Zur Wirtschaftsgeschichte von St.Veit/Gl

Juni 12, 2017 um 18:05 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen Kommentar
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Pogatschnig, des Ledermachers Besitztümer

 Andreas Pogatschnig (Pogacnik  1830-1907) war Wirtssohn und Lederer,  stammte aus Dobrova in Krain und kam in jungen Jahren nach St. Veit.  Aktenkundig wurde er hier, als er 1860 mit Johanna,  Witwe nach Eduard Kronegger, dieser einst ebenfalls Lederermeister Hauptplatz 4, seine erste Ehe einging. Dabei nannte er sich ganz stolz „angehender Besitzer des Hauses Weitensfelder Vorstadt 4“, richtig laut Kaufvertrag  Haus Nr. 13,  später unter Adresse Haus Friesacher Vorstadt 10 geführt. Es handelte sich dabei um seine erste Betriebsstätte mit Gerbgruben  an der Grabenstraße, ungefähr zwischen heutigem Finanzamt in Sponheimer Straße und der Spital Gasse gelegen.  Das mit Werkstätte, Kalkmagazin,   2 Lohemagazinen hatte laufendes Wasser und ein Ausmaß von rund 1 Hektar.  

 Schon sechs Jahre später erwarb Pogatschnig von Franz Kraschnig  die Liegenschaft EZ 24 KG St.Veit,  laut  späterer Schätzung  von 1907 bestehend aus „Gebäude ganz gemauert, ein Stock hoch, unterhalb ist eine gewölbte Schmiede, jetzt Kammer, dann eine gewölbte Rauchküche mit offenem Herd darin  eingemauerter Rübenkessel, ein Erdäpfel-Keller, 3 gleiche Lokale für Holz, dann ein großer Gemüsekeller mit drei Fenster. Über eine gemauerte Stiege kam man von der Gassenseite in den ersten Stock, rechts ist ein Getreidemagazin, gewölbte Zimmer und Küche und Speis etc.etc.“

Dazu gehören die umliegenden landwirtschaftlichen Flächen im Ausmaß von mehr als 3 ha.,

1871 kommt es gleich daneben zum Bau eines Stadels, „ganz gemauert und mit Ziegel gedeckt, von der Straße aus gelangt man über eine gewölbte Stadel-Brücke in denselben, unter der Stadel-Brücke eine Schweine-Stallung mit 4 Abteilungen, der große Stall ist gewölbt mit Durchfahrt, steinernen Säulen, fließendem Wasser und bietet Raum für 30 Stück Rindvieh, Tenne mit Futterwurf, Eingang  (in die Tenne) nur von der Straßenseite, Futterbarren und Gebatter“

 

Pogatschnig Stadel von Bäumen verdeckt,  in jüngerer Zeit zu Wohnhaus Gerichtsstraße 1 umgebaut    

u. rechts dahinter das Gurker Stöckl, Gerichtsstraße 3, umgebaut 2015-16  

1887 wurde der Besitz um den angrenzenden „Lichtensteiner Acker“ mit rund 2 Hektar erweitert.

Im Erlgraben, später Vituspark, wurde Bachwasser am nördlichen Hang entlang geleitet. So entstand auf Höhe des ehemaligen Lazarettes ein brauchbares Gefälle. Dort stehen heute noch zwei Gebäude, man nannte diese einmal die Obere- und die Untere Tappermühle. Eine davon wurde von Pogatschnig zu einer Lohstämpfe umgebaut. Aus Baumrinden wurde Gerberlohe gemacht, dies nicht nur für den Eigenverbrauch, auch zum Verkauf. Daneben nennt 1905 der Amtskalender auch die protokollierte Firma Stephan Kleinszig, Inhaberin Maria Kleinszig als Erzeugering von Lohe. Diesmal wohl in Verbindung mit einem Sägewerk.

Das Wohnhaus der Familie befand sich am Hauptplatz Nr. 4 – heute Holzmann. Dieses reicht heute noch vom Platz bis in die Bräuhausgasse. Die gassenseitige Front ist länger als die Platzseite. Es  steht dort heute ein eigenes Wohngebäude. Über den kleinen Hof führte einst eine Holztreppe hinauf in den Arkadengang, welcher das Vorderhaus mit dem Hinterhaus heute noch verbindet. Platzseitig zu ebener Erde befand sich ein Lederwaren-Geschäft, dahinter Magazine und Arbeitsräume.  Stall und Tenne lagen an der Gasse. Im Obergeschoss von vorne nach hinten zu befanden sich Wohn- und Schlafräume der Familie, nach hinten zu Dienstbotenzimmer.

 Im Jahre 1905 gab es in der Stadt laut Kärntner Amts- und Adress-Kalender noch 22 Schuhmacher. Daneben  einen Sattler und Riemer. Taschner wurden nicht mehr genannt. Ebenso, wenn auch weniger zahlreich waren die Schuster in den Nachbarorten. Alles was in diesen Sparten an Rohmaterial gebraucht wurde, konnte von Pogatschnig, aber auch bereits von Johann Trixner, Leder- und Schuhmacher-Zubehör-Händler bezogen werden. Die aufkommenden Lederfabriken, wie Neuner in Klagenfurt wurden aber mehr und mehr zu empfindlichen Konkurrenten. Die Tage eines lokalen Ledermachers waren also  gezählt.

Die Zeit der Schuhfabriken, der Konfektionsware und der örtlichen Schuhhändler rückt immer näher. Das bringt große Veränderungen bei Beschaffung erhöhter Mengen von Lohe ebenso wie von Roh-Häuten. Das wird dazu führen, dass einerseits entlang der Eisenbahnlinien, nahe entsprechender Wälder die sogenannten Rinden-Hütten aus dem Boden wachsen, mit deren Hilfe die Fabriken das Aufkommen des Gerbmittels in eigenen Hände nahmen, anderseits eine neue Sparte von Zwischenhändlern entsteht. Letztere sammelten das regionale Aufkommen bei den Fleischern, lagerten nur kurz und lieferten den Fabriken zu. Im Hofe der Firma Trixner hat es einen entsprechenden Umschlagplatz geben.

 

Über Ziegelbrenner um unserere Stadt

Ganz abgesehen davon, dass schon die alten Römer den gebrannten Lehmziegel kannten, die vielen Backstein Häuser in Europa, ja sogar Kirchenbauten in diesem Material schon lange Zeit bestehen, nannte auch St. Veit als Stadt  einst einen „Ziegelstadel“ ihr Eigen. Um das Jahr 1747 herum war er temporär aktiv. Darüber wurde schon berichtet. Zahllos waren wohl auch  einmal  die Ziegelöfen über ganz Kärnten verteilt. dazu gehört auch jener des Viktor Wigisser in Mailsberg, westlich der Stadt mit seiner berühmten VW Bezeichnung. Heute geht es um die ehemalige Ziegelei Keutschachhof. Es liegt diese zwar schon knapp im Gemeindegebiet von St. Georgen am Längsee, die letzten Betreiber waren allerdings St. Veiter.

Basis für die dort feststellbare Betriebsamkeit im Ziegelmachen, war ein für damalige Zeiten relativ ergiebiges Lehm-Vorkommen. Dieses erstreckte sich von der Brückler-Straße in nördlicher Richtung fast bis zum Burgberg von Taggenbrunn. Der Geländeeinschnitt  wird dort seit 1912 von einer großen Eisenbahnbrücke überspannt. Burgberg und Brunnen, wie passt das zusammen? Was der heutige Besitzer im Burghof von allem angesammelten Unrat  säubern ließ,  war wohl kein Brunnen im herkömmlichen Sinn, sondern  eine Zisterne. Eine solche sollte das Niederschlagswasser sammeln. Damit es sich auf steinigem Untergrund nicht zu bald verliert, hat man den klüftigen Boden möglicherweise mit Lehm ausgekleidet. Bedenkt man, dass in Kärnten „tachenes“ schriftsprachlich „tönernes“ Geschirr  aus Lehm hergestellt, oder auch Kachelöfen damit verschmiert wurden, ergibt sich eine neue, wenn  nicht gar plausiblere Erklärung des Burgnamens, als bei E. Kranzmayer. Auch eine Quelle frischen Wassers gibt es, also einen Lehm- oder Tachenbrunnen.   Von demselben eilt ein kleines Bächlein an der Ziegelei vorbei,  der Glan zu. Der Namen der Ziegelei stammt vom darüber gelegenen Landtafel-Gut namens  Keutschachhof. Dieser Hof bildet zusammen mit dem Areal der ehemaligen Ziegelei heute  noch eine Besitzeinheit. 

Die Chronik von St. Georgen/LS, 2007,  Seite 341 weiß von zwei benachbarten Ziegeleien, die schon 1830 bestanden. Eine im sogenannten Pulawald, die andere im  „Ziegelgraben“, letztere ab 1884 Keutschacher Ziegelofen genannt. 1897 lässt Karl Premig aus Goggerwenig (auf fremden Grund!?) die Ringofenziegelei Keutschachhof errichten.  Der Pulawald hingegen liegt südlich davon und hatte einmal einen eigenen Glan-Übergang, die sogenannte Häferl-Brücke, verschrieben in Käferlbrücke. Eigentlich wiederum ein Hinweis auf die tachenen Häferl! Auf Franz Freiherr von Rayer, von 1859 bis 1885 Eigentümer von Taggenbrunn und Keutschachhof  folgte 1890 Stefan Kleinszig (Jahrzahl mit S.K. am großen Stadel) im Besitze der Burg. Eine Faktura von 7.9.1920, ausgestellt von „Ringofenziegelei und Landtafel Gut Keutschachhof der Marie Jergitsch, Klagenfurt“ belegt eine neue Gewerbsinhaberin. Frau Jergitsch hat wohl mit Jergitsch Ferdinand (1836-1900) zu tun? Unter ihm  hat Klagenfurt bekanntlich die erste Freiwillige Feuerwehr im alten Kaiserreich erhalten. 

1934 beginnt hier die große Zeit des August Voraberger, einem Getreidehändler und Gastwirt von St. Veit. Noch sind die Zeiten wenig rosig, aber 1938 erfolgt plötzlich der geschäftliche Durchbruch. Ein Foto in oben genannter Gemeindechronik zeigt auf eindrucksvolle Weise, dass es über zwanzig Beschäftigte gab, darunter sieben Frauen. Aber bald gab es Krieg, Einrückungen und Produktionsdrosselung. Dass es nach Kriegsende, angesichts der vielen Bauschäden bald wieder aufwärts ging, belegen die folgenden Fotos.

 

Gottlieb Koch im Abbau-Gebiet:
        Modernes Gerät im Abbau

Vorgetrocknete, noch ungebrannte  Ziegel werden zum Ringofen gebracht:

src=“https://altstveit.files.wordpress.com/2017/06/hans-valent-u-kollegen1.jpg?w=202″ alt=““ width=“202″ height=“300″ />Schweres Gerät:

Besuch bei Familie Strasser, dahinter der Ringofen:

August Voraberger, geboren 1891, war schon früh vaterlos, er wird auf eigenen Wunsch  am 7. Feber 1912 vorzeitig gerichtlich für großjährig erklärt. Wie Schwester Rosina, bekommt auch er den väterlichen Pflichtteil von 1.145 Kronen zugesprochen. Eigentümerin wird zunächst Mutter Maria mit der Verpflichtung, ihren Sohn nachfolgen zu lassen. Letzteres geschieht im Jahre 1924. Als junger Getreidehändler und Gastwirt ist die Höhe seines Real-Vermögens noch durchaus überschaubar. Neben Gasthaus und Stallungen gibt es noch ein zweites Wohnhaus an der Reichsstraße, eine hochmoderne Kegelbahn im ehemaligen Stadtgraben und Gemüsegärten. Der Getreidehandel dürfte sich nach Ende der Inflationszeit gut angelassen haben. Sprichwörtlich gehört Voraberger bald zu den einzigen drei St. Veitern, die Geld haben. Ja er wird auch rasch zum Geldgeber bzw. zum Geldverleiher. Sehr vorsichtig werden Darlehen nur gegen grundbücherliche Sicherstellung gewährt. 1934 ist innenpolitisch ein spannendes Jahr, nicht so für August, er kauft sich ein Landtafelgut am Stadtrand und die dort befindliche Ziegelei, nebst Landwirtschaft gleich mit. Die Nachfrage nach Mauerziegel wird sich wohl noch in Grenzen gehalten haben, doch es kommt ja bald 1938! Absatz und Beschäftigtenzahlen werden dann rapide steigen. Noch ist es nicht so weit, Gasthaus und Landwirtschaft ergänzen sich gut. Es gibt weder Mangel an flüssigen Mitteln noch Probleme bei Vermarktung von Korn und Vieh wie überall sonst! 1938 wird im Zuge des neuen Erbhofgesetzes amtlich abgefragt. Vorabergers Besitz ist inzwischen durch Zukäufe auf 210 Hektar angewachsen.
Kriegs- und Nachkriegszeit wird schadlos überstanden. Der bald einsetzende Neuaufbau kommt der Ziegelproduktion sehr entgegen. Doch gemach! Auch andere Ziegeleien, vielfach mit günstigeren Lehmlagern und besserer Verkehrslage treten auf den Plan. Investieren ja, aber nicht zu viel? Wird es sich rechnen oder ist das Rohmaterialvorkommen bald zu klein?
Diese Fragen werden zu bald die Nachkommen beschäftigen und von diesen hoffentlich richtig eingeschätzt werden. August Voraberger wird nicht alt. Er stirbt 1955 mit 64 Jahren. Was er hinterlässt ist äußerst zwiespältig. Ein großes Vermögen ist wohl da, doch die Erbfolge durch familiäre Defizite sehr schwierig. Der Geschäftssinn war viel stärker als der Familiensinn. So musste es kommen, dass binnen weniger Jahre alles komplett zerfiel.

Auch das gehört zu St. Veiter Wirtschaftsgeschichte

Man stell sich vor, unsere Stadt hatte noch keinen einzigen Großmarkt! Viele kleine Läden sorgten dafür, dass jeder Käufer finden konnte, was er suchte. Sogar Markenartikel konnte man kaufen. Weil die Firmen noch keinen großen Aufwand für Werbung trieben, waren gerade einmal die Rechenzettel mit mehr oder weniger ansprechenden Bildern gratis zu haben und sie taten ihre Wirkung, wie man hier sehen kann.
Einen Zeithorizont 1933-37 habe ich in einem durchschnittlichen Haushalt gesammelt und mein Freund Rudi Wadl hat das Gesammelte dankenswerterweise digitalisiert. Viel Vergnügen in unser beider Namen:

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Die „Salniter-Plantagge“ bei St. Veit

Juni 9, 2012 um 17:29 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen Kommentar
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Geht es diesmal um ein Spanisches Dorf? Wer bei diesem Titel „nur Bahnhof“ versteht, mache sich nichts daraus, denn Salniter nannte man vor zweihundert Jahren den Kali-Salpeter und  mit Plantage wurde eine Art Fabriksanlage bezeichnet.

Nachdem wir in den vorangegangenen Ausgaben schon von Pulvermühlen, Pulvertürmen, Schieß- und Sprengpulver, ja selbst von einem Salpeter-Magazin in der Villacher Vorstadt so manches gehört haben, ist es naheliegend, auch über jene Anlage zu berichten, die sich einst in Glandorf befand, dort wo die Klagenfurterstraße und die nach St.Andrä abzweigende Nebenstraße einen Zwickel bilden, und eben den Namen Salniter-Plantagge trug. Alles was davon noch vorhanden ist und gezeigt werden kann, ist der Katasterplan von 1828 sowie der Plan einer vergleichbaren und zeitgleichen Anlage in Himmelberg.

Am Katasterplan trägt die Plantage die Gebäudeflächennummer 329. Sie liegt genau gegenüber der Bleyweis-Fabrik, heute Verwaltungsgebäude der Firma Funder. Damit wäre auch die geographische Lage eindeutig geklärt. Zum sachlichen Geschehen befragt man am besten das Universal Lexikon, Band XXXIII, Seite 1129 ff von Zedler, 1739. Demnach gewinnt man Salpeter aus verfaulten Teilen von Lebewesen oder Pflanzen, Kot und Urin, nur der Luft und nicht der Sonne und nicht dem Regen ausgesetzt. Träger des Salpeters sind lehm- und kalkhaltige Erden. Durch Auslaugen gelangt man zu Kalilauge und diese wird anschließend geläutert.

Die gleiche Quelle, jedoch Band XXII, Seite 134 ff zum Stichwort Mühlen (Pulvermühlen) setzt mit dem geläuterten Salpeter fort, welcher zusammen mit Schwefel und Holzkohle gestampft und zu Schießpulver gemacht wird. Baum, Hammer und Trog müssen dabei unbedingt aus Holz sein, um Überhitzung und Explosion zu vermeiden. Von Hebarmen, Stempel und Wasserrad ist im Zusammenhang mit Pulvermühlen gleichfalls die Rede.

 Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage, Band 17, Seite 484, Leipzig-Wien 1907, Schlagwort „Salpetersaures Kali“ ist schon ausführlicher: „Salpeterplantagen betrieb man, indem man Dünger tierischer Abfälle etc. mit lockerer, humusreicher Erde, Mergel, Bauschutt, Holzasche etc. schichtete und etwa 2 bis 3 Jahre mit Stalljauche feucht hielt. Diese Masse enthält reichlich Kalisalpeter neben salpetersaurem Kalk etc.. Die durch systematisches Auslaugen erhaltene Lösung wird mit Pottasche versetzt (gebrochen) um Kalk und Magnesia als Kohlensäuresalze zu fällen und so salpetersaures Kali zu bilden. Die geklärte Lauge wird verdampft, wobei sich ein großer Teil der fremden Salze ausscheidet und dann zur Kristallisation gebracht werden kann. Gegenwärtig (1907) wird bei weitem der meiste Salpeter aus Chilesalpeter (Natursalpeter) hergestellt.“

Die Festschrift für Dr.Alfred Ogris, Klagenfurt 2001, enthält auf Seite 369 einen sehr interessanten Aufsatz von Dr. Friederike Zeisberger (Salzburg) mit dem einschlägigen Thema „Zur industriellen Salpetergewinnung um 1800 in Salzburg und Kärnten“ Die dort u.a. geschilderte Salpeter-Plantage von Himmelberg (siehe Plan!) erlaubt zahlreiche Analogieschlüsse zu unserer heimischen Anlage in Glandorf. So liest man dort beispielsweise von einer Salpetersiedhütte, von des Saliterers Wohnung, von einer Ziegelplantasch, von einem Behältnis des ganz verfertigten Salpeters (vergleichbar unserem alten Salpeter-Magazin in der Villacher Vorstadt) und nochmals von bereits geschilderten Produktionsabläufen.

Ein kurzes vollständiges Zitat daraus lautet: „Natronsalpeter kommt in großen Lagern in der Natur vor, da er durch Verwesung stickstoffhaltiger organischer Substanzen bei geringem Niederschlag entsteht. Der Name leitet sich von Sal petri, d.i. Felsensalz, ab. Bei uns wurde der wertvolle Stoff (in früherer Zeit) hauptsächlich in Ställen (aber auch nahe von Jauchegruben städtischer Häuser) durch Saliterer genannte Arbeiter von den Wänden abgeschabt. Der in Kärnten wiederholt vorkommende Familienname „Saliterer“ oder „Saliternig“ ist von diesem Beruf hergeleitet.“ Die Saliterer genossen große Freiheiten und Befugnisse. Anderseits war ihnen aber nicht erlaubt, außer Landes zu ziehen.

Der in napoleonischer Zeit stark gestiegene Bedarf an Schießpulver einerseits und die unerträglich gewordenen Eingriffe seitens der Salnitergräber anderseits führten dazu, daß man immer intensiver nach industrieller Herstellung von Salpeter trachtete. In unserem Falle scheint  J. Erwarth, seines Zeichens Rosthorn’scher Oberhutmann und von 1828 bis 1832 auch Eigentümer des Hauses Villacher Vorstadt Nr. 156 der Pionier gewesen zu sein, obzwar die Kärntnerische Zeitschrift von Simon Martin Mayer, 5.Band, Klagenfurt 1826, Seite 169 Freiherrn Johann Mathias von Koller als Inhaber von Bleiweiß- , Saliterfabrik und Papiermühle anführt. Erwarth war es jedenfalls, der 1828 die Salniter-Plantage samt Wohn- und Stallgebäuden, Garten, Kessel und Salnitererzeugungsgerätschaften um 400 Gulden an Gräfin Katharina von Egger (eine geborene Freiin von Koller) verkauft, sich aber die Salnitererzeugungsbefugnis ausdrücklich vorenthalten hat. (Landesarchiv, Handschriften, Signatur 204C, Folio 22). Von Katharina Egger ging die Anlage (Haus Nr. 239) infolge Schenkungsvertrag vom März 1837 (ebenda, Folio 143) an ihren Sohn Gustav Graf Egger, obzwar wiederum ein anderer Vermerk von 1834 aussagt: „Haus Nr. 239 Egger demoliert“!

Das Grundbuch der Kammerstadt St.Veit 1743ff, erwähnt unter Folio 175 einen Übergabsvertrag von 1837 an Graf Egger betreffend eine SALMIAK-FABRIK im Erlgraben, Weitensfelder Vorstadt Nr.181, die sicher in einen Zusammenhang mit der Salpetergeschichte zu stellen wäre. Weil zu jener Zeit nur bewohnte Häuser eine Nummer zugeteilt bekamen, kann es sehr wohl sein, daß die Salniter-Plantage weiter bestanden hat und nur das Arbeiterwohnhaus zum Abbruch gelangt ist.

1845 erscheint die letzte Notiz. Die Salniter-Plantage hat jetzt die Hausnummern 258 bis 260, ist immer noch im Besitze von Graf Egger, aber an einen gewissen Johann Riegler verpachtet. Beschäftigt sind 19 männliche und 9 weibliche Bedienstete. (Landesarchiv Katalog 18, Signatur 119/1529). Der Standort für eine derartige Anlage an angegebener Stelle darf als sehr geeignet bezeichnet werden. Stroh und Jauche gab es am nahen Kollerhof, Brenn- und Kohlholz im angrenzenden Muraunberg und wenn nicht alles täuscht, befand sich gleich nebenan ein Kalkbruch. Vielleicht hat sogar der nadelreiche Waldboden eine Rolle gespielt?

Auch in St.Veit gab es einen k.k. Pulver- und Salniter-Inspektor. Als Josef Koller 1799 den Bürgereid ablegte, trug sein Vater schon einige Jahre obigen Titel. Soviel zur alten Industrie-Geschichte von Glandorf. Heute wird dort, dank unserer initiativen Kommunalpolitik, moderne Industrie-Geschichte geschrieben.

Walter Wohlfahrt in „St. Veit Kommunal“  Juni 2002

25 Jahre Restaurant Vitus-Quelle

Mai 28, 2012 um 10:34 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen Kommentar
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Die Eröffnung eines modernen Restaurationsbetriebes durch Frau Trudelinde Kircher am 5. April 1974 bedeutete einerseits einen weiteren Bruch in der vorausgegangenen Nutzungsart des altehrwürdigen Hauses im Erlgraben, man steht jedoch als beliebte St. Veiter Gastwirtschaft in einer guten, jahrzehntelangen Tradition. Man sollte sich daran erinnern, dass hier durch zwei Jahrhunderte so manche gesellige Runde sich ihres Lebens, der eine oder andere der Stärkung oder Wiedergewinnung seiner Gesundheit erfreuen durfte.

Viel wurde über die Vitus-Quelle und das gleichnamige „Mineralbad“ schon  geschrieben, aber längst noch nicht alles gesagt! Da wäre einmal der gelehrte Chemiker Josef Mitterdorfer mit seinem Aufsatz „Die Mineralquelle im Mühlbachgraben bei St.Veit“ in Carinthia 10.7.1824 zu nennen. Er liefert darin nicht nur die chemische Analyse des Vitus-Wassers, empfiehlt nicht allein Trinkkuren bei Verdauungsbeschwerden, Blasenleiden, Katarrhen und Blutarmut, sondern vergleicht dessen Eignung für Vollbäder sogar mit den Heilquellen von Liebenwerda in Böhmen und Ruhla bei Eisenach. Man würde zu weit gehen, wollte man darin lediglich ein Gefälligkeitsgutachten erblicken. Die Erwähnung des Badehauses und die handfeste Empfehlung, endlich Quellwasser anstelle des gewöhnlichen Bachwassers ins Haus und in die Badewannen zu leiten, spricht aber vielleicht doch für eine teilweise Anlaßarbeit. Es heißt nämlich wörtlich „für das schon seit mehreren Jahren mit vielen Bequemlichkeiten eingerichtete, öffentliche Badehaus ….. wird bis jetzt nur das Wasser des vorbeiströmenden Mühlbaches verwendet, welches auf Verlangen gewärmt und durch künstliche Zusätze als Stahl-, Schwefel- oder Kräuterbad benützt und ziemlich stark besucht wird.“

In einer Reihe „Kärntner Bäder“ im Südmarkkalender 1932 Seite 145 befaßt sich Norbert Rainer gleichfalls mit dem Thema. Neben Mitterdorfer zitiert er ein Gutachten des landschaftlichen Apothekers Johann Hollemschnig aus Klagenfurt, wonach das Wasser der Vitus-Quelle obendrein bei Blähhals gute Ergebnisse bringe. Auch soll nach Hollemschnig 1877 bei der Wahl des Standortes des Barmherzigen Spitals die Nähe zur Vitusquelle mit eine Rolle gespielt haben. Rainer erwähnt Verdienste der St. Veiter Schützengesellschaft um die Quelle und um die Schaffung eines bequemen Zuganges dorthin sowie die Leistungen des St. Veiter Verschönerungsvereines für den Vituspark ganz allgemein. Im Zuge einer kleinen Besitzgeschichte wird sich noch zeigen, dass der Anregung Mitterdorfers auf Zuleitung des Quellwassers zum Bad bald nachgekommen wurde.

Eine weitere, nicht unwichtige Geschichtsquelle ist eine Art Gästebuch oder Chronik des Hauses. Wenn auch der Zustand des Buches nicht der beste ist und eine Neubindung nicht schaden könnte, sind daraus doch etliche Einblicke, sogar Daten zu gewinnen. Abgesehen vom Ersteintrag 30.10.1832 beginnen regelmäßige Gästnotizen doch erst im Jahr 1841 um später von Einzelnotizen 1863, 1870, 1878 gefolgt zu werden, ehe sich ab 1880 wieder öfter und bis 1887 durchgehend Anwesenheitsbeweise, lustige und ernste, finden. Etwa: „Habe gebadet – glaubte geheilt – leide noch immer – an Heimweh nach St. Veit“ oder „Bade hier seit zwölf Jahren – nie krank, Anderluh 1.5.1882“ Unter den Badegästen bilden St. Veiter und Klagenfurter naturgemäß die Mehrheit, es finden sich aber auch Prager, Wiener und Budapester! In der Chronik finden sich das Wappen der Freiherrn von Koller, eines der Grafen Egger und eine gezeichnete Ansicht des Bades mit Gärtnerei von Frd. Jeluschnig 1840.

An Hand weiterer in die Tiefe führender Unterlagen des Stadtmuseums sowie ergänzender Nachschau im Kärntner Landesarchiv ist es möglich, eine geschlossene Besitzerreihe, um Details ergänzt, darzubieten:  Erbauer und erster Eigentümer des öffentlichen Badhauses von 1820 war Johann Mathäus Frh. von Koller, ein Sohn des 1805 verstorbenen Eisenhandelsherrn gleichen Namens. Dass die erste Absicht, die man mit diesem Bau verfolgte, nicht dem Kurbaden, auch nicht dem persönlichen Gebrauch galt, sondern der armen Stadtbevölkerung zu regelmässiger Körperpflege dienen sollte, geht wohl daraus hervor, dass anfänglich eben nur Bachwasser zur Anwendung kam. Nach frühem Ableben des Gründers erbte 1828 dessen Schwester Katharina, verehelichte Gräfin Egger neben dem Palais am Oberen Platz (heute Bezirkshauptmannschaft), den anderen Stadthäusern, Rasnig-Mühle und Bleiweißfabrik etc. etc. eben auch die „Badeanstalt in der Mühlbacher Vorstadt“. Gräfin Egger griff Mitterdorfers Anregung gleich auf und leitete Quellwasser direkt in die Wannenbäder. Eine neue Qualität des Haus war die Folge. War vielleicht bisher mit einer Badedienerin das Auslang gefunden worden, so ergab sich bald die Notwendigkeit der Unterbringung und Verköstigung von Gästen. Frühestens ab 1830 darf also mit erstem Gastbetrieb an dieser Stelle gerechnet werden, wenn auch ein solcher noch nicht ausdrücklich Erwähnung findet.

Auf Katharina Gräfin Egger folgte 1837 ihr Sohn Graf Gustav. In seine Zeit fallen schon viele Eintragungen im erwähnten Gästebuch. Ob allerdings und wie sehr sich die gräftlichen Herrschaften mit dem Kurbad identifizierten, ist schwer zu sagen. Haben sie das Personal selbst geführt, oder das ganze Haus einfach einem Pächter überlassen? Auch diese Frage muss offen bleiben.

1859 tritt jedenfalls ein neuer Eigentümer auf den Plan, Franz Puntschart. Dieser hat dem Grafen Egger nicht nur das Badhaus, nein noch einiges mehr, vorallem aber die Bleiweißfabrik abgekauft. Puntschart und Bleiweißfabrik bilden übrigens ein eigenes Kapitel im Lebensroman von Dr. Sebastian Weberitsch, Seite 99 ff. Dort ist nachzulesen, wie leicht der herzensgute und freigibige Mann von Zeitgenossen ausgenützt werden konnte. Es müsste nicht wundernehmen, wenn sich auch beim Badhaus die übereifrigen Handwerker gegenseitig ein Geschäft zugeschanzt hätten, so wie sie es bei der Fabrik getan haben. Schon drei Jahre später verkaufte P. an August Rauscher. Auch mit der Fabrik hatte P. wenig Glück. Er starb als ein weitum geachteter, aber armer Mann und war doch einst steinreich gewesen!

August Rauscher war für 15 Jahre Eigentümer und gab das Anwesen 1877 an Jakob Meßner, Fabriksbesitzer in Rottenmann ab, der jedoch noch im gleichen Jahr an Sebastian Weberitsch, Handelsmann in St.Veit „das Badhaus im Erlgraben, Haus Nr. 178alt/20neu um 2.677 Gulden“ weiterverkaufte. Die Erwähnung doppelter Hausnummern zeigt an, dass wir uns gerade in jener Zeit befinden, als man die einfache Durchzählung aller Häuser aufgelassen und mit separater Zählung pro Vorstadt begonnen hat. Vom Gesamtpreis entfielen 177 Gulden auf Fahrnisse, was bedeutet, dass die Einrichtung von Bad und Gasthaus nicht all zu kostbar gewesen sein kann. Im § 7 war vorgesehen, dass die Rücklegung des „Personalen Wirtsgewerbes“ zu Gunsten des Käufers erfolgen musste. Da sich Weberitsch nachweislich zu keiner Zeit als Wirt, sondern ausschließlich als Bäcker und Handelsmann betätigt hat, war vermutlich ein vorhandener Bad- und Gasthauspächter mit zu übernehmen. Weberitsch war es vielleicht nur um Geldanlage und um den sicheren Absatz seiner Backwaren zu tun. Er dürfte jedoch auch einige Verbesserungen, insbesondere am Gebäude haben vornehmen lassen, denn beim Weiterverkauf an Karl Honerlein am 26.1.1885, also nach nur viereinhalb Jahren betrug der Kaufpreis 5.700 Gulden und der des Inventars nur noch 100 Gulden. Davon waren 2.000 in bar zu begleichen, der offene Rest zur späteren Ordnung pfandrechtlich sichergestellt. Zwei Vertragsklauseln sind von besonderem Interesse.  Punkt 5, Wasserleitung und Wasserleitungsrecht aus der Vitusquelle gehen als Zubehör der Realität auf den Käufer über. Punkt 6, der Verkäufer verzichtet zu Gunsten des Käufers auf die Wirtskonzession oder er überläßt ihm diese pachtweise. Die auffällig Wertsteigerung mag vielleicht auf die rechtliche Regelung des Wasserbezuges zurück gehen. Für Hörnerlein, einen Privaten aus Klagenfurt, ist  es ein rein spekulatives Geschäft, denn er findet schon im Jahr darauf in Fräulein Maria Strauß eine Käuferin, die ihm 6.000 Gulden zahlt. Ein leichter Gewinn von 200 Gulden. Auf der Liegenschaft haftet noch immer der offene Kaufpreis per 3.800 zu Gunsten des Weberitsch. Die neue Käuferin übernimmt die Hypothek in ihr persönliches Zahlungsversprechen und ist mutig genug, ein neues Darlehen von 2.500 Gulden bei Frau Franziska Lemisch, geborene Rainer, Mutter des Dr. Arthur Lemisch, aufzunehmen. Oder sollte man nicht lieber die Großzügigkeit der Geldgeberin loben? Es kam nämlich, wie es kommen musste, wenn sich jemand ohne Bares und vielleicht auch ohne ausreichende Geschäftskenntnisse auf geschäftliche Abenteuer einläßt. Übrigens, auch in diesem Falle wiederholten sich die Bestimmungen in puncto Quellwasser und Konzession. Fräulein Strauß dürfte ein paar flotte Jährchen als Wirtin hinter sich gebracht haben, die Zahlungstermine der Silberegger Brauerei blieben von ihr jedenfalls unbeachtet. Kurzum, im August 1890 schritt man zur Zwangsversteigerung des Badhauses. Weberitsch war zur Rettung seiner Forderung gezwungen, mitzusteigern und bekam auch tatsächlich den Zuschlag für 4.400 Gulden. Das reichte gerade für die offenen 3.800 plus Zinsen. Frau Franziska Lemisch ging leer aus. Ein Glück nur, dass sie den reichen Familien Buzzi, Milesi, Rauscher angehörte….

Weberitsch war nun nolens volens wieder im Besitze des Badhauses und hat dabei immerhin 2.00o Gulden verdient! Beim Weiterverkauf an Johann Mörtenhuber und dessen Braut Maria Fink im Mai des Jahres 1892 wird Weberitsch 6.150 Gulden erlösen. Weberitsch hat in knapp zwei Jahren zwischen August 1890 und Mai 1892 noch wesentliche Verbesserungen vorgenommen. So wurde die untauglich gewordene Quellzuleitung neu „und direkter als vorher“ verlegt. Dass das Haus nicht unterkellert war, wirkte sich auf den Gastbetrieb wenig vorteilhaft aus. Also wurde ein Brücke über den Mühlbach geschlagen und am jenseitigen Hang ein Kellerstollen gegraben, dessen Mundloch eine betonierte Terrasse bekam. Darauf konnten von da an Konzertmusiker oder Tanzkapellen gemütlich Platz nehmen und von der Höhe her das pt. Publikum im von Kastanien beschatteten Gastgarten unterhalten. Chronist Dr. Weberitsch weiß von allerlei Abendunterhaltungen mit Tanz, von Kegelbahnen (Eisbahn im Winter) zu berichten.

Der Besitz des Badhauses durch Koller-Egger währte 40 Jahre und blieb für lange Jahre unerreicht. Die Familie Mörtenhuber wirkte hier jedoch von 1892 bis 1950, unglaubliche 58 Jahre lang und wurde, man kann dies mit Fug und Recht sagen, zum Inbegriff von St. Veiter Gastlichkeit, für Kuraufenthalte, Sommer- und Wintersport, für Vereinsaktivitäten und Gesellschaftsabende aller Art. Am 17. Mai 1892 ist von den Brautleuten Mörtenhuber-Fink gemeinsam und je zur Hälfte gekauft und noch am 31. desselben Monats geheiratet worden. Dass Johann Mörtenhuber nicht nur eine wohl ausgestattete, sondern obendrein eine geschäftstüchtige  Braut heimführte, beweist die sofort einsetzende Aufbauarbeit. Das Haus wird um ein Stockwerk angehoben und bald danach wirbt das BAD VITUSQUELLE MIT GUT EINGERICHTETEN FREMDENZIMMERN WANNEN- DUSCH- UND SCHWIMMBÄDERN (GROSSES SCHWIMMBASSIN). Als 1912 die Stadt mit dem neuen Hauptbahnhof endlich direkten Schnellzuganschluss erhält, hofft man nicht zu Unrecht, dass nun bald auch St.Veit vom Fremdenverkehr profitieren würde. Der örtliche Verschönerungsverein erhöht merklich seine Aktivität. Er kommt mit der Schaffung des neuen Vitus-Parks direkt auf Mörtenhubers Betrieb zu. Der wöchentliche Pensionspreis wird mit 42 Kronen, das Einzelbad mit 70 Heller offeriert. Erstmals wird eine Badeordnung erlassen, gedruckt und ausgehängt, der zufolge die Bäder von 6 Uhr früh an geöffnet sind und jedermann ersucht wird, die gewünschten Wärmegrade anzugeben. Auch darf ärztlicher Anordnung zufolge nicht länger als eine halbe Stunde im Bad verweilt werden. Barzahlung hat an die Badedienerin zu erfolgen. Zu dieser Zeit verfügt Mörtenhuber über 15 Zimmer, gleich wie Gasthof Sommeregger am Unteren Platz. Nur Gasthof „Zum Roß“ von Matthias Apolloner in der Klagenfurter Vorstadt hat 25 Zimmer, alle anderen, selbst Hotel Stern nur höchstens 8 oder weniger. Der Kriegsbeginn Herbst 1914 zerstört alle Hoffnungen, er ist sogar ein schwerer Schlag für jeden Gewerbetreibenden, der zuvor hoch investiert hat. Anlagen bleiben ungenutzt, werden schlecht bis unbrauchbar. Es gibt keine entsprechenden Umsätze. Noch lange nach Kriegsende waren die Zeiten miserabel, Inflation und wirtschaftlicher Stillstand gehörten zum Alltag. Erst 1925 nach Einführung der Schilling-Währung kommt es zu zaghaften Neubeginn, der aber durch politisches Rängespiel nach dem Motto jeder gegen jeden, nie richtig in Schwung kommt.

Johann Mörtenhubers Lebens- und Schaffenskraft neigt sich ihrem Ende zu. Am 21.12.1930 stirbt er mit 65 Jahren. Noch ist der Gasthof für Stadt und Umgebung ein gastronomischer Fixstern. Mörtenhuber hinterlässt neben der Witwe eine Tochter namens Maria und den geistesschwachen Sohn Johann. Die Hälfte des Vaters erbst Tochter Maria. In Anbetracht der Behinderung eines allfälligen Miterben mußte das Anwesen gerichtlich geschätzt werden. Dies erlaubt Einblick in Anordnung und Verwendung der Räume, auf Art der Einrichtung des weitläufigen Gebäudes.

Die Mittelachse des Hauses bestand aus einem vorderen, einem mittleren und einem hinteren Vorhaus (2 Ölbilder, 2 Tische, 4 Sessel). Links davon lagen die Badezimmer 1 bis 3 (mit je 1 gußeisernen Badewanne, Waschtisch, 2 Sessel, Eisenofen, Wandspiegel, Kleiderrechen). Weiters befanden sich auf dieser Seite Klosette, Stiegenhaus, 2 Rumpelkammern, Waschküche, Heizraum. Rechts des Haupteinganges befanden sich ein Gastzimmer (4 Tische, 19 Sessel, 1 Lutz-Ofen, Wandspiegel, Diwan, 6 Kleiderrechen, Pendeluhr, Orchestrion, Wandschmuck) Extrazimmer (6 Tische, 24 Sessel, Servietten-Presse, Bücherkasten, Aufsatzkasten, 4 Kleiderrechen, Spieltisch, Wandschmuck, 30 Bierkrüge, 10 Weingläser, 20 Viertel- und Seitelgläser, 1 Schaumwein-Kübel !, 50 Teller, 36 Alpaka-Bestecke, ein Sagspänofen. Allein darin ist schon zu ersehen, dass das Haus eine grundsolide, einge gediegene Ausstattung aufzuweisen hatte, was sich im Obergeschoß mit allen Fremdenzimmern fortsetzt.

Zum Schwimmbad mit seinen 14 hölzernen Kabinen wird vermerkt, dass dieses erst 1930 wieder instangesetzt worden sei, nachdem es in der Nachkriegszeit verfallen ist und durch acht Jahre nicht im Betrieb gestanden hat. Wäre man früher das einzige Bad der Stadt gewesen, so sei inzwischen ein weiteres hinzu gekommen (Anm.d.Verf.: Poganzer). Weiters sei (1930!) durch den Autoomnibus-Verkehr der Längsee der Stadt näher gerückt. Mit der alten Frequenz des Bades sei deshalb nicht mehr zu rechnen. Eintritt ins Freibad für Erwachsene 40 Groschen, für Kinder 30 Groschen. Elektrisches Licht und Wasser der Stadt sei aber eingeleitet. Wasser für das Freibad komme von der im Besitz der Stadt befindlichen Vitus-Quelle. Das Wasserbezugsrecht beim Marienhof sei durch Verkauf erloschen. Hochwasser des Mühlbaches, zuletzt jenes von 1930, würden stets Gefahr bringen. Mangels Unterkellerung seien die Holzböden durchwegs schlecht. Der Wert der Liegenschaftshälfte wird folglich  vom gerichtlichen Schätzmann, Stadtbaumeister Hans Wank  mit 33.000 Schilling bestimmt.

Als schließlich auch Maria Mörtenhuber ihre Haushälfte der Tochter gleichen Namens übergibt, schreibt man schon das Jahr 1943. Wieder befindet man sich inmitten einer harten Zeit voll Nachteilen und Erschwernissen einer Kriegswirtschaft. Der Getränkekeller auf der anderen Bachseite ist mittlerweile zum Luftschutzkeller für die verschreckten St. Veiter umfunktioniert und ausgebaut worden. Schon wieder geht das Geschäft schlecht und selbst die unmittelbare Friedenszeit ist noch lange nicht geeignet, eine Erholung einzuleiten. Alle Fremdenzimmer sind längst schon amtlich besetzt und zu Mieterschutzwohnungen erklärt worden. Sie sollten es noch lange bleiben.

1950 kommt es zum Verkauf an Josef Müller, schon nach 19 Monaten gefolgt von Ludmilla Laurer, geb. Fian. 1955 folgen die Brüder Philipp und Ernst Nagele. Da wird erwähnt, Nagele hätte 60.000 Schilling in das Bad investiert. Trotzdem hat die Gemeinde dem Nagele die Erneuerung der Wasserzuleitung von der Vitus-Quelle versagt. 1967 hatte er angeblich eine Verzichtserklärung abzugeben um einem Prozeß mit der Stadtgemeinde aus dem Wege zu gehen. Wannenbäder und Freibad wurden daraufhin wegen Unrentabilität aufgelassen. Erst nach und nach sind die Mieterschutzwohnungen frei verfügbar geworden. Aus dem Badhaus hat Philipp Nagele schließlich ein Cafe mit Nachtbar gemacht und mit einer Diskothek geendet.

Seit 1973 zeichnet Trudelinde Kircher als Besitzerin. Sie verschönerte das Haus innen und außen. Das Wappen ihrer Ahnen, Ritter von Holle ziert die Hauptfront. Auch Wappenschilder der Freiherren von Koller und der Grafen Egger sind zu bestaunen. Der Restaurantbetrieb wurde von ihr erfolgreich  wieder aufgenommen, letztendlich aber wurde verpachtet und ein Griechen-Lokal daraus gemacht.

Walter Wohlfahrt in St.Veit Kommunal Herbst 1999, verbessert 2012

Unsere Stadtmauer (2)

August 8, 2011 um 15:58 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen Kommentar
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Herzog Bernhard (1202-1256) hielt sich sehr oft in seiner Residenz zu St.Veit auf und stellte dort mehr als die Hälfte seiner Urkunden aus. St. Veit selbst wurde unter ihm befestigt. 1224 und 1252 wird es als Ort mit einer größeren Gemeinschaft von Bürgern zum ersten male „Stadt“ (civitas), später aber bis 1263 noch wiederholt „Markt“ (forum) und 1268 „fester Platz“ (opidum) genannt. Im Jahre 1228 ist bereits von der Stadtmauer die Rede. – So weit ein wörtlicher Auszug aus Martin Wuttes Aufsatz in Norbert Rainers „Die Stadt St.Veit“ Seite 55.

Wie groß der Stadtumfang damals gewesen sein mag, ist unklar. Karl Ginhart, der große St.Veiter und Kunsthistoriker vertrat die Meinung, der heutige Untere Platz lag außerhalb der Stadtmauer und wurde erst anlässlich einer späteren Stadterweiterung einbezogen. Obwohl es dazu gelehrte Gegenmeinungen gibt, hat diese Ansicht doch einiges für sich! Noch vor jeder Ansiedlung in diesem Bereich musste man doch den natürlichen Verlauf des Baches, der aus dem Erlgraben zur Glan strebte, im Auge haben. Die Gewalt des Wassers ist bis heute Furcht einflößend, auch wenn wir inzwischen die besten Talsperren, Uferschutzbauten und die gewaltige Bachumleitung über die Villacher Vorstadt kennen. Ursprünglich muss sich der zeitweilig recht ungemütliche Nachbar doch wohl nordöstlich der Stadt befunden haben. Hätte sich sonst die alte, inzwischen abgekommene Johannes Kirche als St. Johann im Erlach nennen können? Erlach nennt der Kärntner einen Erlenbestand in Wassernähe. Allen bekannt sind Erlgraben und die Erlgasse.

Damit zum eigentlichen Thema „Stadtmauer“ . Es gibt Experten, die das Mauerwerk fachkundig zu untersuchen in der Lage sind. Diesen sei mitgeteilt, dass es jetzt die einmalige Gelegenheiten gibt, Teile der Stadtmauer auch von innen zu betrachten und zu beurteilen. All zu viel hat man der Mauer durch Anbauten, Durchbrüche und Abriss schon angetan. Jetzt empfiehlt sich jedermann ein Vergleich. Einmal wurde westlich der Bezirkshauptmannschaft sehr schön restauriert. Ein Besuch im Museum St.Veit wäre mit einer Liftfahrt zu verbinden und schon ergibt sich der beste Blick auf diesen Teil der Stadtmauer. Die zweite Möglichkeit bietet sich in der Botengasse. Die Kaffee-Konditorei Taupe hat das ehemalige Sörschen Anwesen erworben. Dieses reichte weit in die Tiefe, hatte einst dort Fremdenzimmer und auch einige ganz berühmte Gäste wie Thomas Bernhard und Ernst Jandl, welche sich beide im Gästebuch verewigten. Herr Taupe macht alles neu, hat aber vor allem diesen unbedeutenden Trakt an der Stadtmauer abgetragen. Vielleicht ist sogar ein schöner Sitzgarten an der alten Mauer geplant? Es wäre ein reizvolles und stilles, im Sinne von verkehrsloses Plätzchen!

Ein Experte könnte nun das Innenleben der zwei Mauerabschnitte studieren und feststellen, ob sich tatsächlich ein verschiedenes Baualter nachweisen lässt. So könnte ein Gelehrtenstreit friedlich beigelegt werden. Auf, auf alle, die sich dazu befähigt fühlen. St. Veit ist immer einen Besuch wert. Die hier gezeigten zwei Bilder mögen der Orientierung und Anschaulichkeit dienen.   V/2010

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