Beim Schlick am Unteren Platz
September 16, 2018 um 01:19 | Veröffentlicht in St.Veit | 1 KommentarSchlagwörter: Antiqua, Botengasse, Breschan, Drucker, Fraktur, Fremdenverkehr, Hitler-Jugend, Michael Kanatschnig, NSDAP, Parteien, Paulitsch, Rauchegger, Schlick, Setzer, Silly, The British Military Governement Austria, Tischler, Verschönerungsverein, Zabl, Zeneggenhof
Hier, wo die Botengasse in den Platz mündet waren in alten Zeiten immer wieder Tischler ansässig. Ein Maria-Theresia-Gewerbe war mit dem Hause fix verbunden und jeder Eigentümer war berechtigt – entsprechende Fähigkeiten vorausgesetzt – hier das Tischler Handwerk auszuüben oder betreiben zu lassen. Tischler mit Namen wie Schmidl, Zabl, Rauchegger oder Silly waren hier tätig und so lange wohnhaft bis ein Wimitzer Realitäten-Besitzer, namens Regenfelder das in Versteigerung gelangte Haus billig und spekulativ an sich brachte. Er mag wohl damit gerechnet haben es bald wieder mit Gewinn abstoßen zu können. Mit Heinrich Schlick kam 1898 tatsächlich ein Interessent. Seine Firma H. Schlick & Söhne war seit 1882 Konzessionsinhaber für ein Buchdrucker Gewerbe und Mieter im Hause des Josef Breschan, Hauptplatz 28 (heute BH). Es gibt noch ein altes Foto, wo rechts vom Portal ein großes Firmenschild zu sehen ist. Gekommen ist die Familie aus Graz. Wann genau war nicht auffindbar. Der Kauf-Entschluss war für Schlick nicht einfach. Siebentausend Gulden betrug der Kaufpreis und nur 100 Gulden waren bar aufzubringen. Dafür mussten 2.100 fl an aushaftenden Darlehen der Vorbesitzer ins Zahlungsversprechen übernommen werden, 1.900 fl mittelfristige und 2.900 fl langfristige Verbindlichkeiten waren einzugehen. Das erworbene Gebäude wollte man sogleich zum Garten hin vergrößern um neben vorhandenen Mietern im Hause eigenen Wohnplatz zu gewinnen. Dafür, wie für Übersiedelungs-Kosten der Betriebseinrichtung und eventuelle maschinelle Neuanschaffungen waren die Eigenmittel bald erschöpft, ein schwieriger Neustart!
Der Betrieb lief wohl gut an, doch die Rückzahlungen waren nur schleppend zu leisten, weil ja auch immer wieder in den Betrieb investiert, der Warenvorrat gehoben und etwaige Modernisierungen geschafft werden sollten. 1911 z.B. machte ein „Verschönerungsverein und Auskunftsstelle für Fremdenverkehr“ von sich reden indem von dort an die Gemeinde ein Ansuchen gestellt worden ist, man wolle zeitgleich mit der Bahneröffnung (Hauptbahnhof 1912) einen Stadt- und Umgebungs-Führer auflegen und all das möglichst subventioniert bekommen. Ein Kostenvoranschlag der Druckerei Schlick belief sich auf 1.500 Kronen. Doch der Auftrag kam nicht zu Stande. Die Gemeinde lehnte erst einmal ab, mit der Begründung, schon der Führer von 1908 (Chronist Lorenz, gedruckt bei Schlick?) sei auf zu wenig Interesse gestoßen und der Bürgermeister (Dr. Joh. Spöck) würde ohnedies einen Rechenschaftsbericht demnächst kostenlos herausbringen.
Es ist schon erstaunlich, mit welchem Geschick es der Firma trotz Kriegs- und Inflationszeit gelang jedes Geschäftsjahr positiv abzuschließen. Das Geheimnis bestand darin, dass man 1920 die Grundbuch-Lasten mit Inflations-Kronen leicht los wurde und dass Druckaufträge jener Tage nur gegen bare Kasse ausgeliefert wurden, die von Inflation gefährdeten Barmittel aber sofort wieder für Ankäufe von Sachwerten wie Papiere, Farben usw. Verwendung fanden. Das wohl sortierte Lager war in jenen Zeiten Gold wert. Selbst der galoppierenden Inflation war solcherart entgegenzuwirken. Plakate für Kinos und Veranstalter, Werbemittel und Vordrucke für Firmen, wie Briefpapiere und Kuverts, Rechnungsformulare, Partezettel, Hochzeitseinladungen und dergleichen wurden immer gebraucht. Sie gingen jahrelang in großer Zahl über die Pudel. Berechnet wurde zum Tagespreis! Nur keine Ware auf Kredit hinaus geben, dann konnte wenig schief gehen. Die vielen Mitarbeiter, wie Setzer, Drucker usw. auf ihre Löhne warten zu lassen war zu deren Glück selten nötig. Geld zu horten oder gar zu sparen wäre völlig sinnlos gewesen. Die Großkunden im Laufe der Zeiten waren z.B.: Bezirkshauptmannschaft, Kino Jäger, Bezirkskrankenkasse (Vorläufer der Gebietskrankenkasse), „Das Schulblatt“, Elektrizitätswerk St. Veit, Invalidenkino, Arbeitsamt, Trabrennverein, A. Lemisch vom Kölnhof, Kino Eberstein, selbst die politischen Parteien der Zwischenkriegszeit, die NSDAP mit Ortsgruppenleiter Paulitsch, die Hitler-Jugend, und danach The Britisch Military Governement Austria, sowie die Kammer der Gewerblichen Wirtschaft nahmen die Dienste der Druckerei in Anspruch.
Heinrichs Sohn Viktor, 1876 in Graz geboren, übernahm mit 31. 10. 1929 das Gewerbe für den Papierhandel und war nach Ableben des Vaters ab 1930 auch Konzession-Inhaber der Druckerei. Viktors Sohn Günther (1919-1941) ist leider jung gefallen und so musste wohl oder übel Herbert Schlick (1907-1985), ein Krankenkassen-Angestellter, im Jahre 1958 die Firma übernehmen. Von 1959 bis 1976 zeigte sich im Grundbuch die örtliche Raiffeisenkasse als Hauptfinanzier von beachtlichen betrieblichen Investitionen. Die technische Entwicklung und zunehmende Konkurrenz im Druckerei-Wesen in Verbindung mit anderen unglücklichen Umständen führten aber schließlich 1980 zum bitteren Ende. Der altehrwürdige Betrieb musste sogar mit einem Konkursverfahren geschlossen werden, als sich die exekutiven Eintragungen mehrten. Die Erhaltung des Hauses im Familienbesitz war sicherlich nur mit großen Opfern verbunden, denn dieses musste vom Konkurs heraus gekauft werden.
Hier eine Firmen Rechnung Schlick vom 11. April 1902 gerichtet an Herrn Michael Kanatschnig, später Besitzer des Zeneggenhofes. Sie veranschaulicht so recht, die handwerkliche Kunst der Setzer und Drucker. Die Auswahlmöglichkeit der vielen Schriftarten von Fraktur bis Antiqua, die entsprechenden Lettern in allen Größen führte(n) zu Druckplatten und in der Folge zu wohlfeiler Handelsware. Das Formular hat vier Seiten und so konnte man dem Kunden gleichzeitig eine Werbung für weitere Angebote sowie für alle lagernden Handelsartikel des Betriebes (geordnet von A bis Z !) mit schicken.
Face-Lifting am Personenbahnhof St. Veit/Glan
Februar 26, 2014 um 18:54 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen KommentarSchlagwörter: Fremdenverkehr, Glantal, Jugendstil, Kronprinz Rudolf Bahn, Leo Knaus, Monarchie, Personenbahnhof St.Veit/Glan, Podeblach-Glandorf, Südbahn, Schnellzug, Titanic
Im Jahre 1912, als die Titanic im Nordatlantik auf einen Eisberg auffuhr und sank, meinte man in unserem Städtchen noch, es würde hier mit dem neuen Hauptbahnhof die Sonne einer gesicherten und viel versprechenden Zukunft aufgehen. Der erst einmal in Gang zu bringende Fremdenverkehr würde jetzt mit Sicherheit Gäste aus der ganzen Monarchie nach St. Veit bringen. Eine wirtschaftliche Belebung wäre die logische Folge. Endlich sollte St. Veit direkt am Schienenstrang Wien-Triest Anschluss finden. Die Zeit, wo die Schnellzüge von Launsdorf die Strecke über Podeblach nach Glandorf und weiter nach Klagenfurt nahmen, wäre dann endlich vorbei. Die Kronprinz Rudolfsbahn käme von Launsdorf, Reipersdorf und über die hohe Brücke bei Keutschachhof direkt nach St.Veit. Im sogenannten Gleisdreieck ging es dann links nach Glandorf, rechts in das Glantal und über die bereits bestehenden Strecken weiter nach Klagenfurt bzw. Feldkirchen-Villach. Dort gab es 1869 vorerst noch keine Anbindung an die private Südbahn, die 1863 von Marburg her kam, weil sich die Südbahn noch eine zeitlang zierte. Die Konkurrenzbahn hatte daher in beiden Städten zunächst noch eigene Kopfbahnhöfe, also je einen Rudolfsbahnhof zu bauen.
Ein Bonmot von damals: Was haben die Beamten der Südbahn denen der Rudolfsbahn voraus? Ganz einfach, die Rudolfsbahner haben die Krone auf der Mütze, die Südbahner hingegen in ihrer Tasche. Die einen waren nämlich Staatsbahner, trugen als Emblem die kaiserliche Krone, die anderen hatten eine Aktiengesellschaft zum Arbeitgeber, verdienten bedeutend besser und hatten das damalige Geldstück, eben die Krone, im Sack!
Nach zweijähriger Bauzeit erfolgte am 30. September 1912 die feierliche Eröffnung. St. Veit hatte ein schönes Schmuckstück mehr. Nicht der Anschluss an das Eisenbahnnetz an sich war es, was es zu feiern galt. Es ging um die scheinbar glänzenden, wirtschaftlichen Aussichten. Leider gab es schon zwei Jahre danach Krieg, nach weiteren vier Jahren den totalen Zusammenbruch des Staates. Alle Hoffnungen waren dahin.
Bleiben wir jedoch vorerst noch im Jahre 1912! Was hier entstand, war ein einmaliges Kunstwerk, höchst modern, ein Bahnhof komplett im Jugendstil. Wo gibt es Dergleichen in der Eisenbahngeschichte? In kleinen Details schimmert heute noch da und dort etwas vom einstigen Glanz in unsere Tage her: da wären einmal die schmiedeeisernen Gitter und Blumenkörbe auf den Bahnsteigen (Körbe nur am Bahnsteig 1) sowie die Verfliesung der Unterführung. Beides wird heute, beim kurz vor dem Abschluss stehenden Bahnhofsumbau, sehr wohl erkannt und nach Möglichkeit bewahrt. Viel anderes Wertvolles ist leider für alle Zeiten verloren. So z.B. der kleine aber stilvolle Warteraum der zum behindertengerechten WC wurde! Aber wo fährt jetzt ein Zug nach Hüttenberg? Wo findet man die Gebäcksaufbewahrung, wo die Bahnhofsrestauration mit Speiseräumen erster und zweiter Klasse? Wo sind die schönen Innenräume mit ihrer Original-Ausstattung geblieben? Hier werkten einst Fahrdienstleiter mit roter Mütze. Da wohnten einmal Bahnvorstände im Hofratsrang! Immerhin wurden in den besten Zeiten an die 450 Bedienstete der drei Bahnhöfe (Personen- Verschiebe- und Güterbahnhof) von hier aus dirigiert: Stellwerker, Verschub-Personal, Weichensteller, Bahnwächter, Heizhaus-Arbeiter etc. , dann vom fahrenden Personal: Lokführer, Heizer, Zugführer, Schaffner, Kontrolleure etc. etc. Ja ein Hofrat, sein Name ist nicht mehr bekannt, muss es wohl gewesen sein, sonst hätte unser städtischer Kultur-Pabst, Dr. Karl Ginhart, nicht – ein wenig sarkastisch zwar – vom Bahnhofgebäude als Hofrats-Stöckl schreiben können. Ginhart war wohl der Meinung, das Bahnhofgebäude hätte sich der alten Stadt, deren Erscheinungsbild und Bausubstanz besser anpassen sollen.
Dass man den Tunnel in Richtung Weyerfeld geöffnet hat und dass man jetzt mit Aufzügen Barrieren beseitigt, die Bahnsteige und Stiegen neu gestaltet, muss als Gewinn vermerkt werden. Wie überhaupt gesagt werden darf, mit der neuen Taktung des Fahrplanes ist Bahnfahren nicht nur für Schüler und Pensionäre, sondern vor allem für Pendler wieder in.
Kleiner D´rüber-Streuer: Als es seinerzeit endlich dazu kam, die Ankunft des ersten Schnellzuges und die hohen Festgäste aus Wien zu erwarten um gemeinsam zur offiziellen Eröffnung zu schreiten, war die St. Veiter Prominenz total aus dem Häusl! Leo Knaus veranlasste namens des örtlichen Männergesangsvereines und nach vorher eingeholter ortspolizeilicher Erlaubnis, einen mitternächtlichen Marsch vom Stern-Hotel über den Unteren Platz, Kasern-Gasse (Herzog Bernhard Platz), Bahnhofstraße (richtig Klagenfurter Straße) zur Haltestelle (heute Westbahnhof) unter Vorantritt der Stadtmusikkapelle. Von dort fuhr man das neue, kurze Teilstück im Sonderzug zum Hauptbahnhof, wo man schließlich der Eröffnungsfeier in den prunkvollen Speisesälen entgegen sah. Walter Wohlfahrt
Erschienen in Stadt Blattl Jän. 2014
Alte Gaststätten der Innenstadt
April 13, 2012 um 13:15 | Veröffentlicht in St.Veit | 1 KommentarSchlagwörter: Bürgerbuch 1564, Berufsbezeichnungen, Bierwirt, Bildhauer, Bräuer, Cafe Hindenburg, Eingemachtes, Einkehrgasthöfe, Eisenbahn, Faßlwirt, Franz Xaver Koller Chirurg, Fremdenverkehr, Gasthaus Altheidelberg, Gewerbesteuer, Hausnamen, Johann Pacher, Josef Sommeregger, Kaffeesieder, Lebzelter, Michael Koller Sudelwirt, Mohrenwirt, Oberer Haller, Privilegien Wegfall, Saure Suppe, sudeln=säuern, Tafern, Weinwirt
Gaststätten jeglicher Art blieben von Anfang an und für lange Zeit auf den Ortskern beschränkt. Das änderte sich allmählich durch das Wachstum der Vorstädte, als man den zunehmenden Verkehr der Pferdefuhren durch die Engen der Stadt immer öfter mühsam und gefährlich fand. Erst damit schlug die Geburtsstunde von Einkehrgasthöfen in den Vorstädten. In den Zeiten davor waren Tavernen (Tafern), Gasthäuser mit Herberge (Gastgeb), Wirte (Weinwirt, Bierwirt, Schankwirt etc.) und sogenannte „Kaffee-Sieder“ eben nur innerhalb der Stadtmauern zu finden, denn Mauern boten Sicherheit den Inwohnern wie den Reisenden.
Die älteste Quelle für dergleichen Untersuchungen stellt das Bürgerbuch von 1564ff dar. Es ist im Kärntner Landesarchiv verwahrt. Leider nennen die ersten Einträge nur das Notwendigste, wie Datum, Namen, Höhe der Taxen. Erst gegen Ende des 17. Jahrhunderts werden sporadisch auch Berufsbezeichnungen angeführt, doch immer noch keine genauen Adressen. Man darf annehmen, dass die frühesten Bürgeraufnahmen von Wirten solche betraf die ihrem Gewerbe in der Innenstadt nachgingen. Es sind zunächst noch Familiennamen, selten besondere Fantasie- oder Hausnamen üblich, was jedoch nicht ausschließt, dass aus Familiennamen mit der Zeit Hausnamen werden konnten. Wie viele, unter den Sammelbegriff „Wirt“ fallende als Zeitgenossen wirkten, lässt sich aus dem Bürgerbuch erst recht nicht nachweisen. Dazu bedarf es schon gewisser amtlicher Unterlagen, wie etwa des Gewerbesteuer-Ausweises von 1798 – Landesarchiv, Stadt St.Veit, Faszikel 6/5 – wo zum Stichtag alle „Partheien“ mit Hausnummer, Steuerbuch-Folio, Namen, Gewerbsstand und Geldbetrag angeführt wurden und das sogar getrennt nach Stadt und Vorstädten. Die Innenstadt hatte zu jener Zeit e i n e n Kaffeesieder, e i n e n ausschenkenden Bräuer, e i n e n Wirt, e i n e n Gastgeb, zwei Bierwirte und nur e i n e n Weinwirt. Der Bräuer war mit 10 Gulden am höchsten besteuert, gefolgt von Weinwirt und Kaffeesieder mit je 4 Gulden. Der Gastgeb zahlte nur 3 Gulden, Wirte 1 Gulden und weniger. Wenn wir zusammenfassen, hatte die Innenstadt zu Ende des 18. Jahrhunderts gerade einmal sieben gastliche Stätten. In den Vorstädten waren es insgesamt sechzehn, wobei die Bierwirte deutlich vorherrschten und es darunter gar nicht wenige „Bierwirthinnen“ gab.
Das Bild ändert sich im Laufe des folgenden Jahrhunderts. Jetzt gibt es, bezogen auf Stadt und Vorstädte nur noch 15 Gastgewerbe, also um acht weniger. Ja, St. Veit ist durch Wegfall seiner Privilegien ärmer geworden und der Boom durch die Eisenbahn hat gerade noch nicht eingesetzt. Das beweist jedenfalls das Kärntner Geschäfts-Adressbuch, erschienen 1864 bei Johann Leon. Zuwächse hatten dabei nur die Kaffeesieder und Bräuer, letztere fast durchwegs in den Vorstädten gelegen. Der Adresskalender von 1907 wird schließlich wieder eine deutliche Zunahme allein der Wirtshäuser und Wirtspächter von Innenstadt und Vorstädten von zusammengezählten 37 Betrieben zeigen. Laut Kalender 1935 kommt es wieder zu einem Rückgang auf 28, was der Notzeit entspricht.
Konzentrieren wir uns nun auf entsprechende Adressen der Innenstadt, dann wäre da zunächst das Haus Hauptplatz Nr. 20 (Rikki Reiner Moden). Dort wird mit Georg Mayerhofer (+1782) schon ein bürgerlicher Wirt genannt. Es sind dort Wirtsfamilien bis 1918 nachweisbar. Ein Michael Koller wurde zum Namensgeber für die „Sudlerkoller-Wirtsbehausung“ womit es seine besondere Bedeutung hat. Zu seinen Lebzeiten dürfte Koller ein origineller Mann gewesen sein, der hauptsächlich Fuhrleute, Gesellen und Leute vom Lande zu seinen Gästen zählte. Sein Ruf ist unter dem Namen „Sudler-Koller“ noch lange im Gedächtnis der Nachwelt erhalten geblieben. Bei ihm wurde die sogenannte Saure Suppe ausgekocht, die nach der volkstümlichen Bezeichnung „sudeln oder säuern“ zu dem Beinamen Sudler führte. Sie wurde aus Innereien, Kopffleisch und Füßen der Schweine zubereitet und war seinerzeit eine beliebte und auch billige Speise. Heute wird sie verfeinert als „Eingemachtes“ serviert. Im Jahre 1830 befürwortet der Magistrat ein Unterstützungsansuchen des Koller, gewesener Militär-Chirurg, als solcher 21 Jahre Freund und Feind gedient (Bruder des hiesigen Chirurgen Franz Xaver Koller) und seit 40 Jahren in der Stadt, Haus Nr. 105, Bierwirtkonzession, Opfer der zwei Stadtbrände von 1797 und 1829, mindestens 86 Jahre alt, krank und unverschuldet in Not geraten. Der Arme stirbt 1834 mit 89 Jahren. (nach Dir. R. Niederl)
Weitere Geschichten gebe es vom Hause Hauptplatz 6 (Glan Real) wo einst der „Obere Haller“ die Lebzelterei mit Wein- und Branntweinausschank kombinierte. Es gibt St. Veiter, die sich noch an das Gasthaus zur Post an dieser Stelle erinnern. Weil die wohlhabende und alteingesessene Familie der Haller sich auch kräftig verzweigte, gab es die gleiche Kombination am Unteren Platz 6 (später Sommeregger). Dort werkte noch der legendäre Mathias Grawein, ebenfalls als Lebzelter und Wirt. Er kam als Lebzeltergeselle nach St.Veit und erwarb das Haus durch Einheirat. Er brachte es durch seinen soliden Charakter zu großem Ansehen und bekleidete vom 1869 bis 1873 sogar das Amt des Bürgermeisters. Auch machte er sich um die Kultur des Hopfenbaues sehr verdient. Sein Gasthaus war Treffpunkt bürgerlicher Kreise, der Akademiker und Beamten, die sich in Stammtischrunden der Geselligkeit der „guten alten Zeit“ erfreuen durften, die mit dem 1.Weltkrieg zu Ende ging.
Mit Josef Sommeregger dem Älteren begann eine neue Zeit der Entwicklung und Umgestaltungdes Gastbetriebes, die hauptsächlich von den Bedürfnissen des allmählich einsetzenden Fremdenverkehrs bedingt war. Schon 1910 wurde der schmale Hoftrakt aufgestockt und 3 Fremdenzimmer eingerichtet, bis dann 1926 die Verbindung mit dem Hinterhaus
Burggasse 6 hergestellt war und auch dieses für Beherbergungszwecke adaptiert wurde. Schon 1926 gab es Zentralheizung und Fließwasser. 1929 erfolgte die Angliederung der zum Hause 7 gehörigen inzwischen aufgelassenen Dampfbäckerei, wo im Erdgeschoß ein geräumiger und vornehmer Speisesaal entstand, während im aufgesetzten 1.Stock mit zwei neuen Fremdenzimmern die Gesamtzimmeranzahl auf 23 und die der Betten auf 32 erhöht werden konnte. In diesem Jahr wurden auch die Stallungen abgerissen und an deren Stelle ein gepflegter Gastgarten mit gedeckter Veranda geschaffen. (ebenfalls nach dem Chronisten Rudolf Niederl!) Am Unteren Platz 4 (Lammwirt) wirkten über Jahre und nach einander die Familien Polster und Schubernig als Fleischhauer und Wirtsleute. Die von Franz und Ignaz Polster betriebene Fleischhauerei befand sich nicht in diesem sondern im Nebenhaus Nr.3. Deshalb ist heute noch die kuriose Situation gegeben, dass ein Gastzimmer des Weißen Lamms außerhalb der Stammliegenschaft liegt, jedoch von dort her begangen wird. Das Haus Nr.4 diente ausschließlich Gastzwecken, soweit nicht die damit verbundene Landwirtschaft Platz in Anspruch nahm. Vorübergehend richtete Benno Schubernig von 1906 bis 1928 eine Fleischausschrottung auch in diesem Hause ein, die von seinem Sohn Hermann 1928 bis 1940 weitergeführt wurde. Benno Schubernig war als Pferdezüchter und Rennfahrer auf Trabrennbahnen in ganz Österreich bekannt und betrieb auch die Landwirtschaft mit Erfolg, deren Schwerpunkt später im neuen Stallgebäude unter der Traberbahn lag. Von 1928 bis 1938 hatte im ersten Stock des Vorderhauses das „Reych Urbs Viti“ eine Zweigstelle des Verbandes der Allschlaraffen seine „Burg“. (weitestgehend nach Dir. Niederl). Das Haus Unterer Platz 17 (Moden Schöffmann) mit seinem schönen Marienmonogramm beherbergte zur Mitte des 19. Jahrhundert das Gasthaus zum Mohrenwirt. Am Platze gegenüber steht das Haus Unterer Platz 8 (Kindermoden Paulitsch) nicht nur mit Wirtsleuten wie Fuchs, Trinker und Komposch sondern sogar mit dem berühmten St. Veiter Bildhauer Johann Pacher innerhalb seiner vier Wände. Wer erinnert sich außerdem der Situation vor dem Geschäftsumbau? Rechts der alten Haustüre Textil Schneidermeister Franz Wudonig zwei Stufen hinunter – links davon Gasthaus Resi Komposch, straßeneben um 1950. Frau Alexandra (Lexi) Wranz, ledig, 1900 bis 1978, Tochter des Eisenbahner-Pensionisten Franz Wranz war Musiklehrerin in diesem Hause. Der ehemalige Kronwirt, worauf einst ungezählte Wirte mit Bürgerrecht saßen, ist im Hause Unterer Platz 20 (Ellersdorfer) infolge späterer massiver Umbauten nicht mehr zu erkennen. Ein Bauakt im Archiv der Stadt sagt u.a. aus, dass „Sebastian Meisterl, Hausbesitzer und Fleischhauermeister darauf verzichtet, in seinem Hause einen Eiskeller zu bauen, woraufhin Alois Ginhart seinen Rekurs zurückzieht“. Noch fehlen einige Gastwirt-Adressen, wie der Faßlwirt und Altheidelberg. Vollzähligkeit ist schwerlich jemals erreichbar. Eines steht aber fest, der Untere Platz hatte gegenüber allen anderen Plätzen und Gassen der Innenstadt in punkto Gasthäuser („Hotels“) ein klares Übergewicht. Walter Wohlfahrt
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