Die Pulvertürme von St. Veit an der Glan

Juli 6, 2012 um 09:32 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen Kommentar
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Seit urdenklichen Zeiten gehörte zur Stadt ein ärarischer, sprich staatseigener Pulverturm, in welchem nicht Schießpulver allein, sondern auch Sprengpulver sicher verwahrt werden konnte. Das eine für Kriegs- und Jagdereignisse, das andere im Bergbau verwendbar. Ja, es würde nicht wundern, wäre diese Notwendigkeit für unseren Raum nicht erst mit Erbauung des Zeughauses (Burg) im Jahre 1524 – spätestens – gegeben gewesen. Auch einen kk. Pulverinspektor in der Person des Anton Kikinger, Kapitänleutnant i.R., beherbergte die Stadt. Sein Haus hatte er am Hauptplatz Nr. 21, das ist heute das Sternat-Haus. Aber wo lagen die Pulvertürme selbst?

Unsere Stadtregierung hat nicht ganz ohne Grund die Verbindung von der Villacher Straße aufwärts Salpeter-Straße benannt. Also fragen wir dort einmal nach und siehe da, niemand kann dort noch nähere Auskünfte geben. Es existierten zwar alte Situationspläne, die einen Pulverturm, ein Gradierhäusl, ein Salpeter- und Schwefelmagazin, ja sogar ein Wachthaus nennen. Was steht davon eventuell noch und wo? Vage Hinweise helfen da wenig, eher eine Nachschau im alten Grundbuch mit den dort vorkommenden Bauflächen-Nummern.

1) Der Pulverturm stand auf Baufläche 316, genauer gesagt in der Felsnische, in welche heute eine Garage hinein reicht. Er übersiedelte 1902 auf seinen derzeitigen Standort am Muraunberg. Weil die Stadtgemeinde damals für einen neuen Bauplatz sorgen musste, tauschte sie die alten Pulverturm-Realitäten dafür ein. So kam es 1924 zwischen Gemeinde und Josef Zemroser, Wagenaufseher der Bundesbahn, zu einem Kaufvertrag. Zemroser zahlte drei Inflations-Millionen, hatte sich aber schon in § 1 ausdrücklich zu verpflichten, dort ein Wohnhaus zu bauen. Nach einem jahrzehntelangen Kampf der Gemeinde, die ständige Explosionsgefahr für die Stadt und das Hindernis für jegliche bauliche Ausdehnung in diese Richtung los zu werden – nachzulesen in den Lebenserinnerungen der hochverdienten Bürgermeisters Dr. Johann Spöck – wollte man verständlicherweise ganz und gar sicher sein, dass es dort mit Pulverlagerungen ein für allemal vorbei sei. Als Zemroser schon ein Jahr später an Maria Zaloker, verehelichte Weber, weiterverkaufte, wohnte er dort wohl schon, der Neubau aber erst zum Teil fertig. Der Kaufpreis betrug zweitausend neue Schilling. Von 1937 bis 1949 war das Anwesen auf Mathias Thaler, gestorben 1940, und auf die minderjährige Ottilie Thaler angeschrieben. Heute besitzt das Haus Salpeter-Straße 8 und besagte Garage Frau Emilie Gratzer.

2) Das Salpeter- und Schwefelmagazin, Baufläche 321 wurde zum Gemeinde-Wohnhaus Salpeter-Straße 2 mit dem schönen Vitus-Wappen an der Front.

3) Das Wachthaus, Baufläche 322 hat man zunächst auch für Wohnzwecke umgebaut, in den 60ern jedoch zur Gänze demoliert.

Altes Wachhaus

4) Das Abwaaghaus erschein unter Baufläche 315/1

5) Das sogenannte Gradierhäusl hatte die Baufläche 315/2. Die zwei letzteren Gebäude hatten bei der Pulvermanipulation sehr wichtige Funktionen. Einerseits wurden die ein- und ausgehenden Quantitäten gewogen, anderseits im Gradierhäusl die schwach- und hochgradigen Pulversorten festgelegt. Das kleine Gradierhäusl steht noch in alter Größe und Form links an der bald im Grünen auslaufenden Salpeter-Straße. Die Gebäude 3 und 4 bilden heute eine Besitzeinheit unter der Adresse Salpeterstraße 13 des Johann Krassnitzer.

Damit wäre die Örtlichkeit eines lange währenden, im wahrsten Sinne des Wortes hochprisanten Tuns am Rande der Stadt abgesteckt. Für den Pulverturm, genauer gesagt für den Turm III wird 1778 als Baujahr angegeben. Ein Pulverturm II ging nämlich ums Jahr 1760 mit Getöse in die Luft. Er stand weiter von der Stadt entfernt, am Wege zum vlg Pueller Hof. Obwohl angeblich nur ein bescheidener Vorrat gegeben gewesen sein soll, hat diese Detunation größte Schäden verursacht. Man munkelte damals, der Pulverinspektor hätte zwecks Verschleierung von Mengen- und Kassendifferenzen den Turm höchst persönlich hoch gehen lassen.

Von den Bauten 2 und 3 weiß man das Baujahr ebenfalls, es war 1818. Es steht vermutlich im Zusammenhang mit dem Bau der Salniter-Plantage in Glandorf. (Salniter ist das alte Wort für Salpeter). Hat man in der langen Zeit davor, das für die Pulverherstellung nötige Salpeter noch durch Salpeter-Graber, die sogenannten Saliterer in Viehställen und Latrinen alter Häuser mühsam zusammen gekratzt, so geschah nach den Napoleonischen Kriegen die Salpetergewinnung auf industrielle Weise. Das ist allerdings eine andere Geschichte.

Lange Zeit galten u.a. die Pulvermühlen von Hörzendorf als Zulieferer.

In der Chronik von Ludwig Koller – er lebte ca. von 1810 bis 1890 – ist festgehalten, es  „zersprang“ 1616 im Mühlbachgraben aus unbekannter Ursache das dortige Pulvermagazin und ruinierte sehr viele Häuser. Wir setzen dieses Magazin gleich Pulverturm I.

Walter Wohlfahrt in Sankt Veit Kommunal VI/2001 teilweise  neu 2012

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Alte Stadtwache

Mai 24, 2012 um 14:37 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen Kommentar
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 Es ist wohl einleuchtend, daß eine alte Stadt wie die unsere schon früh eigene Organe für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung benötigte. Richter und Magistrat waren immerhin Errungenschaften der ältesten Zeit, wenn diese auch fast ausnahmslos die Rechtsbeziehungen von und unter den behausten Bürgern zu regeln hatten. Wer war aber damals für das einfache Volk zuständig? Da muß man wohl sehr weit zurückblättern, sofern überhaupt noch etwas darüber zu finden ist!

 Die Ratsprotokolle von 1752-1756 – sie befinden sich jetzt im Kärntner Landesarchiv –  enthalten diesbezügliche Beschlüsse des Jahres 1756 unter den Foliozahlen 58, 167 und 222. Ein einziger Eintrag sei stellvertretend zitiert. Es geht dabei um Johann Roßmann, Petlrichter, der angeblich damals „schon vor sieben Jahren zu diesem Dienste aufgenommen worden“ und mit dem ersten Kleid, sprich Dienstuniform, beteilt worden war. Sein Ansuchen um eine neue „Libarey“ (Libree = Uniform) wird vom Rat dahin beschieden, daß ihm ein neuer Rock gegeben werde und ihm der Schwarzrock (Kaufmann, selbst Ratsmitglied und zeitweilig sogar Bürgermeister) eine Hose liefern solle. Zur Deutung des Begriffes Petlrichter ist ein Judenburger Ratsprotokoll – siehe „Steirischer Wortschatz“ von Theodor Unger, Graz 1903 – vielleicht hilfreich. Dort wird der Bettelrichter im Zusammenhang mit Schelmen und Dieben genannt. Demnach hätte also unser guter Roßmann wohl hauptsächlich auf diese Klientel sein waches Auge zu werfen gehabt.

 Die Jahres-Rechnung der Stadt von 1849/1850 hat zwei Turmwächter und zwei Platzwächter auf der „Lohnliste“. Man wird nicht weit fehl gehen, in den Turmwächtern die im Dienste schichtweise abwechselnden Männer für den Feueralarm, in den anderen die für die allgemeine Sicherheit Zuständigen zu erblicken. Wie immer die Namen für den Wachkörper offiziell  auch lauteten werden,  für Ordnung war gesorgt. Friedrich Knaus schreibt in seinen Lebenserinnerungen, daß zu Ende der 1860er Jahre die Funktion der Nachtwächter durch den Polizei-Mann Legat ersetzt worden sei. Altbürgermeister Dr. Spöck erwähnt in seinem Bericht (Seite 120), daß es im Jahre 1912 einen Polizei-Wachtmeister und zwei Wachmänner gegeben hätte. Von einem Statut und einer Dienstvorschrift der Städtischen Sicherheitswache des Jahres 1897 berichtet übrigens das jüngst digitalisierte Stadtarchiv! Letzteres ist sogar zunehmend ergiebig, indem 1909 von einer Statistik der Jahrestätigkeit, 1913 über eine Anfrage wegen Bezügen und Dienstinstruktionen, gerichtet an die Stadt Gmunden die Rede ist, bzw. 1914 ganz allgemeine Erkundigungen zur Polizei-Wache in Brixen/Südtirol eingeholt werden. 1915 wird ein Aushilfswächter am Turm, in der Person des Franz Puschnig, angestellt. Die Feuerwache befand sich zu jener Zeit bereits im Kirchturm der Evangelischen Kirche, wo es schon deutlich wohnlicher war als im Turm der Stadtpfarrkirche, wobei die Stadt aus diesem Grunde auch einen entsprechenden Beitrag zum Turmbau geleistet hat.

 In den Krisenjahren 1918 bis 1920 hört man nur von einer „Bürgerwache“ , also einer Art Selbsthilfeorganisation, welche die Stadtbewohner vor Plünderungen und Übergriffen zu schützen trachtete. Erst 1921 kann man wieder von geregelten Verhältnissen sprechen. Es gibt eine Sicherheitswache mit 3 Wachmännern. Einer davon wird wohl das Kommando innegehabt haben. In diesem Jahr kommt es kurioserweise zum Beschluß, für die Ergreifung von Schleichhändlern etc. der Sicherheitswache und Gendarmerie eine Prämie auszusetzen. Von 1925 bis 1931 heißt es nur noch „Städtische Sicherheitswache“ und zwar geht es 1926 und 1929 jeweils um einen Jahresrapport und um den Autoverkehr (!), 1928 um verschiedene Verordnungen, wie etwa solche zur Stadthygiene, 1930 um Gehaltsfragen und 1931 um einen umfassenden Tätigkeitsbericht. Einen Einblick in die verschiedensten Dienstobliegenheiten der Städtischen Sicherheitswache bietet ein Auszug aus dem Jahresrapport von 1928, welcher vom Revierinspektor Johann Plöb persönlich gezeichnet wurde. Er lautet in Stichworten wie folgt: Betrug, Sittlichkeitsdelikte, Einschränkung der persönlichen Freiheit, Wachebeleidigung, Entweichung aus dem Elternhaus, 90mal Trunkenheitsexzesse,

1 Brand, 2 Selbstmorde, in Summe rund 20 Anzeigen, Einhebung von Lizenzgeldern für Sperrstundenüberschreitung, von Standgeldern an Wochenmärkten sowie von Strafmandaten und einiges mehr. Es ist ein weites Betätigungsfeld, was sich hier abzeichnet. Eine Notiz vom Mai 1933 in den städtischen Analen, entbehrt auch nicht einer gewissen Heiterkeit: Josef Klimbacher erwartet die Befreiung von der Hundesteuer, weil er außerhalb der Stadt wohnt und mit einem Schutz durch die Stadtwache nicht rechnen könne…… Dazu sollte man wissen, daß die seit 1850 bestehende Gendarmerie tatsächlich die längste Zeit nur für die Vorstädte und darüber hinaus, nicht aber für die Innenstadt zuständig war. Auch haben die Gendarmen nicht ganz zufällig ihren Sitz bis heute noch und nur mit einer einzigen, kurzzeitigen Ausnahme           a u ß e r h a l b  der Stadtmauern!

 Im April 1929 wird Johann Plöb, seit 1.1.1902 als Wachmann der Städtischen Wache im Dienste der Gemeinde, gemäß Bescheid der Landesregierung vom Dienste enthoben, „obwohl er sich nichts zuschulden kommen hat lassen!“ Ab 2 Mai dieses Jahres fungieren Georg Platzer, vermutlich als Kommandant, sowie die Wachmänner Arnold Thomas, H. Baumgartner, Richard Grabner und Florian Raninger, also in der Stärke von fünf Mann.

1936 – wir befinden uns inzwischen in der Zeit des Austro-Faschismus – hören wir davon, daß Josef G. wegen grober Verletzung der Dienst- und Standesvorschriften von der BUNDESSICHERHEITSWACHE entlassen wird, eine offenbar politisch motivierte Maßnahme. Die neue Bezeichnung des Wachkörpers ist entsprechend hervorgehoben.Von Interesse mag auch noch ein Beschluß des Jahres 1936 sein, wonach die Organmandatsstrafen auf jene Höhe angehoben werden sollen, wie bei der Gendarmerie bereits in Geltung..

 Zum Abschluß noch eine, wenn auch nicht vollständige Liste der länger gedienten und daher noch namentlich bekannten Stadtpolizisten: Franz Pucher, Georg Platzer, N. Roth, dessen Sohn beim Juli-Putsch 1934 dabei war, N. Jechart, er malte angeblich – und wenn sich mein Gewährsmann richtig erinnert – 1945 nicht Bilder, sondern Titosterne auf einige Häuser, Jakob Ebner, Hans Trixner, N. Juri, N. Selmaster, Johann Schuster, Ernst Mertelj, Hubert Heilig, Hans Wolf, Georg Koller und Stefan Robinig. Das Kommando hatten seit 1945 N. Selmaster, der wiedereingestellte N. Preißegger und bis zum Ende Polizeibezirksinspektor Alois Petautschnig.

 1971 wurde die inzwischen Stadtpolizei genannte und zuletzt fünf Mann starke Einrichtung der Stadtgemeinde endgültig aufgelöst und der Gendarmerieposten St.Veit hatte von nun an die alleinige Zuständigkeit für alle Belange der öffentlichen Sicherheit innerhalb und außerhalb der Stadtmauern. Die Ereignisse rund um die Postenauflösung wären ein eigenes Thema und sollen einer späteren Behandlung vorbehalten bleiben. Nur so viel, wäre die „Chemie“ zwischen den Hauptakteuren von damals eine bessere gewesen, so hätte St.Veit gleich wie viele andere, selbst kleinere Städte, noch immer ihre eigene Stadtpolizei.

Walter Wohlfahrt

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