Drei Türme im Laufe der Zeit

Mai 29, 2016 um 18:46 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen Kommentar
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Wer Vieles, sprich Verschiedenes bringt, wird manchem etwas bringen, in diesem Sinne auch wieder einmal was Kirchliches.

Wie ist das gemeint mit der Überschrift, die Stadtpfarrkirche hat doch nur einen Turm? Das stimmt natürlich, aber im Laufe der Zeit haben sich verschiedene Erscheinungsformen heraus gebildet, mindestens drei! Beginnen wir mit dem großen Stadtbrand von 1829 und werfen wir einen Blick auf die interessante Darstellung am rechten Seiten-Altar der Stadtpfarrkirche, das ist der sogenannte Floriani-Altar.  Im  Altarbild erkennt man ganz unten nicht nur die Stadt im Vollbrand, auch der damalige Kirchturm ist zu sehen. Gewaltig lodernde Flammen trieben brennende Dachschindel hoch in die Lüfte. Es gab ja damals noch so gut wie keine Ziegeldächer in der Stadt! Im Nu sammelten sich die durch Schallöffnungen eingedrungenen Brandfackeln in der Glockenstube. Das Bild zeigt  ein ziemlich hohes Spitzdach im Stürzen mit insgesamt drei sich nach oben hin verjüngenden Zwiebelknäufen. Da stellt sich wohl die Frage, wie weit können wir alten Künstlern trauen, dass sie nicht zu sehr von der sogenannten Künstlerischen Freiheit Gebrauch gemacht haben? Könnte ja sein, dass ihm, dem Maler, vielleicht der Stich von Valvasor (1688) als Vorlage gedient hat? Der Turm sieht dort sehr ähnlich aus, was aber nicht heißen muss, dass dieser tatsächlich einmal so war und so  bis 1829 unverändert geblieben wäre. Ein weiterer Stich (Runk-Ziegler, um 1811,  zeigt nämlich den Turm auch schon mit Haube und ohne Laterne. Lassen wir also die Frage offen, wie der Turm vor und bis 1829 wirklich ausgesehen hat. Dank einer sehr frühen, stark vergilbten, aber immer noch erhaltenen fotografischen Aufnahme in Verbindung mit einem historischen Bericht über den „1884 vollbrachten Turm- und Kirchenbau“ – wir sprechen jetzt von dem allen alten St. Veitern bestens vertrauten Turm mit seinen 8 Wimpergen – wissen wir exakt, wie der Turm von 1829 bis 1884 ausgesehen hat. Er ragt mächtig über die Hausdächer der Umgebung  hinaus, hat aber aus Sparsamkeitsgründen nur eine Pickelhaube mit Laterne  zum Abschluss. Hier im alten Foto ist alles gut zu sehen. Auch die wunderschöne Vedute von Markus Pernhardt (vor 1870) über die ganze Stadt und ihr Umland bestätigt die alte Turm-Form eindeutig. Nach etlichen 80 Jahren war die Eindeckung aus einfachem Weißblech vom Rost zerfressen. Regen- und Schneewasser drangen ein und griffen die Unterkonstruktionen mit dem Glockenstuhl stark an.

Es bot sich längst wieder das ehemals traurige und gefährliche Bild, als Dr. Simon Fössl in St. Veit einzog. Man schrieb das Jahr 1961 da war man wieder genötigt, von Grund auf zu sanieren. Schweren Herzens trennte man sich von den lieb gewordenen Wimpergen. Letztere waren wohl nett anzusehen und eine sehr beliebte Aufgabe im Zeichenunterricht des Hauptschullehrers Franz Treffer;  gegen Wetterunbilden wie Regen, Schnee, Eis und Tauwetter aber war der architektonische Schmuck zu sehr verwundbar. Das Holz darunter war wieder einmal morsch und schadhaft. Es blieb nichts übrig, als den Turm. Wenn auch  unvorteilhaft zu „entkleiden“,  wollte man nicht zuwarten, bis das Material darunter vollends seine Tragfähigkeit einbüßen würde.

Wer heute ein Panoramabild von St. Veit vor sich hat, sei es aus der Luft oder von einer beliebigen Anhöhe aus gemacht worden, sollte also zumindest eines genau bestimmen können, ist es vor oder nach 1961 entstanden! So lässt sich auch das Wachstum der Stadt viel besser beurteilen.  Übrigens, die Evangelische Kirche ist ein eben solcher Zeitindikator zur Unterscheidung, ob die jeweilige Aufnahme aus einer Zeit  vor oder nach 1912 stammt.

 

Älteste Totale mit Turm vor 1884

Älteste Totale mit Turm vor 1884  mit Blick gegen  Obermühlbach

Totale vom Muraunberg 1918-2

Totale vom Muraunberg 1918  Turm bereits mit Wimpergen

Totale 1957
        Totale  1957  von Südwesten gegen Nord-Osten

 

Totale über Sternwirt westwärts - Stadtpfarrturm schon abgeschlankt!

Totale über Sternwirt westwärts – Stadtpfarrturm schon abgeschlankt!

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