St. Veit (Glan) um 1750
Mai 29, 2012 um 18:00 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen KommentarSchlagwörter: "Eisenspeditores", Abbich, Aichwalder, Eisenniederlag, Gewerbe, Greifenstein, Hartmann, Huttin, Kellerstein, Koller, Korath, Maut, Miggitsch, Pfeilheim, Ponter, Privilegien, Schönmühle, Schwarzer Adler, Schwerer, Secherau, Seidner, Sonnleitner, Stadtpfarrkeusche, Standrecht, Sternwirt, Steuerbuch 1753, Stiften, Tafern, Tengg, Unterberger, Weinsteuer, Werthenpreis, Ziegelstadel
Das Steuerbuch von 1753, verwahrt im Kärntner Landesarchiv unter Katalog 18, Faszikel 225 weiß in gedrängter Form allerhand Interessantes und Wissenswertes über die Stadt, ihre Häuser und Bewohner, Gewerbe- und Handelsbetriebe zu erzählen. Ein fremdes und zugleich vertrautes Bild bietet sich uns dar. Das Leben in der Stadt war einst viel bescheidener, anderseits aber da und dort gewiß auch reicher als heute.
Die auf den einzelnen Häusern und Liegenschaften anfallende Steuer errechnete sich aus einer präzise ermittelten Bemessungsgrundlage, der sogenannten „Nutzung“. Auf diese Weise kann z.B. heute noch die damalige Bedeutung und Größe etwa eines Gastbetriebes oder eines Privathauses etc. festgestellt werden. Ja selbst der Umstand, ob das Haus teils oder zur Gänze selbst bewohnt oder aber vermietet war, ist zu erkennen. Nur beispielhaft seien die wenigen Häuser der Friesacher Vorstadt wiedergegeben, wie sie in ihrer Reihenfolge jeweils rechts und danach links von der Straße in Richtung stadteinwärts aufscheinen:
Name „Nutzung“
Franz Xaver von Pfeilheim, Besitzer des Kölnhofes 15 eigener Zins
9 für „Inleut“ ( d.h. für Mietleute)
Maria Johanna von Greifenstein, Sternwirt 40 eigener Zins
Johann Tengg 4 eigener Zins
Schönmühl 2 eigener Zins
Anton Aichwalder, Wirt Schwarzer Adler 7 eigener Zins
Stadtpfarrkeusche 7 für „Inleut“
Auf diese Weise lassen sich die Gewerbetriebe jener Zeit recht leicht und lückenlos erfassen.
Wir können uns hier aber nur einiger Betriebe konkret annehmen und müssen uns im übrigen auf eine sumarische Wiedergabe beschränken.
Da sie mit großem Abstand das Jahresbudget der Stadt finanzierten, wie die nachfolgende Aufstellung beweist, seien die „Eisenspeditores“, wie sie wörtlich genannt sind als erste angeführt. Aber zuvor zu den Einkünften der Stadt von 1753 in Gulden:
Eisenniederlagsgefälle 2.098
Weinsteuer 61
Unsteigerliche Stiften 248
darunter versteht man alle bei Neuverleihung von städtischen Häusern anfallenden Abgaben, die seit Maria Theresia nicht mehr beliebig gesteigert werden durften, also „unsteigerlich“ waren.
Tafern Erträgnisse 121
Weil Tafern das alte Wort für Gasthaus ist, geht es hier also wohl um eine Art Getränkesteuer
Mautgefälle (im 6 Jahres-Durchschnitt) 169
Ziegelstadel des J.Hartmann 9
Dieser befand sich vermutlich auf Stadtgrund!
Laudemia (eine grundherrliche Ababe) 25
Standrecht (Marktstand Abgabe) 30
In Summe 2.756
Unter den Herren Eisenspeditores, die gerade noch im Vollbesitz ihrer Eisenhandelsprivilegien gestanden sind und mit Hüttenberger Eisen über Venedig etc. weit in den Süden ja bis in den Nahen Osten handelten, finden wir
Jakob von Kollenstein (verschrieben, richtig Kellerstein)
Johann Paul von Werthenpreis
Georg Siegmund Seidner
Christian Ponter
Johann Koller vom Eisen-Negotio (d.h.Eisen-Geschäft)
Franz von Pfeilheimb
Martin von Secherau
Veit Sonnleitner
Diese Herrschaften hatten fast ausschließlich ihre Palais und Gewerkenhäuser am Oberen Platz und bildeten die erste Gesellschaft der Stadt. Neben diesen finden sich die bescheideneren aber auch durchwegs wohlhabenden „Handelsleute“
Anton Schwarzrock
Johann Unterberger
Thomas Miggitsch
Josef Abbich
Thomas Ambroschütz
Bosjak & Companie
den „Kramer und Fratschler“
Caspar Schwerer, Inhaber des Salz- und Tabakverlages
und die „Versilberer“
Johann Tengg
Caspar Korath
Maria Huttin
Außerdem gab es in der Stadt einen Apotheker und 5 „Freikünstler“ nämlich einen Gold- und Silberarbeiter, einen Bildhauer – kein geringerer als den berühmte Johann Pacher – einen Glockengießer, einen Bettenmacher und den Caffee-Sieder Franz Kuchler.
Neben der Bäckerzunft, bestehend aus sieben namentlich genannten Meistern, werden auch drei „Sudelbäcker“ erwähnt. Der Ausdruck ist eine sehr abwertende Bezeichnung für die nicht zünftigen, also nicht der Zunft angehörenden Bäckereibetriebe.
Nun zur erwähnten summarischen Darstellung aller in der Stadt arbeitenden Gewerbe. Mehrfachnennungen sind dabei in Klammern gesetzt.
Uhrmacher, Büchsenschifter, Müller(9), Tischler(3), Glaser(2), Maurer(2), Steinmetz,
Fleischhauer(8), Färber(3), Hafner(2), Gürtler(2), Bortenwirker, Bader(2), Kürschner(2),
Schlosser(2), Sattler(3), Riemer(3), Weber(5), Zimmermann, Lederer(7), Schuster(9),
Rader(3), Schmieden(3), Binder(2), Schneider(10), Sockenstricker, Drechsler,
Handschuhmacher(2), Weißgerber, Kampelmacher, Zirkelschmied, Seiler(2), Klampferer,
Kupferschmied(2), Seifensieder, Lebzelter(4).
Den Bierbrauern und den Brennern sowie deren Produktionsmengen wurde seitens der Finanzbehörde ein ganz besonderes Augenmerk geschenkt. Es scheint so gewesen zu sein, daß sich einige der niedergelassen Wirte auf das Brennen verschiedenster Spirituosen spezialisiert hatten.
Die markanteste Persönlichkeit in diesem Zusammenhang ist wohl Hans Süßbauer.
Neben 480 Eimer Kesselbier und 2.418 Eimer Steinbier erzeugte er Im Jahre 1753 noch 2 Eimer, 20 Maß „Branntwein vom Kesselbier-Geläger“!!! Da kann es sich ja wohl um nichts anderes handeln als um den ersten St.Veiter Whisky?
Im Falle der übrigen Branntweine wurde streng unterschieden.
1. „Wälische Weine“ zu Branntwein machten
Franz Schwarzrock 20 Maß
Maria J.v.Greifenstein 40 Maß
Maria Turteltaubin 20 Maß
Thomas Miggitsch 10 Maß
Johann Schöffmann 2 Eimer 6 Maß
2. „Steirische Weine“ verarbeiteten zu Branntwein
Veit Sonnleitern 1 Eimer 38 Maß
Jos.Schludermann 1 Eimer 38 Maß
3. Mit Getreide-Brand
befaßten sich insgesamt
7 Personen mit zusammen ca. 10 Eimer Jahresproduktion.
Man kann hier gut ablesen, in welchen Häusern das vornehme und in welchen das weniger zahlungskräftige Publikum verkehrt haben mag. Für darüber hinausgehende, jeweils ganz persönliche Überlegungen und Gedankengänge, dürfte der Verfasser für diesmal wieder einige Anregung gegeben haben. Wenn auch Steuern zu keiner Zeit gerne gezahlt worden sind. In diesem Falle war es doch gut so. Ohne das eingangs erwähnte Steuerbuch hätten wir das eine oder andere aus unserer geliebten Stadt und aus ihrer „guten alten Zeit“ wohl kaum erfahren.
Walter Wohlfahrt in St. Veit Kommunal Jänner 1999
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