Kaufleute 1887
November 3, 2021 um 17:14 | Veröffentlicht in St.Veit | 4 KommentareSchlagwörter: Anton Sornig, Bilderkrämer, Fritz Knaus, Ignaz Grimschitz, Jose Wratitsch, Karl Karner, Kommis, Krainer, Liebenwein, Roman Debriacher, Tierarzt Jellaschek, Zigeunerpferde

Es gab damals nur 13 Kaufleute in St. Veit, und zwar:
– Fritz Knaus
– Anton Sornig
– Ignaz Grimschitz (Grimschitz und Meierhofer)
– Josef Wratitsch (- 1889)
– Anton Korpitsch
– Liebenwein
– Roman Debriacher (+ ca. 20.1.1908 in Graz)
– Engelbert Schreiber
– Seybald
– A. Pagitz
– Johann Hirschenfelder (ca. 1846 – 26.4.1914)
– Johann Obleschak (20.5.1830 – 17.9.1905)
Außer diesen angeführten Kaufleute waren noch einige sogenannte “ Schmerstecher“.

Hervorragend war das Spezerei-Geschäft des Fritz Knaus, es hatte eine mit kaufmännischen Emblemen bemalte Fassade, hatte große Spiegelscheiben, Rollladen und Glasschilder, während alle anderen Kaufleute nur gewöhnliche Fenster mit Holzbalken und ebensolche Türen hatten.
Vor den Eingangstüren waren bei allen Geschäften ein Salzstock, ein Zuckerstock und ein Reisbesen als Auslage hingestellt. An Samstagen (Wochenmarkt) hängte man auch Leinenwaren und dgl. vor das Geschäft heraus und gar an Jahrmarkttagen, da wurde so viel als man unterbringen konnte, zur Schau gestellt.
Alle herumlaufanden Hunde in der Stadt versäumten nicht, besonders den Salzstöcken ihren Besuch abzustatten, einen Hinterfuß zu heben und einen Gssssst zu spenden.
Die Geschäfte wurden um 6 Uhr früh aufgesperrt und blieben bis 8 Uhr abends offen. Eine Mittagspause für die Angestellten gab es nicht und sogar an Sonntagen waren die Geschäfte bis 5 Uhr abends offen (in der Zeit meiner Schuljahre waren sie sogar bis 7 Uhr abends offen).
Der Lohn für einen Kommis betrug bei voller Verpflegung monatlich fl. Wenn man in einem Geschäft und besonders im großen Knausgeschäft manchmal lagen warten musste, hatte man Gelegenheit zu sehen, wie die 4 – 5 Kommis und die Lehrjungen unter der steten Aufsicht der noch jungen hübschen Frau die Kunden, nach Kasten sortiert, bedienten.
Man hörte „Küss die Hand gnädige Frau, mein Kompliment Herr Steuereinnehmer, meine Hochachtung Herr von Plochel, bitte gleich, bitte sehr, was steht zu Diensten Herr Doktor“ etc.
Fast jeder Kommis trachtete, die nobelaussehenden Kunden zuerst zu bedienen und die gewöhnlich aussehenden den Lehrjungen zu überlassen.
Zu Frauen der handarbeitenden Klasse sagten sie „Grüss Gott Frau Dumberger, was möchten‘s sie gern?“ Zur Frau Schusterbauer: „Was kriagns denn sö?“ Zur Frau Jauchenauert „Was woll‘s denn?“
Soeben übergab ein Kommis einer jungen Frau, der Gattin eines k. k. Beamten ein Viertelkilo Kaffee, welche beim Empfang der Ware im hohen Ton fragte, ob sie nicht Ceylon haben könnte. Der Kommis entschuldigte sich und tauschte ihr den Kaffee untertänigst aus, wobei er mit einem artigen Geschwätze ihre Zufriedenheit erhalten wollte, aber die hohe Dame achtete gar nicht darauf und ging hochnäsig weg.
Von den 2 danebenstehenden Frau meinte die eine, dass diese eine vornehme Dame sein müsste, weil sie der Kommis so respektvoll behandelt habe. „Dö kenn i schon über 6 Jahr“ sagte die Angeredete, „sie ist Kellnerin in Althofen gwösn und obendrein a schlechts Luadar. Heint glap sie, man kennt sie neamar und tuat, als won sie von wass Gott fürn Haus her wär“.
Die Frau Chefin, die öfters in längere Gespräche mit noblen Frauen oder Herren in Anspruch genommen wurde, übersah es manchmal, wie die niederausshenden Kunden, wenn selbe auch oft 4 mal so große Einkäufe machten, warten mussten. Jene bevorzugten diskursiven Standesfrauen oder Fräuleins der damaligen liberalen Zeit, welche das Kapitel Arbeit nur aus der Vogelperspektive kannten, hätten gewiss mehr Zeit zum Warten gehabt. Und wenn in einem solchen Falle so einer Frau die Geduld ausging, braucht es nicht wunder nehmen, wenn sie resolut wurde und sagte: “ Ja sie, wenn mein Geld weniger wert ist, kann ich ja ein andermal beim Grimschitz und Meierhofer oder beim Debriacher einkaufen.“ Das wirkte. Erst jetzt wurde in dieser Art der Bedienung Wandel geschaffen, weil man die Konkurrenz fürchtete.
Die anderen Geschäfte hatten nur 1 – 2 Kommis und 1 oder 2 Lehrjungen und es kam derlei weniger vor. Aber der Konkurrenzneid war auch unter allen Kaufleuten fast derselbe, wie unter den Handwerkern. Jede Köchin, jedes Dienstmädel, die für einen größeren Haushalt einkaufen gingen, wurden mit einen Stranuz Ziggarlan bespickt. Der Konkurrent gab ihnen schon mehr, Er gab ihnen wohl eine Jause oder gar ein Restl Zeug für eine Schürze, damit er sie für sein Geschäft gewinnen konnte. Besonders wichtig war es für die Kaufleute auf die Neujahrsgeschenke nicht zu vergessen, Ich hörte sogar sagen, dass ein Kaufmann Gulasch und Bier aus dem Gasthaus holen ließ, um der Kunde das Warten in seinem Geschäft angenehm zu machen, um gleichzeitig zu verhüten, dass derselbe mit der Konkurrenz in Verbindung komme.
Es mussten von den Kaufleuten auch die Gasthäuser häufig und fortlaufend besucht werden, oft auch Zeche für andere Personen bezahlt werden, um die Kundschaften zu erhalten.
Die Kaufleute mussten auch beinahe auf jeden Kirchtag erscheinen und einen oder zwei Bekannte aus der Stadt mitnehmen, damit, wenn sie selbst nicht so viel genießen wollten, durch Zahlung größerer Zeche das Lächeln des Wirtes erkaufen konnten.
Nach den hl. Antoniustage d.i. Mitte Jänner, wurde der sogenannte „Kalte Markt“ abgehalten.
Es kamen die Krainer mit ihren, weit über die Knie hinaufreichenden, faltigen, naturfarbenen Lederstiefel, mit ihren schmalkrämpigen Hüten, die zu ihrer Landestracht passten und breiteten am oberen Platze auf dem gefrorenen Erdboden Leintücher aus, legten die ausgeweideten Schweine, dann große Speckpachen, auch Filz, Leber und Schweinsköpfe, Schinken und Würste zum Verkaufe aus. Sie füllten mit ihren Waren nahezu den ganzen oberen Platz aus, Einige Krainer, welche kein Wort Deutsch kannten, mussten sich einen Dolmetscher aufnehmen – ich sah z.B. unter diesen auch den Schneider Osel.
1 Schweinskopf (4-5 Kilo schwer) kostete1 – 1 fl 40
1 Kilo Leber 15 – 20
1 ganzes Schrein per Kilo 40 – 44
1 Kilo Schweinfett 46 – 50
1 Kilo Filz 52 – 60
1 Stück Bratwurst (15 Deka schwer) 10 – 12
Zur gleichen Zeit kostete in St. Veit 1 Kilo Rindfleisch 40 – 42 fl.
War das Wetter kalt, stieg bei den Krämern der Preis um 2 -3 fl, trat Tauwetter ein fiel der Preis m2 -3 fl.
Ich kaufte einmal zwei Schreine um den Preis von 38 fl per Kilo. Ein Maria Saaler sagte mir, er habe solche sogar um 36 fl per Kilo gekauft.
In den letzten Jahren vor dem ersten Weltkrieg kauften ein paar kapitalkräftige Kaufleute den ganzen Speckvorrat den Krainern ab, um auf diese Weise, den ganzen Handel an sich zu reißen.
Nach dem ersten Weltkrieg kamen keine Krainer mehr zu uns herüber. Es blieb bis zum heutigen Tage nur mehr der Krämermarkt übrig.
Über den großen, weit über Kärnten heinaus berühmten Wiesenmarkt will ich nur berichten, was mir der damalige Bezirkswachtmeister der Gendarmerie, Herr Wolf erzählte. Dieser sagte „der ganze Pferdemarkt sei um die Mitte der Siebzigerjahre beinahe ganz in Zigeunerhände geraten.
Da legte sich der damalige Tierarzt Jellaschek ins Mittel. Er konstatierte fast bei allen Zigeunerpferden die Rotzkrankheit und auf diese Weise war es ihm möglich, die Zigeuner zu vertreiben. Weiters habe einer seiner Gendarmen jeden Zigeuner, den er aus der Stadt eskortierte, mit einer Scherre den Schnurbart auf einer Seite weggeschnitten. Ein solcher Zigeuner kam nie wieder nach St. Veit. An allen Markttagen hausierten uns unsere Ortsbettler ohnedies, Dazu gesellten sich aber auch viele fremde Bettler, welche sich an allen Ecken und Straßenkreuzungen postierten, ihre Gebrechen und Wunden bloßlegten und so das Mitleid der Vorübergehenden erweckten.
Stirzlermänner, – Weiber und Stirzlerkinder mit den herumgereichten Schnapsflaschen in ihrem besoffenen Zustande boten abscheuliche Szenen. Sie hielten sich meist in der Nähe des Villacher Tores und des Krapfenbäckseppel unter der Linde auf.
In den Buden und auch in der Stadt hörte man viele betrunkene Leute in den Wirtshäusern singen (besser gesagt schreien) und jodeln ohne Ende, oder auf den Straßen herumgaukeln zum Gaudeum der Schulkinder, bis, sie den Polizisten Fenz als Beute zufielen.
Im engen Gassl zwischen Jonke, Kupferschmied und Fleischhauer Alois Zechner, im Vorhause der Bezirkshauptmannschaft und im Vorhause des Bürgerspitales waren Bilderkrämer postiert. Unter ihren diversen Bilderbögen, welche sie das Stick zu 5 fl verkauften, fehlte nie das Bild mit den seufzenden Kreuzträger. Dann gab es Kaiser- und Papstbilder und viele Heiligenbilder. Moritaten.
So ein Halbherr mit einen abgeschossenen Schossrock und einer qauadrolierter Hose spazierte vor einem schrecklichen Bild, das mit Ölfarben auf einer 2 m ² großen Leinwand in 10 – 12 Tafeln eingeteilt gemalt war, mit einem sehr langen Stab hin und her. Er sang mit seiner unschönen Stimme in langgezogenen Tönen die Geschichte einer schauderhaften Begebenheit, die sich in Lodomerien oder in Ungarn zugetragen hat, herunter. Soeben zeigt er mit seinem Stab auf die 8 te Tafel, wo der Räuber sein Opfer mit einem langen Messer ersticht, das das Blut in einem großen Bogen herausspritzt, Die Frau des Moritatensängers, eine ältliche Runggungl mit extrahoher Frisur und eitlen Manieren in abgetragenen Herrschaftskleidern angetan, begleitet ihren Mann mit der Harmonika und sang wohl auch teilweise dazu.
War die Schaudergeschichte abgesungen, dann verkaufte er die Beschreibungen derselben per Stück um 6 fl an die umstehenden Zuhörer.
Öfters im Jahr kamen Slavonier in ihrer Nationaltracht mit Pferd und Wagen, auf den Wagen ein großes „Fase mit Essig“. Der Slavonier schrie halb singend „Assika“. Die Leute kamen mit großen Geschirren aus den Häusern und kauften den Essig, welcher per Liter vielleicht um 4 fl billiger war, als sie ihn bei den hiesigen Kaufleuten kauften.
In den 90 per Jahren kamen Händler mit Gummiballons. Sis hatten 40 – 50 Stück aufgeblasen auf Schnüren und trugen sie als Neuheit zum Gaudeum der Jugend herum, Es wurde viel gekauft und hier und dort oben in der Luft sah man die „Losgekommenen“ zerplatzen.
Zu Marktzeiten sah man auch einen Mann mit einem abgetragenen schwarzen Salonrock bei einem Käfig mit mehreren weißen Mäuslein stehen, welcher die folgsamen Tierlein für das schöne Fräulein oder den schönen Herrn, Planetten herausziehen liess.
Beim Oberlercher (heute Villacher Straße 6) beim Leitner und beim Feistritzer (heute Adolf Hitler Platz 20) gab es an den Markttagen Tanzmusiken, ausgeführt von versch. Landmusikanten.
So weit nach einem Fund von Ing. Hannes Trixner betreffend einen alten Text von Karl Karner.
Nun noch einige bildlichen Impression zum Thema Kaufleute in St. Veit:



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