Unterer Platz 13 und 14

November 7, 2018 um 16:33 | Veröffentlicht in St.Veit | 1 Kommentar
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Wo sich heute die Cafe-Konditorei Taupe ausbreitet, verstecken sich eigentlich zwei Hausnummern. Haus 13, direkt an die Stadtmauer gestellt, hat Taupe 2009 käuflich an sich gebracht, während Haus 14 nach wie vor im Eigentum der Familie Panger steht. Nach Ableben des Betriebsinhabers 1981 sind/waren hier mit Taupe, der Reihe nach Kelag, Volksbank und Wettbüro Glock alle nur zu Miete.

Ein Nachweis der  Eigentümer ist  in beiden Fällen bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts zurück möglich. Am Hause 13 ruhte eine alte Seiler Gerechtsame. Die Kastel (oder Kästel) und Reinböck waren bürgerliche Seilermeister. Dabei kam Johann Reinböck aus Oberösterreich, heirate des Meisters Tochter Katharina Kastel, wurde 1853 Vater des jungen Johann und 1862 als Bürger von St. Veit aufgenommen. Dieses Haus hatte nach hinten hin einen schmalen, langen Zubau um darin auch lange Seile herstellen zu können. Taupe hat den Zubau abgetragen und an dessen  Stelle einen reizvollen Sitzgarten mit Terrasse entstehen lassen. Von der Frau Vorbesitzerin, Maria Sörschen ist bekannt, dass sie während der St. Veiter Kulturtage „Kontraste“ an damals noch wenig bekannte Größen der österreichischen Literatur Privatzimmer vermietet  hat, weil Hotelzimmer nicht genug zu haben oder vielleicht zu teuer ? waren. Tochter Helga, in Amerika lebend, bewahrt noch das einstige Gästebuch. Gatte Max wirkte an dieser Adresse als Installateur gegen harte Konkurrenz aus dem Nachbarhaus!

Das Panger Haus Nr. 14 hingegen war über viele Generationen ein Glaserer Haus, nachdem hier  für 18 Jahre der Fleischhauer Sebastian Meisterl einzog, folgte ein Spenglermeister mit Namen Johann Kießlinger, geboren  1871 in Feldbach. Dass dessen häusliches Glück perfekt war, muss bezweifelt werden, weil seine bald von Tisch und Bett geschiedene Maria danach Witwe und Ehefrau von Hubert Panger (1888-1967) geworden ist. Panger der Ältere war, so man seinem Nachruf in Tageszeitungen glauben schenkt, als Handwerksbursch und Spengler weit in der Welt herumgekommen, ehe der am Unteren Platz einkehrte und dort verblieb. Er diente zuvor „bei Meistern der Schweiz, Liechtenstein, in Italien (vermutlich wohl Südtirol?),  in den Kohlerevieren Thyssen in Wuppertal“. Als 1952 die erste Gattin und Mutter seines Sohnes Hubert starb, ging er mit Grete Panger (1902-1975), der bekannten Heimat Dichterin von St. Veit, seine zweite Ehe ein. Der Vergleich von zum Glück vorhanden gebliebenen Geschäftskorrespondenzen  lässt die stete betriebliche Aufwärtsentwicklung von Vater und gleichnamigen Sohn so recht erkennen: Hieß die am Hause angebrachte Firmentafel seit Kießlingers Zeiten bescheiden „Bau- und Galanteriespenglerei“ und firmierte der alte Panger allein mit Stampiglie recht bieder „Bauspenglerei und Sägespäneöfen“ so prangte danach auf prachtvollem Firmenpapier (aus der Druckerei Schlick) „Panger & Sohn – Installationen – Sanitäre Einrichtungen – Zentralheizung – Blitzableiter – Turm- und Dachanstriche“. Es ist dies zugleich ein Abglanz dessen, wie sich der Wohnkomfort in Stadt und Land langsam gebessert hat,  aber immer noch mit Sägespäneöfen!“  Zu diesen Öfen muss gesagt werden, dass sie beliebt und weit verbreitet, wenn auch nicht ganz leicht zu handhaben waren. Ihr Vorteil, heizen war billig, denn wo immer es Sägewerke gab, waren die Sägespäne wohlfeil zu haben. Bei Panger ging man eben immer mit der Zeit! Hubert Panger jun. (1921-1981) war nicht nur ein gewiefter Gewerbetreibender, nein  auch ein Mann des öffentlichen Lebens. Er verstand, ganz erfolgreich gegen den Strom zu schwimmen. Wie das? Während Geschäftsleute  jener  Tage in der Regel der konservativen Partei zuneigten, war Panger frühes Mitglied  der Sozialistischen Partei,  roter Funktionär in der Gewerbekammer, Gemeindemandatar und Vizebürgermeister. Gut, es hat ihm nicht geschadet, denn Land und Stadtgemeinde waren ja auch rot.  1964 empfing Hubert Panger vom Bundespräsidenten gar den  Kommerzialrat-Titel.  Der Erwerb der Herzogsburg ist allerdings noch des Vaters Werk gewesen, wohin die Familie 1960 übersiedelte.

 

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