Familie Knaus – Zweiter und letzter Nachtrag
Juli 19, 2013 um 15:49 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen KommentarSchlagwörter: Ballon-Stammabteilung, Deutschen Kriegsministerium, Essigfabrik, Flugtechnik, Groß-Opatowitz in Mähren, Gynäkologe, Hanse-Brandenburgischen Flugzeugwerken in Briest, Imprägnieranstalt, Infanterie-Gerneral, k. u. k. Luftfahrarsenals, Karl Knaus, Kärntner Abwehrkampf, Kindersegen, Laibach, Maastricht, Maler, Phönix-Flugzeugwerke Wien-Stadlau, Rudolf Knaus, Siegmund Knaus, Societe Ceramicque, Urbas
Kindersegen und Großfamilien, wo seid ihr geblieben? Nicht nur am Lande, auch in der Stadt war gesunder, starker Nachwuchs durch Jahrhunderte in der Regel durchaus willkommen. Man freute sich nicht nur auf künftige Mitarbeiter, vor allem tüchtige, möglichst männliche Erben waren gefragt. Es eignete sich ja nicht jeder neue Erdenbürger dafür, und nicht selten wurde schon im Kindes- oder Jugendalter gestorben. Aber auch dort wo es wenig zu erben gab, waren Kinder zahlreich, oft zu zahlreich!
Auch in der Knaus Dynastie hatte Kinderreichtum Tradition. Im Gottschee sowieso und später in St. Veit war man in dieser Hinsicht auch nie „knauserisch“. Johann Knaus, der Primus in St. Veit, hatte mit zwei Frauen elf Sprösslinge, neun Knaben und zwei Mädchen, doch einige davon starben früh. Der Älteste in der Geschwisterreihe war Karl. Er heiratete bald und hatte acht Kinder, darunter ein einziges Mädchen. Die an sich logische Nachfolge kam für ihn nicht in Frage, denn zu jener Zeit litt der Vater bereits an geistiger Umnachtung. 1871 segnete er das Zeitliche. Mutter Magdalena hatte angesichts der noch unmündigen Kinder keine Wahl, als im eigenen Namen mit dem Geschäft weiter zu machen. Konnte und durfte sie Karl oder Jakob, den zwei älteren die Sorge um die kleinen Geschwister sowie um ihren persönlichen Unterhalt anvertrauen? Sind die beiden schon tüchtig genug? Wer bietet sichere Gewähr für einen guten Ausgang?
So machten sich Karl in der Klagenfurter Vorstadt und Jakob am Hauptplatz mit eigenen Geschäften selbständig. Das Stammhaus lenkte Magdalena Knaus, geborene Urbas (1818-1908) mit Geschick, gutem Hausverstand und vor allem mit unsäglichem Fleiß so lange, bis Friedrich, ihr Jüngster, obzwar erst 20 Jahre alt das Geschäft 1874 übernehmen konnte. Jakob war erfolgreich, Karl hingegen nicht. Es war die Mutter, welche die Fähigkeiten ihrer Söhne richtig einschätzte und damit größeres Unglück vom Hause fern hielt. Friedrich lohnte das in ihn gesetzte Vertrauen reichlich. Er wurde zum Großkaufmann, Essigfabrikanten und zu einer angesehenen Persönlichkeit. Unter seinen neun Kindern, geboren zwischen 1886 und 1902, finden sich die späteren Berühmtheiten, wie Offiziere, Maler, Gynäkologen und Fabrikanten.
Um vieles schwerer hatten es die acht Kinder Karls, die auf einmal zu den sogenannten armen Verwandten gehörten. Die Familien haben zwar
zusammen gehalten und nach Möglichkeit geholfen, doch trotzdem mussten Karls Kinder wesentlich bescheidener ins Leben treten. Ein Brüderpaar sei beispielhaft hier genannt: Rudolf (1873-1966) und Siegmund (1879-1971). Konnte Siegmund mit Großmutters Unterstützung Schulen besuchen und eine Offiziersausbildung machen und zum bekannten Infanterie-General werden, so hatte es Rudolf dagegen ungleich schwerer. Siegmund Knaus, dessen langes Leben sehr gut dokumentiert erscheint, ist den Kärntnern vor allem durch seine Beteiligung am Abwehrkampf in bester Erinnerung. Rudolf hingegen musste schon früh von zuhause fort. Kein Wunder, dass er in St. Veit so gut wie unbekannt blieb. Man stelle sich vor, dass Rudolf nur die Volksschule besuchen durfte, diese aber – von Singen und Turnen abgesehen – mit lauter Bestnoten abschloss. Drei Jahre an der k. u .k. Gewerbeschule in Klagenfurt waren sein ganzes Rüstzeug fürs Leben.

Was für ein schönes Zeugnis!
Seine trotz allem glänzende Berufskariere spricht wieder einmal deutlich für Knaus´sche Zähigkeit und Fähigkeit. Auf sehr vielen Posten ging es zielstrebig voran, immer war er bereit , dazu zu lernen um schließlich noch im hohen Alter von 71 Jahren, und selbst dies nur kriegsbedingt, mit einer hohen – heute würde man sagen – Managerposition abzuschließen. Seine wichtigsten Berufsstationen waren der Reihe nach Laibach (1891-93) als Dreher und Schlosser, St. Veit/Glan (1893-1900) Maschinist in einer Imprägnieranstalt, Groß-Opatowitz in Mähren (1900-04) als Maschinenmeister in einer Chamottefabrik, in Hannover (1904-05) als Maschinenmeister einer Dampfkessel- und Dampfmaschinenproduktion, erster Auftritt in Maastricht (1905-1913) bei Societe Ceramicque als Leiter der Feuerfest-Abteilung und als Konstrukteur. Zum ersten Mal griff ein Krieg in sein Leben ein. Es sollte nicht der einzige sein. 1913 hat er Holland verlassen, um für ein Jahr lang Betriebsleiter in Köflach (Fabrik für feuerfeste Steine) zu werden. Von März 1914 bis Juni 1915 gelang eine kurze Rückkehr nach Maastricht, doch am 12.6.1915 wurde er zu den Soldaten gerufen. Nach zwei Monaten Infanterie-Ausbildung kam er zur Ballon-Stammabteilung, Mitte 1916 schließlich zur k. u. k. österr.-ungar. Bauüberwachungs- & Übernahmekommission für Flugzeuge bei den Hanse-Brandenburgischen Flugzeugwerken in Briest, ab November 1916 Berlin: Vertretung des k. u. k. Luftfahrarsenals beim Kaiserlich Deutschen Kriegsministerium. Als Krönung seines Kriegsdienstes war er von Juli 1917 bis 7. November 1918 als kommandierter Soldat Leiter der Phönix-Flugzeugwerke Wien-Stadlau. Ist das nicht ein beispielloser Aufstieg für einen Mann mit 8 Klassen St. Veiter Volksschule? Auch darf man sich bei dieser Gelegenheit fragen, wo wäre wohl heute der Schwerpunkt der Flugtechnik, hätten uns nicht die Siegermächte diese aus der Hand genommen?
Sofort nach Ende des Ersten Weltkrieges war der Weg nach Maastricht wieder offen und Rudolf Knaus in der alten Firma sehr willkommen. Er war inzwischen 45 Jahre alt, seit 1900 verheiratet und Vater zweier Töchter. Es folgten beruflich und privat höchst erfolgreiche Jahre. Doch das Jahr 1944 brachte ein Ende mit Schrecken. Alle Deutschen (Österreicher) mussten unter Zurücklassung von Hab und Gut, dazu gehörte immerhin ein voll eingerichtetes Eigenheim, vor dem anrückenden Feind Hals über Kopf flüchten.
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Tirof-Haus, Bräuhausgasse 5
Juli 19, 2013 um 12:19 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen KommentarSchlagwörter: Baumeister Wank, Bräuhausgasse, Drechsler, Ehe auf Probe, Ettl, Felfernig, Hauszeichen, Heiliger Florian, Millesi-Garten, Nothelfer, Pacher, Rauchfangkehrer, Remschnig, Schneider, Tirof, Tischler, Trabantengarde, Weinhändler, Wirt, Wirtschafterin
Die Baugeschichte dieses alten Stadthauses liegt weitgehend im Dunkeln. Sie ist obendrein ziemlich undurchsichtig verquickt mit dem Gebäude Nr. 3 dieses direkt an der Stadtmauer. Anfänglich waren es sicher getrennte Besitztümer, Haus 3 mit einem Schneider, Haus 5 mit einer Tischler-Gerechtsame, das heißt, mit Gewerberecht, fix mit dem Haus verbunden. Später kamen die Häuser in eine einzige Hand. Hausnummern wurden aufgelassen und wieder eingeführt. Alles ist also ziemlich verworren, was sich zwischen der einstigen Kirche der 14 Nothelfer (aufgelassen 1789) und dem „Millesi-Garten“ (heute Rosengarten) baulich getan hat.
Bleiben wir bei Haus Nr. 5 und stellen wir fest, dass es einen unregelmäßigen Grundriss hat. Es scheint, als wäre das ursprünglich normal viereckige Gebäude an der Nord-Ecke einmal zu sanieren gewesen und als der noch immer zu sehende Halbkegel nicht reichte, hat man einfach einen stützenden Zubau gemacht. Vielleicht wurde eines Tages die Unterkellerung aus guten Gründen erweitert und hat sich damit das vorerwähnte Problem ergeben. Der einzig vorhandene Bauakt stammt aus 1932 und betrifft den von Baumeister Wank für Markus Tirof ausgeführten Dachgeschoss-Ausbau. Damals entstand auch als Giebel-Zier und Hauszeichen der Heilige Florian, Schutzpatron der Rauchfangkehrer.
Hausgeschichten sind aber meist auch Familiengeschichte, besonders dann, wenn mehrere Generationen auf einander folgen. Wir gehen jetzt zurück ins Jahr 1788. Da wurde einem Südtiroler, namens Josef Fischer das St. Veiter Bürgerrecht verliehen. Er übte hier tatsächlich noch das Tischler- oder Schreinergewerbe aus, hatte eine geborene Pacher zu Frau und war jedenfalls ein Zeitgenosse des Barock-Bildhauers Johann Pacher! Zufall?
Von Pachers Witwe kaufte 1827 der Klagenfurter Josef Felfernig. Auch ihm wird Bürgerrecht verliehen und zwar 1813, da wird er als 46 jähriger Drechsler und Weinhändler beschrieben. Noch zwei Generationen, ein Karl und ein Friedrich folgen im Besitz nach und werden gleichfalls der Bürgerwürde teilhaftig. Die beiden waren von 1859 bis 1872 auch Eigentümer des abgekommenen Hauses Bräuhausgasse Nr. 7 (Baufläche 15). Als Friedrich, Wirt und Weinhändler um 1888 das Zeitliche segnete, wurde seine Witwe Maria, geborene Remschnig wohl Nachfolgerin, jedoch mit der Auflage zur Weitergabe an die noch unmündigen Kinder Carl und Robert Felfernig. Die Ansprüche der Kinder wurden fein säuberlich im Grundbuch festgeschrieben und doch ist es anders gekommen!
Hier sei ein kurzer kulturgeschichtlicher Einschub gestattet. Die junge Maria Remschnig kam als „Wirtschafterin“ ins Haus. Das war damals in St. Veit ein probates und kein seltenes Mittel, eine sogenannte – kirchlich natürlich streng verpönte – Probeehe führen zu können. In den meisten Fällen wurde die Probe auch bestanden, wie die Ankunft der zwei Kinder beweist. Maria, wohl -bestallte Witwe, erwarb 1888 nicht all zu schwer das Cafe Zentral Hauptplatz 3, baute um und modernisierte. Es dauerte nicht lange und sie verehelichte sich Ende 1890 noch einmal, diesmal mit dem Zugsführer der Staatsbahn Franz Xaver Ettl, aus Waidhofen an der Ybbs gebürtig. Einer der Trauzeugen unterschreibt mit Ferdinand Felfernig, Cafetier! Vermutlich ein Schwager, der das frei gewordene Lokal als Pächter eine Weile fortführte. Schon am 14. 1. 1891 kommt Sohn Franz Ettl zur Welt. 1899 stirbt der Vater und 1906 die Mutter. Der junge Ettl ist also mit 15 Jahren Vollwaise, wird aber infolge Testamentes der Mutter zum Besitzer in der Bräuhausgasse! Die Kinder aus erster Ehe werden zwar geldlich sichergestellt, verlieren ihre Ansprüche aber großenteils durch die nachfolgende Inflation. Vormund des Jugendlichen wird der Kaufmann Ewald Blankenhagen, der ihn auch gleich zu sich in die Lehre nimmt. Des Lehrherrn Rat ist gut und hilft dabei, die vorhandenen Ansprüche mit Inflations-Kronen ehest mühelos abzustoßen. Das Grundbuch ist wieder sauber!
Ende 1926 kann Franz Ettl, er nennt sich inzwischen Kaufmann, weil er bis zum Konkurs das große Blankenhagen, Kaufhaus zum Buren geführt hatte, an Markus Tirof, Kaminfeger-Meister um 32.500 Schilling gut verkaufen. Dabei entfallen 2.500 auf Bade- und Schlafzimmereinrichtung. „Verkäufer hat selbst bewirtschaftet (?)und verpflichtet sich zur geräumten Übergabe mit 1.3.1927“. Der Kaufpreisrest von 22.500 Schilling mit Goldparität abgesichert, ist in freibleibenden Teilbeträgen abzuzahlen und mit den üblichen Sparbuch Zinsen zu bedienen.
Der neue Besitzer wird zu einer Bekanntheit der Stadt und des ganzen Kehrbezirkes. Sogar zum Hauptmann der Trabantengarde wird er gewählt. Er zog schon 1901 von Hüttenberg kommend in die Stadt , hatte jedoch vorerst an anderer Stelle seine Bleibe. Zwischen 1906 und 1924 wurden ihm dort mindestens fünf Kinder geboren. Sein Leben endete tragisch am Katschberg (13.5.1950). Noch über Generationen blieb die Familie, eine Zeit lang auch mit Rauchfangkehrer Gewerbe an dieser Adresse sesshaft, ehe heiratsbedingt der Name wechselte. Michael Müller, der heutige Hausherr, weiß von interessanten Beobachtungen zu berichten. Bei Ausbesserungen ist neben einer alten Entlüftungsöffnung in der Außenwand, auch im Inneren unter der Wandfärbelung „Gastzimmer“ sowie der Spruch „Komm, tritt ein – Bring Glück herein“ in schönster Kunstschrift zu Tage getreten. Es ist nach all dem jetzt zeitlich ziemlich klar, wann diese Einzelheiten in Gebrauch gewesen sind.
Auch der vorhandene Keller ist vielsagend genug. Da haben wohl einige Fässer des Wirtes und Weinhändlers Felfernig Platz gefunden!
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