Frieda Valent verh. Wohlfahrt (Gurk 21.9. 1902 – Lebmach 2.7.1985)

Februar 16, 2023 um 17:34 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen Kommentar

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Starkes Mutterherz in einem bewegten Jahrhundert

Friedas Eltern, Franz 1867-1951 und Helene Valent, geborene Bulfon 1870-1939 kamen aus Friaul , der Vater aus Pianis in der Pfarre Portis – heute besser bekannt als Carnia, die Mutter aus Ovedasso in der Pfarre Moggio Udinese (zu Deutsch Mosach). Ovedasso zählt heute zu den verlassenen Orten der Region. Die Angabe von Venzone als Geburtsort von Franz Valent in seinen meisten Urkunden ist eigentlich irreführend. Das entsprach einer Übung den nächst größeren, den bekannteren Ort heranzuziehen, um die Orientierung zu erleichtern. Venzone hieß übrigens zu Deutsch „Peuscheldorf“.

Wie kommt es aber, dass drei Kinder des eingangs erwähnten Elternpaares in Kärnten, noch dazu in Gurk das Licht der Welt erblickten? Der Reihe nach waren es Engelbert (1899), Aloisia (1901) und Frieda. Die Antwort darauf ist eine lange Geschichte. Man muss zeitlich sehr weit zurück blättern, am besten in jene Zeit, wo Kaiser Franz Josef, der…

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Kraindorf im Kroatengau

Dezember 7, 2022 um 15:45 | Veröffentlicht in St.Veit | 1 Kommentar

Für die zwei Titelbegriffe gibt es Klärungsversuche in E. Kranzmayers Ortsnamenbuch von Kärnten. Zunächst wird im 1.Teil Seite 89 darauf hingewiesen, daß Ortsnamen die auf -dorf enden, in Kärnten eine Leitform slowenischer bzw. deutscher Großkolonisation jedenfalls v o r  1100 darstellen. Krain wird von Kranzmayer vom slawischen krinja d.i. „Einkerbung“ abgeleitet. Die erste urkundliche Nennung von 1230 lautet Chreindorf. 1459 liest man Kreyndorff, 1568 Khrendorf und 1677 Guett Khreindorff.

Es stellt sich zunächst die Frage, wo findet sich eine geländemäßige „Einkerbung“? Die von der heutigen Hofstelle am wenigsten entfernten Einschnitte wären das Beißendorfer Bächlein am Zigeunerbergl und der Lebmacher Bach im Westen! Oder war vielleicht die Einkerbung in Form einer Rodung gemeint, wenn etwa ursprünglich zwischen Lebmacher Wald und dem Zigeunerbergl noch geschlossener Bewuchs bestanden hätte? Nun weist wohl das ältest erhaltene Urbar von 1459 unter der Überschrift Kreyndorf insgesamt 8 Halbhuben auf, wobei die Lage einiger davon dem Beißendorfer Bächlein durchaus nahe gewesen sein können. Der Mühlteich von Beißendorf ist jedenfalls uralt und hat dessen Ausfluß auf seinem Lauf hinunter in die Ebene des Glantalbodens bestimmt sehr früh schon mehrere Mühlen aufgewiesen. Von einer Kraindorfer Mühle genau an diesem Rinnsal ist noch 1902 ausdrücklich die Rede, als man zur Sanierung eines altgegebenen, aber vertragslosen Zustandes mit dem Nachbar kurzerhand einen Kaufvertrag hinsichtlich Mühle und Zugang abschließt. Daß die Kraindorfer Mühleschon länger dort benützt wurde, vielleicht noch von mehreren Kraindorfern gemeinsam, beweist ein Blick in die Katastermappe von 1828, sie zeigt genau an gleicher Stelle eine kleine Gebäudemarke.Es darf daher ebensogut an das alte kärntnerische Wort Krenn, auch Krön, Wasserkrenn (Mühlkrenn), d.h. Wassergerinne, gedacht werden. Das würde dann sogar ein rein deutsches Krenndorf erlauben, noch dazu wo es für ein slowenisches krinja-ves keinen einzigen Beleg gibt.

Zur Klärung des Begriffes „Kroatengau“ lesen wir Interessantes ein weiteresmal bei Kranzmayer 1.Teil Seite 70 unter § 42. Sein Zugang über die Sprachforschung läßt Kranzmayer in den „Kroaten“ des Kroatengaues Slowenen besonderer Rechtsstellung erblicken. Es ist dabei die Rede von Hirten oder Oberhirten, also von einer Herrscherschicht, oder von Trägern der slawischen Wehrverfassung. Für Kärnten allein betrachtet, würde deren Seßhaftigkeit gerade im Herzstück des Landes und dazu in einzigartiger Gunstlage ebenso dafür sprechen, wie die Tatsache des reichlichen späteren deutschen Königsbesitzes an eben diesen Stellen. Nach Niederwerfung des letzten slawischen Aufstandes hätte dann eben eine neue Feudalherrschaft die alte abelöst.

Die Gegend um Kraindorf dürfte so wohl schon zusammen mit dem tausendjährigen Lebmach 979 an die Aribonen und von diesen 1020 an das Kloster Göß gediehen sein. Es handelte sich dabei um einen Güterkomplex der sich von Lebmach (Amt) bis nach Sörg und Pflausach, Puppitsch, Beißendorf, Treffelsdorf, auch gegen St.Leonhard und an manchen Orten noch darüber hinaus erstreckte. Über 7 1/2 Jahrhunderte konnte dieses geistliche Besitztum nicht nur zusammengehalten, sondern dort und da noch ausgebaut werden. Im Unterschied zu weltichen Grundherren hatte man ja weder Erben noch Bräute auszuzahlen, nicht persönlich an Kriegszügen teilzunehmen und selbst ein Aussterben der Besitzerfamilie kam nicht in Frage.

Das in der Österreichischen Nationalbibliothek Wien verwahrte Gößer Urbar von 1459 führt nicht nur die acht Kraindorfer Halbhuben, sondern auch deren Inhaber und Dienste, sprich Abgaben,  genau  an. Der Zins betrug einheitlich 80 Denare, ebenso das Vogtrecht zum Amte Kraig je 15 Denare, die Abgabe an das Gurnigamt 12 Denare. Einheitlich waren auch die Korn- und Haferdienste, nämlich jeweils 2 bzw. 4 Vierling, wie die Abgabe an das Marschallamt von 3 Maß Hafer je Hof. Nur die Hälfte der Huben mußte Kleinrechte reichen und zwar jeweils 3 Hennen und 10 Eier. An einen einzigen Bauer waren bereits zwei Halbhuben verliehen und dieser Zug zu größeren Wirtschaftseinheiten hielt an. 1507 gab es bereits zwei Hubbetriebe zu je 4 Halbhuben und seit dem Jahre 1650 gilt Kraindorf als Einzelhof.

Einer der zwei letzten Teilbesitzer war Peter Finster, gestorben 1612. Er hat sich als Zechprobst beim Bau des Lebmacher Kirchturmes besonders verdient gemacht. Hingegen galt noch 1569 ein Christian Kraindorfer zusammen mit einigen Lebmachern als Lutheraner. Sie sind zum Prädikanten nach St.Veit „ausgelaufen“.

Der neuen Besitzgröße entsprachen nun auch durchaus potentere Betriebsinhaber wie Christian Weinberger (1697), Hans Mulle (-1701) Ferdinand Mulle-„Lebmacher“ (1707), Johann und Ignaz Lebmacher (1776). Damit findet sich hier, nebenbei bemerkt, ein gutes Beispiel dafür, wie sich zu jener Zeit noch Familiennamen trotz direkter Abstammung auf einmal ändern konnten.

Inzwischen hatte die Grundherrschaft für Kraindorf insofern gewechselt, als mit Kaufvertrag vom 8.5.1767 – fünfzehn Jahre vor dessen Auflösung – das Kloster Göß, sein ganzes Amt Lebmach, Kraindorf eingeschlossen, um 17.000 Gulden an den Eisenherrn Freiherr von Egger abgab. Entweder sah man schon die kommenden Ereignisse voraus oder waren die Mühen und Widrigkeiten der Verwaltung eines so fernen Komplexes wirklich, wie behauptet, zu groß geworden? In der Folge gehörte Kraindorf zur Herrschaft St.Georgen am Längsee, welche im Zuge der Klosteraufhebungen ebenso von der Familie Egger gekauft wurde.

Die alte Ordnung galt noch etwa 100 Jahre, ehe mit der Aufhebung der Grundherrschaften ganz neue Verhältnisse eintraten. Nach Abhandenkommen der zinspflichtigen Untertanen wurden viele Güter, so auch Kraindorf, an Leute abgestoßen, die darin mehr eine Geldanlage oder Spekulationsobjekte erblickten. Die Eigenwirtschaft mit Verwalter und aufgenommenen Landarbeitern war eine weitere neue Möglichkeit. Dazu mußte allerdings entweder ein größerer Eigenbedarf an Landprodukten oder eine gesicherte Absatzmöglichkeit für dieselben gegeben sein. Für Kraindorf mit seiner Stadtnähe sprach dabei einiges.

Gemäß Kaufvertrag vom 1. Juli 1844 kam das Gut zusammen mit der Krendl- oder Gartnerhube in Radelsdorf und der Lercherhube zu Predl, Bezirk Kraig von Michael Rothauer, bürgerlicher Handelsmann in Klagenfurt in die Hand von Franz Xaver Rauscher, Klagenfurt 1806-1863, Gutsherr auf Freudenberg und Ehrenthal sowie Besitzer des Hauses Klagenfurt, Neuer Platz 13. Er war ein Sproß des alten, gleichnamigen Mosinzer Gewerkengeschlechtes. Nach dessen Ableben erbte zunächst das jüngste seiner sieben Kinder, der 1842 geborene und schon am 24.6.1866 als junger k.k.Leutnant bei Custozza gefallene Franz Xaver Rauscher. Nur wenige Monate vor seinem Tode hat er am 27.3.1866 einen Kaufvertrag mit seinen Schwestern Gabriele Rauscher und Maria von Buzzi geschlossen. Seine finanzielle Lage war zu dieser Zeit bereits aussichtslos. Die Lercherhube in Predl – heute im Besitze von Dr.Hubert Knaus – musste er schon früher abstoßen.

Die beiden Schwestern waren gezwungen, zusätzlich zu den übernommenen Verpflichtungen weitere Darlehen in Anspruch zu nehmen. Selbst der Abverkauf des Besitzes in Radelsdorf an Karl Kirchmayer in Zweikirchen brachte keine wesentliche Erleichterung. Allein bei der Kärntner Sparkasse betrugen die bücherlichen Lasten mehr als 3.000 Gulden. Dieses Geldinstitut führte dann auch Exekution und 1881 kam es zur Zwangsversteigerung des Gutes Kraindorf. Den Zuschlag erhielten Gustav und Maria Stock um 10.600 Gulden.

In rascher Folge wechseln nun die Eigentümer und zwar folgen gemäß Kaufvertrag vom Jänner 1890 Leopold Schmidt, mit 20. Oktober 1891 Georg und Maria Kantz, das waren seit 1888 die Besitzer der Leitgebhube und Erbauer des Schlosses in Lebmach. 1901 verkauft Baronin Maria Kantz als Witwe Kraindorf an Walter Freiherrn von Sterneck und 1905 das Gut Lebmach an Franz Wutte. Für einen Hof sind so rasch aufeinanderfolgende Besitzwechsel höchst unzuträglich. In der Regel geschieht wenig Positives für Haus, Stall und Feld. Es denken die meisten nur an schnellst möglichen Verkaufsgewinn ohne von einer vernünftigen Wirtschaftsführung all zu viel zu verstehen.

Mit dem Zuzug der Eheleute Emil und Antonia Zelzer lt. Kaufvertrag vom April 1906, kommen nach langer Zeit wieder Eigentümer auf das Gut Kraindorf um auch hier zu wohnen und selbst zu wirtschaften. Dieser Kauf war aber mit großen finanziellen Anstrengungen verbunden. Vom Kaufpreis in Höhe von insgesamt 50.000 Kronen, davon 15.000 Kronen für das bewegliche Inventar, konnten lediglich 15.000 Kronen bar aufgebracht werden. Für die restlichen 35.000 Kronen war auf dem Kaufobjekt pfandrechtliche Sicherstellung zu bieten und weil dafür die wertmäßige Deckung gar nicht ausreichte, kam es zusätzlich zum Afterpfandrecht per 15.000 Kronen auf einer in Wien zu Gunsten des Emil Zelzer vorhanden gewesenen Hypothek. Der vereinbarte Zahlungsplan sah vor, dass 15.000 Kronen bis 1.1.1907 und 20.000 Kronen bis 1.1.1910 bei 4 1/2 %-iger Verzinsung fließen sollten. Ausdrücklich untersagt war jedwede Holzschlägerung, ehe nicht die nächsten 15.000 Kronen bezahlt sein würden.

Vorerst gab es aber unerhört viel an den Gebäuden, im Stall und auf den Feldern nachzuholen. Emil Zelzer, 1865 in Wien geboren, war ausgebildeter Ökonom und hatte zuvor verschiedene große Gutsverwaltungen inne. Er war sich ganz sicher, dieser Herausforderung durchaus gewachsen zu sein. Tragischerweise verstarb er jedoch schon 1912 mit 47 Jahren. Seiner Witwe verblieb solcherart eine sehr schwere Bürde.

Für verschuldete Bauern waren Kriegszeiten insoferne günstig, da sie verhältnismäßig leicht rückzahlen konnten. Dies galt zunächst auch für Kraindorf. Aber schon in der folgenden Zwischenkriegszeit schlugen Strukturmängel und Absatzprobleme wieder voll durch. Wie für die meisten anderen Glantaler Bauernwirtschaften war auch hier das NS-Entschuldungs-verfahren Rettung in letzter Not. Es bestand darin, alle drängenden Verpflichtungen in ein billig verzinstes und langfristiges Darlehen des Reiches zusammenzufassen. Plötzlich hatte nämlich die landwirtschaftliche Produktion aus leicht verständlichen Gründen wieder erste Priorität. Es gab in Sonderfällen sogar Extramittel für sogenannte Aufbaupläne, womit die Landwirtschaf-ten weites gehend modernisiert werden sollten ehe es in die „Erzeugungsschlacht“ ging!

Auf Antonia Zelzer (1861-1940) folgte nach Überspringen einer Generation ihr Enkel Dr. Franz Erian (1913-1984) laut Einantwortungsurkunde vom 25.3.1942 im Besitze.

Dr. Erian übte jahrzehntelang, als einer der ersten im Glantal, den Beruf des Tierarztes aus. 1985 wurde der zwischenzeitig zum Demeterhof gemachte Besitz im Gesamtausmaß von rund 50 ha der Witwe Isolde Erian, geborene Stromberger eingeantwortet. Eine Besitzhälfte ist im Jahre 1989 auf den Sohn Ing. Wilhelm Erian übergegangen. Die gegenwärtige biologische Wirtschaftsform ist nicht nur modern und zeitgemäß, sie verspricht mit ihren sehr gefragten Erzeugnissen in Verbindung mit persönlichem Engagement auch jene Erträge, die für den Fortbestand eines so altehrwürdigen Hofes einfach gebraucht werden.

Frieda Valent verh. Wohlfahrt (Gurk 21.9. 1902 – Lebmach 2.7.1985)

Juni 7, 2022 um 12:44 | Veröffentlicht in St.Veit | 7 Kommentare

Starkes Mutterherz in einem bewegten Jahrhundert

Friedas Eltern, Franz 1867-1951 und Helene Valent, geborene Bulfon 1870-1939 kamen aus Friaul , der Vater aus Pianis in der Pfarre Portis – heute besser bekannt als Carnia, die Mutter aus Ovedasso in der Pfarre Moggio Udinese (zu Deutsch Mosach). Ovedasso zählt heute zu den verlassenen Orten der Region. Die Angabe von Venzone als Geburtsort von Franz Valent in seinen meisten Urkunden ist eigentlich irreführend. Das entsprach einer Übung den nächst größeren, den bekannteren Ort heranzuziehen, um die Orientierung zu erleichtern. Venzone hieß übrigens zu Deutsch „Peuscheldorf“.

Wie kommt es aber, dass drei Kinder des eingangs erwähnten Elternpaares in Kärnten, noch dazu in Gurk das Licht der Welt erblickten? Der Reihe nach waren es Engelbert (1899), Aloisia (1901) und Frieda. Die Antwort darauf ist eine lange Geschichte. Man muss zeitlich sehr weit zurück blättern, am besten in jene Zeit, wo Kaiser Franz Josef, der Habsburger, Friaul bis weit nach Udine regierte und er es sich erlauben konnte, freiwillige junge Männer von dort in seine große Armee zu berufen.

Der Großvater

hieß Giovanni Batista Valent, geboren 1831, seit 1867 mit Maria Colle vlg. Moiza verehelicht. Er war es, der im Alter von 20 für 12 Jahre des Kaisers Soldat wurde, mit der Eheschließung jedoch entsprechend lange warten musste. Wohl konnte er sich mit seinem langen Dienst das Recht erwerben, sich später, wo immer im Kaiserreich frei niederzulassen. Zu der Zeit lebten noch seine Eltern, die aus ganz bestimmten Gründen hier angeführt seien: Vater Francesco Valent de Lungie, Mutter Maddalena Cucche. Weil es in Portis so viele Valent gab, wurden Großfamilien mit Sopranamen versehen. Der Großvater gehörte dem Clan der Lungie, also dem der Großgewachsenen an. Man beachte die jeweiligen Taufnamen. Sie werfen ein besonderes Licht auf die wechselnden Vorlieben und Neigungen der taufenden Priester. War der Name Francesco noch eine eindeutige Verneigung vor dem österreichischen Imperator Franz Josef, so ist bei Giovanni Batista, zumindest was die Priesterschaft betrifft, eine Schlagseite hin zur Italienischen Wiedergeburt erkennbar. Da fehlt noch ein Wort zu den slawischen Bräuten. Vermutlich hat man solche ab und zu aus dem Resia-Tal geholt. Dieses Hochtal bildet einen Übergang von Resia im Canale ostwärts hin zur Socia (Isonzo). Wir werden auf den slowenischen Einschlag der Familiengeschichte der Valent später noch zu sprechen kommen.

Weil sich die politische Großwetterlage in Friaul zwischenzeitig gegen Österreich und zu Gunsten eines möglichen eigenen Königs zu ändern schien, blieb dem kaiserlichen Veteran Giovanni Batista kaum etwas anderes übrig als vom freien Niederlassungsrecht des Kaisers Gebrauch zu machen. Er siedelte sich kurz entschlossen bei Tiffen, nahe Feldkirchen an, kaufte Ross und Wagen, was er vom Militär her scheinbar gut kannte und bot sich damit den in Feldkirchen schon seit längerem sesshaften Lands- und Geschäftsleuten an. Dortige Maurer- , Steinmetzmeister und Private brauchten viel Material wie Steine, Ziegel und, Kalk etc. auf ihren Baustellen. Das Geschäft ging gut und 1890 konnte Giovanni mit einem Darlehen von 8.000 Kronen die Edenbauer Hube in Schwambach, Gemeinde Glanegg kaufen.

Großvaters Erstgeborener Franz

war der eingangs genannte Franz, welcher seiner österreichischen Schulpflicht zwischen November 1874 und September 1882 in der einklassigen Volksschule Tiffen schon in Kärnten nachkam. Franz Lobisser, sein Lehrer war kein Geringerer als der Vater des späteren Kärntner Künstlers Suitbert Lobisser (Jg 1878). Zu Schuleintritt war Franz sieben und zum Ende fünfzehn Jahre alt. Wenn wir jetzt seinem Lebenslauf folgen wird sich das Rätsel um die Kindstaufen in Gurk von selbst lösen.

Über seine Lehrzeit als Maurer existiert ein Zeugnis des Lehrherrn Domenico Missoni, ausgestellt in Moggio am 9. Sept. 1900 (!) Demnach hätte die Lehrzeit vom 1. April 1884 bis zum 1. November 1886 gedauert, ob in Moggio oder anderswo steht nicht eindeutig fest. Das späte Datum und das perfekte Deutsch des Zeugnisses lassen anderes vermuten, weil, Maurermeister auch in Feldkirchen gegeben hat. War vielleicht der Feldkirchner Maurermeist zur Lehrlingshaltung zu so früher Zeit noch nicht befugt und so hätte man die Lehrzeit einfach nach Moggio verlegt? 1887 bis 1889 und nochmals 1892 bis 1893 war Franz Maurergehilfe bei Baumeister Albin Bulfon in Feldkirchen, wo er die dort im Haushalt beschäftigte, mit Meister Bulfon verwandte Helene kennen lernte und 1892 zur Frau nahm. Für den Anfang kamen die Jungvermählten im Elternhaus des Bräutigams in Schwambach unter. Später mieteten sie sich in Oberhaidach ein. Als noch ungeprüfter Maurermeister und Partieführer wirkte er von Ende 1896 bis Ende 1897 bei der Glan-Regulierung und war dort vor allem für Brückenbauten und betonierte Gefällstufen zuständig. Im Folgejahr nahm ihn Baumeister Johann Felice als Polier auf. Johann Felice, Althofen – wohl auch ein Friulaner – hatte den Bauauftrag für die Gurktal Schmalspurbahn Treibach-Klein Glödnitz bekommen.

Mit Sack und Pack

ging es jetzt der neuen Arbeit nach, eine sehr schwere Zeit für Gattin und Mutter Helene. Es gab noch keine Möglichkeiten regelmäßig zur Arbeitsstelle bzw. von dort zurück zu kommen. Die neuen Wohnadressen wechselten laut Geburtsbucheintragungen bei jedem Kind: dreimal in Gurk, davor einmal Althofen, Unterer Markt 47. Dort ist 1898 Maria Valent zur Welt gekommen. Sehr interessant ihre Taufpatin, diese war die Wirtstochter Ottilie Huber, aus St. Veit, später mit Leo Knaus verehelicht und daneben von Dr. Arthur Lemisch inoffiziell zweimal geschwängert. Es wurde dies erst in jüngster Zeit durch Genproben bewiesen. Auch wenn Franz wann immer Taufpatinnen suchen musste, fand er solche nicht selten unter Kellnerinnen oder Wirtstöchtern!! Das zeigt, dass er guten Wein zu schätzen wusste. Bei ihrer Geburt 1902 hatte Frieda schon vier Geschwister in rascher Folge. Das erstgeborene Brüderlein Peter (1893) hat nur wenige Tage gelebt. Mathildes (ca.1895) Geburtseintrag zu finden, war mir bislang nicht möglich. Auch Sterbetag und Sterbeort irgendwo bei den Donau-Schwaben zu eruieren ist angesichts der dort stattgefundenen Unruhen zu Kriegsende 1918 nicht gelungen. Dass Mathilde dorthin gelangte ist darauf zurückzuführen, dass die Herrin auf Gut Kraindorf, Frau Zelzer, knapp vor Ende des Ersten Weltkrieges Verwandtenbesuch mit Kindern hatte, wobei Mathilde als Kindermädchen so gut entsprach, dass sie eingeladen wurde, bei den Kindern zu bleiben und nach Ungarn mit zu kommen. Die Eltern willigten ein, aber von Mathildes weiterem Schicksal hat man nie mehr was gehört!

Glücklicher hatte es Schwester Maria (1898-1986) insofern, als sie. ebenfalls als Internierte in der Oststeiermark weilend, sehr jung Mutter und Witwe wurde. Der Vater von Sohn Willi heiratete Maria noch ehe er in den Krieg zog und er kam nicht wieder. So wurde diese Schwester zur vermutlich jüngsten Kriegswitwe und blieb es bis zu ihrem Ende 1986.

Ehe wir uns jetzt größtenteils dem Lebenslauf von Frieda Valent zuwenden, noch ein kurzer aber wichtiger zeitlicher Vorgriff zur Vita ihres Vaters Franz Valent:

Vom 18. bis 25. 2. 1904 stellte er sich der Maurermeister-Prüfung in Klagenfurt, die er bestand. Die erste Maurermeisterkonzession mit Standort Schwambach wurde ihm 1905, die zweite mit Standort Lebmach im Mai 1919 verliehen.

Über Intervention von Franz Wutte, Gutsbesitzer in Lebmach und Bürgermeister der Gemeinde Pulst wurde der Meister samt Frau vorzeitig aus der Internierung entlassen. Man bezog eine einfache Wohnung in dem von Wutte erworbenen Mulle Haus in Lebmach wofür Herrn Wutte ein E-Werk inklusive Talsperre im Lebmacher Graben und Druckrohrleitung mit Wasserturm billigst herzustellen war. Durfte Franz Valent dafür tatsächlich Rechnung legen, dann hat bei Wuttes schleppender Zahlungsweise die Inflation das meiste aufgefressen.

Einen ähnlichen, gleich unprofitablen Großauftrag erteilte ihm Sohn Kajetan Wutte am  11. Juli 1949 nachdem dessen Wirtschaftsgebäude ein Raub der Flammen geworden war. Der diesbezügliche Arbeitskontrakt, besser gesagt Knebelungsvertrag wird im Anhang gebracht werden, weil er so richtig zeigt, wie schlecht kalkuliert wurde und warum der Herr Maurermeister es nie zu einem gemauerten Eigenheim gebracht hat. Er starb 1951 in einer armseligen Holzbaracke und hat leider dort gespart, wo er nie hätte sparen dürfen, nämlich an einer guten Bürokraft, an einer Kostenstellen-Rechnung, der Grundlage jeder Kalkulation. Bei normalen Aufträgen genügte noch der gute Hausverstand, aber bei Großaufträgen wurde regelmäßig dazu gezahlt, anstatt den gerechten Unternehmerlohn durchzusetzen!

F r i e d a

Wir folgen von nun einem jungen Leben, zugleich einem neuen Jahrhundert und fragen uns was die neue Zeit Schweres der Welt im Allgemeinen und Frieda im Besonderen bringen wird. Das Aufwachsen in einem Dorf voll von Kindern und Verwandten war schön und harmonisch, nicht so schön dann die Schulzeit. Der erste Schulweg führte von Schwambach nach St. Martin. Da wurde sie regelmäßig von den Kindern der einheimischen Bauern als Wallische beschimpft. Später wurde mit dem Wohnsitzwechsel nach Oberhaidach die Volksschule in Zweikirchen für sie zuständig. Was bislang Mitschüler an Gehässigkeit lieferten, das besorgte in Zweikirchen der Lehrer höchstpersönlich, bis Frieda mit 13 Jahren vorzeitig aus der Schule gerissen und mit Eltern und Geschwistern außer Landes gebracht wurde. Wie das? Mit dem Eintritt Italiens in den 1. Weltkrieg auf Seiten der Achsenmächte, stand der Feind plötzlich an der Kärntner Grenze. Das österreichische Militär fürchtete Spionage der sogenannten Reichsitaliener von Kärnten aus und ordnete deren Internierung in das Hinterland an. Die Gendarmen waren nicht gut informiert und gingen von Posten zu Posten sehr unterschiedlich vor. Der Gendarmerie-Posten von Glanegg, für Schwambach zuständig, war übertrieben streng. Alle Schwambacher Männer, die einmal aus Friaul eingewandert waren oder schon in Kärnten geboren sind, wurden ohne Unterschied an einem einzigen Tage abgeholt, zur Bahn gebracht, dort dem Militär übergeben und in Richtung Burgenland/Oststermark verfrachtet. Nur der Edenbauer, Christian Evaristo Valent, war aus unbekannten Gründen im nahen St. Lambrecht interniert und kehrte als einziger vorzeitig heim. Hätte nicht der Bürgermeister von Glanegg, A. Haberl, selbst ein Veteran des Kaisers, interveniert und sich für seinen Freund verbürgt, so wäre Giovanni B. Valent trotz seines einst dem Kaiser geleisteten Eides, trotz zwölfjähriger Dienstzeit und trotz des hohen Alters von 84 Jahren auch noch verschickt worden. Einen Tag nach den Männern folgten deren Frauen und Kinder.

                                   Der Hauptbahnhof von St. Veit an der Glan

war kaum im schönsten Jugendstil vollendet und eröffnet (1912) da brach der Krieg aus und wurde danach bald zum Schauplatz der folgenden Geschichte, die mir von Christine Valent-Mitterer, Villach, im Juni 2000 anlässlich eines Begräbnisses in Schwambach erzählt wurde.

Teres Adele Valent, geborene Di Bernardo, Gattin des Christian Evaristo Valent war mit ihren 8 Kindern, und zu einem weiteren Kind schwanger, für den Abtransport in Viehwaggons eingewiesen, als sie am Bahnsteig weinend auf und ab ging, von dem Begleitoffizier gefragt was ihr Kummer sei. Mutter Courage wusste treffend zu antworten: „Sie verstehe die Welt nicht mehr, wie man so mit jemand verfahren kann, wo doch der Schwiegervater 12 Jahre treu und ohne Urlaub dem Kaiser von Österreich als Soldat gedient hat.“

Der Offizier hörte sich das geduldig und interessiert an, verfügte alsbald, dass der Zug vorerst nicht zur Abfahrt freigegeben sei, ehe er mit seiner vorgesetzten Stelle ein klärendes Wort gesprochen habe. Nach längerem Telefongespräch erreichte der mitfühlende Mann, dass die Mutter mit ihren Kindern in einen Zug Richtung Heimat gesetzt wurde. Noch am selben Tage kam die arme aber überglückliche Gruppe noch am Bahnhof Glanegg an, von wo bei strömenden Regen der gemeinsame Fußmarsch nach Schwambach erfolgte.

Nebenbei bemerkt: Auch unsere dreizehnjährige Frieda saß schon in einem der Viehwagen um mit Mutter und Geschwistern in die Oststeiermark gebracht zu werden. Sie landete für vier Jahre auf einem Bauernhof nahe Feldbach und hatte dort Haus- und Feldarbeiten zu leisten, aber auch Stall und Vieh zu versorgen.

Rückkehr nach Kärnten

Als zwölfjähriges Schulkind hat Frieda Oberhaidach bei Glanegg verlassen und als 17-jähriger Backfisch kehrt sie zurück, wohl nicht mehr nach Oberhaidach, sondern nach Lebmach ins Mulle Haus, wo die Eltern und Geschwister schon zuvor eine neue Wohnung bezogen haben.

Der schreckliche Krieg war vorbei, die Siegermächte zeichneten die Landkarte neu. Österreich-Ungarn und Deutschland waren die Verlierer. Ihre Nachbarstaaten langten mächtig zu. Italien hatte den Bund mit den Deutschen und Österreichern früh genug verlassen, sich neutral erklärt und sich dann mit den Feinden verbündet. Doch das ist nicht genug! Handfeste Versprechungen bezüglich Südtirol und Triest führten dazu, dass Italien Österreich sogar den Krieg erklärte! Kein Wunder, dass die Kärntner jener Tage keine gute Meinung von den Wallischen hatten.

Die politische Landschaft erfuhr empfindsame Veränderungen durch die Ablösung des Patriarchates einerseits durch eine ungeliebte Demokratie anderseits. Plötzlich durfte jeder kleine Mann seine eigene politische Meinung haben und kundtun. Väter und Autoritäten wurden kaum noch anerkannt: Gott Vater im Himmel, der Heilige Vater in Rom, der Landesvater in Wien wie letztlich auch Familienväter. Die politischen Leidenschaften durften frei ausgelebt werden. Bald stand jeder gegen jeden. So war das Land von außen und von innen gleichermaßen bedroht.

Es waren unsichere Zeiten für Frieda ganz persönlich und ihre Familie insgesamt. Ihr Erscheinen in Lebmach beunruhigte so manchen Junggesellen, darunter schon bald die zwei Rivalen Michel und Florian (Kersche)! Von Michel war bekannt, dass er der holden Weiblichkeit schon in jungen Jahren mehr zugeneigt war, als es seinem Leumund und Geldbeutel gut tat. Er wurde mit 17 erstmals Vater und bald danach zum zweiten Mal. Um mit Frieda bekannt zu werden, halfen ihm ihre Brüder Alois und Sepp, Michels Freunde. So erfuhr er auch, wann die Neue mit Familie auf den St. Veiter Wiesenmarkt zu gehen beabsichtigte. Wie zufällig fand sich dann auch Michel zu rechter Zeit auf der Landstraße ein. Seine Frage, ob der Herr Baumeister erlauben würde, dass er sich der Gesellschaft anschließe, wurde positiv beantwortet, weil man sich wohl schon von gemeinsamen Arbeiten gegenseitig kannte.

Jetzt war Michel recht zuversichtlich, dass ihm Charme, Erzähl- und Tanzkunst, vielleicht auch eine kleine Wiesenmarkt Aufmerksamkeit zum Ziel verhelfen würden.

                        Nach einem bekannten Kärntner Lied:

                        Ja Du liaba Michl kreuzparasol

                        Gelt die Junge Valent die g’fallat dar wohl

                        Manst wohl Du hast sie schon, brauchst sunst nix mehr

                        A b a wart, da wird da Kersch a Wort einlegn

                        Der laßt‘nit her!

Michl hatte am Wiesenmarkt wohl fleißig erzählt, aber kein Wort über seine zweimalige Vaterschaft verloren. Als Frieda später davon erfuhr, hatte Michl bei ihr keine Chance mehr. Frieda nahm die erst beste Gelegenheit wahr, bei Verwandten ihrer Mutter, den Bulfons von Feldkirchen eine Stellung anzutreten und Lebmach schnellstens zu verlassen.

Sollte Michl jetzt aufgeben? Nein, zu groß war inzwischen seine Zuneigung. Er setzte sich an Sonntagen immer öfter in den Zug nach Feldkirchen, wo er wusste dass Frieda frei hatte und, um es kurz zu machen: dort in Feldkirchen entstand Helene, die erste gemeinsame Tochter. Man ist sich also doch noch einig geworden, gemeinsam – wenn auch ohne Trauschein – durch das Leben zu gehen.

Immer noch ohne eigene Wohnung

kommen im Zwei-Jahres-Abstand drei weitere Kinder dazu. Die erste Niederkunft ereignet sich – wo sonst – bei Friedas Mutter und in deren neuem Zuhause, sehr beengt, beim Mulle in Lebmach. Rosa, Raimund und Franz kamen in Kraindorf zur Welt. In Summe ein gesunder und kräftiger Nachwuchs, doch alles unehelich, alles unter dem Namen Valent.

Jetzt drängte Frieda mit berechtigter Ungeduld auf eine Besserung der Wohnverhältnisse und Michel entsann sich seiner handwerklichen Fähigkeiten. Ein Abschnitt der Glan-Regulierung (Kraindorf-Feistritz) war gerade fertiggestellt worden und ließ eine Werkzeughütte direkt am Weg von Seidelhof nach Karlsberg ungebraucht zurück. Nach Einvernehmen mit dem Grundeigentümer und einem Darlehen von Michels Halbschwester, Tante Rosl wurde aus der Bauhütte ein zwar einfaches aber durchaus zweckmäßiges Wohnheim geschaffen, dazu noch Garten, Ziegenstall, Hühnerstall, Holztriste und Heuschober angelegt. Frieda fühlte sich wie im Paradies!

Für Isidor Valent, ein Onkel von Frieda war es 1931 selbstverständlich, dass Michel endlich auch kirchlich Ordnung machte. Die Trauung erfolgte in der Filialkirche von Lebmach. Die Hochzeitstafel richtete der Wirt Julius Gaggl derart aus, dass die Braut vom gepantschten Wein, eine schwere Alkoholvergiftung davon trug. Das sollte noch böse Folgen haben. Isidor Valent war Partieführer der Wildbachverbauung und leitete ein Baulos im Erl-Graben bei St. Veit. Dort war er behilflich, dass Michel eine Arbeit fand. Leider waren für Michel Parteitermine wichtiger als sein guter Posten. Seltene Fotos zeigen, wie Michel – voll in seinem Element – Bruchsteine für die Maurer zurichten darf, also durchaus gehobenen Dienst versieht. Er war bei jeder Arbeit bemüht, sein Bestes zu geben und Anerkennung zu finden. Nach seiner Teilnahme am Putsch von 1934 und Haft war eine Rückkehr zum Wildbach leider nicht mehr möglich. Wie groß Michels Verlangen nach Zugehörigkeit, Anhänglichkeit und Treue schon in Kindestagen war, zeigt so richtig, dass er nach Übersiedlung seiner Eltern von Schloss Gradenegg nach Hohensgein eigentlich in die Volksschule Pulst sollte. Er wollte aber Lehrer und Mitschüler in Gradenegg nicht missen und ging tagelang heimlich den sehr weiten Weg in die alte Schule (!).

Dazu passend ein späteres Zeitbild: Michels Kinder gingen Walderdbeeren suchen. Gleich über der Glan erstreckte sich damals ein großer Kahlschlag bergan. Da fand man mehr als Beeren! Rosalia war ca. 6 Jahre alt und entdeckte einen angebrannten Holzpflock umwickelt mit Kleiderstoff, der ihr sehr bekannt vorkam. Sie hatte selbst ein solches Kleidchen gehabt. Das Ganze war nicht gut genug mit Benzin getränkt und verbrannte deshalb auch nicht vollständig. Das Kind bringt diesen Fund mit heim und Frieda erschrickt zu Tode. War das doch ein Beweis dafür, dass Michel bei der von höchster Parteistelle angeordneten Aktion zum Abbrennen eines Hackenkreuzes am Nordhang des Karlsberges beteiligt war. Der zur oder von der Wiener Regierung im Sonderzug vorbeifahrende Italienische Außenminister Graf Ciano sollte wohl beeindruckt und von der Rührigkeit der Hitler Anhänger in Österreich überzeugt werden.

Die 30er Jahre

waren familiär und politisch eine hochbewegte Zeit: Hochzeitsfeier mit starker Alkoholvergiftung der Braut, weitere drei Kinder geboren, Übersiedlungen mehrmals! Teilnahme Michels am gescheiterten Putsch und anschließende Haft im Landesgericht Klagenfurt.. Über Monate ist Frieda mit der größer gewordenen Kinderschar allein unten an der Glan. Es kam zum Mord an Bundeskanzler Dolfuß. Der neuen Regierung in Berlin ist kein Mittel schäbig genug, um dem Nachbarland Österreich Schwierigkeiten zu bereiten: Neben der Tausend-Mark-Sperre – sie galt von Mai 1933 bis Juli 1936 – und bewirkte dass jeder Deutsche, der über die Grenze nach Österreich wollte, 1000 Reichsmark zu hinterlegen hatte, was den zaghaft aufblühenden Fremdenverkehr schwer traf. Aber es gab es auch Versuche, dem Außenhandel Österreichs zu schaden. Mussolini wurde von Hitler nahe gelegt, den Holzhandel mit Österreich einzustellen, was vorübergehend auch geschah.

Der Gendarmerie-Posten Feistritz (heute Liebenfels) war damals in Radelsdorf untergebracht. Dieser verzeichnete eine wachsende Zahl von Verhaftungen, Anzeigen und Strafmandaten. Die öffentlichen Ruhestörungen, Spreng-Attentate und Provokationen gegenüber Staatsmacht und Gendarmerie, auch gegen politisch Andersdenkende waren schon vor der Verbotszeit Gang und Gäbe. Die Gendarmen wussten wohl immer Bescheid welche Personen dahinter zu vermuten waren weil ja aus der Zeit davor alle Nazi, Sozi und Kommunisten namentlich bekannt waren.

Die Amnestie von 1936 brachte keine Beruhigung, im Gegenteil, die Nazis wurden noch aktiver. Es gab nächtliche Wurf-Aktionen von Propagandamaterial auf Straßen und Plätzen.

Quando eravamo povera Gente (Ginsburg)

Nach den Ereignissen von 1934 sah sich Michel schweren Vorwürfen seiner Halbschwester und Geldgeberin ausgesetzt. Sie sah die Rückzahlung nicht mehr gesichert, außer er würde seinen politischen Ambitionen total abschwören. Das wollte er aber nicht, denn er hatte im Knast mit seinem Mithäftling Kajetan Wutte neue Pläne geschmiedet! Wutte hatte ihm anvertraut, dass ihn sein Schwiegervater Planegger von St. Sebastian bald „heraushauen“ würde. Er wäre auch ganz sicher, das Holzgeschäft mit Italien würde wieder anspringen und daher entschlossen, sein Sägewerk wieder zu starten. Da würde er ohnedies einen Sagel sprich Sägemeister brauchen, Wohnung für diesen und seine Familie in der Mulle Mühle in Lebmach hätte er auch. Er solle nur kommen sobald er entlassen sei. Auch für Michels Wunsch, einen eigenen Baugrund zu erwerben, zeigte Wutte volles Verständnis und sagte zu, ein passender Grund für einen Hausbau würde sich leicht finden lassen.

Dies alles verleitete Michel zu folgenschweren Entschlüssen und diese kosteten die arme Frieda ihr Paradies an der Glan unten! Ein gewisser Simon Schumi aus Radelsdorf war nämlich bereit, die investierte Sach- und Eigenleistung bar abzulösen, womit Michel seine Schulden tilgen konnte. Das war ihm die Hauptsache. Was er damit seiner Frau und Familie antat zählte wenig. Als Mann war er schon immer gewohnt, einsame Entscheidungen zu treffen! Das Eheleben wurde davon nicht leichter, zumal auch Frieda durchaus zu eigenen Gedanken fähig war.

Nach der Alkoholvergiftung kamen vorläufig noch einmal zwei Kinder hinzu, beide ungewohnt schwach und kränklich, ein Bub rachitisch und blutarm, schulfähig erst mit sieben und ein Mädchen, das bis zu seinem frühen Tod mit neun Jahren auch nicht schulfähig war. Die Übersiedlung nach Lebmach hatte zur Folge, dass die Familie von nun an wieder in einem einzigen Zimmer zusammengepfercht leben musste, zwei Ziegen, die den Ortswechsel überstanden, sorgten für das Notwendigste. Geld war knapp, Arbeit zwar gefunden, aber der Lohn stockte von Anfang an, weil angeblich der Chef selbst auch keine flüssigen Mittel hatte. Tatsache ist: der große Besitz war total verschuldet und was im Gasthaus gesprochen wurde, stimmte auch: „Ein Wiener, namens Neumann gehe durch Wuttes Ställe und sage an, welche Ochsen zum Verkauf kommen sollen.“

In diese Zeit fiel die folgende Begebenheit: Es ging wieder einmal auf Weihnachten zu, da drängte Frieda „Michel geh doch hinunter ins Schloss, dass Dir endlich einmal der fällige Lohn ausgezahlt wird“ Michel ging tatsächlich, war aber bald wieder da mit dem Bescheid „Was soll ich Dir geben, hab doch selber nichts“ Frieda sagte „Da brauch ich gar nicht in die Stadt hinein, ohne Geld.“ Michel war aber nicht nur für das Sägewerk sondern auch für das E-Werk, den Elektro-Antrieb der Säge inklusive Lichtstrom für einige Lebmacher Häuser zuständig. Plötzlich ging im Dorf das Licht aus. Es dauert nicht lange, da erschien Herr Kajetan Wutte in der Tür und verlangte von Michel sofortige Abhilfe. Jetzt war Michel überraschend Manns genug und sagte „Wenn es schon für uns kein Weihnachten gibt, dann braucht ihr im Schloss auch kein Licht“ Wutte, der den Braten schon gerochen gehabt hatte, griff in seine Rocktasche und blätterte einige Geldscheine auf den Tisch, Michel wusste was zu tun sei und ging in die E-Zentrale. Es wurde tatsächlich wieder Licht und auch ein Weihnachtsfest.

In der Mulle-Mühle kam wieder ein Kind dazu und machte einen Wohnungswechsel in das Egger Haus notwendig. Dort gab es im Obergeschoß ein Zimmer, um einige Quadratmeter größer als bislang. Nicht leicht fiel Frieda der Abschied von lieben Wohnungsnachbarn in der Mühle, als da waren Frau Genofeva Rieser oben und die alte Liesa Meisterl ein Stock tiefer. Im Egger Haus wohnten dann im Erdgeschoß die „Schwarze Wutte“ verwitwete Schwägerin des Hausherrn und Wächterin der Spalier-Marillen, zum großen Garten hin. Aber auch die alte immer noch tätige Sefa (Klimbacher) mit Tochter Susanne und Enkel, das war der „Suse-Buahausten dort. Im Obergeschoß hatte noch die auch nicht kleine Familie des Herrn Gemeindesekretärs Hans Gaggl, sowie die des Traktorführers Schien Platz und im Halbstock ein alleinstehender Eisenbahner und Bruder von Frau Olga Bölderl. Dort einzutreten hat Frieda ihren Kindern, vor allem den Buben streng verboten!

1938 mit Anschluss an das Deutsche Reich

Was schon lange in der Luft lag, Tage, Wochen und Monate hindurch da und dort für Unruhe sorgte, wurde Gewissheit, Österreich verlor seine Eigenstaatlichkeit. Die stets knappen Schillinge werden von der plötzlich nicht so knappen Deutschen Reichsmark abgelöst, denn es gab erstmals und ab sofort KINDERBEIHILFE. Was das für Frieda mit ihren vielen Kindern bedeutete, kann man sich unschwer vorstellen. Kajetans Versprechen im “Tschumpus“ bezüglich Baugrund war jetzt, da Kajetan vom Reich großzügig entschuldet und mit einem geldreichen „Aufbau-Plan“ ausgestattet war, nicht mehr wichtig. Er versteckte sich hinter seiner Frau, die hätte auch Geld in die Ehe gebracht, könne mitreden und sei ganz dagegen, auch nur die kleinste Parzelle herzugeben.

Jetzt hat sich aber nicht nur die Zeit geändert, sondern dank der neuen Machtverhältnisse auch Michels Mut und Zuversicht gestärkt. Er war nicht mehr der ewige Verlierer, nein er konnte auch einmal Gewinner sein. Er wollte endlich, dass Wort gehalten wird und fand auch die nötige Unterstützung: Eines schönen Tages fuhr der neue Herr NS-Kreisleiter als Nachfolger des alten Bezirkshauptmannes in Lebmach vor, um eine Sache für das NS-Mitglied Michael Wohlfahrt zu klären. Frau Wutte, allein im Schloss, empfing den Kreisleiter mit übertriebener Freundlichkeit und mit der Einladung zu einer Jause. Der Besucher lehnte höflich ab und erklärte er sei eigentlich nur kurz vorbei gekommen um zu hören, warum Frau Wutte gegen den Baugrunderwerb von Wohlfahrt sei. „Aber nein“ bemühte sich die Frau „ich habe ja immer zum Kajetan gesagt, gib ihm den Grund, dass er sich was eigenes schaffen kann.“ Das genügte dem Kreisleiter und ehe er sich verabschiedete bat er noch, ihm ehestens den Kauvertrag zur Kenntnis zu bringen. Kommt Frieda damit vielleicht doch noch ins verlorene Paradies? Ja und nein!

Michel läuft ein zweites Mal zu Hochform auf: Wieder wird er zum Häuslbauer. Baugrund (nicht der beste!) wird erworben, mit der Zufuhr von Baumaterial (meist ab Bahnhof Liebenfels) begonnen und durch Protektion gestattet, sich in eine Landarbeiter Wohnbau Aktion einzuschmuggeln. Diese Maßnahme zielte eigentlich darauf ab, Landarbeiterfamilien ein eigenes Heim zu bieten. Michel hatte wohl eine große Familie aber er war kein Landarbeiter. Bei größeren Höfen der Umgebung (Mente in Latschach oder Pliemitschhof bei Hochosterwitz entstanden – allerdings auf Namen der Hofbesitzer – augengleiche Wohnhäuser und stehen dort heute noch. Jetzt wird ausgehoben, betoniert und gemauert, gezimmert, größtenteils fertiggestellt und eingezogen. Die Finanzierung all dessen kommt von einem Darlehen der Rentenbank Berlin. Gewisse Baumaßnahmen bleiben absichtlich noch offen, weil Michel auch an eine eigene Werkstätte denkt. So bleibt Friedas Wunsch nach dem geplanten Badezimmer zu ihrem größten Leidwesen bis zu ihrem Ende unerfüllt! Dafür gibt es bald einen neu bestellten Garten, eine Wiese zum Mähen und den selbst gezimmerten Stall mit Heuschuppen darüber für Kleinvieh, wo 1945 auch eine Melkkuh Aufnahme finden soll!

Frieda dolorosa

Die Welt befindet sich bald wieder in einem Krieg, schlimmer und brutaler als je einer davor. Man hätte zwar erstmals Geld gehabt, doch man konnte dafür nichts kaufen ohne Bezugsschein und Lebensmittelkarten. Jetzt war alles rationiert und der tägliche Mangel kriegsbedingt. Trotzdem war die Begeisterung immer noch riesengroß. Die Deutschen fielen in Polen ein, eroberten Frankreich und waren bald tief auf russisches Territorium vorgedrungen. Der Endsieg, auf den alle im Lande hofften, blieb aus und wurde langsam immer unwahrscheinlicher. Aber nur nicht daran zweifeln, das könnte gefährlich werden und sogar das Leben kosten. Dabei war die Übermacht der Gegner immer deutlicher. Unser schöner Kärntner Himmel gehörte auf einmal den amerikanischen und englischen Bomben-Flugzeugen. Zu Beginn flogen Sie noch über uns hinweg um ihre vernichtende Last über den Städten des sogenannten Altreiches abzuwerfen. Unsere engere Heimat kam bald später dran: Klagenfurt, St. Veit – Glandorf, der Flugplatz Annabichl, die Bahnhöfe und Bahnstecken.

Michel war inzwischen am Flugplatz in Annabichl beschäftigt und Frieda täglich in großer Sorge um ihn. Man konnte nämlich vom Glantal aus beobachten, wenn Klagenfurt bombardiert wurde und meistens ging es dabei doch um den Flugplatz. Konnte sich denn Michel, später auch mit Sohn Franz, der dort Lehrling war, rechtzeitig schützen oder wurden sie zu Opfern? Gewissheit gab es immer erst am Abend nach Ankunft des letzten Personenzuges.

Helene, die Älteste, wurde als Nachrichten-Helferin eingezogen und nach Frankreich verpflichtet, zu ihrem Glück in einen ruhigen Winkel des Landes knapp an der Schweizer Grenze. Was wird sein, wenn die Invasion der Amerikaner und Engländer in der Normandie Erfolg haben sollte? Wird Helene dort frühzeitig wegkommen. Schwester Rosi war in Wien verpflichtet, die feindlichen Bombengeschwader zu orten und ihren Weg weiter zu melden. Wird sie heim können, oder wird sie den anrückenden Russen in die Hände fallen? Fragen über Fragen, die Frieda, mit einem Ohr am Radiosender, nicht los ließen. Das größte Problem war aber wohl Raimund, der Älteste. Er konnte der fanatischen Propaganda in den Wochenschauen nicht widerstehen. Er meldete sich, ohne jemanden davon zu sagen, voll Begeisterung freiwillig zur SS-Division Hitler-Jugend. Er wusste wohl, dass er noch keine 18 Jahre alt war und die Eltern Einspruch erheben könnten. Mit einem Bein weniger kam er nach tagelangem Beschuss durch die Schiffsartillerie in den Erstverbandsplatz von Reims/Frankreich hinter der Front. Von dort gelangte er nach Marienbad in Böhmen und jetzt erst erfuhren die Eltern davon vom traurigen Geschehen. Die Russen waren nicht mehr weit von Prag entfernt und so machte sich Michel mit der gefährdeten Eisenbahn auf den Weg, seinen schwerstverwundeten Sohn heim zu holen. Nach vielen bestandenen Hindernissen landeten die beiden um Mitternacht am Bahnhof St. Veit. Wie schafft man jetzt die letzten sieben Kilometer? Der nächste Zug ginge erst wieder am Morgen! Der Lokomotivführer eines Güterzuges hatte Erbarmen. Er ließ die zwei Geplagten zu sich in den Führerstand, versprach seinen Zug in Lebmach kurz anzuhalten und so geschah es auch. Das zweite glückliche Ereignis am Hauptbahnhof St. Veit für unsere Großfamilie, wiederum dank eines mitfühlenden Herzens, diesmal das eines Lokomotivführers. Die letzten 500 Meter bis zum Wohnhaus, nahm der Vater – selbst kein Hüne – den Sohn huckepack! Elend und Sohn im Haus!

Die letzten Kriegstage gingen hin, Kummer und Leid blieben! Wie wird es weiter gehen?

Raimunds Wunde war noch zu versorgen, was in einem behelfsmäßigen Lazarett am Wörthersee geschehen konnte.

Kriegsende – Totaler Zusammenbruch

Plötzlich gehörte Michel wieder zu den Verlierern. Es wird nicht lange dauern und man wird ihn wieder einsperren. Frieda wird dann neuerlich, diesmal unter besonders erschwerten Umständen, allein für die ganze Familie sorgen müssen. Es war die englische Besatzungsmacht, die wohl wusste, dass Feistritz (das heutige Liebenfels) knapp zuvor eine Nazi-Hochburg war; ein Grund auch dafür, sich genau in diesem Ort festzusetzen. Die britischen Soldaten, besser gesagt nur die Chargen, nahmen im Mai 1945 im Hause Rieder Quartier und blieben dort lt. Gendarmerie-Chronik bis Juni 1946. Unter dem Schloss Hohenstein entstand ein Zeltlager (große englische Militärzelte) für die britischen Soldaten und auf der anderen Seite des Schlosses ein großes provisorisches Lager für rd. 10.000 gefangene reichsdeutsche Landser (unter ihren eigenen Zeltplanen!).

Knapp bevor Michel von den Tommis abgeholt wurde, gelang ihm für seine Familie noch ein sehr wichtiger Erwerb und das kam so: Die Landstraße durch das Tal war schon tagelang mit flüchtenden oder vertriebenen Zivilisten aus dem Osten verstopft. Sie saßen auf von Pferden gezogenen Planwagen. Eine junge Milchkuh, am Wagen angebunden, sollte den täglichen Bedarf decken, war aber gerade in Lebmach am Ende ihrer Kräfte, musste losgebunden und zurück gelassen werden. Was Michel als Zahlung dafür geleistet hat, ist nicht überliefert. Das erschöpfte Tier erholte sich rasch und wurde zur Lebensrettung für eine ganze Familie.

Die Stationen der neuerlichen Haft für Michel lauteten: Ebenthal bei Klagenfurt, Wolfsberg und Weißenstein. Die größeren Kinder kamen alle heim, doch der Vater fehlte. Frieda musste entscheiden, was die älteren Töchter und Söhne machen durften und was sie lieber sein ließen. Die Engländer hatten sich an das sogenannte Fraternisierungsverbot (= keinen Verkehr mit Einheimischen) zu halten, taten es aber nicht. Im Gegenteil, so schnell wie möglich veranstalteten die Tommis Tanz-Abende im Rieder Saal, wofür natürlich Musikbegabte aus dem Lager der Deutschen und heimische Tänzerinnen gebraucht wurden. Kärntner Mannsbilder waren nicht zugelassen. Schlagworte von damals lauteten „Chocolate-Girls“ für die Damen und „Organisierer“ (sprich Diebe) für die Männer. Letztere waren begehrte Gegner im Fußball. Sie wurden verwöhnt mit allen Köstlichkeiten, mit sogenannten Fressalien (Weißbrot, Dosenfleisch usw.) und natürlich mit Rum und Whisky – aber nur so lange unsere Burschen die Verlierer waren! Es ging drunter und drüber und kein Vater da! Dementsprechend harte Vorwürfe an Frieda blieben später nicht aus.

Es ging um das nackte Überleben. Der Stall musste geben, was er hatte und ebenso der eigene Garten. Zu kaufen war wieder so viel wie nichts. Zum Glück gab es unter den Bauern noch gute Freunde des Vaters, denen er zu besseren Zeiten gute Dienste zu leisten wusste und die sich auch noch daran erinnerten. Dorthin wurden jetzt die Kinder um frisch gebackenes Brot geschickt. Je weiter der Weg desto freigiebiger die Bäuerinnen! So kamen die Kleinen oft bis Sörg, Gradenegg, Freundsam und noch weit darüber hinaus.

Dazu waren natürlich etwaige Hinweise des Vaters notwendig und höchst wertvoll. Für Frieda hingegen war es unbedingt notwendig, den Vater von Zeit zu Zeit zu informieren und zu fragen. Das war nicht immer und überall möglich, wohl aber in Weißenstein im Drau Tal. Es wurde irgendwie bekannt, von wann bis wann eine Arbeits-Partie im Steinbruch nahe dem Internierungslager ihre Arbeit aufnimmt. Wenn man sich bedeckt hielt, konnte man seinen Angehörigen treffen. Man musste nur warten, bis er einmal einen unaufschiebbaren Drang verspürte oder das zumindest vorgab. Die Bewachung außerhalb des Lagers machten nicht die Engländer selbst, sondern österreichische Gendarmen, was die Sache nicht unbedingt erleichterte. Ein großes Problem zu damaliger Zeit, war natürlich der öffentliche Verkehr. Den gab es so gut wie überhaupt nicht. Da hieß es dann, Autostoppen. Zum Glück übernahmen immer öfter deutsche Gefangene Lastfuhren für die Besatzer und die hatten meist ein Einsehen. Nur wenn dann die Rückreise solcherart in Klagenfurt endete, dann hieß es Friedas Schwester Maria aufsuchen, die in der Einigkeitsstraße eine eigene Wohnung hatte. Dort konnte man schlafen und warten bis nächsten Tag zeitig am Morgen ein Zug von Annabichl nach St. Veit mit Anschluss in das Glantal ging. Eine Weltreise jedes Mal, Langeweile gab es nicht. Die jüngsten Kinder, die daheim, blieben waren damals 15, 3 und 1 Jahre alt, alle nur in der Obhut eines Älteren!

Das Jahr 1955 und danach

Zehn Jahre lang musste Österreich auf seinen Staatsvertrag und auf seine Freiheit warten. Endlich war es so weit, die Siegermächte zogen ab, das Leben normalisierte sich. Michel fand zum zweiten Mal eine Beschäftigung bei der Wildbachverbauung. Ing. Üblacher, deren Chef in Villach, erinnerte sich des Namens und dass Michel einmal, wenn auch nur kurzfristig, ein vielseitig verwendbarer Mann im Bau-Los Vitus-Graben war. Jetzt hieß es allerdings wieder, der Arbeit zu folgen und nur alle Wochen oder vierzehntägig für ein Wochenende heim zu können, außer im Winter, da wurde ja „gestempelt“, d.h. Arbeitslosengeld bezogen. Frieda war wieder einmal für Schüler, Lehrlinge, für Stall und Haus das ganze Jahr alleine zuständig. Die Sorge für ihre Jüngsten ging fast nahtlos über in jene für ihre Enkelkinder. Während die älteste Tochter ledig und kinderlos blieb, hatte die nächste Tochter, namens Rosalia. drei Ledige. Sie war einst der Stolz des Vaters: tüchtig und begabt in jeder Hinsicht. Ihr adrettes Auftreten, ihr wohl geformter Körper und ihre Sinnlichkeit waren nicht gerade ihr Glück und für den Vater ein schweres Los. Jetzt musste sie aber ihrer Arbeit nachgehen, später mit ihrem Vater gemeinsam, ebenfalls bei der Wildbachverbauung, sie als Köchin. Während die Männer der Arbeits-Partie eine Baracke bewohnten kam die Köchin privat unter. Auch sie konnte nur zeitweise für Wochenenden heim. Das bedeutet für Frieda viel zusätzliche Arbeit von früh bis spät!

Die monatelange Trennung war auch für das Eheleben nicht besonders zuträglich. Michels Gasthaus-Hocken wurde zur lieben Gewohnheit, auch dann, den arbeitslosen Winter über zu Hause! Er war ja auch ein höchst begabter Erzähler und fand immer leicht begeisterte Zuhörer, im Gasthaus, wohlgemerkt! – nicht so sehr bei den Seinen. Da glaubte jeder, die alten Geschichten schon zu kennen. Welch ein Irrtum! Heute täten alle wieder gerne zuhören oder nachlesen, sogar seine Enkel und Urenkel, wenn er nur noch das wäre! Damals war Michel schon oft enttäuscht über das Desinteresse und desto länger blieb er dann, leicht angesäuselt auch hocken. Manchmal schickte Frieda gerne eines der Kinder ins Dorf mit den Worten: „Geh und hol den Vater heim“. Da konnte Michel dann ganz schön auf sein eheliches Leid zu sprechen kommen. Der Mühlenbauer, der er eben einmal war, verglich ein gelungen Eheleben mit einer guten Mühle. Letztere bestand aus zwei besonderen Mühlsteinen, dem Lieger unten und dem Läufer darüber. Gutes Mehl war nur zu haben, wenn der Lieger aus weichem, der Läufer aber aus hartem Stein war. Mit anderen Worten, die Ehefrau muss nachgiebig sein keine eigene Meinung haben! Das war nicht drin, denn Frieda hat das Leben und das eheliche Schicksal hart gemacht. Sie wollte und konnte nicht mehr zu allem Ja und Amen sagen, was Michel und seine Männlichkeit mitunter kränkte.

-Ein andermal ging Frieda sogar selbst den Weg ins Gasthaus – ein Spaßvogel konnte sie schon auch manchmal sein – und hatte eine kleine Säge bei sich. Sie trat beim Gaggl in die Gaststube und machte ernsthafte Anstalten, ein Stück von der Holzbank abzuschneiden. Das Gezeter der Wirtin beantwortete sie damit, sie wolle nur ein Stück von jenem Holz bei sich zu Hause haben, auf dem ihr Gatte es so gern und lange aushält.

Zu allem Überfluss fing Frieda jetzt auch noch zu kränkeln an: Hausarzt Dr. Lehofer und Kräuter-Ärztin Christine Widowitsch, Völkendorf 1) stellten gleiche Diagnosen: „Gallen-Kolik weil der Gallengang nicht durchlässig sei.“ Der Hausarzt wusste, dass es dafür in Österreich erst einen einzigen Operateur gibt und der sei in Amstetten. Doch Amstetten ist weit weg und Villach viel näher. So blieb Frieda von Zeit zu Zeit eben nur der Frühzug nach Villach und vom dortigen Bahnhof der Fußmarsch mitsamt dem Morgen-Harn nach Völkendorf. Der Rat von beiden lautete: „Keine Fette und Öle, nichts Paniertes, kein Geselchtes, nichts Gebackenes.“ Beim geringsten Versehen, meldete sich prompt eine höchst schmerzhafte Gallen-Kolik.

Die Jahre gingen dahin, die Kinder wurden größer, Sohn Franz zum Automechaniker, ja sogar zum Meister. Als hätte der alte Gaggl nicht schon den Vater und dessen Fleiß genug ausgenützt, jetzt musste ihm auch noch Sohn Franz unverdienten Vorteil bringen. Das war möglich, weil Gaggl genau wusste, die neue Straße werde über das Werkstätten-Gelände führen und die Ablöse für den Abriss der Gebäude wird für ihn höher sein, wenn er nachweisen kann, dadurch einen Pächter zu verlieren. Der Pächter hingegen ging vollkommen leer aus. Gut, er war nicht der beste Rechner und Geschäftsmann, ein guter Arbeiter allemal, aber ohne seine sparsame Erika wäre er wohl nie zum eigenen Haus und zu Baugründen in Hörzendorf gekommen. Erikas Vater war als Schneider in  Weitensfeld nebenbei Versicherungsagent. Sein Geschäftstrick bestand darin, den Hauserrichten Kredite anzubieten , wenn sie bei ihm die Feuerversicherung abschließen. So hatte er im fortgeschritten Alter eine Menge Schuldscheine aber keinen Überblick mehr, wo er die Schuldner findet. Erika und Franz hatten Wochen zu tun, wenigstens einen Großteil davon aufzustöbern und abzukassieren. Bei Erika und Franz kamen bald die nächsten Enkelkinder an. Weil Frieda alle Kinder gern hatte und, nebenbei bemerkt, sogar den Erfinder der SOS-Kinderdörfer, Hermann Gmeiner unterstützte – so gut sie nur konnte – machte sie jeder weitere Kinderzuwachs im Alter nur noch froher.

Schwere Schicksalsschläge blieben ihr dennoch nicht erspart. 1965 kam eine Schreckensnachricht aus Vorarlberg. Helene, ihr erstes Kind, wurde dort Opfer eines tragischen Verkehrsunfalles. Bei strömendem Regen mussten Fahrer und Beifahrerin das Auto verlassen, er um etwas zu reparieren, sie um den Regenschirm zu halten. Beide verdeckten vermutlich so die Rücklichter und ein nachkommendes Fahrzeug fuhr auf. Helene war auf der Stelle tot. Ihr Leichnam wurde heim geholt und am Lebmacher Friedhof beigesetzt.

Es dauerte nur noch wenige Jahre, bis nach unzähligen Krankenhausaufenthalten auch Michael ein unheilbares Leiden hinweg raffte. Das war 1972. Frieda lebte noch bis 1983 im Haus, liebevoll betreut von Tochter Rosalia und vorübergehend von Frau Sapper, Kurzzeit Geschäftsfrau in Pulst, und befreundet mit Giselher, Sohn von Raimund dem Ältesten. Was bislang die politische Einstellung des Mannes – z.T. durchaus von der Gattin geteilt – an Alleinsein verschuldete, erhöhte sich nun durch den elfjährigen Witwenstand.

Ü b e r  d i e  V a l e n t

Wie angekündigt, nun ein Überblick über Entstehung und Wanderschaft des Familiennamens. Dabei lässt „Alpe-Adria“ deutlich grüßen.

Zu einer frühen Zeit, waren Pfarrherren und Herrschaftsverwalter genötigt, ihren Schutzbefohlenen zur leichteren Unterscheidung statt Einzelnamen, auch noch einen Gen-Namen, also einen Familien-Namen zu geben. Was in den Städten schon üblich und früher notwendig war, dort meistens zu neuen Namen in Verbindung mit Berufen führte, war jetzt auch am flachen Land Usus. Hier gab es im kirchlichen Bereich die deutliche Vorliebe zu Taufnamen, d.h. zum Vaternamen, während bei weltlichen Grundherrschaften für Landleute eher Namens-Verbindungen üblich waren, die auf ihre Lage im Gelände hinweisen konnten: Berger, Taler, Bacher, Ober- oder Unter-Walder usw.

Die Namens-Geschichte der Valent begann im Missionsgebiet des Patriarchen von Aquileia. Dazu gehörten die Siedlungsplätze der Slowenen in Krain, im Küstenland, über Friaul bis Kärnten. Es ist erstaunlich, dass nicht der Papst sondern Kaiser Karl der Große, im Jahre 811 mit dem Drau-Fluss die Missions-Nordgrenze des Patriarchen festlegte. Da war wohl die Welt zwischen Kaisertum und Papsttum noch in Ordnung!

Nun zum Namenspatron, dem Heiligen Valentin von Terni. Dieser hieß bei den Slawen Valent, im Italienischen Valentino und bei den Deutschen Valentin. Der Gen-Name Valent muss entsprechend alt sein, sonst müsste er als Sohn des Valent nach späterer Übung im Slowenischen Valentic, wie in Italien Valentinovic oder in Kärnten Valentincic heißen.

Grabsteine in Slowenien oder Weinbauern im Collio zeigen heute noch den unveränderten Familiennamen Valent. Vom Collio wanderte der Name Richtung Udine und weiter bis Gemona und Venzone, warum wohl? aus einem gesegneten Landstrich mit guten Äckern und Weingärten in ein armes, regelmäßig von Erdbeben geschütteltes Land an Taliamento und Fella? Wohl aus Gründen der Überbevölkerung, wo die Jüngsten bei Zeiten eine neue Existenz finden mussten.

Die Namens-Wanderung von Friaul Friuli nach Kärnten hat nachweislich auch andere Ursache. In einem konkreten Fall ist belegbar, dass die vorübergehende Herrschaft der Habsburger in Venezien und in Friaul/Friuli es mit sich brachte, dass dort Soldaten für die Monarchie geworben und gefunden wurden. In der Regel verpflichteten sich junge, starke Männer für einen Dienst von zwölf Jahren in der österreichischen Armee. Dafür winkte ihnen freie Niederlassung wo immer im Reich. Jetzt kommt hinzu, dass die politische Stimmung in Friaul allmählich und ganz entschieden eine österreichfeindliche geworden ist. Österreichische Veteranen passten schlecht zum Rinascimento und zu Italia-Unitá. Wollte so ein Veteran nicht plötzlich zum Fremden in der eigenen Heimat werden, dann entschloss er sich, wie unser Giovanni Battista Valent und andere, wohl oder übel vom Niederlassungsrecht Gebrauch zu machen. So gab es eines Tages gar nicht wenige Friulaner, die sich in Kärnten niedergelassen haben und ihre Vater-Namen wie Candussi, Borghi, Vidussi oder Bulfon (einst ein Wilhelm!) mitbrachten.

1) siehe die Kärntner Landsmannschaft 0304/2021 Seite 4

Bildteil

Giovanni Battista und Moiza Valent
Giovanni Battista und Moiza Valent mit Kinder und Enkel
vlg Edenbauer in Schwambach
Familie Franz Valent (Maurermeister) mit Helen geb. Bulfon vor dem Mulle-Haus
stehend hinten von links: Tante Loisl mit Klein Martha, Michel, Frieda mit Klein Franz, Engelbert, Mitzi, Bruder N., Hugo, Willi Sittlinger, dessen Mutter Maria mit Klein Egon, Onkel Pepe, Onkel Alois
stehend Mitte von links: Helene stehend mit Großmutter Nonna, Großvater Nonno mit Maria
sitzend von links: Otto, Raimund Franz, Rosi
Entlassungs-Zeugnis 1883 des Franz Valent
Portrait Franz Valent (gemalt von Sohn Engelbert)
Portrait Helene geb. Bulfon Valent (gemalt von Sohn Engelbert)
Giovanni Battista Valent mit Schwiegertochter und acht Enkelkinder
Rosi, Mitzi, Helene, Raimund, Walter, Franz Valent Im Garten des Wohnhaus an der Glan
Gasthaus Gaggl in Lemach
Hinten stehend erster von rechts Michael Wohlfahrt mit Respektabstand zu den Gendarmen vom Posten Feistritz/Radelsdorf!
Mitte stehend von links: Freund Candussi, Franz Valent, Rest unbekannt
Sitzend vorne rechts Gastwirt Julius Gaggl mit Gattin/Familie
Isidor und Maria Valent als Goldene Hochzeiter

Kaufleute 1887

November 3, 2021 um 17:14 | Veröffentlicht in St.Veit | 3 Kommentare
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Es gab damals nur 13 Kaufleute in St. Veit, und zwar:

– Fritz Knaus
– Anton Sornig
– Ignaz Grimschitz (Grimschitz und Meierhofer)
– Josef Wratitsch (- 1889)
– Anton Korpitsch
– Liebenwein
– Roman Debriacher (+ ca. 20.1.1908 in Graz)
– Engelbert Schreiber
– Seybald
– A. Pagitz
– Johann Hirschenfelder (ca. 1846 – 26.4.1914)
– Johann Obleschak (20.5.1830 – 17.9.1905)


Außer diesen angeführten Kaufleute waren noch einige sogenannte “ Schmerstecher“.

Im Hof des Sternwirtes arbeitete eine frühe Autowerkstätte

Hervorragend war das Spezerei-Geschäft des Fritz Knaus, es hatte eine mit kaufmännischen Emblemen bemalte Fassade, hatte große Spiegelscheiben, Rollladen und Glasschilder, während alle anderen Kaufleute nur gewöhnliche Fenster mit Holzbalken und ebensolche Türen hatten.

Vor den Eingangstüren waren bei allen Geschäften ein Salzstock, ein Zuckerstock und ein Reisbesen als Auslage hingestellt. An Samstagen (Wochenmarkt) hängte man auch Leinenwaren und dgl. vor das Geschäft heraus und gar an Jahrmarkttagen, da wurde so viel als man unterbringen konnte, zur Schau gestellt.

Alle herumlaufanden Hunde in der Stadt versäumten nicht, besonders den Salzstöcken ihren Besuch abzustatten, einen Hinterfuß zu heben und einen Gssssst zu spenden.

Die Geschäfte wurden um 6 Uhr früh aufgesperrt und blieben bis 8 Uhr abends offen. Eine Mittagspause für die Angestellten gab es nicht und sogar an Sonntagen waren die Geschäfte bis 5 Uhr abends offen (in der Zeit meiner Schuljahre waren sie sogar bis 7 Uhr abends offen).

Der Lohn für einen Kommis betrug bei voller Verpflegung monatlich fl. Wenn man in einem Geschäft und besonders im großen Knausgeschäft manchmal lagen warten musste, hatte man Gelegenheit zu sehen, wie die 4 – 5 Kommis und die Lehrjungen unter der steten Aufsicht der noch jungen hübschen Frau die Kunden, nach Kasten sortiert, bedienten.

Man hörte „Küss die Hand gnädige Frau, mein Kompliment Herr Steuereinnehmer, meine Hochachtung Herr von Plochel, bitte gleich, bitte sehr, was steht zu Diensten Herr Doktor“ etc.

Fast jeder Kommis trachtete, die nobelaussehenden Kunden zuerst zu bedienen und die gewöhnlich aussehenden den Lehrjungen zu überlassen.

Zu Frauen der handarbeitenden Klasse sagten sie „Grüss Gott Frau Dumberger, was möchten‘s sie gern?“ Zur Frau Schusterbauer: „Was kriagns denn sö?“ Zur Frau Jauchenauert „Was woll‘s denn?“

Soeben übergab ein Kommis einer jungen Frau, der Gattin eines k. k. Beamten ein Viertelkilo Kaffee, welche beim Empfang der Ware im hohen Ton fragte, ob sie nicht Ceylon haben könnte. Der Kommis entschuldigte sich und tauschte ihr den Kaffee untertänigst aus, wobei er mit einem artigen Geschwätze ihre Zufriedenheit erhalten wollte, aber die hohe Dame achtete gar nicht darauf und ging hochnäsig weg.

Von den 2 danebenstehenden Frau meinte die eine, dass diese eine vornehme Dame sein müsste, weil sie der Kommis so respektvoll behandelt habe. „Dö kenn i schon über 6 Jahr“ sagte die Angeredete, „sie ist Kellnerin in Althofen gwösn und obendrein a schlechts Luadar. Heint glap sie, man kennt sie neamar und tuat, als won sie von wass Gott fürn Haus her wär“.

Die Frau Chefin, die öfters in längere Gespräche mit noblen Frauen oder Herren in Anspruch genommen wurde, übersah es manchmal, wie die niederausshenden Kunden, wenn selbe auch oft 4 mal so große Einkäufe machten, warten mussten. Jene bevorzugten diskursiven Standesfrauen oder Fräuleins der damaligen liberalen Zeit, welche das Kapitel Arbeit nur aus der Vogelperspektive kannten, hätten gewiss mehr Zeit zum Warten gehabt. Und wenn in einem solchen Falle so einer Frau die Geduld ausging, braucht es nicht wunder nehmen, wenn sie resolut wurde und sagte: “ Ja sie, wenn mein Geld weniger wert ist, kann ich ja ein andermal beim Grimschitz und Meierhofer oder beim Debriacher einkaufen.“ Das wirkte. Erst jetzt wurde in dieser Art der Bedienung Wandel geschaffen, weil man die Konkurrenz fürchtete.

Die anderen Geschäfte hatten nur 1 – 2 Kommis und 1 oder 2 Lehrjungen und es kam derlei weniger vor. Aber der Konkurrenzneid war auch unter allen Kaufleuten fast derselbe, wie unter den Handwerkern. Jede Köchin, jedes Dienstmädel, die für einen größeren Haushalt einkaufen gingen, wurden mit einen Stranuz Ziggarlan bespickt. Der Konkurrent gab ihnen schon mehr, Er gab ihnen wohl eine Jause oder gar ein Restl Zeug für eine Schürze, damit er sie für sein Geschäft gewinnen konnte. Besonders wichtig war es für die Kaufleute auf die Neujahrsgeschenke nicht zu vergessen, Ich hörte sogar sagen, dass ein Kaufmann Gulasch und Bier aus dem Gasthaus holen ließ, um der Kunde das Warten in seinem Geschäft angenehm zu machen, um gleichzeitig zu verhüten, dass derselbe mit der Konkurrenz in Verbindung komme.

Es mussten von den Kaufleuten auch die Gasthäuser häufig und fortlaufend besucht werden, oft auch Zeche für andere Personen bezahlt werden, um die Kundschaften zu erhalten.

Die Kaufleute mussten auch beinahe auf jeden Kirchtag erscheinen und einen oder zwei Bekannte aus der Stadt mitnehmen, damit, wenn sie selbst nicht so viel genießen wollten, durch Zahlung größerer Zeche das Lächeln des Wirtes erkaufen konnten.

Nach den hl. Antoniustage d.i. Mitte Jänner, wurde der sogenannte „Kalte Markt“ abgehalten.

Es kamen die Krainer mit ihren, weit über die Knie hinaufreichenden, faltigen, naturfarbenen Lederstiefel, mit ihren schmalkrämpigen Hüten, die zu ihrer Landestracht passten und breiteten am oberen Platze auf dem gefrorenen Erdboden Leintücher aus, legten die ausgeweideten Schweine, dann große Speckpachen, auch Filz, Leber und Schweinsköpfe, Schinken und Würste zum Verkaufe aus. Sie füllten mit ihren Waren nahezu den ganzen oberen Platz aus, Einige Krainer, welche kein Wort Deutsch kannten, mussten sich einen Dolmetscher aufnehmen – ich sah z.B. unter diesen auch den Schneider Osel.

1 Schweinskopf (4-5 Kilo schwer) kostete1 – 1 fl 40
1 Kilo Leber 15 – 20

1 ganzes Schrein per Kilo 40 – 44

1 Kilo Schweinfett 46 – 50

1 Kilo Filz 52 – 60

1 Stück Bratwurst (15 Deka schwer) 10 – 12

Zur gleichen Zeit kostete in St. Veit 1 Kilo Rindfleisch 40 – 42 fl.

War das Wetter kalt, stieg bei den Krämern der Preis um 2 -3 fl, trat Tauwetter ein fiel der Preis m2 -3 fl.

Ich kaufte einmal zwei Schreine um den Preis von 38 fl per Kilo. Ein Maria Saaler sagte mir, er habe solche sogar um 36 fl per Kilo gekauft.

In den letzten Jahren vor dem ersten Weltkrieg kauften ein paar kapitalkräftige Kaufleute den ganzen Speckvorrat den Krainern ab, um auf diese Weise, den ganzen Handel an sich zu reißen.

Nach dem ersten Weltkrieg kamen keine Krainer mehr zu uns herüber. Es blieb bis zum heutigen Tage nur mehr der Krämermarkt übrig.

Über den großen, weit über Kärnten heinaus berühmten Wiesenmarkt will ich nur berichten, was mir der damalige Bezirkswachtmeister der Gendarmerie, Herr Wolf erzählte. Dieser sagte „der ganze Pferdemarkt sei um die Mitte der Siebzigerjahre beinahe ganz in Zigeunerhände geraten. 

Da legte sich der damalige Tierarzt Jellaschek ins Mittel. Er konstatierte fast bei allen Zigeunerpferden die Rotzkrankheit und auf diese Weise war es ihm möglich, die Zigeuner zu vertreiben. Weiters habe einer seiner Gendarmen jeden Zigeuner, den er aus der Stadt eskortierte, mit einer Scherre den Schnurbart auf einer Seite weggeschnitten. Ein solcher Zigeuner kam nie wieder nach St. Veit. An allen Markttagen hausierten uns unsere Ortsbettler ohnedies, Dazu gesellten sich aber auch viele fremde Bettler, welche sich an allen Ecken und Straßenkreuzungen postierten, ihre Gebrechen und Wunden bloßlegten und so das Mitleid der Vorübergehenden erweckten.

Stirzlermänner, – Weiber und Stirzlerkinder mit den herumgereichten Schnapsflaschen in ihrem besoffenen Zustande boten abscheuliche Szenen. Sie hielten sich meist in der Nähe des Villacher Tores und des Krapfenbäckseppel unter der Linde auf.

In den Buden und auch in der Stadt hörte man viele betrunkene Leute in den Wirtshäusern singen (besser gesagt schreien) und jodeln ohne Ende, oder auf den Straßen herumgaukeln zum Gaudeum der Schulkinder, bis, sie den Polizisten Fenz als Beute zufielen.

Im engen Gassl zwischen Jonke, Kupferschmied und Fleischhauer Alois Zechner, im Vorhause der Bezirkshauptmannschaft und im Vorhause des Bürgerspitales waren Bilderkrämer postiert. Unter ihren diversen Bilderbögen, welche sie das Stick zu 5 fl verkauften, fehlte nie das Bild mit den seufzenden Kreuzträger. Dann gab es Kaiser- und Papstbilder und viele Heiligenbilder. Moritaten.

So ein Halbherr mit einen abgeschossenen Schossrock und einer qauadrolierter Hose spazierte vor einem schrecklichen Bild, das mit Ölfarben auf einer 2 m ² großen Leinwand in 10 – 12 Tafeln eingeteilt gemalt war, mit einem sehr langen Stab hin und her. Er sang mit seiner unschönen Stimme in langgezogenen Tönen die Geschichte einer schauderhaften Begebenheit, die sich in Lodomerien oder in Ungarn zugetragen hat, herunter. Soeben zeigt er mit seinem Stab auf die 8 te Tafel, wo der Räuber sein Opfer mit einem langen Messer ersticht, das das Blut in einem großen Bogen herausspritzt, Die Frau des Moritatensängers, eine ältliche Runggungl mit extrahoher Frisur und eitlen Manieren in abgetragenen Herrschaftskleidern angetan, begleitet ihren Mann mit der Harmonika und sang wohl auch teilweise dazu.

War die Schaudergeschichte abgesungen, dann verkaufte er die Beschreibungen derselben per Stück um 6 fl an die umstehenden Zuhörer.

Öfters im Jahr kamen Slavonier in ihrer Nationaltracht mit Pferd und Wagen, auf den Wagen ein großes „Fase mit Essig“. Der Slavonier schrie halb singend „Assika“. Die Leute kamen mit großen Geschirren aus den Häusern und kauften den Essig, welcher per Liter vielleicht um 4 fl billiger war, als sie ihn bei den hiesigen Kaufleuten kauften.

In den 90 per Jahren kamen Händler mit Gummiballons. Sis hatten 40 – 50 Stück aufgeblasen auf Schnüren und trugen sie als Neuheit zum Gaudeum der Jugend herum, Es wurde viel gekauft und hier und dort oben in der Luft sah man die „Losgekommenen“ zerplatzen.

Zu Marktzeiten sah man auch einen Mann mit einem abgetragenen schwarzen Salonrock bei einem Käfig mit mehreren weißen Mäuslein stehen, welcher die folgsamen Tierlein für das schöne Fräulein oder den schönen Herrn, Planetten herausziehen liess.

Beim Oberlercher (heute Villacher Straße 6) beim Leitner und beim Feistritzer (heute Adolf Hitler Platz 20) gab es an den Markttagen Tanzmusiken, ausgeführt von versch. Landmusikanten.

So weit nach einem Fund von Ing. Hannes Trixner betreffend einen alten Text von Karl Karner.

Nun noch einige bildlichen Impression zum Thema Kaufleute in St. Veit:

Kaufhaus Rainer am Hauptplatz
Sornig am Unteren Platz beim Lugenbrückl

Beim Gaggl in Lebmach um 1924 bzw. um 1950

Oktober 13, 2021 um 18:36 | Veröffentlicht in St.Veit | 3 Kommentare
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Eine interessante Aufnahme, v.l.n.r.: Candussi Albin ? + 1962 oder Josef Kandussi 1895-1968 Betonwerk ? mit Freund Franz Valent 1867- 1951 Maurermeister in Lebmach anschließend Kommandant mit drei Gendarmen vom Posten Feistritz-Pulst/Radelsdorf, Franz Wutte mit Gattin, daneben Eheleute und Wirte Julius Gaggl mit Familie dahinter. Stehend dahinter 3mal unbekannt, rechts außen mit Hut und Gamsbart der „Gaggl Michl“.

Von wo die Candussi/Kandussi zuzogen und wann genau, war in den Pfarr-Matriken nicht zu finden. Fa. Rudolf Kandussi nennt die Stadt Remanzacco, (nordöstlich von Udine, an der Bahnstrecke nach Cividale gelegen)

Franz Valent wurde in der Pfarre Portis (heute Carnia) geboren, kam aber schon im Kindesalter nach Tiffen in Kärnten, wo er auch die Volksschule bei keinem Geringeren als dem Vater von S. Lobisser mit einem Vorzugszeugnis abgeschlossen hat.

Die Nachkommen des Josef Kandussi setzten die gewerbliche Tätigkeit fort und betätigten sich sogar in der Gemeindepolitik von St. Veit

Ansicht von Bachseite zeigt die typische Sonntagsstimmung.

Kajetan Wutte als Chauffer für unbekanntes Hochzeitspaar und mit seinem Pkw Steyr 50 – Ansicht von Straße, rechts nicht mehr im Bild befand sich die Kegelbahn, im Hintergrund ein Saalettl über dem Bach. Der Radfahrer auf der Brücke über den Lebmacher Bach strebt in Richtung Feistritz-Pulst (heute Liebenfels)

Zum neuen Hut des Gaggl Michl wäre noch zu bemerken, dass er knapp davor von seinem Chef den Monatslohn ausbezahlt bekommen hat. Er hoffte, sich damit einen neuen Anzug kaufen zu können, doch die Inflation war bereits eine „galoppierende“ und der Monatslohn reichte gerade für diesen Hut!!

Noch ein Wort zu den Freunden Candussi und Valent. Sie unterstützten sich geschäftlich gegenseitig, denn wo gemauert wurde waren auch Ziegel notwendig. Oder erfuhr der andere von einer bestimmten Bau Absicht, dann informierte dieser den Baumeister…..

Ein Wort noch zur Kegelbahn, welche ebenfalls an Sonn- und Feiertagen gut frequentiert war, nur für den armen Kegelbuben war es doppelt schwer, weil neben seinem Arbeitsplatz das Bumbs-Clo stand und immer einen erbärmlichen Geruch verbreitete. Dessen Ruf „Außakafn“ wurde selten gehört.

Nach der Familie Gaggl wurde das Gasthaus verpachtet. Nach Frau Sommeregger, einer flotten Wirtin und Pächterin, kam die Familie Buchleitner zum Besitz. Es entstand daneben ein schönes Wohnhaus, während der Gasthof geschlossen und das Gebäude gänzlich abgerissen wurde.

Arbeiten vor Errichtung des Arcineum St.Veit/Glan, Burggasse

August 22, 2021 um 12:21 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen Kommentar
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Fotos von Walter Wohlfahrt geschossen zur Bauzeit. Das war Niveau nach Ende Untersuchung von Dr. Tiefengraber. Siehe verinzelte kleine Such-Vertiefungen in der dunklen Brandschicht
Die Grube zum Schlemmen wird ausgehoben. Eine nicht (vollständig?) untersuchte schwarze Brandschicht wird zerstört.
Um die Stadtmauer zu sichern, musste diese mit Beton unterfangen werden. Dazu war es notwendig, das sandige Material auszuschwemmen und in der Grube zwischenzulagern.
Grube gefüllt mit Schlemm-Material. Nicht untersuchte Mauerreste am linken Grabenrand Wohin das erste Aushubmaterial incl. Brandschichte verführte wurde und ob auch die Schlemme verführt oder an Ort und Stelle verblieben ist, war nicht zu erfahren.

Dazu wäre noch zu ergänzen, dass die nördliche Stadtmauer um die Baustelle mit Lkw und Baugeräten erreichen zu können rund 3Meter gänzlich abgetragen wurde. Als ungebetener Beobachter habe ich diese Maßnahme hinterher bemerkt und festgestellt, dass sich im Abbruchmaterial, soweit es noch an Ort und Stelle aufgeschüttet war, auch Artifakte, d.h. bearbeite Steine aus älteren Abbruchhäusern befunden haben. Der Großteil des Abbruch-Materials war schon mit unbekanntem Ziel abtransportiert. Eines davone hat der Nachbar, Herr Jerneischek in seine „Ausstellung“ übernommen.

Dies beweist dann allerdings, dass Karl Ginhart Recht hatte, wenn er andeutete, der Untere Platz, sei ursprünglich eine Vorstadt gewesen und erst im Zuge einer Stadterweiterung mit Einschuss des Burgturmes ummauert worden.

Herr Charly Jerneischek hat mich freundlicherweise auf den mir bislang unbekannten Bildbericht der Krone vom 11.7.2018 aufmerksam gemacht. Demnach wurden beim Aushub der Baugrube fürs Archineum Holzgebäude, Mauern und Öfen aus dem frühen 13. Jhdts. festgesellt (ohne nähere Untersuchung über Zweck allfälliger Gebäude). Vom Grabungsleiter Herrn Tiefengruber, Graz wurde dem BM Mock und den Brauträgern Pichler und Müller ein handgefertigter Tontopf, ebenfalls 13. Jhdt übergeben, der zu späterer Zeit im Neubau Platz finden sollte. Nach Wissen des Herrn Jerneischek ist das noch nicht geschehen.

Zumindest die Datierungen lassen annehmen, dass der in der Literatur genannte, herzogliche Hof, zu dem die Holden von St. Georgen verpflichtet waren zu Zeiten der Aussaat und der Ernte Dienste zu leisten, an dieser Stelle gewesen sein könnte und der ansonsten viel unterwegs gewesene Herzog Bernhard, seine Reitpferde hier versorgt wissen konnte. Die Stadt hatte damals noch nicht das heutige Ausmaß. Der Wachturm („Herzogburg“) für die Stadt bewachende Mannschaft – als Nachfolger des viel kleineren Wachturmes („Münzturm“) für den alten und kleineren Markt im Westen – stand solo, jetzt umgeben von ausreichend Wiesen und Ackerflächen aber noch ohne Stadtmauer.

Am Lugenbrückl 1887

Juli 14, 2021 um 21:26 | Veröffentlicht in St.Veit | 2 Kommentare
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Nach einem handschriftlichen Aufsatz von Karl Karner 1863-1945 – von W. Wohlfahrt konskribiert:

Wenn in den großen Geschäften Knaus oder auch beim Sornig, bei welchem auch k.k. Tabaktrafik war, eine stille Geschäftsbewegung eintrat, kamen die Frau des Fritz Knaus und die Frau des Anton Sornig auf das Eck vor Trabesinger und Knaus Speckmagazin heraus, um sich ein wenig auszuplaudern und frische Luft einzuatmen, denn sie mussten wirklich den ganzen Tag im Geschäft verbringen. Beide waren junge hübsche Frauen, wovon Frau Sornig kinderlos und lebhaften Temperamentes war. Sie erblickte soeben Frau Knaus und begrüße sie mit „Guten Morgen Frau von Knaus“ worauf sichtlich erfreut Frau Knaus erwiderte „Grüß Sie Gott, Frau von Sornig.“ Nachdem keine von beiden adelig war, belogen sie sich gegenseitig. „Denkens Ihnen Frau von Knaus, ich wollte heute mit´n Toni (ihrem Mann) nach Goggerwenig fahren, draußen bekommt man so gute Jausen und einen wunderbaren Rahmkaffee. Jetzt kommt eine Post vom Bezirksrichter Polei und von Dr. Moro dass sie in unserem Gartenhäusl zu einer Tarok-Partie zusammen kommen wollen.

„Sehens Frau von Knaus, so geht´s mir immer, wenn ich mich auf was freue“. „Aber mir geht es ja auch nicht besser. Frau von Sornig. Gestern Abend kam der Professor von Klagenfurt und brachte den Landesgerichtsrat aus Graz mit, welche beide mit meinem Mann befreundet sind und es ihnen versprochen hat, mit ihnen auf die Jagd nach Lölling zu fahren. Sie wissen ja Frau von Sornig wie es ist, es muss der Kogelwagen geputzt und gewaschen werden, nicht wahr? und dann hat man ja auch, wenn solcher Besuch da ist für mancherlei in Küche und Keller zu sorgen, Sie verstehen das ja, Frau von Sornig. Diesen Diskurs hört die Frau Trabesinger (Kaffeesiederin) in der Türe stehend und benützte eine passende Pause, während welcher Frau Sornig mit Herrn Heinzmann sprach, um Frau Knaus zu begrüßen uns sagte sich verbeugend „Mein Kompliment Frau von Knaus“ zu begrüßen, worauf sie von Frau Knaus mit „Guten Tag Frau Trabesinger“ abgefertigt wurde, weil Frau Trabesinger, obwohl sie Hausbesitzerin war, im Ansehen doch um eine Klasse tiefer stand als Frau Knaus.

Am Brunnen vor dem Premitzer Haus (heute 13. Märzplatz Nr 10 standen vier Weiber mit Wasserschäffern und übersahen im eifrigen Ratschen immerwährend wie sich andere das Wasser anleierten und wegtrugen. Sie schauten und gafften wie der Kogelwagen des verstorbenen Grafen Egger inhaltlich zweier Komptessen vorüber fuhr und wussten unglaubliches von ihnen zu tuscheln, was natürlich nur unter ihnen bleiben sollte und wahrscheinlich erlogen war und auch nicht unter ihnen blieb.

Vor dem Gasthof Grawein plätscherte der niedere Brunnen von dort weg auch die Knechte und die Mägde ständig Wasser trugen. Von dort herauf kamen Lehrer Polak und Florian Dust, machten bei der Reichel Apotheke dem Gaßmeier, der in der Türe stand einen stehenden Besuch. Gaßmeier hieß sie zum Fenster hinauf schauen wo Frau Frank Zeitung las. Schauts amal diese windische Wabn an, sie kann ja gar nicht lesen, sie tut nur so, sie hat ja auch die umgekehrte Zeitung in der Hand. Jetzt geht der Redl, der Klavierlehrer der Reichlischen Buben aus der Apotheke dem Oberen Platz zu. Gaßmeier und die zwei Lehrer schauen ihm nach und Gaßmeier kommt vor dass er dem Redl etwas nachzusagen hat, was vielleicht auch nicht wahr ist. In der nächsten Nähe hauste Schmerstecher Apolin, welcher auch gerne log und noch ein Stückl weiter (heute Klagenfurter Straße 10 hatte Wahrheit, der Millionär und Fleischhauer seine Fleischbank die auf der Straßenseite mit Brettern verschlagen war. Dort drinnen wurde auch viel gelogen und so mag wohl die Ortsbezeichnung Lugenbrückl entstanden sein.

geschrieben am 24. 9. 1942 in St. Donat

Ein ewiges Kommen und Vergehen und das in Notenschrift: Schicksal setzt den Hobel an und hobelt alles gleich

Am Unteren Platz2

Juli 6, 2021 um 19:12 | Veröffentlicht in St.Veit | 1 Kommentar

Handschrift aus etwa 1939 – ausgegraben von Ing. Trixner, übersetzt von Walter Wohlfahrt:

Herr Mathias Grawein war ein hochgeschätzter, biederer Gasthofbesitzer wie auch Lebzelter und Wachszieher am Unteren Platz. Er schenkte gute Weine aus und führte eine vorzügliche Küche.

Sein Extrazimmer nannte man allgemein das „Wachsfiguren Kabinett weile es nur von Honoratioren mit Ausnahme zweier oder dreier kleinerer Intelligenzlern, welche dabei geduldet wurden geräuschlos besetzt war. Vom Rauchquall der feinen Zigarren drohte mehrmals das Licht zu versagen.

Heraußen aber, im großen Trinkzimmer, wo die Mittelständler und Handwerker und kleinen Geschäftsleute vertreten waren saß regelmäßig der Herr Dr. Prettner beim Ecktisch am Fenster mit dem Rücken gegen das Lugenbrückl. Um ihn herum saßen sein Lieblingsbürger und Besitzer der alte Mackler Regenfeldner, der Sattler Apolin, der Mlinek, der Getreidehändler Susitz und der bucklige Kronwirt Loise. Diesen Tisch nannten die Leute den Sekzierer-Tisch weil dort beständig von Lizitationen, wirtschaftlichen Zuwidrigkeiten und Prozessen gesprochen wurde. Die anderen Gäste, welche sich freimütig und lustig unterhielten und sich am Gesprächsinhalt des Sekzierer-Tisch nicht interessierten sangen mitunter Kärntener Lieder. Der Rauch heraußen von dem ordinären Pfeifentabak legte sich manchmal bis zum Boden nieder und man musste öfter die Türen ins Vorhaus offen stehen lassen, damit die Lichter wieder besser brennen konnten.

Besonders lustig ging es am Namenstag des Grawein zu. Es kam der ganze MGV dem Hausherrn wie auch seinem Sohn Eduard, welche beide sehr gute Baßsänger waren, zu gratulieren. Alle Tische waren mit Selchfleisch, Schinken, Würste, Reindling, Käse und Wein bedeckt. Zum Schlusse kam wieder wie alle Jahre auch der Tee-Wein und dies alles gab der Vater Grawein gratis! Schalkhaftes und Humoriges sprudelten immerzu. Es wurden auch Reden geschwungen. Selbstverständlich gab es auch Gesang und Musik (ein Sechstel der Stadtkapelle). Einmal wurden Vierzeiler nach Bauernart gesungen, wobei die Musik die dazu gehörigen Zwischen-Ländler zu spielen hatte. Wenn so viele Sänger daran einzeln beteiligt waren, wollte doch auch der beliebte Kaffee-Sieder Herwalik nicht zu kurz kommen und sang also „Sias is nit sauer und sauer ist nit sias – an Batschwiasta mog i nit, hot eiskalte Fiaß.

Wenn es besonders lustig herging konnten die hochstehenden Herren nicht umhin und kamen einzeln haus zum Volke um an den Lustbarkeiten auch teilzunehmen.

Dias von Prof. Karl Ginhart

Dank Herrn Ing. Trixner hier die richtige Hausansicht vom Grawein am Unteren Platz. Bei der Gelegenheit: die Grawein kamen aus Villach und ursprünglich aus Südtirol. Vielleicht hieß er sogar einmal Grabein und galt für den Totengräber, wie auch andere Namen von der jeweiligen Tätigkeit herrührten, etwa der Klaubauf oder der Tragweg. An den Totengräber wollte man eines Tages nicht mehr erinnert werden und der jeweilige Matriken-Führer (Taufpriester) verschönerte den Namen.

Der Schöttelhof

Juni 29, 2021 um 16:13 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen Kommentar

ist ein stattlicher Besitz hinter dem Wolschart-Wald jenseits der Gurk. Dort arbeitete eine alte Bekannte, die Lisa Meisterl mit ihrem Ehemann. Sie als Dirn und er als Knecht.

An einem schönen Wochenende entschlossen sich die beiden zur Anschaffung ein Sitzgelegenheit für ihre gemeinsame Stube, auf dass man nicht immer in die Betten sitzen musste. Es war ein lauer Sonntag Abend, wo man die Lisa zurück erwartete, oder doch schon ein wenig finster gegen den gefürchteten Wald hin. Da entschloss sich der Mann, seinem Weib, der Lisa ein Stück entgegen zu gehen.

Lisa war der Stuhl schon lästig, einmal trug sie ihn links, einmal rechts. Er war ihr in jeder weise unbequem. Schließlich entschloss sie sich, das Gerät einfach ein Weilchen am Kopf zu tragen. Das war auch so, als bei zunehmender Dunkelheit in einiger Entfernung ihr Mann auftauchte. Sie erkannte ihn an seinem Gang, er aber sah etwas ganz anderes! Eine gehörnte Gestalt direkt aus dem Wald tretend, konnte nur der Teufel selber sein. Er machte Verkehrt und trachtete nur so schnell wie möglich weg zu kommen und den Schöttelhof zu erreichen, wo er sich erschöpft niederließ, bis endlich auch Lisa eintraf.

Eine andere Geschichte, die Lisa uns Kindern gern erzählte, war diejenige wie der Schöttelhofer höchst persönlich den Räuber Krapfenbäck Simon überlistete und die Geschichte ging so: Wieder einmal war Zeit des Wiesenmarktes von St. Veit. Von allen Tälern strömten dort die Leute zusammen, um irgendwas zu kaufen oder anzubieten. Der Schöttelhofer war ein guter Ochsenmäster und ließ seine Knechte schon früh am Morgen mit den schönsten Exemplaren aus seinem Ochsenstall nach St. Veit ziehen. Er selbst wollte mit seinem Steirerwagerl später nachkommen, wenn es ums Verhandeln gehen sollte. So ein Markt-Tag war schon etwas Besonderes. Viele Bekannte von weiß Gott wo, hat man schon lange nicht mehr getroffen, aber am Markt wohl. Auch die Wirtsbuden waren aufzusuchen, damals noch nicht auf der Wiese, sondern in der Stadt. Aber die Verkaufsstände warteten wie gewohnt neben Riesenrad und Geisterbahn. Auch die Kegelbahnen durften nicht ausgelassen werden. Die Dienstleute mussten wohl bei Zeiten den Heimweg antreten um das Vieh zu füttern nur der Bauer selbst übersah, wie die Sonne hinter dem Schneebauer sank und es langsam der Nacht zu ging.

Steirerwagerl im Schloss Weyer, Renoviert von Dr. Hans Leber

In seinem neuen Steirerwagerl kutschierte er alleine und mit etwas gemischten Gefühlen dem Anstieg zum Wolschart zu, wo auch wirklich eine dunkle Gestalt auf der Straßenböschung saß und bat „Herr Schöttlhofer, dürft ich ein wenig aufsitzen und mitfahren“. Die Antwort war freundlich und einladend, und schon hockte man am Wägelchen. „Gut verkauft die Ochsen heute am Markt?“ „Wohl wohl“ die knappe Antwort. „Und so spät abends, keine Angst um das viele Geld?“ Jetzt der Schöttlhofer, längst ahnend wer da mitfährt „Hab das Geld gut versteckt da hinten im Futtersack“. Da dauert es nicht lange, grad bevor die Straße wieder abfällt, schwingt sich der Krapfenbäck mit dem Futtersack vom Wagen um im dunklen Wald zu verschwinden.

Jetzt gibt der Schöttlhofer seinem Pferd einen Peitschenschlag. Im Galopp geht es abwärts und aus dem Wald hinaus. Schon ist die Gurk-Brücke erreicht und der Schöttlhof nahe, da lacht sich der schlaue Bauer ins Fäustchen, greift auf seine Brusttasche, wo die Geldscheine stecken und denkt, so kann man den Krapfenbäck dran kriegen.

Hauptschüler St.Veit/G anno 1934 mit Geb.Datum und später anschließender Schule, Position, Sterbe-Datum

April 27, 2021 um 18:41 | Veröffentlicht in St.Veit | 1 Kommentar

OLGR Hofr Dr.            Arnold Franz, Jugendrichter LG Klagenfurt                    1919 nur 1. Klasse, dann Gymn.

                        Aichwalder Friedrich                                                 09.20.20 gefallen

OSR                 Anneter Karl, Berufschuldirektor                              13.07.20

                        Antenreiter Franz                                                      31.12.19

                        Böhm Leo                                                                  27.01.19

                        Brugger Josef                                                            07.05.20  vermißt

                        Flick Eduard                                                               30.03.20

                        Hahn Erich                                                                 17.08.20  gefallen

                        Haselsteiner Anton                                                    08.06.20     + 1989

                        Hofer Nikodemus, Konsum-Filialleiter                      22.09.19

                        Kampl Karl                                                                 17.04.21  gefallen

HAK                 Kogler Josef, Sägewerk- u. Realitätenbesitzer         03.11.20     + 1998

HAK                 Krainer Thomas                                                         01.03.20  gefallen

HAK                 Kremser Otmar, Oberst Munit. Dep. Muraunberg 07.09.19     + 2011

                        Maier Alois                                                                15.01.20  gefallen

                        Mannesnegger Karl                                                  01.06.20

                        Moser Wilhelm                                                         11.05.20     + 1999 in St.Veit

                        Novak Helmut                                                           26.03.19     + 1989 in St.Veit

                        Oman Josef, Berufsschullehrer                                 22.10.18

Ing.                  Pichler Fritz   bei Radex Radenthein                         28.02.20

                        Planegger Max   Besitzer Launsdorf                         21.09.18

                        Plieschnig Franz                                                        05.12.19  gefallen

                        Pötscher Franz, Landwirt                                          08.12.19

                        Politschnig Johann                                                     24.06.20  gefallen

                        Radinger Martin, Landwirt vlg Pueller                     29.07.20       + 2011 St.Veit

                        Rainer Josef                                                               06.03.20  gefallen

Ing.                  Rom Martin, Landesbeamter u. Kfz.Sachv.              31.07.20       + 2007 in St.Veit

HAK  Reg.R.    Schager Walter, Rechnungsdir., Invalidenamt         13.03.20

                        Schnattler Alfred, Volksschuldir. Brückl                   07.05.20      + 2011 in Brückl

OSR                 Schwarz Franz, Hauptschuldir. Brückl                       22.03.20      + 2001 in Brückl

                        Smodisch Ferdinand                                                  01.11.20   gefallen

                        Stimpfl Karl                                                               25.10.19   gefallen

Ing.                  Streißnig Karl                                                            10.07.20

                        Traninger Hugo, Hotelier                                          13.01.20   + 2007 Bleiberg-Nötsch

                        Urabl Karl                                                                  10.10.19

                        Winkler Hannes, Berufsschuldirektor                       06.12.19

                        Woschank Andreas                                                    04.08.19   gefallen

            Borghi Hilda v. Matschnig                                                    09.04.20

            Gutzelnig Karoline v. Oberrascher                                       30.05.20

LBA      Inthal Karoline, Lehrerin                                                       06.07.19

HAK     Kaiser Annemarie v. Stopper                                                23.10.20          +1998

            Kaltenbrunner Anni v. Reiter                                                26.07.19          +2004

            Knaus Edeltraud v. Knafl                                                       26.05.20          +2006

            Laßnig Florentina v. Moser                                                   10.02.20

            Matschnig Amalia                                                                 08.03.20

HAK     Mulle Christine v. Kraut                                                        13.07.20          +1996

            Ogrinc Felizitas v. Grossmann                                              30.11.19

            Rußheim Flora v. Pilgram                                                     31.03.20

LBA      Schöffmann Hermine, Lehrerin                                            26.11.19

Dkfm   Schweditsch Theresia                                                           13.10.20

            Seiser Herta v. Eckert                                                                       05.08.20          +1998

            Stermitz Friederike v. Schmidt                                             14.09.20

            Telsnig Genoveva, Lehrerin                                                  31.12.18

            Tergl Margareta v. Novak, Chefsekretärin Wietersdorf      13.02.20

            Themel Ida, Finanzbeamtin (Diet.Themel!)                         21.12.18

            Tragatschnig  Sieglinde v. Breitegger                                              05.05.20          +2000

            Urabl Josefine                                                                       16.03.20

            Vogler Wilhelmine v. Kribitz                                                 24.02.20          +2010

            Wenger Augustine v. Plautz                                                  06.08.20

            Wölbitsch Maria v. Wallner                                                 07.02.20             Zweinitzer Maria v. Winkler                                                 28.01.20         

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