Am Lugenbrückl 1887

Juli 14, 2021 um 21:26 | Veröffentlicht in St.Veit | 2 Kommentare
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Nach einem handschriftlichen Aufsatz von Karl Karner 1863-1945 – von W. Wohlfahrt konskribiert:

Wenn in den großen Geschäften Knaus oder auch beim Sornig, bei welchem auch k.k. Tabaktrafik war, eine stille Geschäftsbewegung eintrat, kamen die Frau des Fritz Knaus und die Frau des Anton Sornig auf das Eck vor Trabesinger und Knaus Speckmagazin heraus, um sich ein wenig auszuplaudern und frische Luft einzuatmen, denn sie mussten wirklich den ganzen Tag im Geschäft verbringen. Beide waren junge hübsche Frauen, wovon Frau Sornig kinderlos und lebhaften Temperamentes war. Sie erblickte soeben Frau Knaus und begrüße sie mit „Guten Morgen Frau von Knaus“ worauf sichtlich erfreut Frau Knaus erwiderte „Grüß Sie Gott, Frau von Sornig.“ Nachdem keine von beiden adelig war, belogen sie sich gegenseitig. „Denkens Ihnen Frau von Knaus, ich wollte heute mit´n Toni (ihrem Mann) nach Goggerwenig fahren, draußen bekommt man so gute Jausen und einen wunderbaren Rahmkaffee. Jetzt kommt eine Post vom Bezirksrichter Polei und von Dr. Moro dass sie in unserem Gartenhäusl zu einer Tarok-Partie zusammen kommen wollen.

„Sehens Frau von Knaus, so geht´s mir immer, wenn ich mich auf was freue“. „Aber mir geht es ja auch nicht besser. Frau von Sornig. Gestern Abend kam der Professor von Klagenfurt und brachte den Landesgerichtsrat aus Graz mit, welche beide mit meinem Mann befreundet sind und es ihnen versprochen hat, mit ihnen auf die Jagd nach Lölling zu fahren. Sie wissen ja Frau von Sornig wie es ist, es muss der Kogelwagen geputzt und gewaschen werden, nicht wahr? und dann hat man ja auch, wenn solcher Besuch da ist für mancherlei in Küche und Keller zu sorgen, Sie verstehen das ja, Frau von Sornig. Diesen Diskurs hört die Frau Trabesinger (Kaffeesiederin) in der Türe stehend und benützte eine passende Pause, während welcher Frau Sornig mit Herrn Heinzmann sprach, um Frau Knaus zu begrüßen uns sagte sich verbeugend „Mein Kompliment Frau von Knaus“ zu begrüßen, worauf sie von Frau Knaus mit „Guten Tag Frau Trabesinger“ abgefertigt wurde, weil Frau Trabesinger, obwohl sie Hausbesitzerin war, im Ansehen doch um eine Klasse tiefer stand als Frau Knaus.

Am Brunnen vor dem Premitzer Haus (heute 13. Märzplatz Nr 10 standen vier Weiber mit Wasserschäffern und übersahen im eifrigen Ratschen immerwährend wie sich andere das Wasser anleierten und wegtrugen. Sie schauten und gafften wie der Kogelwagen des verstorbenen Grafen Egger inhaltlich zweier Komptessen vorüber fuhr und wussten unglaubliches von ihnen zu tuscheln, was natürlich nur unter ihnen bleiben sollte und wahrscheinlich erlogen war und auch nicht unter ihnen blieb.

Vor dem Gasthof Grawein plätscherte der niedere Brunnen von dort weg auch die Knechte und die Mägde ständig Wasser trugen. Von dort herauf kamen Lehrer Polak und Florian Dust, machten bei der Reichel Apotheke dem Gaßmeier, der in der Türe stand einen stehenden Besuch. Gaßmeier hieß sie zum Fenster hinauf schauen wo Frau Frank Zeitung las. Schauts amal diese windische Wabn an, sie kann ja gar nicht lesen, sie tut nur so, sie hat ja auch die umgekehrte Zeitung in der Hand. Jetzt geht der Redl, der Klavierlehrer der Reichlischen Buben aus der Apotheke dem Oberen Platz zu. Gaßmeier und die zwei Lehrer schauen ihm nach und Gaßmeier kommt vor dass er dem Redl etwas nachzusagen hat, was vielleicht auch nicht wahr ist. In der nächsten Nähe hauste Schmerstecher Apolin, welcher auch gerne log und noch ein Stückl weiter (heute Klagenfurter Straße 10 hatte Wahrheit, der Millionär und Fleischhauer seine Fleischbank die auf der Straßenseite mit Brettern verschlagen war. Dort drinnen wurde auch viel gelogen und so mag wohl die Ortsbezeichnung Lugenbrückl entstanden sein.

geschrieben am 24. 9. 1942 in St. Donat

Ein ewiges Kommen und Vergehen und das in Notenschrift: Schicksal setzt den Hobel an und hobelt alles gleich

Am Unteren Platz2

Juli 6, 2021 um 19:12 | Veröffentlicht in St.Veit | 1 Kommentar

Handschrift aus etwa 1939 – ausgegraben von Ing. Trixner, übersetzt von Walter Wohlfahrt:

Herr Mathias Grawein war ein hochgeschätzter, biederer Gasthofbesitzer wie auch Lebzelter und Wachszieher am Unteren Platz. Er schenkte gute Weine aus und führte eine vorzügliche Küche.

Sein Extrazimmer nannte man allgemein das „Wachsfiguren Kabinett weile es nur von Honoratioren mit Ausnahme zweier oder dreier kleinerer Intelligenzlern, welche dabei geduldet wurden geräuschlos besetzt war. Vom Rauchquall der feinen Zigarren drohte mehrmals das Licht zu versagen.

Heraußen aber, im großen Trinkzimmer, wo die Mittelständler und Handwerker und kleinen Geschäftsleute vertreten waren saß regelmäßig der Herr Dr. Prettner beim Ecktisch am Fenster mit dem Rücken gegen das Lugenbrückl. Um ihn herum saßen sein Lieblingsbürger und Besitzer der alte Mackler Regenfeldner, der Sattler Apolin, der Mlinek, der Getreidehändler Susitz und der bucklige Kronwirt Loise. Diesen Tisch nannten die Leute den Sekzierer-Tisch weil dort beständig von Lizitationen, wirtschaftlichen Zuwidrigkeiten und Prozessen gesprochen wurde. Die anderen Gäste, welche sich freimütig und lustig unterhielten und sich am Gesprächsinhalt des Sekzierer-Tisch nicht interessierten sangen mitunter Kärntener Lieder. Der Rauch heraußen von dem ordinären Pfeifentabak legte sich manchmal bis zum Boden nieder und man musste öfter die Türen ins Vorhaus offen stehen lassen, damit die Lichter wieder besser brennen konnten.

Besonders lustig ging es am Namenstag des Grawein zu. Es kam der ganze MGV dem Hausherrn wie auch seinem Sohn Eduard, welche beide sehr gute Baßsänger waren, zu gratulieren. Alle Tische waren mit Selchfleisch, Schinken, Würste, Reindling, Käse und Wein bedeckt. Zum Schlusse kam wieder wie alle Jahre auch der Tee-Wein und dies alles gab der Vater Grawein gratis! Schalkhaftes und Humoriges sprudelten immerzu. Es wurden auch Reden geschwungen. Selbstverständlich gab es auch Gesang und Musik (ein Sechstel der Stadtkapelle). Einmal wurden Vierzeiler nach Bauernart gesungen, wobei die Musik die dazu gehörigen Zwischen-Ländler zu spielen hatte. Wenn so viele Sänger daran einzeln beteiligt waren, wollte doch auch der beliebte Kaffee-Sieder Herwalik nicht zu kurz kommen und sang also „Sias is nit sauer und sauer ist nit sias – an Batschwiasta mog i nit, hot eiskalte Fiaß.

Wenn es besonders lustig herging konnten die hochstehenden Herren nicht umhin und kamen einzeln haus zum Volke um an den Lustbarkeiten auch teilzunehmen.

Dias von Prof. Karl Ginhart

Dank Herrn Ing. Trixner hier die richtige Hausansicht vom Grawein am Unteren Platz. Bei der Gelegenheit: die Grawein kamen aus Villach und ursprünglich aus Südtirol. Vielleicht hieß er sogar einmal Grabein und galt für den Totengräber, wie auch andere Namen von der jeweiligen Tätigkeit herrührten, etwa der Klaubauf oder der Tragweg. An den Totengräber wollte man eines Tages nicht mehr erinnert werden und der jeweilige Matriken-Führer (Taufpriester) verschönerte den Namen.

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