Plünderungen und Übergriffen zu schützen trachtete. Erst 1921 kann man wieder von geregelten Verhältnissen sprechen. Es gibt eine Sicherheitswache mit 3 Wachmännern. Einer davon wird wohl das Kommando innegehabt haben. In diesem Jahr kommt es kurioserweise zum Beschluß, für die Ergreifung von Schleichhändlern etc. der Sicherheitswache und Gendarmerie eine Prämie auszusetzen. Von 1925 bis 1931 heißt es nur noch „Städtische Sicherheitswache“ und zwar geht es 1926 und 1929 jeweils um einen Jahresrapport und um den Autoverkehr (!), 1928 um verschiedene Verordnungen, wie etwa solche zur Stadthygiene, 1930 um Gehaltsfragen und 1931 um einen umfassenden Tätigkeitsbericht. Einen Einblick in die verschiedensten Dienstobliegenheiten der Städtischen Sicherheitswache bietet ein Auszug aus dem Jahresrapport von 1928, welcher vom Revierinspektor Johann Plöb persönlich gezeichnet wurde. Er lautet in Stichworten wie folgt: Betrug, Sittlichkeitsdelikte, Einschränkung der persönlichen Freiheit, Wachebeleidigung, Entweichung aus dem Elternhaus, 90mal Trunkenheitsexzesse,

1 Brand, 2 Selbstmorde, in Summe rund 20 Anzeigen, Einhebung von Lizenzgeldern für Sperrstundenüberschreitung, von Standgeldern an Wochenmärkten sowie von Strafmandaten und einiges mehr. Es ist ein weites Betätigungsfeld, was sich hier abzeichnet. Eine Notiz vom Mai 1933 in den städtischen Analen, entbehrt auch nicht einer gewissen Heiterkeit: Josef Klimbacher erwartet die Befreiung von der Hundesteuer, weil er außerhalb der Stadt wohnt und mit einem Schutz durch die Stadtwache nicht rechnen könne…… Dazu sollte man wissen, daß die seit 1850 bestehende Gendarmerie tatsächlich die längste Zeit nur für die Vorstädte und darüber hinaus, nicht aber für die Innenstadt zuständig war. Auch haben die Gendarmen nicht ganz zufällig ihren Sitz bis heute noch und nur mit einer einzigen, kurzzeitigen Ausnahme           a u ß e r h a l b  der Stadtmauern!

 Im April 1929 wird Johann Plöb, seit 1.1.1902 als Wachmann der Städtischen Wache im Dienste der Gemeinde, gemäß Bescheid der Landesregierung vom Dienste enthoben, „obwohl er sich nichts zuschulden kommen hat lassen!“ Ab 2 Mai dieses Jahres fungieren Georg Platzer, vermutlich als Kommandant, sowie die Wachmänner Arnold Thomas, H. Baumgartner, Richard Grabner und Florian Raninger, also in der Stärke von fünf Mann.

1936 – wir befinden uns inzwischen in der Zeit des Austro-Faschismus – hören wir davon, daß Josef G. wegen grober Verletzung der Dienst- und Standesvorschriften von der BUNDESSICHERHEITSWACHE entlassen wird, eine offenbar politisch motivierte Maßnahme. Die neue Bezeichnung des Wachkörpers ist entsprechend hervorgehoben.Von Interesse mag auch noch ein Beschluß des Jahres 1936 sein, wonach die Organmandatsstrafen auf jene Höhe angehoben werden sollen, wie bei der Gendarmerie bereits in Geltung..

 Zum Abschluß noch eine, wenn auch nicht vollständige Liste der länger gedienten und daher noch namentlich bekannten Stadtpolizisten: Franz Pucher, Georg Platzer, N. Roth, dessen Sohn beim Juli-Putsch 1934 dabei war, N. Jechart, er malte angeblich – und wenn sich mein Gewährsmann richtig erinnert – 1945 nicht Bilder, sondern Titosterne auf einige Häuser, Jakob Ebner, Hans Trixner, N. Juri, N. Selmaster, Johann Schuster, Ernst Mertelj, Hubert Heilig, Hans Wolf, Georg Koller und Stefan Robinig. Das Kommando hatten seit 1945 N. Selmaster, der wiedereingestellte N. Preißegger und bis zum Ende Polizeibezirksinspektor Alois Petautschnig.

 1971 wurde die inzwischen Stadtpolizei genannte und zuletzt fünf Mann starke Einrichtung der Stadtgemeinde endgültig aufgelöst und der Gendarmerieposten St.Veit hatte von nun an die alleinige Zuständigkeit für alle Belange der öffentlichen Sicherheit innerhalb und außerhalb der Stadtmauern. Die Ereignisse rund um die Postenauflösung wären ein eigenes Thema und sollen einer späteren Behandlung vorbehalten bleiben. Nur so viel, wäre die „Chemie“ zwischen den Hauptakteuren von damals eine bessere gewesen, so hätte St.Veit gleich wie viele andere, selbst kleinere Städte, noch immer ihre eigene Stadtpolizei.

Walter Wohlfahrt

Der Sternwirt in St. Veit

Mai 7, 2012 um 17:28 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen Kommentar
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Über das Alter dieser gastlichen Stätte wurde in der Kärntner Landsmannschaft schon zweimal, nämlich in den Oktober-Heften der Jahre 1998, Seite 21ff und 2002, Seite 61ff berichtet und immer noch tauchen neue Fakten auf.

Als wahre Fundgrube zur Stadtgeschichte erweist sich das vom Verfasser jüngst und nach monatelanger Archivarbeit digitalisierte Bürgerbuch der Stadt St.Veit 1564-1884. Diese unschätzbare Unterlage erlaubt nun auch zu obigem Thema tiefere Einblicke bis Ende des 17.Jhdts. Das Bürgerbuch hatten den Zweck, Datum der Bürgeraufnahme, die Namen der Kandidaten, die zu zahlenden Taxen, fallweise Berufe, später auch Anschrift, Herkunftsort etc. amtlich festzuhalten. Bürgerwürde, brachte viel Ehr und Ansehen und war stets mit einem Eid verbunden. Jedenfalls können jetzt Besitzabfolgen und Änderungen in der Hausbezeichnung um einiges leichter erschlossen werden.

In unserem Falle interessant zu werden beginnt es mit dem Jahr 1675, da erscheint als Neubürger Mathias Hickhl, noch ohne Berufsangabe und ohne Nennung einer Taxe. Weil jedoch 1690 schon die Bürgeraufnahme eines Andree Hickl (ohne „h“) folgt und dabeisteht, daß er Fleichhacker, in Windischgräz (heute: Slovenjgradec) geboren sei und 15 Gulden Tax zu zahlen habe, wird es sich beim Mathias wohl um seinen Vater handeln und auch dieser von Windischgräz gekommen sein. Vielleicht war auch er schon Fleischhacker, ganz sicher aber bereits Wirt….. Warum? Weil 1710 schon Martin Hickhl (wieder mit „h“) als Vertreter der dritten Generation Bürgerrecht verliehen bekommt, ausdrücklich Fleischhacker genannt wird und nur noch – da schon hier geboren – elf Gulden Tax zu entrichtet hat.

Wichtig ist, daß die nächsten Besitznachfolger ebenfalls Bürgerrecht lösen und sich  „Inhaber des Hiklischen Wirtshauses“ nennen oder erklären, „Bürger auf das Hiklische Wirtshaus in der Friesacher Vorstadt geworden“ zu sein. Es sind dies 1746 Johann Leitgeb „Gastgeb (=Wirt) am Hiklischen Wirtshaus“ mit 15 Gulden Tax – 1758 Franz Turtltauben „Wirt auf das Hiklische Wirtshaus in der Friesacher Vorstadt, Bürgersohn allda“ mit 12 Gulden zuzüglich Empergeld (=eine Feuerschutzabgabe) – und schließlich Johann Kumer „Wirt am Hiklischen Wirtshaus, Friesacher Vorstadt, im Osterwitzer Gericht(sbezirk) geboren“ mit 16 Gulden etc.

Daraus erhellt, daß drei Generationen der Familie Hickl als Fleischhauer und Wirtsleute in der Friesacher Vorstadt gereicht haben, um dem Wirtshaus seinen, d.h. ihren Namen zu geben. Sie sind danach entweder ohne Nachkommen geblieben oder haben einfach verkauft und sind wegzogen. Die Taxe von 15 Gulden des Johann Leitgeb sagt vielleicht aus, daß er von auswärts gekommen ist und nicht in die Familie Hickl eingeheiratet hat.

Das eingangs erwähnte Bürgerbuch – übrigens, das Original ist im Landesarchiv, Handschriften Katalog Nr.1 und Nr.2 aufliegend – hilft uns in der Besitzerreihe aber auch noch darüber hinaus ein Gutstück voran! Die Nachrichten werden nämlich zeitweilig etwas umfangreicher. Als Josef Herzele 1780 Bürgerrecht erhält, ist er einfach der „Wirt in der Friesacher Vorstadt, der die Kumer´sche Witwe Maria-Clara, geborene Lidl mit Übernehmung aller ihrer Schulden (!) geehelicht, folglich auch das Wirtshaus in der Friesacher Vorstadt Nr.6 übernommen hat.“ Auch wird mitgeteilt, daß er am 5.3.1715 an der Raßnegger-Mühl (heute Raßnig geschrieben und im Osten der Stadt gelegen) geboren sei.

Der nächste in der Reihe wäre der 1791 Bürger gewordene Franz Xaver Mayer. Er stammte aus der Stadt Salzburg, zahlte 16 Gulden und wurde erstmals „Sternwirt, Friesacher Vorstadt Nr.6 und 7“ genannt. Aber schon drei Jahre später, 1794 erscheint im Bürgerbuch Josef Landfraß als „Wirt zum Stern in der Friesacher Vorstadt“. Er wird als ehemaliger Bürger zu Villach und in der Kreuzen, Landgericht Paternion geboren bezeichnet. Seine Tax beträgt nur 12 Gulden.

Mit dem Namen Pickl kommt zur Abwechslung wieder einmal eine Familie auf den Besitz, die drei Generationen lang die Stellung behaupten kann. 1803 ein Johann „Sternwirtbesitzer, 33 Jahre alt, in (Alt)Liebenfels, Pfarre Pulst geboren – 1817 Johann (Sohn) „Gastgeb zum Goldenen Stern“ 28 Jahre alt, hier geboren – und schlußendlich 1841 ein Michael Pickl „Gastgeb und Hausbesitzer“ 28 Jahre alt, hier geboren.

Die schon 1998 zitierten Urkunden, wie Stiftregister 1722-30 und Steuerbuch von 1753 und die dort vorkommenden Erwähnungen eines „Sternguat mit 2 Huben“ im Eigentum von Frau Jabornig, später Rechberg bzw. Maria von Greifenstein bedürfen jetzt einer neuen Interpretation. Demnach waren die noblen Herrschaften wohl Eigentümer der umliegenden Gründe sowie der ältesten, kaum noch existenten Bauflächen, nicht jedoch Inhaber der ersten Gastwirtschaft. Ausgehend von den kleinen Anfängen eines Mathias Hickhl 1675 wurde konsequent in Richtung der umliegenden Flächen erweitert. In dieser Vorwärtsentwicklung konnte aus dem Hicklischen Wirtshaus, der Sternwirt, danach das Hotel Stern, dann das Vereinshaus der Arbeiterkammer und schließlich Hotel Dorint bzw. der Fuchs-Palast entstehen.

Walter Wohlfahrt in Kärntner Landsmannschaft, August 2003

Heute können hier einige Illustrationen nachgereicht werden, was bislang nicht beherrschbar war. Viel Spaß beim Anschauen.      August 2013 !

MGV von 1863 veranstaltet ein Costüm-Kränzchen

MGV von 1863 veranstaltet ein Costüm-Kränzchen

Plakatankündigung MGV Konzert

Plakatankündigung MGV Konzert

Wie der Sternwirt im Laufe der Jahre gewachsen ist

Wie der Sternwirt im Laufe der Jahre gewachsen ist

Im Hof des Sternwirtes arbeitete eine frühe Autowerkstätte

Im Hof des Sternwirtes arbeitete eine frühe Autowerkstätte#

 

Der alte Sternwirt und davor der neue große Saal - auch eine Benzin-Zapfsäule hat es 1925 schon dort gegeben

Der alte Sternwirt und davor der neue große Saal – auch eine Benzin-Zapfsäule hat es 1925 schon dort gegeben

 

 

 

 

 

 

 

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