Face-Lifting am Personenbahnhof St. Veit/Glan

Februar 26, 2014 um 18:54 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen Kommentar
Schlagwörter: , , , , , , , , , ,

Im Jahre 1912, als die Titanic im Nordatlantik auf einen Eisberg auffuhr und sank, meinte man in unserem Städtchen noch, es würde hier mit dem neuen Hauptbahnhof die Sonne einer gesicherten und viel versprechenden Zukunft aufgehen. Der erst einmal in Gang zu bringende Fremdenverkehr würde jetzt mit Sicherheit Gäste aus der ganzen Monarchie nach St. Veit bringen. Eine wirtschaftliche Belebung wäre die logische Folge. Endlich sollte St. Veit direkt am Schienenstrang Wien-Triest Anschluss finden. Die Zeit, wo die Schnellzüge von Launsdorf die Strecke über Podeblach nach Glandorf und weiter nach Klagenfurt nahmen, wäre dann endlich vorbei. Die Kronprinz Rudolfsbahn käme von Launsdorf, Reipersdorf und über die hohe Brücke bei Keutschachhof direkt nach St.Veit. Im sogenannten Gleisdreieck ging es dann links nach Glandorf, rechts in das Glantal und über die bereits bestehenden Strecken weiter nach Klagenfurt bzw. Feldkirchen-Villach.  Dort gab es 1869 vorerst noch keine Anbindung an die private Südbahn, die 1863 von Marburg her kam, weil sich die Südbahn noch eine zeitlang zierte. Die Konkurrenzbahn hatte daher in beiden Städten zunächst noch eigene Kopfbahnhöfe, also je einen Rudolfsbahnhof zu bauen.

Ein Bonmot von damals: Was haben die Beamten der Südbahn denen der Rudolfsbahn voraus? Ganz einfach, die Rudolfsbahner haben die Krone auf der Mütze, die Südbahner hingegen in ihrer Tasche. Die einen waren nämlich Staatsbahner, trugen als Emblem die kaiserliche Krone, die anderen hatten eine Aktiengesellschaft zum Arbeitgeber, verdienten bedeutend besser und hatten das damalige Geldstück, eben die Krone, im Sack!

Nach zweijähriger Bauzeit erfolgte am 30. September 1912 die feierliche Eröffnung. St. Veit hatte ein schönes Schmuckstück mehr. Nicht der Anschluss an das Eisenbahnnetz an sich war es, was es zu feiern galt. Es ging um die scheinbar glänzenden, wirtschaftlichen Aussichten. Leider gab es schon zwei Jahre danach Krieg, nach weiteren vier Jahren den totalen Zusammenbruch des Staates. Alle Hoffnungen waren dahin.

Bleiben wir jedoch vorerst noch im Jahre 1912! Was hier entstand, war ein einmaliges Kunstwerk, höchst modern, ein Bahnhof komplett im Jugendstil. Wo gibt es Dergleichen in der Eisenbahngeschichte? In kleinen Details schimmert heute noch da und dort etwas vom einstigen Glanz in unsere Tage her: da wären einmal die schmiedeeisernen Gitter und Blumenkörbe auf den Bahnsteigen (Körbe nur am Bahnsteig 1) sowie die Verfliesung der Unterführung. Beides wird heute, beim kurz vor dem Abschluss stehenden Bahnhofsumbau, sehr wohl erkannt und nach Möglichkeit bewahrt. Viel anderes Wertvolles ist leider für alle Zeiten verloren. So z.B. der kleine aber stilvolle Warteraum der zum behindertengerechten WC wurde! Aber wo fährt jetzt ein  Zug nach Hüttenberg? Wo findet man die Gebäcksaufbewahrung, wo die Bahnhofsrestauration mit Speiseräumen erster und zweiter Klasse? Wo sind die schönen Innenräume mit ihrer Original-Ausstattung geblieben? Hier werkten einst Fahrdienstleiter mit roter Mütze. Da wohnten einmal Bahnvorstände im Hofratsrang! Immerhin wurden in den besten Zeiten an die 450 Bedienstete der drei Bahnhöfe (Personen- Verschiebe- und Güterbahnhof) von hier aus dirigiert: Stellwerker, Verschub-Personal, Weichensteller, Bahnwächter, Heizhaus-Arbeiter etc. , dann vom fahrenden Personal: Lokführer, Heizer, Zugführer, Schaffner, Kontrolleure etc. etc. Ja ein Hofrat, sein Name ist nicht mehr bekannt, muss es wohl gewesen sein, sonst hätte unser städtischer Kultur-Pabst, Dr. Karl Ginhart,  nicht – ein wenig sarkastisch zwar –  vom Bahnhofgebäude als Hofrats-Stöckl schreiben können. Ginhart war wohl der Meinung, das Bahnhofgebäude hätte sich der alten Stadt, deren Erscheinungsbild und Bausubstanz besser anpassen sollen.

Nostalgie Kopie

Dass man den Tunnel in Richtung Weyerfeld geöffnet hat und dass man jetzt mit Aufzügen Barrieren beseitigt, die Bahnsteige und Stiegen neu gestaltet, muss als Gewinn vermerkt werden.  Wie überhaupt gesagt werden darf, mit der neuen Taktung des Fahrplanes ist Bahnfahren nicht nur für Schüler und Pensionäre, sondern vor allem für Pendler wieder in.

Kleiner D´rüber-Streuer: Als es seinerzeit endlich dazu kam, die Ankunft des ersten Schnellzuges und die hohen Festgäste aus Wien zu erwarten um gemeinsam zur offiziellen Eröffnung zu schreiten, war die St. Veiter Prominenz total aus dem Häusl! Leo Knaus veranlasste namens des örtlichen Männergesangsvereines und nach vorher eingeholter ortspolizeilicher Erlaubnis, einen mitternächtlichen Marsch vom Stern-Hotel über den Unteren Platz, Kasern-Gasse (Herzog Bernhard Platz), Bahnhofstraße (richtig Klagenfurter Straße) zur Haltestelle (heute Westbahnhof) unter Vorantritt der Stadtmusikkapelle. Von dort fuhr man das neue, kurze Teilstück im Sonderzug zum Hauptbahnhof, wo man schließlich der Eröffnungsfeier in den prunkvollen Speisesälen entgegen sah.         Walter Wohlfahrt

Erschienen in Stadt Blattl Jän. 2014

Werbung

Bloggen auf WordPress.com.
Entries und Kommentare feeds.