Vom Gewerbsfleiß der Hinterhöfe
August 10, 2011 um 14:11 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen KommentarSchlagwörter: Eisengewerken, Gerbermeister, Hauptplatz 27, Kfz-Werkstätte, Knoch, Leder, Lederfabriken, Lohgerberei, Neuner, Niederl Rudolf, Pfeilheim, Rindenlager, Rinderhäute, Schreibmaschinen, Schuhmachermeister, Trixner, UNIQUA, Wildfelle
Gerade in den Hinterhöfen mancher Stadthäuser entfaltete sich oft beachtliche gewerbliche Regsamkeit, ohne dass ein Städter viel davon mit bekam. Ein Glück, dass dort und da noch Fotos erhalten geblieben sind und solcherart darüber berichtet werden kann.
Als ein Musterbeispiel dafür dient die hier gezeigte Szene aus der Zeit 1920/30. Sie spielt im Hof des Doppelhauses Trixner, Hauptplatz 27 und 27a. Würde einem das Motiv nicht vom Hausherrn erklärt werden, man wäre mit jedem Lokalisierungsversuch auf verlorenem Posten. Es würde niemand ahnen, dass sich hinter dem Querbau mit der Personengruppe davor, die Stadtmauer verbirgt, und dass man inzwischen durch ein Tor selbst mit Autos einfahren kann. Am rechten Bildrand erhebt sich schon lange ein Neubau, u.a. mit der UNIQA als Mieterin. Linker Hand hingegen gibt es Garagen, wo zuletzt eine Kfz-Werkstätte betrieben worden ist.
Man wäre wirklich versucht, einen Preis zu stiften und ihn dem zu übergeben, der jetzt schon zu sagen wüsste, womit sich die drei Männer beschäftigen und was die prallen Jutesäcke vor ihnen wohl enthalten?
Da heißt es jetzt, zeitlich ein wenig auszuholen: Gut zweihundert Jahre zurück gibt es die verschiedensten Handwerker in der Stadt mit Namen Trixner. Einer der Ahnherren, Johann Trixner, war Schuhmacher-meister, lebte von 1864 bis 1953 und war nicht nur mit einem hohen Alter gesegnet, nein auch mit reicher Berufserfahrung und besonderem Gespür für stete Veränderungen im Wirtschaftsleben! Als einer, der tagtäglich mit Leder zu tun hatte, merkte er bald, wie Gerbermeister und Lederer nach und nach in Schwierigkeiten kamen und ihr Gewerbe aufgeben mussten. Der Grund dafür lag im Entstehen von Lederfabriken in Klagenfurt, wie etwa Knoch oder Neuner. Für die vielen Schuhmacher im Lande war Sohlenleder gleich wichtig wie weicheres Oberleder. Beides wurde seit Jahrhunderten in kleinen, örtlichen Lohgerbereien gewonnen, jetzt aber industriell. Johann Trixner erkannte, wohin die Entwicklung ging und dass Fabriken eben erhöhten Bedarf an Rohmaterial haben würden. Damit ist zum einen der Ankauf von getrockneten Baumrinden (siehe die ehemaligen Rindenlager an manchen Bahnhöfen!), zum andern die dezentrale Sammlung von Rinderhäuten gemeint. Letzteres war nun gerade das Gebiet, wo Trixner sich gut auskannte. 1898 kaufte er sich am Oberen Platz an. Er war damals 34 Jahre alt. Das Haus beherbergte davor nicht weniger als sechs Bäckerfamilien und noch früher die Eisengewerken von Pfeilheim. Eine alte, eine sehr alte Adresse also am Platze! Noch im gleichen Jahr erhielt Trixner die Baubewilligung zur Adaptierung eines Wohngewölbes und zum Zubau einer Waschküche. Die ursprünglich gewölbten Räume des Erdgeschosses sind größtenteils verschwunden. Rechts vom Eingang befand sich ein Kellerraum, der schon 1885 zu einem Verkaufslokal adaptiert und 1925/1932 mit Auslagen ergänzt wurde. Das Gewölbe links vom Eingang sowie der ansehnliche Backofen wurden 1949 abgetragen und dadurch Raum für den Verkauf von Fahr- und Motorrädern, Näh- und Schreibmaschinen samt einschlägigen Bedarfsartikeln gewonnen. An der anderen Seite schuf Otto Trixner (1897-1973) einen Häute- und Lederhandel. Hans Trixner (1897-1959) errichtete im Hofe links 1923 eine mechanische Werkstätte, die 1942 vergrößert wurde. So weit ein korrigierter Auszug aus der Häuserkartei des Dir. Rudolf Niederl.
Nun aber wieder zurück zu unserem Bilde. Nachdem die schreckliche Inflationszeit vorbei und ein sinnvolles Wirtschaften endlich wieder möglich war, nahm Johann Trixner neuerlich den Ankauf von Tierhäuten auf. Was anfänglich wohl mit Pferdefuhrwerken geschah, ermöglichte jetzt ein Lastwagen und wo immer Rinder geschlagen wurden und rohe Häute anfielen, holte man sie nach St.Veit, machte sie durch Salzeinstreuen trocken, lager- und transportfähig, um sie dann der Lederfabrik zuzuführen. Die im Hofe, nahe der Brückenwaage liegenden Rollen bestanden daher aus nichts anderem als aus Kuh-, Kalbs- und Stierhäuten. Auch Wildfelle waren im Sortiment und zum Trocknenaufgespannt.
NB – „Frohe Botschaften….I/2011“ – Treue Leser haben mich auf einen Fehler aufmerksam gemacht: Das Gesundheitsamt ist nicht im 6-er, sondern im 7-er Haus untergebracht gewesen. II/2011
Frohe Botschaften vom Oberen Platz
August 9, 2011 um 18:01 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen KommentarSchlagwörter: "Kärntner Bank", Arzt Franz von Widmayersfeld, Bankspekulanten, Gasthof zur Post, Glan-Real, Italiener, Kraiger Marmor, Lebzelter Haller, Piccottini Gernot, Rainer Raimund Kaufmann
Dafür sorgt diesmal ein einziges Haus mit der Hausnummer 6. Ehe die guten Nachrichten der Reihe nach aufgezählt werden, noch ein paar Anmerkungen zum alten Bestand. Über Generationen saßen hier die Haller, Lebzelter und Wirtsleute. Die Sippe der Haller hatte verschiedene Gewerbetreibende aufzuweisen. Da auch am Unteren Platz ein anderer Haller Geschäft und Behausung hatte, hieß das Haus Nr. 6 „der Obere Haller“ bzw. später Gasthof zur Post. Das heißt, dass genau hier die Postkutschen ankamen oder abfuhren. Wie gemütlich mag es in der Postkutschenzeit hier zugegangen sein? Wie kurzweilig, in der „Post“ zu sitzen um auf Ankunft oder Abfahrt bei einem Gläschen Wein zu warten? Laut steuerlichem Einbekennen von 1753 diente genau ein Viertel des Gebäudes dem eigenen Gebrauch, ein weiteres Viertel der Vermietung und die Hälfte war angeblich unbesetzt. Ließt man das richtig, dann war der Hausherr mit seinen Gewerben allein in den ebenerdig gelegenen Gewölben untergebracht während darüber einmal Arztpraxen, ein andermal Behörden oder Privatmieter unterkamen. Der Arzt Dr. Franz von Widmayersfeld, verheiratet mit Isabella, einer geborenen Rainer-Harbach starb 1796 in diesem Hause. Anderseits findet sich die Grabplatte eines Haller eingemauert in einem Wochenendhaus nahe Schloss Taggenbrunn.
Auch an das einstige Gesundheitsamt – im Nachbarhaus – erinnern sich noch Zeitgenossen mit Graus! Und warum? Weil man ihnen hier zu Kriegszeiten Lebertran verabreichte. Als im Jahre 1898 der letzte Haller an den Kaufmann Raimund Rainer verkauft hat, war der seit dem Stadtbrand von 1829 beschädigte zweite Stock nur als Dachboden nutzbar. Erst Rainer hat das Obergeschoß wieder bewohnbar gemacht.
Jetzt aber zu den drei Freuden, die mit dem kurz zurück liegenden Erwerb des Hauses durch Glan Real eng verbunden ist. Erstens bekam die Hausfassade einen schönen neuen Anstrich. Der etwas deplacierte Schmuck mit Ornamenten und Kärntner Wappen stammt aus den letzten Zwanzigern. Da nisteten sich dort für kurze Zeit Bankspekulanten ein. Sie gaben sich den stolzen Namen „Kärntner Bank“ und hatten es in der kurzen Zeit Ihres zweifelhaften Wirkens nur darauf abgesehen, einigen leichtgläubigen St.Veitern die guten neuen Schillinge aus der Tasche zu ziehen….. Wie sich doch die Bilder gleichen, könnte man nach den jüngsten Bankturbulenzen ausrufen!
Zweite Freude. Auch im Inneren wurde viel verschönert und wer geschäftlich mit dem Realitätenbüro zu tun hat, kann sich leicht davon überzeugen. Bemerkenswert bleibt nach wie vor – nur jetzt bedeutend leichter zu besehen – die achteckige zentrale Säule, auf die sich alle Gewölbe abstützen, mit logischer Fortsetzung im ersten Stock, wo leider schon vorher einige Bögen durch Flachdecken ersetzt worden sind. Die neue, beidseitige Zugänglichkeit zur Mittelsäule lässt auch wieder klar erkennen, dass es sich dabei um ein römisches Relikt aus blau gebänderten Kraiger Marmor handelt. Von Innen zugänglich gibt es dazu auch eine perfekte Legende, von Dozent Dr. Gernot Piccottini. Es soll einmal eine Zeit gegeben haben, wo man die Schuldkinder dort hin führte!
Weil aber heut zu Tage alles leichter sein muss, hat lobenswerterweise gerade ein neuer Italiener dort sein Restaurant aufgemacht. Es ist im Moment noch ein bisschen überlaufen. Doch das wird sich wieder legen und dann kann man ganz gemütlich bei Macchiato oder Cappuccino einen genussvollen Blick (siehe Foto!) auf dieses Altertum werfen, womit schlussendlich auch die dritte Freude des Oberen Platzes ausgeplaudert wäre. I/2011
Hauptplatz Nr. 13
August 9, 2011 um 17:39 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen KommentarSchlagwörter: Bäcker, Bürger, Gürtler, Niederl Rudolf, Pletersky-Tschebul Friederun, Portenwirker, Posamentiererin, Schorn Anni Tabakhauptverlag, Stadtbrand, Susitz Josef, Weinstabl Josef Chronist
Wenn Häuser reden könnten! Ja wenn, dann wüsste auch das Haus Nr. 13 auf unserem Hauptplatz einiges zu berichten. Vielleicht würde es dann damit so oder so ähnlich beginnen:
Ich bin zwar nicht das vornehmste Haus am Platz, auch nicht eines von den großen, doch mein Alter braucht sich vor den anderen nicht zu verstecken. Ich gehöre ganz sicher mit zu den ältesten Platz-Adressen, ursprünglich unter „Innere Stadt 95“, danach „Oberer Platz 96“, kurze Zeit „Adolf Hitler Platz 13“ und letztendlich „Hauptplatz“. Ich habe in der langen Zeit viel mitgemacht, die eine oder andere bauliche Veränderung, zuletzt um 1900 als man mir die Gewölbe über dem Erdgeschoß genommen hat, um moderne Geschäftslokale unterbringen zu können. Seit 1921 beherbergte ich den Tabakhauptverlag, jetzt immer noch als Trafik geführt. Weil aber Frau Anni Schorn an anderer Stelle, im Hause Nr. 17 Verlag und Trafik seit 1899 innehatte, ist ein hundertjähriges Jubiläum zu feiern, glatt vergessen worden.
Doch muss ich mit meinen ältesten Hausherren, so weit bekannt, beginnen. Sie waren fast durch die Bank angesehene Bürger. So lange man an dieser altehrwürdigen Einrichtung festhielt und das „Bürgerbuch“ geführt wurde, waren dies der Reihe nach (Jahr der Bürgeraufnahme in Klammern) Stefan Herzog, Bäcker (1746) gestorben 1775 und dessen Sohn Johann, Johann Kugi, Portenwirker (1794) gestorben 1828, „Leonhard Liebhard nomine seines Sohnes Josef“ und erst anschließend ab 1831 Anna Kugi, Posamentiererin. Schon 1832 folgten im Besitz Ernst und Anna Feistl (1829). Ernst Feistl, seines Zeichens ein Gürtler war verheiratet, evangelisch und 1797 geboren. Er stammte aus Frankfurt an der Oder. Dieser Erwerb geschah nur 3 Jahre nach dem letzten großen Stadtbrand. Keine schlechte Chance für einen jungen, tüchtigen Gürtler, wenn man bedenkt, was da alles neu anzuschaffen war. Sohn Hugo firmiert jedoch als „Goldarbeiter“ und seine Witwe Gabriele, wiederverehelichte Mörbinder hält das Haus nur noch kurze Zeit von 1886 bis 1890. Dem Chronisten Josef Weinstabl scheint zu Ohren gekommen zu sein, warum es so bald wieder zum Besitzwechsel kam. Herr Mörbinder betrieb das Goldgeschäft zwar weiter, war aber ein so nobler Herr, dass er lieber in gesellschaftlichen Kreisen als bei seiner Arbeit verweilte, so dass Haus und Geschäft unter den Hammer kamen. 1890 folgte für zwanzig Jahre ein gewisser Johann Susitz. Nach Direktor Rudolf Niederl soll er ein Getreidehändler gewesen sein. Das hier gezeigte Bild lässt noch die Aufschrift „Josef Susitz“ erkennen, doch nach Getreidehandel sieht das gezeigte Angebot nicht aus! Wenn ich mich nicht irre – auch ein altes Haus leidet hie und da an Gedächtnisschwund – war der Getreidehändler wohl noch Hausherr, hat aber das Geschäft zum Platz hin anderweitig vermietet. Die große Schau von Bauern- und Knechtsgewändern passt am ehesten in die Wiesenmarktzeit und in die Zeit v o r den Fahrrad- Uhren- und Goldwarenhändlern Leitner, die danach mit neuer Aufschrift tätig waren und wovon es ebenfalls noch Fotos gibt.
In rascher Folge lösten Josefine Rappl 1916, der Spengler Josef Zedischnig 1920, Leo Knaus (1924), Otto und Erich Knaus (1937) schließlich Paula Pemberger, geborene Knaus und Friederun Pletersky-Tschebul, geborene Pemberger einander an dieser Stelle ab.
Gar vieles wüsste ich noch zu berichten, doch bitte ich um Nachsicht, denn selbst alte Häuser können ab und zu Ermüdungserscheinungen aufweisen. XII/2010
Die Felfer
August 9, 2011 um 17:26 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen KommentarSchlagwörter: Felfernig, Georg Graber Sagen aus Kärnten, Korbweide, Kranzmayer, Taggenbrunn
Das moderne Märchen von der Felfer beginnt damit, dass sich im uralten Taggenbrunn neue junge Leute einstellten, darunter ein tüchtigen Koch. Dieser sorgt ab sofort dafür, dass rund um die Uhr und ohne Ruhetag auch warme Speisen in sehr guter und preiswerter Qualität verabreicht werden. Während der Burgherr schon den schönen Namen „Herr Ritter von Liebenfels“ trägt, ist der Koch nach einem passenden Prädikat noch auf der Suche. Auf die Frage, wie er denn heiße, folgte die Antwort, sein bürgerlicher Name wäre Felfernig, doch mit der Ahnenforschung sei er noch nicht weit genug. Die nächste Frage, ob man denn wisse, woher der Name Felfernig stamme, wurde glatt verneint. Wohl gebe es in der Nähe und im Görtschitztal solche Namensträger, doch woher der Name wirklich käme, wisse man nicht.
Wer unter den Lesern weiß zu helfen und zu sagen, was eine Felfer ist oder war? Der gute Duden schweigt sich darüber ebenso aus, wie Internet und Wikipedia! Sollte es sich dabei vielleicht um einen alten Kärntner Namen handeln? Dann könnte man etwa bei Georg Graber und seinen „Sagen aus Kärnten“ nachsehen. Siehe da, im Band II von 1979 heißt es auf Seite 47 u.a. „Der krumpe Felfer“ und die Rede ist dabei von einer Korbweide! Ist Felfer nun weiblichen oder männlichen Geschlechts, das sei dahin gestellt. Immerhin heißt es d i e Fichte, d i e Tanne, d i e Eiche, Buche usw. Dass es sich dabei um die sogenannte Korbweide (Salix viminalis) handelt, steht außer Zweifel. Nun haben einst überall und immer wieder auffällige Baumbestände für alte Hausnamen hergehalten, die später dann zu Familiennamen werden konnten, wie z.B. Pirke für Pirker, Buche für Bucher, F(e)ichte für Feichter usw. So auch die Felfer für den halb deutschen, halb slowenischen Felfernig. Da Kärnten schon einmal deutlicher als heute ein zweisprachiges Land war, gilt es nach Eberhard Kranzmayer zu beachten, dass das was im Deutschen die Endung „-er“ zu bewirken hatte, im Slowenischen die Endung „-nik“ , später verschönt zu „-nig“ oder „-nigg“, aussagte. Slowenisch ist unser „Pirker“ ein „Wriesnik“ und unser „Linder“ ein „Lipnik“ so wie der „Ahorner“ zum „Javornik“ und der „Eschenauer“ zum „Jesenik“ wurde. Im Unterschied zu den letzten vier Beispielen, wo auch das Stammwort slowenisch ist, klingt unser Felfernig nach einer echt Kärntner-Slowenischen Mischung. Würde man nämlich die Korbweide, slowenisch Vrba heranziehen, dann hätte daraus etwa auch der Urbanik werden können. Vielleicht gibt es ihn auch irgendwo? Dann hätte man sowohl ein gemischtes wie ein einsprachiges Namenspaar. Dass schließlich mit dem Abkommen, der heute wieder mehr gepflegten Korbflechterei der Alt-Kärntner Baumnamen Felfer fast gänzlich in Vergessenheit geraten konnte, ist nicht weiter zu verwundern. Das hier gezeigte Foto entstand nahe Hanslwirt an der Zensweger Straße. Es zeigt deutlich die starke Lebenskraft dieses Gewächses, obzwar sehr alt, innen schon morsch, hohl und faul, ist die Rinde immer noch voll Kraft, und die Felfer treibt nach jeder „Ernte“ immer wieder neu aus. Wohl klar, dass der hohle, krumme Baum oft Anlass für allerlei Märchen und Sagen war. XI/2010
Zur Geschichte des Hauses Hauptplatz 10
August 9, 2011 um 17:19 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen KommentarSchlagwörter: "Carinthia Cafe", Österr.Städteatlas 2006, Deuer Wilhelm, F.X. Miller bürgerlicher Kaffeesieder, Goldhauben Frauenverein, Kärntner Sparkasse, Knaus Friedrich, Knaus Richard der Maler, Stadtbachel, Stadthaus der Herzöge, Stadtsparkasse
Es handelt sich hier um ein sehr altes Haus an ganz prominenter Stelle des Platzes. Wilhelm Deuer (Ö. Städteatlas 2006) erblickt darin in Analogie zu alten Plätzen in Klagenfurt und Völkermarkt das ehemalige Stadthaus der Herzöge (44). Dazu passend wäre zu nennen, ein kürzlich wieder aufgefundener „Römerstein“ (CIL III 11.594) ursprünglich im Hause 10 gefunden und hinsichtlich seiner außergewöhnlichen Beschaffenheit und Zurichtung noch längst nicht gründlich erforscht und erklärt. Doch begeben wir uns lieber in bekanntere Gefilde und Zeiten!
Das Grundbuch der Kammerstadt St. Veit von ca. 1743ff nennt noch F. X. Miller, den bürgerlichen Kaffeesieder als Eigentümer des Hauses und dass auf dem Anwesen das Kaffeesieder-Recht ruht. Weil es damals noch kein Vermessungsamt und keine Parzellengrenzen gab, bedurfte es einer verbalen „Grenzbeschreibung“ wonach das Gebäude „gegen West an den Oberen Platz, gegen Nord an die Gasse zum Obermühlbacher Tor, gegen Osten an das Stadtbachel, gegen Süden an die Hauptgasse zum Oberen Platz“ angrenzt. Das ist insofern bedeutsam, als daraus hervorgeht dass die Enge zwischen Sparkasse und Geiger-Haus nicht begehbar war. Der dort aufgestellte Stein mit der Jahreszahl 1813 sollte wohl – nachdem der Bach kanalisiert war – jegliche Durchfahrt aus Sicherheitsgründen unmöglich machen. Miller war übrigens ein gelernter Koch, 1742 in Millstatt geboren und seit 1775 als Bürger in St. Veit aufgenommen. Es wird danach noch lange als „Millersches Haus“ bezeichnet, obwohl schon 1816 ein gewisser Michael Stifler, mit Kaffee- Likör- Wein- und Branntweinausschank als Eigentümer aufscheint. Bis 1841 bleiben noch Familienmitglieder am Haus, dann folgen drei verschiedene, nicht mehr verwandte Familiennamen nach einander, ehe 1893 der legendäre Friedrich Knaus das Haus kauft. Als anerkannter Kunst- und Geschichtsfreund dürfte er es gewesen sein, der dem Cafe den Namen „Carinthia Cafe“ gab. Daraus wurde schließlich das „Carinthia-Haus“. Ob es dafür einen konkreten Anlass gab, ist nicht überliefert. Noch im gleichen Jahr erhielt Knaus vom Magistrat die Baubewilligung „aus einem bisherigen Vorraum Zimmer und Küche zu machen. Seine Söhne Hans, der Cafetier und Richard, der Maler erbten je zur Hälfte. 1956 kommt es zu einem Tausch. Die Stadtsparkasse übergibt ihr altes Sparkassengebäude am Graben und übersiedelt dafür direkt auf den Hauptplatz. In den Jahren 1959, 1967 und 1981 kommt es immer wieder zu größeren Eingriffen durch Umbauten von Kassenhalle und Obergeschossen. Inzwischen ist durch Fusion die große Kärntner Sparkasse Herrin an dieser Adresse und die 1873 gegründete Sparkasse der Stadt St. Veit Vergangenheit. Weil jedoch die Kärntner Sparkasse schon 1835 gegründet worden ist, begeht man jetzt das 175-Jahr-Jubiläum.
Für die Leser des „Stadtführers“ ist dieses schöne Jubiläum ein besonderer Glücksfall! Um den Leibspruch des alten Kaisers zu strapazieren, könnte man ausrufen „Viribus unitis“! Die Sparkasse, der ebenfalls jubilierende Goldhauben Frauenverein, das „Zentrum“ und der Autor haben sich zu einem gemeinsamen Werk gefunden. Dieses besteht darin, dass alle bisher erschienen Aufsätze zur Stadtgeschichte in gesammelter Form erscheinen können. Am Weltspartag, dieser fällt heuer auf Freitag den 29. Oktober, werden diese Sammelhefte – so lange der Vorrat reicht – an geneigte und interessierte Leser g r a t i s abgegeben werden. Wo? Kärntner Sparkasse am Hauptplatz10, Kaffee-Ecke im Parterre. Damit hoffe ich, einem oft geäußerten Wunsche zu entsprechen und auch jene Freunde der Stadtgeschichte zu erreichen, die Gratiszeitungen – wie Zentrum Kärnten – nicht im Postkasten finden, weil sie alle Art Werbung abbestellt haben. X/2010
Das Gasthaus „Zum Roß-Wirt“
August 8, 2011 um 18:34 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen KommentarSchlagwörter: Braumeister, Eduard Schorn, Englische Besatzung, Gastgeb, Gösser Bierdepot, Goldhauben, Grote Anna, Hebamme, Johann Winkler, Josef Lebmacher, Josef Wernhammer, Kellermeister, Kesselbierbräuer, Kronawitter, Papierfabrik, Rößlwirt, Ring-Kino, Steuerbuch 1753, Trabantengarde, Wehrmeldeamt
Das stattliche Eckhaus, Klagenfurterstraße 24 hat nicht nur eine repräsentative Schauseite zur Straße hin, sondern auch eine bedeutende Ausdehnung in die Tiefe, welche teilweise bis zur Prinzhoferstraße, dem ehemaligen Gütersteig reicht. So weit sich die endlose Besitzerreihe verfolgen lässt, waren es in der Hauptsache Wirte, die sich an dieser Adresse mehr oder weniger lang, mehr oder weniger erfolgreich betätigt haben. Vereinzelt mieteten sich hier im Laufe der Zeit auch andere Gewerbsleute vor allem unzählige, ungenannte „Inwohner“ ein.
Josef Wernhammer „Gastgeb im Hause Nr. 5“ war nicht der erste Wirt in diesem Haus, wohl aber der erste dieser Familie. Er wurde schon 1759 zum Bürger aufgenommen. Im Bürgerbuch ist angeführt, er sei Wirt und im Gericht(Sprengel) von Osterwitz geboren. Auf ihn folgte sein Sohn, Egydius mit Vornamen, auch dieser seit 1801als Bürger verzeichnet und schon „hier geboren“. Vielleicht kam es danach zum Verkauf. Der Familienname hat jedenfalls gewechselt. Johann Winkler, gefolgt von seiner Witwe Josepha und dem gemeinsamen Sohn Michael. Johann, Bürger seit 1812 galt damals noch als „Kesselbierbräuer-Geselle, St. Georgen (Längsee) gebürtig. Letzterer hat den Besitz im Jahr 1820 angetreten. Zehn Jahre später ist es schon dessen Witwe, auch eine Josefa, wiederverehelichte Tobeitz. Diese hatte mit dem Winkler eine Tochter, Josefa III. 1847 kam mit ihr im Erbwege noch einmal der Name Winkler aufs Haus. Durch Kaufvertrag des Jahres 1850 gelangte Josef Lebmacher in den Besitz des Hauses. Er wurde 1834 bei seiner Bürgeraufnahme noch als „hier geborener Braumeister“ bezeichnet. Von dieser Großfamilie ist bekannt, dass sie einige Gastwirte, aber auch Fleischhauermeister in ihren Reihen hatte. Leider starb Josef vor der Zeit, so wurde schon 1856 die minderjährige Tochter Maria und sechs Jahre danach, wegen Marias frühen Ableben, ihre Mutter gleichen Namens als Eigentümerin intabuliert. Dieses doppelte Unglück führte dazu, dass sofort wieder neue Hausherren folgten. Es waren dies Johann Kronawitter, Valentin Kampl und wieder Johann Kronawitter, weil Kampl nicht wie vereinbart gezahlt hat. Johann kam nicht zu Bürgerehren, wohl aber schon 1833 der „aus Griesbach/Bayern gebürtige“ Martin Kronawitter, vermutlich sein Vater, der auch mit der Papierfabrik an der Glan zu tun gehabt hatte. Mit dem Tode des Johann am 6. Mai 1875 war dessen Tochter entschlossen, sofort an Anna Bayer zu verkaufen. Anna B. war immerhin bis 1893 am Besitz und dürfte wohl auch das Wirtsgeschäft betrieben haben. So manche Wirtin galt ja als gute Köchin und „die Küche sperrt bekanntlich den Keller auf“. Das ist ein alter Spruch. Mit Mathias Apoloner kam deutlich neuer Schwung in die „Bude“ denn man hörte alsbald vom Bau eines schönen Saales, etwas das es bis dahin in St. Veit nicht gegeben hatte. Von den späteren und noch prächtigeren Sternsälen war noch keine Rede. So kann es nicht Wunder nehmen, dass in Apoloners „Wirtshaus zum Ross“, auch „Rößlwirt“ genannt, nicht allein die bessere Gesellschaft verkehrte, nein auch die prominentesten Vereine, wie Trabantengarde und Goldhaubenfrauen hielten dort ihre regelmäßigen Zusammenkünfte. Apoloner wirkte von 1893 bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges 1914. Anfänglich so erfolgreich, stand doch am Ende der Konkurs. Die Gründe dafür könnten vielfältige sein, schlecht finanzierte Investitionen, Abwerbung der Kundschaft durch den Sternwirt, der nahe Kriegsausbruch etc. Genaueres weiß man nicht. Dass letztendlich die Gösser Brau AG, vormals Max Kober 1915 den gerichtlichen Zuschlag erhielt, sagt wohl auch etwas aus, nämlich, dass möglicherweise schon längere Zeit hindurch die Brauerei-Rechnungen nicht beglichen worden waren. 1919 trat Josef Meisterl auf den Plan und kaufte, bevor die Inflation zu galoppieren begann! 1921 heiratete er und schloss mit Maria Osenig, seiner Braut, einen Heiratspakt, wonach ihr gleich die Hälfte der Liegenschaft überschrieben wurde. Vielleicht hatte sie auch etwas Geld mitgebracht. Nach Ableben des Josef Meisterl wurde der Witwe 1936 auch die zweite Hälfte gerichtlich überschrieben. Bis dahin boten Gasthaus mit Fremdenbetten und Fleischhauerei, den schlechten Jahren der Zwischenkriegszeit zum Trotze, der Familie ein gesichertes Fortkommen. Die Gösser Brauerei hatte sich vermutlich schon beim Verkauf 1921 gewisse Rechte vorbehalten und konnte in den vorhandenen Kellergewölben noch lange ein Bierdepot, anfänglich mit eigener Flaschenabfüllung, unterhalten. Sie hatte nämlich von Andreas Jäger in Radweg dessen Braukonzession an sich gebracht. XI/2009
Im Erdgeschoß hat es zunächst weiterhin ein Gasthaus gegeben, nur der 1. Stock zur Straße hin, bot bald reichlich „Abwechslung“. In den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts, mit wenig Bedarf an Fremdenbetten, waren freie Wohnungen desto mehr gesucht. Die Fleischhauer Meisterl, ab 1907 und seit Generationen auch auf dem Unteren Platz ansässig, machten in der Klagenfurter Straße 1931 einem neuen Meister Platz. Da dieser für sich und seine Familie eine Wohnung benötigte, kam es dort nicht nur zur Umwidmung ehemaliger Gästezimmer, sondern etwas später auch zu einem zwiespältigen Ereignis. Es war um die Mitte September des Jahres 1941, als zwei angesehene Bürgerfrauen zeitgleich in die Wehen kamen. Die einzige Hebamme, zwischen zwei Terminen hin und her gerissen, war im Begriffe, jene Adresse, an die sie zuerst gerufen worden war, ohne „Erledigung“ vorzeitig zu verlassen, um ja den anderen, vielleicht etwas prominenteren Fall nicht zu versäumen. Erst die Drohung mit einer Anzeige, ließ die Geburtshelferin bis zum guten Ende an Ort und Stelle verharren. Auch im zweiten Wochenbett ging alles gut und glücklich über die Bühne, nur musste man dort wohl oder übel einen Arzt bemühen. Da es sich in beiden Fällen um sehr bekannte, sich bester Gesundheit erfreuende St. Veiter Persönlichkeiten handelt, muss man Namen nicht nennen.
Die bewegten Zeiten im Ersten Stock hielten an. Bald gab es im Hause eine allgemein gefürchtete Einrichtung, das NS Wehrmeldeamt. Wer dort zu tun kriegte, musste fürchten, dass er seine Zivilkleider bald mit dem Soldatenrock zu vertauschen haben würde, ausgenommen die Freiwilligen, meist Jugendliche, die vorher entsprechend propagandistisch bearbeitet worden waren. Übrigens, nur ganz wenige Eltern wagten es, mit Hinweis auf Minderjährigkeit gegen solche Verpflichtungen erfolgreich Einspruch zu erheben um sich und ihren Söhnen solcherart schlimme Schicksale zu ersparen.
Lange genug hat der Krieg gedauert, im Mai 1945 war es aus und ein Wehrmeldeamt nicht länger vonnöten. In die Büroräume zogen Engländer als Besatzungsmacht ein, denn auch diese suchten Büroräume. Jetzt mussten sich andere überlegen, was sie bei etwaigen Einvernahmen an dieser Adresse aussagen sollten. Nach zwei Jahren schienen die Besatzer die Räume nicht mehr gebraucht, oder andere gefunden zu haben, denn 1947 zogen, die bis dahin im Bezirksgericht nur notdürftig untergebrachten, weiter unten in dieser Straße ausgebombten Gendarmen ein und blieben bis 1960.
Wie schon darauf hingewiesen, hat Haus Nr. 24 eine große Tiefe mit reichlich Hofraum und Nebengebäuden. Dort, wo später das Ring-Kino, als zweites Lichtspieltheater von St. Veit Jung und Alt erfreut hat, befand sich zur Zeit des Rössel-Wirtes ein gepflegter Gesellschaftsraum. Dieser war sogar mit Parkettboden aus bosnischer Eiche ausgestattet. Als während des Krieges das Heizmaterial knapp wurde, hat man den darunter liegenden Betonboden für zweckmäßiger erachtet, den einst kostspieligen Boden kurzerhand abgetragen und in den Ofen gesteckt. Gleich zu Anfang der NS-Zeit kam dort die Flieger-Hitler-Jugend unter. Es wurden Segelflugzeuge gebaut und repariert, welche am Hang von Thalsdorf oder anderenorts für Probeflüge zum Einsatz kamen. Der Flieger-Nachwuchs sollte mit allen Mitteln gefördert werden, was die Heranwachsenden natürlich hell begeisterte, ohne zu ahnen, dass sich bald am Himmel besser kein deutsches Fluggerät mehr zeigte!
Die heute noch bestehende Einfahrt von der Landstraße her, diente den pferdebespannten Bier-Lieferwagen, später auch den motorisierten Fahrzeugen als Aus- und Einfahrt. Die Landstraße war auch damals schon in Richtung Klagenfurter Straße eine Einbahn, nicht so für Gösser Leute! Um nicht rund um die Stadt fahren zu müssen, durften sie allein die wenigen Meter gegen die Einbahn fahren! Thomas Schienegger soll einer der letzten Bierführer gewesen sein. Seine Wohnung hatte er in der Bräuhausgasse 25. Im Hause Klagenfurter Straße 29 lebte Josef Regenfelder mit Familie, ebenfalls ein Bierführer und da nur Gösser ausgeführt wurde, wird Regenfelder wohl auch hier beschäftigt gewesen sein. Eduard Schorn, seines Zeichens Kellermeister der Gösser Bierniederlage wohnte mit Familie an Ort und Stelle, ebenso die Familie Hermann Wonisch, Angestellter. Büros gab es auch in einem Jäger Haus nahe Kuttnig. Private Wohnungsmieter waren – alles laut amtlichen Kärntner Adressbuch von 1949 – Charlotte Zlattinger und Anna Grote, ehemals Damenschneiderin..
Heute hat das Meisterl Anwesen einen neuen Besitzer und ein einheitliches Erscheinungsbild. (siehe Foto!) Neues Leben ist allenthalben eingezogen – neue Mieter, neue Betriebe. Die Geschichte eines alten Vorstadt Hauses setzt sich fort. Andere Schicksale wollen sich erfüllen. Glück auf! XII/2009
Dr. Arthur Lemisch (1865-1953) und seine Ahnen
August 8, 2011 um 16:04 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen KommentarSchlagwörter: Buzzi, Franziska Rainer, Goldhaubenfrauenverein, Pulcheria Milesi
Der Herr auf Schloss Köllnhof, er stand in Kärntens schwieriger Zeit an der Spitze des Landes, hat in seinen alten Tagen seine Herkunft noch gründlicher erforscht, als es andere um das Jahr 1938 herum üblicherweise taten. Die gesellschaftlichen Schichten aus denen seine väterlichen und mütterlichen Ahnen kamen, konnten unterschiedlicher nicht sein. Reichen die Wurzeln auf väterlicher Seite bald tief ins Kärntner Bauerntum, so sind seine Mutter, Großmutter usw. von ganz anderem Zuschnitt.
Dr. Lemisch war allemal stolz darauf, Bauernblut in seinen Adern zu haben. Seine politische Arbeit galt daher auch in erster Linie dem Landvolk, egal ob groß oder klein. So hat er auch in seinem Testament Wert darauf gelegt, dass man genau nach den von ihm gesammelten Daten, alle Eigentümer des Josel Hofes in Dellach am Friedhof von St. Peter ob Taggenbrunn auf einer Tafel verewigt. Die Tafel wurde von Steinmetzmeister Hans Bulfon geliefert. Es war ihr aber – man höre und staune – aus finanziellen Gründen kein langes Leben beschieden….
Die Väterseite führt zunächst unmittelbar zum Arzt Dr. Josef Lemisch. Dieser begabte Bauernbub, geboren 1826, durfte studieren, weil es ihm kein geringerer als Graf Egger von St. Georgen durch ein monatliches Stipendium von 15 bis 17 Gulden ermöglicht hat. Dazu sollte man folgendes in Erinnerung rufen. Es hat damals in Adelskreisen nicht wenige gegeben, die den Reformkaiser Josef II und dessen Bestrebungen, Bildungsmöglichkeiten breitesten Kreisen zu eröffnen, sehr unterstützten und es ebenso lebhaft bedauerten, dass so manches davon auf Druck aus Rom hinterher wieder zurückgenommen werden musste. Man kann annehmen, dass sich schon hier eine Kluft zwischen Intelligenz und Klerus aufgetan hat, die, wenn schon keine offene Gegnerschaft so doch eine nicht zu übersehende Reserve allem Religiösen gegenüber zur Folge hatte. Solches traf wohl mehr auf die Ehemänner als auf ihre Frauen zu. Der Köllnhofer hat ganz im Stillen dem gräflichen Beispiel nach Kräften nachzueifern getrachtet. So mancher mittellose aber hoch begabte Knabe wurde im geheimsten Einvernehmen zwischen dem Schlossherrn und den entsprechenden Schulleitern einer hoffnungsvollen Laufbahn zugeführt. Dr. Lemisch könnte sich auch am sogenannten „Bauernlegen“ beteiligt haben, ist eine unhaltbare Mähr.
Kommen wir zum Großvater. Es war dies Valentin Lemisch, Bauer vlg Josl in Dellach und dort geboren im Jahre 1793. Peter Lemisch, Bruder des oben genannten Arztes war Ortsschulratsobmann und Ausschuss des (Glantaler)Demokratenvereines. Darunter wird sich auch niemand mehr was vorstellen können? Diese sonst eher großbäuerliche Vereinigung wollte Demokratie für sich alleine, nicht auch für ihre Mägde und Knechte. Man richtete sich gegen selbst verspürte staatliche und kirchliche Bevormundung, nicht etwa gegen das Fehlen eines allgemeinen Wahlrechts.
Es fand sich sogar noch ein Ur-Großvater in der Person des Josef Lemisch (recte Leimisch), dieser 1739 noch in Baierdorf geboren und ein zweifacher Ur-Großvater namens Sebastian, ebenfalls in Baierdorf vlg Steinacher, der Urheimat aller Lemisch, 1704 geboren. Sebastian hat sich ungefähr um das Jahr 1750 in Dellach angekauft und schon Familie mitgebracht. Eine Verwandtschaft mit dem ältesten Lemisch vlg Wirt in Goggerwenig (recte Poggerwenig) ist ziemlich sicher, zumal man sich öfter als Trauzeuge wechselseitig zu Diensten stand.
Die Mütterseite unterscheidet sich, es wurde schon gesagt, wie Tag und Nacht von der der Väter. Der akademische Grad des Vaters erlaubte zwar, in St. Veit um die Hand von Franziska, geborene Rainer erfolgreich anzuhalten. Schwiegervater Josef Rainer hatte schon eine beispiellose Kariere hinter sich. Diese verlief vom Bauernbuben, über den abgesprungenen Priesterkandidaten zum Privatlehrer im Hause Millesi und schließlich über reichlich Protektion aus diesem Hause, zum anerkannten Beamten, heute würde man sagen zum Manager der Hüttenberger Eisenwerksgesellschaft AG. Der große Rainerhof in Klagenfurt trägt seinen Namen.
Die Großmutter des Arthur hieß Franziska Rainer, geborene Buzzi, und galt als Schutzherrin des Bürgerlichen Frauenvereines Goldhauben St. Veit. Bis hier her könnte man noch von Bürgerlichen sprechen, wäre nicht deren Mutter Pulcheria Buzzi eine geborene Millesi und damit von Adel gewesen. Den vornehmen Millesi hat es wenig gestört, die reiche Erbtochter Pulcheria des letzten Bauerngewerken Wolfgang Rauscher in der Mosinz zur Frau zu nehmen. Von Arthur Lemisch aus betrachtet war sie seine zweifache Urgroßmutter. Geld zu Geld fand sich scheinbar immer leicht, egal welchen Standes man war. Wenn dann noch die erbfähigen Söhne ausblieben und nur mehr schwere Erbtöchter vorhanden waren, dann kam es durch Heiraten leicht zu enormer Vermögensansammlung und dazu, dass eines schönen Tages ein Nachkomme mehr erbte als er jemals selbst schaffen oder erarbeiten konnte. Glücklicherweise hatte Dr. Arthur Lemisch Geschwister, so dass es zwischendurch auch wieder einmal zur Vermögensteilung kommen konnte. VIII/2010
Erstelle kostenlos eine Website oder ein Blog auf WordPress.com.
Entries und Kommentare feeds.