Beim Schlick am Unteren Platz

September 16, 2018 um 01:19 | Veröffentlicht in St.Veit | 1 Kommentar
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Hier, wo die Botengasse in den Platz mündet waren in alten Zeiten immer wieder Tischler ansässig. Ein Maria-Theresia-Gewerbe war mit dem Hause fix verbunden und jeder  Eigentümer war berechtigt – entsprechende Fähigkeiten vorausgesetzt – hier das Tischler Handwerk  auszuüben oder betreiben zu lassen. Tischler mit Namen wie Schmidl, Zabl, Rauchegger oder Silly waren hier tätig und so lange wohnhaft bis ein Wimitzer Realitäten-Besitzer, namens Regenfelder das in Versteigerung gelangte Haus billig und spekulativ an sich brachte. Er mag wohl damit gerechnet haben es bald wieder mit Gewinn abstoßen zu können.  Mit Heinrich Schlick kam 1898 tatsächlich ein Interessent. Seine Firma  H. Schlick & Söhne war seit 1882 Konzessionsinhaber für ein Buchdrucker Gewerbe und Mieter im Hause des Josef  Breschan, Hauptplatz 28 (heute BH). Es gibt noch ein altes Foto, wo rechts vom Portal ein großes Firmenschild zu sehen ist. Gekommen ist die Familie aus Graz. Wann genau war nicht auffindbar.  Der Kauf-Entschluss war für Schlick nicht einfach. Siebentausend Gulden betrug der Kaufpreis und nur 100 Gulden waren bar aufzubringen.  Dafür mussten  2.100 fl an aushaftenden Darlehen der Vorbesitzer ins Zahlungsversprechen übernommen werden,  1.900 fl mittelfristige und 2.900 fl langfristige Verbindlichkeiten waren einzugehen. Das erworbene Gebäude wollte man sogleich zum Garten hin vergrößern um neben vorhandenen Mietern im Hause eigenen Wohnplatz zu gewinnen. Dafür, wie für Übersiedelungs-Kosten der Betriebseinrichtung  und eventuelle maschinelle Neuanschaffungen  waren die  Eigenmittel bald erschöpft, ein schwieriger Neustart!

Der Betrieb lief wohl gut an, doch die Rückzahlungen waren nur schleppend zu leisten, weil ja auch immer wieder in den Betrieb investiert, der Warenvorrat gehoben und etwaige Modernisierungen geschafft werden sollten. 1911 z.B. machte ein „Verschönerungsverein und Auskunftsstelle für Fremdenverkehr“  von sich reden indem von dort an die Gemeinde ein Ansuchen gestellt worden ist, man wolle zeitgleich mit der Bahneröffnung  (Hauptbahnhof 1912) einen  Stadt- und Umgebungs-Führer auflegen und all das möglichst subventioniert bekommen. Ein Kostenvoranschlag der Druckerei Schlick belief sich auf 1.500 Kronen. Doch der Auftrag kam nicht zu Stande. Die Gemeinde lehnte erst einmal ab, mit der Begründung, schon der Führer von 1908 (Chronist Lorenz, gedruckt bei Schlick?) sei auf zu wenig Interesse gestoßen und der Bürgermeister (Dr. Joh. Spöck) würde ohnedies einen Rechenschaftsbericht demnächst kostenlos herausbringen.

Es ist schon erstaunlich, mit welchem Geschick es der Firma trotz Kriegs- und Inflationszeit gelang jedes Geschäftsjahr positiv abzuschließen. Das Geheimnis bestand darin, dass man 1920 die Grundbuch-Lasten mit Inflations-Kronen leicht los wurde und dass Druckaufträge jener Tage nur gegen bare Kasse ausgeliefert wurden, die von  Inflation gefährdeten Barmittel aber sofort wieder für Ankäufe von Sachwerten wie Papiere, Farben usw. Verwendung fanden. Das wohl sortierte Lager war in jenen Zeiten Gold wert. Selbst der galoppierenden Inflation war  solcherart entgegenzuwirken. Plakate für Kinos und Veranstalter, Werbemittel und Vordrucke für Firmen, wie Briefpapiere und Kuverts, Rechnungsformulare, Partezettel, Hochzeitseinladungen und dergleichen wurden immer gebraucht. Sie gingen jahrelang in großer Zahl über die Pudel. Berechnet  wurde zum Tagespreis! Nur keine Ware auf Kredit hinaus geben, dann konnte wenig schief gehen. Die vielen Mitarbeiter, wie Setzer,  Drucker usw. auf ihre Löhne warten zu lassen war zu deren Glück selten nötig. Geld zu horten oder gar zu sparen wäre völlig sinnlos gewesen. Die Großkunden im Laufe der Zeiten waren z.B.:  Bezirkshauptmannschaft, Kino Jäger, Bezirkskrankenkasse (Vorläufer der Gebietskrankenkasse), „Das Schulblatt“, Elektrizitätswerk St. Veit, Invalidenkino, Arbeitsamt, Trabrennverein,  A. Lemisch vom Kölnhof, Kino Eberstein,  selbst die politischen Parteien der Zwischenkriegszeit, die NSDAP mit Ortsgruppenleiter Paulitsch, die Hitler-Jugend, und danach The Britisch Military Governement  Austria,  sowie die Kammer der Gewerblichen Wirtschaft nahmen die Dienste der Druckerei in Anspruch.

Heinrichs Sohn Viktor, 1876 in Graz geboren,  übernahm mit 31. 10. 1929 das Gewerbe für den Papierhandel und  war nach Ableben des Vaters ab 1930 auch Konzession-Inhaber der Druckerei. Viktors Sohn Günther (1919-1941) ist leider jung  gefallen und so musste wohl oder übel Herbert Schlick (1907-1985), ein Krankenkassen-Angestellter,  im Jahre 1958 die Firma übernehmen. Von 1959 bis 1976 zeigte sich im Grundbuch die örtliche Raiffeisenkasse als Hauptfinanzier von beachtlichen betrieblichen Investitionen. Die technische Entwicklung und zunehmende Konkurrenz im Druckerei-Wesen in Verbindung mit anderen unglücklichen Umständen führten aber schließlich 1980 zum bitteren Ende. Der altehrwürdige Betrieb musste sogar mit einem Konkursverfahren geschlossen werden, als sich die exekutiven  Eintragungen mehrten.  Die Erhaltung des Hauses im Familienbesitz war sicherlich nur mit großen Opfern verbunden, denn dieses musste vom Konkurs heraus gekauft werden.

Hier eine Firmen Rechnung Schlick vom 11. April 1902 gerichtet an Herrn Michael Kanatschnig, später Besitzer des Zeneggenhofes. Sie veranschaulicht so recht, die handwerkliche Kunst der Setzer und Drucker. Die Auswahlmöglichkeit der vielen Schriftarten von Fraktur bis Antiqua, die entsprechenden Lettern in allen Größen führte(n) zu Druckplatten und in der Folge zu wohlfeiler Handelsware. Das Formular  hat vier Seiten und so konnte man dem Kunden gleichzeitig eine Werbung für weitere Angebote  sowie für alle lagernden Handelsartikel des Betriebes (geordnet von A bis Z !) mit schicken.

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Demolierungen in St. Veit

Februar 21, 2018 um 16:20 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen Kommentar
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Unser Städtchen könnte ein „Klein Rottenburg ob der Tauber“ sein, hätte man nicht schon vor langer langer Zeit begonnen, systematisch abzureißen und einzuebnen. Fangen wir an mit den ehemaligen Stadtgräben, in denen zu Anfang des 18. Jhdts. noch gefischt werden konnte, ehe das Wasser abgelassen, durch Schüttung Gärten, später auch Parkplätze geschaffen wurden. Die Wehrgänge an den Stadtmauern waren wohl schon morsch und drohten zusammen zu brechen. Bauplatz wurde benötigt, also nur rasch weg mit allem was im Wege stand. Das größte Manko sind natürlich, dass die Stadttore fehlen. Wie es dann so weit kommen konnte, könnten vielleicht nachfolgende Bilder, aus einer Zeit demonstrieren, wo der Autoverkehr noch gar keine Rolle gespielt hat.

Dem ehemaligen Bürgermeister, Dr. Joh. Spöck waren die vielen Verkehrs-Engen der Innenstadt ein Ärgernis. So hat er nicht nur einige Stadttore, sondern noch das eine oder andere Haus, wie das oben im Abriss gezeigte Tschauko Haus auf dem Gewissen. In seinem Rückblick vom Jahre 1912 kommt er auch darauf zu sprechen: „Die Gemeinde zahlte 1000 Kronen, die Anrainer, die durch diese Demolierung einen freien Zutritt erhielten, merkwürdigerweise gar nichts“

Diese, heute kaum noch vorstellbare Situation bot sich bis 1889 einem Reisenden,der aus Villach kommend, in die Stadt durch die dem Villacher Tor vorgelagerte Häusergruppe eintreten wollte. Der Blickwinkel ist so ungewöhnlich, dass es ohne gezielte Hinweise schwer sein wird, sich zurecht zu finden. Als sicherer Anhaltspunkt dient die auch heute noch – wie hier abgebildet – vorhandene Stadtmauer. Man stelle sich vor, der Zeichner befand sich in etwa dort, wo sich zur Zeit das Handy-Geschäft befindet. Die leichte Wellenbewegung des Einganges hin bis zum nicht mehr sichtbaren eigentlich Stadttor, hatte einen besonderen Grund. Um das eigentliche Tor vor dem Brell-Bock (Mauerkatze) zu schützen, sollte dessen direkte Wirkung tunlichst geschwächt werden. Diese bewusste Fortifikation nennt man eine Barbakane o.ä. Auch vor dem ehemaligen Friesacher Tor gab es Ähnliches.

Die Bürgerpitalmühle stand inmitten des heutigen Bachsteiges knapp oberhalb dessen Einmündung in die Villacher Straße. Auch ein Abzweiger des Erlbaches rann dort in Richtung Zeneggenhof (heute Blumenhotel) mit Mostpresse und weiter zur Bewässerung des Marktwiese. Bis zum Abriss 1910 werkte dort ein Mühl-Pächter so schlecht und recht und entrichtete seine Abgaben an das Bürgerspital. Andere Mühlen, wie etwa Krankenhaus Mühle oder Rasnig Mühle modernisierten laufend so dass der Spitalmühle Pächter nicht mehr mit kam. Links sieht man das noch laufende Wasserrad, rechts die heutige Pizzeria Milano.

Das sind schlussendlich vier verschiedene Ansichten des gleichfalls demolierten Woschitz-Hauses 1902. Es stand nicht ganz inmitten des heutigen Oktober-Platzes, etwas näher dem Gasthaus zum Grünen Baum. Eine Ansicht zeigt ganz links teilweise den Eingang in das Bürgerspital, dahinter den Turm der Klosterkirche. Zwei Ansichten sind fast ident und unterscheiden sich nur durch die Bildqualität.

Über das Clarissen-Kloster

Juni 6, 2014 um 17:00 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen Kommentar
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Nehmen wir an, der alte Zeneggenhof, zuletzt im Besitze der Familie Höfferer,  (demoliert Herbst 2003) würde noch auf seinem Platze stehen, weiter angenommen, ein Kaminfeger hätte heute hoch oben zu tun und gerade eine Kamera bei sich, er hätte genau dieses Bild mit Kloster und Klosterkirche vor sich. Ein Fotograph von heute müsste hingegen schon das richtige Zimmerfenster im Blumenhotel finden.

Kloster

Das ist die Situation zur Zeit der Anlegung des Stabilen Katasters 1829

Blick vom Blumenhotel

 

Das Kloster ist längst kein solches mehr und auch die Klosterkirche heißt nur noch so. Beides war jedoch einmal eine vollkommene Einheit. Im Jahr 1321 von Konrad von Aufenstein gestiftet und reichlich ausgestattet wurde das Kloster mit Clarissinnen aus Südtirol – der Heimat der Aufensteiner – besiedelt und die Kirche später sogar zur Begräbnisstätte von Konrad und dessen Gemahlin Diemud. Das Wappentier der Stifter, die Eule (Auff) ist heute noch neben dem Hauptaltar zu sehen. Konrad von Aufenstein wurde als neuer Herr auf Karlsberg zum  Hauptmann und Marschall von Kärnten erhoben. Dies alles als Landfremder wie selbst  sein Herr,  Herzog Meinhard von Görz-Tirol einer war. Als entscheidender Helfer des Habsburgers Rudolf im Streit gegen Ottokar von Böhmen erhielt Meinhard bald danach unsere Herzogswürde, sehr zum Missfallen des bodenständigen Adels von Kärnten und Steiermark einerseits und des mächtigen Erzbischofs von Salzburg anderseits. Letzterer hatte schon großen Territorialbesitz in Kärnten (Friesach, Althofen, Krappfeld, Hüttenberg) und reichte mit Taggenbrunn bis vor die Tore des jungen St. Veit. Sollte da vielleicht gar ein unbequemer Nachbar sich breit machen wollen? Viel Anlass also für Missgunst, Zwist und Streit; für Waffengang, Geiselnahme (1292) und Strafgericht.

Die Klostergemeinschaft der Heiligen Clara in St. Veit sollte mehr als zweihundert Jahre  segensreich wirken, ehe sie in  der Reformationszeit einging. Noch knapp davor datiert ein Urbar von 1515, welches das Stadtmuseum bis auf unsere Tage bewahrt. Es beschreibt Lage und Leistungs-Umfang von zahlreichen bäuerlichen Untertanen. Die dort verzeichneten Ortsnamen klingen teilweise fremd und können nur sehr bedingt heutigen Plätzen zugeordnet werden. Solch alte Ortsangaben sind die Spielwiese der Ortsnamenforscher, mit ihren oft weit her geholten und nicht immer leicht nachvollziehbaren Erklärungsmethoden. So heißt es einleitend „Piwech ein Gut hat der Mathily inne“ oder  „Seych Püchel Gut hat der Jacob in“. Neben Häusern, Wiesen und Wäldern  in und um die Stadt gibt es einerseits verstreut liegende Einnahmsquellen, anderseits einen auffälligen Schwerpunkt in der Gegend um Moosburg, Tigring, Klein St.Veit, St. Martin. Dies führt zwangsläufig zur Kardinalfrage, auf welchen Wegen das Frauenkloster zu all dem Besitztum gekommen ist? Da gibt es zuerst einmal die Grundausstattung durch den Stifter und wie es den Anschein hat, kam diese aus der vorhin genannten Gegend. Der Herzog hatte nämlich das Recht, ledig gewordene Güter und Grund-Herrschaften neu zu Lehen auszugeben.  Es ist wohl anzunehmen, dass dabei sein Marschall selten zu kurz kam. Ein solch unverhoffter Zuwachs erleichterte natürlich dessen Weitergabe an geistliche Einrichtungen wie Pfarren, Abteien und Klöster. Denn, seit langem gehörte es für Kaiser und Könige zum guten Ton, größere und kleinere gottgefällige Werke, sprich kirchliche Schenkungen zu tun. Diesen höchsten Herrschaften nachzueifern,  ihnen dabei möglichst nahe zu sein, war natürlich Wunsch und Berechnung  auch von weniger hohen Herren bis hinab zu Amtsträgern. Galt es doch dabei meist, sich eine prominente Grablege zu sichern oder sich gar ein ewiges Gebetsgedenken versprechen zu lassen. Nicht außer acht bleiben darf in diesem Zusammenhang, welch große Leistungen Kirche, Klerus, Konventualen  und Nonnen jener Zeit erbrachten. Leistungen in der Glaubensverbreitung, in der Seelsorge, bei Entwicklung des Bauwesens und Handwerks, der Bodenbewirtschaftung, der Schreibkunst und vor allem in der Armen- und Krankenpflege um nur die allerwichtigsten Aufgaben zu nennen. Es ist ja kein Zufall, dass sich die neue Zelle der Kleinen Schwestern ausgerechnet ganz nahe dem schon vorhandenen städtischen Siechenhaus, dem späteren Bürgerspital niederließ. Die Kleinen Schwestern der Hl. Clara standen bekanntlich  den Minoriten (=Franziskaner) besonders nahe. Schon vor 1321 könnten Franziskaner in der Stadt gewesen sein. Man weiß es nicht genau, wohl aber, dass sie ein Haus hatten und dieses auf die Clarissinnen über ging. Dieser Männerorden besiedelte jedenfalls 1640  das Kloster neu und florierte bis ca. 1800.

Die weitum verstreuten Besitztümer des Klosters konnten natürlich auch mit dem Eintritt von Söhnen oder Töchtern in einen Konvent zusammen hängen, quasi als eine Art Versorgung oder Aussteuer. Es lag in der Natur der Sache, dass menschliche Existenzen früher ihr Ende fanden als die unbeweglichen Güter, die einmal mitbrachten.

Was sich im aufgelassenen Klostergebäude in den letztvergangenen zweihundert Jahren so alles getan hat? Das ist eine eigene Geschichte-

In Stadt-Blattl Fritz Knapp erschienen Mai 2014

 

 

Ein Abgesang auf den Zeneggenhof

August 31, 2012 um 16:52 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen Kommentar
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Das Geschlecht derer von Zenegg florierte in der Stadt St.Veit und um den Hüttenberger Erzberg so lange, bis eine unbarmherzige Zeit ihre berühmtesten Vertreter zu „Glaubensstreitern“ machte. Ein gleichnamiger Roman aus dem Jahre 1964 stammt von Emilie Zenneck.  Zwei Örtlichkeiten tragen bzw. trugen bis unlängst diesen Familiennamen, vlg. Zenegg in Kitschdorf und der Zeneggenhof in St.Veit/Glan. Des Letzteren unmittelbare Nähe zu Kloster und Klosterkirche, läßt unweigerlich an das recht umstrittene Auftreten eines Zenegg, Hans mit Namen, zusammen mit drei weiteren lutherischen Ratsmitgliedern, bei der Fronleichnamsprozession von 1596 denken. Doch nicht die alte, die neuere Zeit, jene der letzten hundert Jahre soll hier behandelt werden.

Erst jüngst brachte die Stadt St.Veit den Hof samt restlichen landwirtschaftlichen Flächen, diese etwas entfernt und größtenteils im Westen gelegen, durch Kauf in ihren Besitz. Davor kam es zu einer gesonderten Grundabgabe an die Gärtnerei Sattler. Beidemal war der Kaufschilling zur Gänze an die Banken abzuliefern!  Im Herbst 2003 folgte schließlich der komplette Abbruch des umfangreichen, historisch gewachsenen Gebäudekomplexes. Abgesehen von einem im Torbereich eingemauert gewesenen Römerstein, sowie einem gotischen Maßwerkstück aus der Stallmauer konnte nur wenig  gerettet werden, leider auch nicht die prächtigen Kellergewölbe. Die zwei Steine befinden sich jetzt in dem jüngst auf den Hauptplatz übersiedelten Stadtmuseum. Die Zeugnisse alter Handwerkskunst hingegen, die tiefen, steingewölbten Keller – einer versunkenen Kirche vergleichbar und mit Sicherheit die ältesten Bauteile – gibt es nicht mehr. Es ist kaum zu fassen, was moderne Abbruchmaschinen und heutige Stadtpolitik in kürzester Zeit zustande bringen. Ein persönlicher Versuch, wenigstens den Hauptkeller für eine allfällige spätere Nutzung bestehen zu lassen, wurde wie folgt abgetan: „Was glauben Sie, wieviel Geld uns der Ankauf gekostet hat – In der Spitalgasse (Neubau C&A!) war ein noch schönerer Keller, den haben wir auch nicht erhalten“. Dabei weiß man noch gar nicht, was an Stelle des Hofes einmal kommen soll! Geld ausgeben und Beschäftigung schaffen, alles recht und schön, daß man dabei aber so brutal zur Sache geht, ist für jeden an ehrwürdiger Bausubstanz Interessierten sehr schwer einzusehen. Aber das ist ja wohl keine St.Veiter Eigenheit, ähnliches passiert zum größten Bedauern landauf landab immer öfter! Apropos Geld ausgeben! Es ist ein Treppenwitz der Geschichte, daß eine sozialistische Stadtverwaltung Dinge zu Geld machen kann, die vor rund 100 Jahren bürgerliche Stadtväter grundgelegt haben: Stadtsparkasse und Städtisches E-Werk, sprich Kelag-Anteile, wurden bekanntlich gut verkauft!

Lange bevor der wirtschaftliche und finanzielle Ruin über den Zeneggenhof hereinbrach, waren dort zwei tüchtige Familien am Werk. Sie verdienen es, daß man ihrer noch einmal gedenkt. Wenn auch das meiste Schriftgut in großen Papiercontainern entsorgt worden und daher nicht mehr verfügbar ist, so sind doch einige Beweise einstigen Fleißes und alten Unternehmergeistes erhalten. Sie lesen sich als eine einzige Erfolgsgeschichte der Familien Kanatschnig-Höfferer und sind nicht zuletzt ein Lehrbeispiel dafür, wie mit dem Eisenbahnbau etwa ein Funder, ein Kleinszig und manch andere durch kluge und umsichtige Gebarung, wenn auch nicht ohne Ausnützung billiger und williger Arbeitskräfte, aus bescheidensten Anfängen heraus zu Ansehen und Vermögen kommen konnten.

 Ein letzter Augenschein

Frau Grete Novak, Jahrgang 1920, war mit ihren Eltern bis 1945 im Herrenhaus in Miete. Sie hatte die Freundlichkeit, noch einmal die Hofstelle beschreibend und erzählend abzugehen. Ihr Bericht lautet in etwa wie folgt: Der gemauerte Torbogen am Hofeingang ist jüngeren Datums. Zuvor gab es dort nur einen hölzernen Torabschluß. Gleich links davon war eine Selchkammer mit eingebautem Backofen, anschließend die Mosterei mit Betontrog zum Waschen des Obstes, mit Aufzug auf die dritte Ebene zur Quetsch. Der darunter liegende Preß-Stand mit Portioniergefäßen links und rechts, zwei fahrbaren Preßgut-Wägen. Ein Dieselmotor und Transmissionen dienten zum Antrieb von Aufzug und Presse. Firmenschild: „Valentin Stossier, Pörtschach am Wörthersee/Österreich“. Es folgt der Eingang zum Rinder- und Schweinestall für zehn bis zwölf Kühe samt Kälber- und Schweineboxen. Separat ein Schlachtraum mit Arbeitstisch und Hängevorrichtung. Über dem Stall eine kleinere Tenne samt hoher Einfahrt von der Bürgergasse her – unter dem Stall ein großer Kartoffel- und Rübenkeller. Dieser diente zur Kriegszeit als Luftschutzraum für die Bewohner der Umgebung, während die Hausleute sich bei Bombengefahr lieber in den tiefen Keller des Herrenhauses zurückzogen. Es wurde auch immer wieder erzählt, es hätte vom Kartoffelkeller ausgehend einen Geheimgang zum Kloster hin gegeben! Am Ort, wo zuletzt die Garagen des Verbindungstraktes zwischen Stall und Herrenhaus zum Abbruch kamen, war einmal genug Platz für den Stallmist, genauer gesagt, für den Misthaufen.

Zurück am Eingangstor, wenden wir uns jetzt der rechten Seite zu. Da stoßen wir auf den Pferdestall für meist drei Pferde mit darüber liegender kleiner Tenne. Im nächsten Gebäudekomplex finden sich Hausmühle mit Holzdecke und gleichfalls Tenne darüber. Marstube, wo die Dienstleute ihr Essen einnahmen, Saukuchl mit Herd und Futterdämpfer sowie die Elektrozentrale trugen oben drüber eine Wohnung für den Platzmeister des Sägewerkes. Was nämlich den Ankauf in St.Veit so interessant erscheinen ließ, war die Nähe zum Obermühlbach. So hört man erstmals 1913 vom Bau einer Turbinenanlage. Fabrikatsnummer 509 der Maschinenfabrik Andritz AG. Eine Sperre im Bachbett nahe dem Brückenwirt erlaubte die unterirdische Wasserzufuhr zum Rechen vor der Turbine. Bachsperre und Rechen waren von den Knechten regelmäßig zu warten. Der Abfluß verließ die Turbine schließlich durch ein ebenfalls verdecktes Gerinne in Richtung Obstgarten und Marktwiese. Außer der Versorgung mit eigenem Lichtstrom dürfte damals nicht viel mehr herausgeschaut haben, denn der 1. Weltkrieg stand knapp bevor. Erst 1920 kommt es zu Planungen und zwischen 1921 und 1924 zum Bau des Sägewerkes mit Holz- und Bretterplatz. 1929 wurde Turbine Nr. 2224 der Leobersdorfer Maschinenfabrik AG und ein Generator der Österreichischen ASEA Elektro GesmbH Wien aufgestellt, was einer erhöhten Kraftzufuhr für das Sägewerk gleichkam . Der alte Sägestandort galt bis in die 50er Jahre, da wurde unterhalb der Marktwiese neu und modern gebaut. Der gestiegene Energiebedarf war mit dem vorhandenen Wasserrecht nicht mehr zu decken. Strom von der Kelag zu beziehen, war inzwischen zur Notwendigkeit geworden. An Stelle der alten Säge wurde ein modernes Büro- und Wohnhaus aufgeführt und dieses 2003 ebenfalls gänzlich demoliert. Auch eine eigene Hausschmiede war vorhanden. Das Herrenhaus wurde 1949 entstellend mit neuer Fassade und neuen Fensteröffnungen versehen. Von dieser Maßnahme stammen vermutlich die über gebliebenen Steinteile im Jugendstil. Im ersten Stock gab es einen schönen Saal mit Stuckdecke, von dem gesagt wurde, es sei die Hauskapelle gewesen. Noch innerhalb des Hofgeländes befand sich eine eigene Wagnerei.

Vater Novak war Eisenbahnbeamter und in seiner Freizeit für allerlei am Hofe verwendbar, ob zur Zeit des Mostmachens oder zum Schärfen der Sägeblätter. Kurzum, es gab ein sehr gutes Einvernehmen im Hause. Sogar zur Jagd ließ sich der Hausherr von ihm begleiten. Franz Höfferer war nicht bloß Waidmann, sondern auch Meisterschütze im Verein. Eines Tages brachte man einen ausgewachsenen Geier vom Pirschgang heim. Jemand kam auf die Idee, den Geierkopf zu spalten und hoch oben an der Tenne so festzunageln, daß es aussah, als hätte man ein Wundertier mit zwei Köpfen erbeutet. Dies soll sich tatsächlich rasch in der Stadt herumgesprochen und ganze Schulklassen angezogen haben..

Über die am Hof  tätigen Personen wußte Frau Grete Novak zu sagen, daß es neben den Familienmitgliedern eine Köchin, eine Stütze, je eine Kuh- und Saudirn, einen Hausknecht und zwei Unterknechte, einen Schmied und einen „Sagl“ gab. Letzterer hörte auf den Namen Christian Kulterer. Schlafplätze für Knechte und Mägde waren größtenteils in den Ställen oder in irgend welchen Kammern zu suchen, sofern nicht überhaupt Leute Beschäftigung fanden, die in der Nähe eigene Wohnung hatten. Bis 1938 standen allein im Pferdestall drei Strohbetten! Das sogenannte „Obere Haus“ oder „Stachel-Haus“  heute Glaserei Wildhaber, Villacherstraße 18 gehörte einst ebenfalls zum Zeneggenhof, und war mit Mietern besetzt.

Zu den Familien

Michael Kanatschnig (1850-1918) verehelicht mit Anna Wölbitsch (1847-1918), vorerst noch Besitzer beim Marbauer in Rasting, Post Feistritz-Pulst, betrieb schon von dort aus ein bemerkenswertes Holzgeschäft. Nahezu in allen Talschaften des Bezirkes wurde Holz gekauft, geschlägert, behauen oder gespalten. Heere von Holzknechte warteten auf  Anweisungen und Bauern der Gegend auf Fuhraufträge. Hauptsächlich ging es dabei um die Gewinnung von Eisenbahnschwellen. Fixe Kontrakte mit den k.u.k. Staatsbahnen hatten große Mengen davon zum Gegenstand. Darüber hinaus wurde alles an Holzprodukten  geboten, was in Triest – dieses war ja schließlich noch innerhalb der alten Monarchie gelegen – gefragt oder dort anzubringen war. Es verging kaum ein Tag, an dem nicht an irgend einer Bahnstation verladen worden wäre.  Daneben führte man beim Marbauer auch ein Gasthaus. Guten Wein bezog man faßweise direkt aus Riva, Bozen und Görz für eigenen Bedarf und zum Weiterverhandeln. Eine Großleistung, wenn man liest, daß überall in den Wäldern Leute mit Vorschüssen und mit Lebensmittel versorgt sein wollten. Kontakte und Abrechnungen mit den, die Versorgung gewährleistenden örtlichen Kaufleuten und ein intensiver Zahlungsverkehr, dieser noch in Form von Geldbriefen standen auf der Tagesordnung. Dies alles in telefonloser Zeit! Drei Töchter hatte der Kanatschnig, doch keinen Sohn. Eine heiratete in St.Veit (Weiß), die andere nach Feldkirchen (Germann) und auch der dritten werden wir noch als Ehefrau begegnen. – Nur eines fehlte ihm, ein eigenes Sägewerk, dieses würde das Geschäft erst vollkommen machen…

Das war auch der Grund, daß Kanatschnig von Rasting weg und nach St.Veit strebte, wo man gerade den Zeneggenhof feilbot. Von Vitus Wisiak, offensichtlich  einem Spekulanten kaufte ihn Kanatschnig am 1. 7. 1903. Es verwundert, daß zeitgleich von einem Josef Kanatschnig am 10. 6. 1903 die Hube vlg Purkart  in Schaumboden (Grundbuchseinlagezahl 42) um 3.200 Kronen an Dr. Arthur Lemisch verkauft wurde. Da am Grabstein in Dreifaltigkeit Michael seines Vaters Josef gedenkt, dieser sich vlg. Raunegger nannte und nur kurz, nämlich von 1822 bis 1859 lebte, könnte es sich beim vlg. Purkart um einen Bruder des Michael gehandelt haben. War vielleicht noch ein Erbteil auszuzahlen? Noch in der ersten Jahreshälfte 1904 wird Michael Kanatschnig der Aus- und Umbau des Zeneggenhofes, Bürgergasse 5, Parzelle 133, Grundbuchseinlagezahl 178 (alte Hausbezeichnung Villacher Vorstadt 11) von Seiten der Gemeinde bewilligt, um damit sieben Zimmer und drei Küchen neu zu schaffen. Drei Küchen wohl deshalb, weil je eine für die alte und junge Familie, die dritte jedoch fürs Gesinde gedacht war. Es könnte sich dabei um den Westflügel gehandelt haben.

Schon um etwa 1898 kam es zur Eheschließung zwischen Anna Kanatschnig (1875-1942), Tochter des Michael, und Franz Höfferer sen. (1872-1943), Bauer und Sägewerker aus dem Görtschitztal, mit Sägestandort in Hüttenberg. Deren, das Erwachsenenalter erreichenden fünf Kinder kamen zwischen cirka 1899 und 1906 beim Prailinger in der Gemeinde Klein St.Paul zur Welt.  1907 wurde Prailinghof verkauft und vlg. Scheerer in Kitschdorf angekauft. Weil aber die Liegenschaftsgrößen sehr unterschiedlich waren, darf man davon ausgehen, daß das alte Bauernhaus zum Abbruch kam, an dessen Stelle hingegen das heute noch anzutreffende Gebäude, eine Art Herrenhaus, neu errichtet wurde. Erst als Michael Knappitsch 1918 mit 68 Jahren das Zeitliche segnete, zog Franz mit seiner Familie auf den Zeneggenhof in St.Veit.  Von drei Söhnen des Franz heiratete der älteste in einen Bauernhof am Krappfeld ein, während die zwei jüngeren am Zeneggenhof verblieben und dort bald die Geschäftsführung übernahmen.

Am 20. August 1930 ging ein arges Wetter über Schaumboden nieder und der Obermühlbach führte große Wassermengen sowie allerhand Treibgut heran. Durch ein Versehen hat man die Wasserwehr am Obermühlbach nicht rechtzeitig gezogen, was eine gewaltige Verklausung, des weiteren die Überflutung der Straße mit Schäden auf eigenen und fremden Grundstücken  zur Folge hatte. Zum eigenen Schaden kamen fremde Ersatzforderungen, und um solche wenigstens teilweise abzuwehren, mußte man Dr. Kittinger, Rechtsanwalt in Klagenfurt mehrere Jahre gegen hohes Honorar bemühen.

Franz Höfferer jun. (1905-1994) hatte seine Ausbildung an der Handelsschule in Klagenfurt 1921abgeschlossen. In den zunächst wirtschaftlich schwierigen zwanziger Jahren, noch mehr in den politisch zerrissenen Dreißigern konnte er schon mit Fleiß und Geschick zur Hebung des Betriebes beitragen. Der Realbesitz erfuhr nicht nur um St.Veit eine Ausweitung, auch in Zistl/Möderbrugg/Stmk. besaß man einen Säge- und Forstbetrieb. Seit 1938 war Franz Höfferer jun. mit Anna Nußhold (1908-1994) ehelich verbunden.

Leider wurde das Testament von 1943 wenig überdacht und äußerst betriebsfeindlich gestaltet. Franz Höfferer jun., zu diesem Zeitpunkt wohl verheiratet jedoch ohne leibliche Erben, mußte eine fideikommissarische Substitution zu Gunsten ehelicher Nachkommen seines älteren Bruders hinnehmen, obwohl er längst gemeinsam mit dem ehe- und kinderlos gebliebenen Bruder Leo für die Betriebe voll verantwortlich war. Galt Franz als konservativ und Heimatschützler, so war Leo national gesinnt und in die Ereignisse von 1934 verstrickt. Um sich nicht einsperren zu lassen, ging er vorsichtshalber sofort nach Mailand und gab dort einen sehr guten Verkaufsleiter ab. Das anfänglich freundliche Verhältnis zwischen den Regierungen Mussolini und Dollfuß ließ das Italien-Geschäft kurzzeitig boomen. Zwischen Juli und November 1934 stieg die Zahl der Beschäftigten in St.Veit von zehn auf vierzehn. Dann trat Adolf Hitler auf den Plan, nicht nur mit seiner Tausend-Mark-Sperre, auch auf Mussolini muß Hitler gegen Österreich gerichteten Einfluß genommen haben, denn plötzlich benötigte man für die Holzausfuhren nach dem Süden Lizenzen, die von den Italienern immer zögerlicher erteilt wurden………..

Mit der Angliederung Österreichs an Deutschland profitierten kriegswirtschaftlich wichtige Betriebe, darunter auch Sägewerke. Sie wurden rasch mechanisch verbessert und leistungsfähiger gemacht. Am 15.2.1943 meldete man der Organisation Todt, daß die Rundholzzuteilung des Forstjahres 1940/41 für St.Veit mit 16 Beschäftigten 7.800 Festmeter (ein Plus von 170% gegenüber dem Vorjahr!) – für Zistl mit 9 Beschäftigten 5.000 Festmeter Nadelholz betragen hat. Die gleichzeitig prognostizierten Einschnittmöglichkeiten für 1942 wurden vorsichtig mit 4.000 Festmeter (St.Veit) bzw. mit 3.000 Festmeter (Zistel) angegeben. Auch wurde nicht vergessen, darauf hinzuweisen, daß die Rundholzanlieferung mit drei Pferden nur zum Teil sichergestellt erscheint und die Bereitstellung eines Traktors angezeigt wäre… Franz Höfferer mußte nur gegen Schluß hin kurzzeitig zu den Soldaten, denn Betrieb und Landwirtschaft waren in den Augen der damals Verantwortlichen sehr wichtig. Man mußte nur immer frühzeitig um eine sogenannte UK-Bestätigung einkommen. UK steht für „unabkömmlich“. War es vor 1938 Franz, der die nötigen Verbindungen spielen ließ, so konnte während der NS-Zeit Bruder Leo um so besser agieren. 1945 wendete sich das Blatt neuerlich! Franz ist nämlich nie der NS-Partei beigetreten. Es gelang Franz beispielsweise der Erwerb jener Gründe bei Schloß Weyer, die Dr. Arthur Lemisch der St.Veiter Sportjugend für einen Spielplatz zum Geschenk machte und die 1945 im Eigentum des Sportreferates des Landes Kärnten standen. An einen Sportplatzbau war so bald nicht zu denken. Das Land wußte nicht, was es mit den Gründen anfangen sollte und Franz Höfferer griff zu….

Dieser Umstand hat Lemisch-Erben noch nach Jahr und Tag gewurmt. Sie empfahlen Spendensammlern des Turnvereines danach immer wieder, zum Höfferer sammeln zu gehen und nannten diesen einen Kriegsgewinnler.

Der Verlaß nach Franz sen. war vor Kriegsende nicht mehr abzuwickeln, wohl aber bald danach. Es kam zur Gründung einer Handelsgesellschaft unter den zwei Brüdern einerseits und einem Neffen anderseits. Dies ging so lange gut, bis die Auflösung des Gesellschaftsvertrages angestrebt und – nicht ganz unmotiviert – eine vermögensrechtliche Teilung verlangt wurde. Jetzt zeigte sich deutlich, daß das Testament von 1943 eine schwere Hypothek darstellte. Die Vermögensteilung entpuppte sich als ein langer, ein schmerzlicher und kostspieliger Vorgang. Wieder wurden Rechtsanwälte bemüht und wieder waren diese fürstlich zu entlohnen. Mit der Abtretung des Besitzes Zistl bei Möderbrugg – der im übrigen heute noch gut floriert – mit diesem Aderlaß allein war es keineswegs getan, es kostete noch einiges dazu. Bis einschließlich 1982 bilanzierte die OHG noch inklusive Zistl und ab 1983 bereits  o h n e  diesen Besitz. Dabei war die Zusammenarbeit der neu erbauten Säge St.Veit  mit Zistl lange Zeit sehr vorteilhaft gewesen. Anstatt das eigene und das Geld der Banken in notwendige Betriebsverbesserungen investieren zu können, wurde solcherart die St.Veiter Firma empfindlich geschwächt. Überall gab es bereits Schließungen und das Sterben kleiner Sägen einerseits, Konzentration, Rationalisierung bis hin zur Automatisierung inklusive digitaler Meßverfahren anderseits. Was macht man, wenn dann die eigene Kasse schwach oder gar leer ist?  Man wendet sich an die Banken. Wie das mit dem Geld der Banken aber schon so ist, weiß man meist erst hinterer. Schwer ist es oft, die anfallenden hohen Zinsen zu verdienen, noch schwerer fällt das Tilgen der eigentlichen Schulden. So lange das vorhandene Vermögen reichlich Deckung bietet, ist alles eitel Wonne, aber dann…….

Fortune und Tragik, Aufstieg und Fall gehörten immer schon zum Schicksal großer Familien. Heute ist in der Wirtschaft nahezu alles anonym. Wo sind die Ehrenmänner, die für ihr Tun und Lassen noch mit allen Konsequenzen eingestanden sind?  Hier darf daher kein Urteil gesprochen, sondern nur eine Erklärung dafür versucht werden, warum es den Zeneggenhof, so wie er einmal war und wie er dank seiner alten Eigentümer weitum Geltung besaß, nicht mehr gibt. Gewiß ließen sich noch andere Betrachtungen anstellen, doch für Fragen des familiären Glückes ist hier nicht der rechte Platz. Bei aller Wehmut kann man positiv sehen, daß die Geschichte des Zeneggenhofes in Wort, Schrift und Bild fortlebt. Dazu haben nicht wenige ihren Beitrag geleistet. Fürs erste hat der aufmerksame Nachbar, Direktor Karl Anetter, ein fotografisches Tagebuch über die traurigen Wochen des Abbruches angelegt. Zweitens, konnte über verständnisvolle Vermittlung von Herrn Stadtamtsleiter Mag Karl Heinz Müller und unter Mithilfe von Herrn Steinmetzmeister Kropiunik geschichtlich bedeutsames Steinmaterial im Bauhof sicher gelagert werden. Schließlich ist Herrn Harald Petersmann vom EDV-Bauamt der Stadtgemeinde für digitale Fotoaufnahmen sowie deren Archivierung verbindlich zu danken.

Walter Wohlfahrt      in Kärntner Landsmannschaft Heft 6/7 2005

Immer wieder Wiesenmarkt

März 31, 2012 um 18:40 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen Kommentar
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Es geht schon eine besondere Faszination von diesem Herbstfest aus, dass es Jung und Alt von Fern und Nah regelmäßig jedes Jahr mit großer Macht anzieht. Auch wenn das Drum Herum im Laufe der Zeit einem steten Wandel unterworfen war, von seiner, die ganze Stadt erfassenden  Stimmung, hat der Wiesenmarkt Generationen hindurch nichts eingebüßt. Natürlich können die persönlichen Bezüge und Erinnerungen ganz unterschiedlich sein, doch ein gewisses Prickeln ist ihnen allen gemeinsam. Sind es nun die wunderschönen Berichte eines Dr. Sebastian Weberitsch oder die Reminiszenzen einer treuen Leserin von „Zentrum Kärnten“,  Frau Grete Novak, Jahrgang 1920, woraus wir heute wörtlich zitieren:

„Wiesenmarkt, welch herrliche Zeit für uns Kinder! Die Schausteller kamen schon Wochen früher nach St.Veit, um ihre Ringelspiele, Schaukeln und Schießbuden zu reparieren oder mit frischer Farbe zu versehen. Die Buben waren ganz selig, wenn sie mithelfen durften und wir Dirndln schauten halt zu. Damals waren an Stelle des heutigen Fußballplatzes Schrebergärten zwischen der Rennbahn. Ein kleines Bächlein, eine Abzweigung des Mühlbaches, floss durch. Die Buben liefen mit den Eimern, um von dort das benötigte Wasser für die Reinigungsarbeiten zu holen. Manchmal kam es sogar zu einem Wettrennen. Dann stand es da, das kleine Ringelspiel mit den frischlackierten Pferdchen. Es konnte nur mittels Muskelkraft betrieben werden und die Buben rissen sich darum, denn es war auch eine Ehre!

Einmal kam ich zum Mittagessen nicht nach Hause. Meine Mutter war sehr in Sorge und der Vater wurde beauftragt, mich am Wiesenmarkt zu suchen. Und wo fand er sein Dirndl? Im Gebälk des Pferchen-Ringelspiels mit den Buben im Kreise herum laufend.

Wie bekannt, wurde in St.Veit einst viel Hopfen angebaut. Meine Mutter erzählte, dass sie als Kind auch bei der Hopfenernte dabei war, um sich ein paar Kreuzer für den Wiesenmarkt zu verdienen. Die Hände schmeckten noch lange ganz bitter.“

So weit die lebhafte Rückschau von Frau Novak, aus deren Feder noch allerlei des Berichtens wert wäre über das alte St. Veit. Wir schließen ab mit einer kurzen Bildbeschreibung des hier gezeigten, bald hundert Jahre alten Fotos: Die Gegend an der Glan zwischen Hörzendorfer Brücke und Klagenfurterstraße hieß einst „Das Obermoos“ und ein Teil davon war die sogenannte Jahrmarktwiese. Diese war unterhalb von der Bahn (seit 1869), oberhalb vom Zeneggenhof und dem Klosterareal, seitlich vom Bachbett des Mühlbaches bzw. von einer Verbindungsstraße Richtung Bahn begrenzt. Ganz deutlich zeigt die Aufnahme auch das vorerwähnte Gerinne, welches vom Hauptbach abzweigte und einmal sowohl die längst abgerissene Spitalmühle (Villacher Vorstadt!) wie auch eine Turbine am Zeneggenhof antrieb. Auch die Bewässerung der Wiesenflächen konnte so bewirkt werden. Der einzige Zugang von der Stadt her führte damals noch durch eine Engstelle südlich des Weberitschhauses, von wo auch sichtbar ein Wirtschaftsweg quer herab führt. Nichts zu sehen ist noch von der zur Zeit des I. Weltkriegs entstandenen Rennbahn, dafür sehr wohl und recht deutlich  fünf Kreuzwegstationen am Fuße des voll bewaldeten Kalvarienberges. Wie bescheiden nimmt sich noch die Stadt in ihrer Erstreckung aus und doch bot sie zu Zeiten des Wiesenmarktes immer gute Herberge für viel Volk aus allen Landesteilen.           X/2008

                      Stadt mit Wiesenmarkt und Umgebung Anno 1915

Eine Bildbeschreibung

Juli 30, 2011 um 20:07 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen Kommentar
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Gut bekannt und oft wiedergegeben ist eine Ansicht unserer Stadt von Osten her. Diese stammt von Johann Weichard Valvasor und datiert mit 1688. Eher seltener und weniger bekannt ist jene von Joseph Wagner (um 1845) in Farbe gestaltet. Leicht verändert wurde von Wagner lediglich der Bildvordergrund. Anstatt Valvasors Einzelgestalten ist hier ein auf das Klagenfurter Tor zustrebender Reiter, links im Bild ein geschwungener Weg samt einsamen Wanderer zu sehen. Während hier zusätzlich ein Teil des Muraunberges, es ist der Standplatz des Zeichners, den unteren Bildrand füllt, ist am oberen Bildrand vom Kaiserwappen, über „Statt S. Veit“ und Tartsche mit Vitus, dem Stadt-Heiligen alles weggelassen worden.

                                   nach Joseph Wagner, um das Jahr 1845

In künstlerischer Freiheit scheint hier wie dort das Franziskaner Kloster samt Kirche im Bild unterhalb, Kalvarienberg im Bild oberhalb, der Stadt näher gerückt als es der Natur entsprechen würde. Die genannten Komplexe sollten keinesfalls fehlen. Daß dabei der Turm der Klosterkirche wuchtiger erscheint als er es je war, sei nur nebenbei bemerkt. Das kleine massive Bauwerk links vom Kloster soll wohl der Vorgänger des jüngst abgerissenen  Zeneggenhofes sein? Was wird an dieser Stelle demnächst entstehen?

 Sehr schön sind Stadt- und Zwingermauern, soweit solche überhaupt vorhanden waren, auszumachen. Gleiches gilt für die Basteitürme, ein großer oben, wo heute das Hauben-Restaurant „la torre“ Platz findet sowie ein kleiner unten, der nicht mehr besteht. Der Graben ist noch voll Wasser, gespeist vom Obermühlbach und mit Bogenbrücken überspannt. Rechts vom Klagenfurter Tor ist die Zwingermauer kurz mit Zinnen, ansonsten lediglich mit Ziegelbedeckung und mit Schießscharten versehen. Zwei weitere Schalentürme im Verlaufe der Zwingermauer garantierten einst zusätzliche Verteidigungswirkung. Die Stadtmauer dahinter weist keine einheitliche Höhe auf. Rechts vom Osttor liegt der Wehrgang mit seinen Schlitzen für die Bogenschützen höher als links. Nur die jeweiligen Ecken haben mehr Höhe. Soll das hohe Dach mit den zwei Fenstern an der rechten Ecke vielleicht gar die Kirche zu den Zwölf Boten sein? Zwölf Boten steht für zwölf Apostel. Wie wäre es, wenn diese Gasse „Apostelgasse“ hieße. Sie würde uns dann daran erinnern, daß jeder Christ ein Apostel sein soll. Ist der linke Zwingergarten bestenfalls von niederen, unsichtbaren Bewuchs bedeckt, so stehen im rechten bereits ansehnliche Laub- oder Obstbäume.

 Wenn wir durch das Westtor kommend die innere Stadt betreten, stoßen wir direkt an die Kirche der Vierzehn Nothelfer. Diese Kirche wurde 1777 aufgelassen und abgetragen. Bald danach entstand an dieser Stelle das Palais des reichen Eisenhändlers Baron von Koller, die heutige Bezirkshauptmannschaft. Gleich anschließend leuchtet die Westfront der Häuser am Oberen Platz in heller Sonne. Die Fassaden sind zinnenbewährt. Damit jedoch das Regenwasser herausfindet, waren blecherne Wasserspeier vonnöten, wie Sie heute nur noch das Rathaus zeigt. Die dunklen Zinnen, förmlich an die Stadtpfarrkirche anstoßend, verraten, daß auch die Häuser der unteren Platzseite einst Zinnen trugen. Die Stadtpfarrkirche beherrscht eindeutig die  Bildmitte. Das Turmdach entspringt wohl mehr der Phantasie. Gleich daneben ragt der Kegelturm der Burg in den Himmel auf. Vom Friesacher Tor ist gerade noch die Zinnenkrone sichtbar. Im übrigen hatte der Zeichner mit der Perspektive im allgemeinen und mit den Häuserreihen im besonderen so seine liebe Not. Stimmig ist dort gar nichts. Auch das grüne Hinterland ist sehr unwirklich angeordnet. Der stark nach rechts verschobene Kalvarienberg stoßt direkt an den Vitusgraben, gerade so, als wäre keine Welt dazwischen. Am ehesten kann man noch den steil nach Zensweg, am Schweighof (heute Marienhof) vorbeiführenden Weg gelten lassen. Die Höhen dahinter sind willkürlich angeordnet. Das mit zwei Stockwerken die Stadt überragende Gebäude am Eingang des Vitusgrabens ist schwer zu bestimmen.

Noch ein Wort  zur Kalvarienbergkirche. Der kleine Sakralbau stammt aus 1658 und war, bei Entstehung des Kupferstiches gerade dreißig Jahre alt. Trotzdem erscheint der Dachreiter auf der falschen, der entgegengesetzten Seite. Von einem Kreuzweg ist um diese Zeit gleichfalls noch nichts zu bemerken. Der Kreuzweg wird vielleicht einmal eine neue Geschichte.    

Walter Wohlfahrt in „Zentrum Kärnten“   IV/2007

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