Gute Geschäfte trotz schwerer Zeiten

März 29, 2016 um 14:53 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen Kommentar
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Obwohl der Name Zois im Görtschitztal vereinzelt vorkommt, sogar einen gleichlautenden Vulgo-Namen gibt es in Hochfeistritz, handelt es sich dabei keinesfalls um einen Allerwelt-Namen. Adelige und Forscher zwischen Laibach und Triest tragen ihn und auch ein seltenes Mineral der Saualpe, der Zoisit hat davon seinen Namen.

Hier und heute geht es um einen Zois mit Vornamen Ignaz. Er war nicht mehr der Jüngste, als er nach verlorenem Krieg den Soldatenrock ablegte und nach St. Veit kam um sich hier selbständig zu machen. Ersten Spuren des Ignaz begegnet man in unserer Stadt 1920. Da ist er,  41 Jahre alt,  mit Angela Kulterer, diese wohl auch schon 32 Lenze zählend, die Ehe eingegangen. Eine eigene St. Veiter Bleibe hatte er vorerst nicht. Das Trauungsbuch führt ihn unter der Adresse der Braut,  Klagenfurter Vorstadt, heute  Klagenfurter Straße Nr. 31, also im Hause seines Schwiegervaters Josef Kulterer. Da nennt er sich „Lederhändler in St. Veit“. Was die Pfarrmatrikel auch noch weiß,  er war der  am 17. 2. 1879 unehelich geborene Sohn der bereits verstorbenen Maria Zois, Magd in St. Walburgen bei Eberstein.

Der Start ins Leben dürfte für den jungen Ignaz nicht einfach gewesen sein, aber dennoch, er scheint ein recht guter Schüler, ein wacher, lernwilliger Geist geworden zu sein. Dem weiteren Lebensgang sind deshalb auch kleinere Erfolge beschieden. Nach Ableistung des obligaten Militärdienstes bei den kaiserlichen Ulanen winkte ihm wunderbarerweise eine Anstellung als Herrschafts-Kutscher bei Graf Oskar Christallnig in Eberstein. Da brauchte es schon gute Umgangsformen. Fahrten mit Livre und Zylinder zwischen Eberstein und Klagenfurt  oder zu einem der benachbarten Schlösser waren stilgerecht zu meistern.

In Eberstein dürfte er in gräflichen Diensten mitbekommen haben, wie man mit Rehhäuten umgehen und wohin man sie versenden kann. Auch dürfte er Kenntnis von Adressen ferner Abnehmer erlangt und sich gemerkt haben. Nach Rückkehr vom italienischen Kriegsschauplatz war das Schloss Eberstein verwaist und ein Kutscher nicht mehr vonnöten. Bange Fragen standen an! Was tun? Wieder zurück zur Bauernarbeit?  Nein, das wollte unser Held auf keinen Fall. Irgendwie gelang es ihm, Verbindung mit einer Wiener Adresse aufzunehmen und er hatte Erfolg! Es wäre auch denkbar, dass Zois an seiner St. Veiter Geschäftsadresse, die zu beziehen wohl der finanziellen Hilfe des Herrn Schwiegervater zu danken war, dass er also dort zweckdienliche Hinweise vorfand. War doch an dieser Stelle am Villacher Tor (heute Dr. Domenig Gasse 6) in der Zeit davor und Jahre lang die Lederwerkstätte des Josef Breschan anzutreffen. Die neue Geschäftsidee hatte Zois  jedenfalls schon fix im Kopfe und was in Eberstein möglich war, sollte auch in St. Veit zu machen sein!

Wie konnte in Zeiten der ständigen Geldentwertung ein Neubeginn gelingen? Ganz einfach, indem man statt mit Geld, mit Ware zahlte, also Tauschgeschäfte machte. Das war nicht in jeder Branche möglich, klar, doch Zois ist dies dank eines Wiener Juden gut geglückt. Der Wiener hatte eine Schuhfabrik, war ein sicherer Abnehmer von Rohhäuten und schlug  vor, im Gegengeschäft doch auch seine Schuhe in St. Veit anzubieten. Keine leichte Entscheidung, angesichts der vielen tüchtigen Schuhmachermeister in der Stadt. Zois könne ja weiter auf Gegenrechnung liefern, man würde ihm zur Regelung der Schuhlieferungen genug Zeit  lassen. Das war ein günstiges Angebot und Zois schlug ein. Inflations-Kronen nahm damals nur noch wer nichts zum Eintauschen fand. So lief es also bald im großen Stile und zwar wie folgt: Häute hin, Schuhe her – Schuhe hin, Häute her, denn auch Gutsherren und Forstpersonal benötigten Schuhwerk! Dazwischen nur gerade so viel Umsatz in Inflationskronen als im Alltag gebraucht wurde. So konnten keine Wertverluste entstehen. Ganz im Gegenteil, der Tauschhandel führte schlussendlich dazu, dass die Eheleute Zois mit Einführung der stabilen Schilling-Währung, wo  andere Kaufleute erst mühsam und bei Null beginnen mussten, ein respektables Warenlager an Häuten und Schuhen, schuldenfrei, ihr Eigen nannten.

Man sprach bei den Zois von einem gut katholischen Haus. Die geschäftliche Verbindung mit dem jüdischen Fabrikanten war trotzdem immer beiderseits korrekt und angenehm. Letzterer gab 1927 sogar hilfreich Anstoß, mit dem Geschäft auf den Hauptplatz zu übersiedeln. Das Haus Hauptplatz 16, wo bis 1923 der Tabak-Hauptverlag war, danach die „Zentralbank Deutscher Sparkassen“ bald  zusammenbrach, stand zum Verkauf. Es wurde mit tatkräftiger Unterstützung des Schuhfabrikanten gegen große Konkurrenz gekauft. Ab sofort und für lange Zeit gab es nun an dieser neuen Adresse das Schuhhaus Zois. Wie tüchtig und erfolgreich das Geschäft selbst in schwierigsten Zeiten lief,  wurde am besten dadurch deutlich, dass man 1936 in der Lage war, am Johannserberg ob Brückl eine gerichtlich angebotene, stattliche Bauernhube zu ersteigern und auf den Namen der Töchter Maria und Roswitha anschreiben zu lassen. Inzwischen lernte man auch die Kunst der richtigen Geldanlage. Man dachte dabei sogar an Kunst! Als von Schloss Wimitzstein, genauer gesagt von Fanny Traxler, Rechtsnachfolgerin des Paul Trattenberg (Jude Trattenberg auf Wimitzstein hatten illegale Nazi mit einem Spreng-Attentat 1934 arg zugesetzt und ihm den weiteren Aufenthalt dort verleidet!!) ein altes Bild angeboten wurde, griff man beherzt zu. Ignaz Zois kaufte 1939 auch noch das Nachbarhaus, Hauptplatz 17 und verstarb am 1. 4. 1967 im hohen Alter von 88. Gattin Angela erreichte nur 56 Lebensjahre und segnete 1944 das Zeitliche.  Schon 1944 folgten die Töchter im Hausbesitz nach.

Bildbeschreibung                                                                                                   Die Situation ums ehemalige Villacher Tor zeigt die Eheleute Zois vor ihrem ersten Geschäft. Neben ihnen ein stattlicher Forstmann, gewiss ein Zulieferer. Beide Auslagen sind mit Schuhwaren gut gefüllt. Die Firmentafel gibt Auskunft über die Schuhmarke, spricht von Leder Schuh- und Rohhäutehandel. Sogar Singer Nähmaschinen hatte man im Sortiment.

 

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Wehrturm des Villacher-Tores und Vorwerk

August 1, 2011 um 13:29 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen Kommentar
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 Unser Verschönerungsverein (Obmann H. Meckel) ist unermüdlich tätig. Unterstützt von Kulturabteilung und Bauamt der Stadtgemeinde schuf er in jüngerer Zeit kunstvolle Erinnerungstafeln in Form von Marmorreliefs und angeschlossene Texte und brachte diese überall dort zur Aufstellung, wo einstens die vier Stadttore waren. Ein aktueller Anlaß erforderte die genauere Betrachtung der Situation am Villacher Tor. Dabei zeigte sich, daß 1890 als das in der Literatur stets genannte Jahr des Abbruchs, schlicht und einfach falsch ist.

 Erstmals begegnet diese irrige Jahrzahl in der Gedenkschrift des Kriegervereines (1898, Seite 6). Alle späteren Autoren, wie etwa Karl Ginhart, der große Kunsthistoriker in „Die Stadt St. Veit“ von Norbert Rainer (1927, Seite 12), dann in „Die Kunstdenkmäler des Bezirkes“ (1931, Seite 25) und in Carinthia I (1961, Seite 842) haben den Fehler fortgeschleppt. Selbst die übereinstimmende Angabe im Dehio und bei Andreas Besold „St.Veit an der Glan“ (1997, Seite 79), die da lautet, „die vier Stadttore wurden zwischen 1851 und 1890 abgetragen“ ist nicht länger zu halten. Lediglich auf Norbert Rainer (1927, Seite 85) und auf Johann Spöcks „Bericht 1890 bis 1912“ (Sept.1912, Seite 54) ist diesbezüglich, wenn auch nur beschränkt Verlaß. Norbert Rainer spricht ausdrücklich „vom Rest des Villacher Tores….der 1890 zu Fall kam“ und meint damit das Vorwerk, während Spöck ganz eindeutig jene Häuser nennt, die sich im Laufe der Zeit im Vorwerk eingenistet haben und die von der Gemeinde entweder gänzlich oder zum Teil zwecks Abbruch und Straßenerweiterung mit Kaufvertrag de dato 1890 erworben worden sind. Es waren dies das Haus des Ledermachers Josef Breschan und jenes der Erben nach Kupferschmied Josef Premitzer, beide Liegenschaften zur Villacher Vorstadt zählend.

 Mit der angeführten Jahrzahl 1890 kann also in keiner Weise der abgebildete Torturm, sondern einzig und allein dessen Vorwerk, die sogenannte Barbakane1) gemeint sein. Wie konnte ein solcher Irrtum überhaupt entstehen und sich so lange halten? Ganz einfach!

Irgendwann einmal vor 1890 entstand eine Zeichnung, die als Karte „Villacher Tor“ viel Verbreitung fand und die 1934 sogar in Farbe nachgemalt worden ist! Man beachte dabei im rechten Bildteil die heute noch existierende Stadtmauer (Sabitzer). Vom Villacher Torturm ist nichts zu sehen! Er müßte ja laut Merian die Stadtmauer ums Doppelte überragen! Leider wissen Kunstgelehrte wenig von den Eigenheiten einer exakten Grundbuch- und Katasterführung. Doch genau dort liegt der Schlüssel für unser Problem.

 Ich behaupte einmal, daß der Villacher Torturm schon nicht mehr existierte als 1869 das Friesacher Tor abgetragen wurde und trete auch gleich den Beweis dafür an. Ein Blick in das Grundbuch, genauer gesagt in zwei Grundbücher ist hilfreich dabei! Um 1871 wurde nämlich das alte Grundbuch der „Kammerstadt St. Veit 1743 ff“ (Landesarchiv Handschriften Signatur 157) geschlossen und das moderne Grundbuch eingeführt. Während zuvor die „Hausnummer 111 Villacher Torturm“   g e l ö s c h t  erscheint, kommt die dazu gehörige Baufläche 115 im neuen Grundbuch erst gar nicht mehr vor. Zwischen BH mit Baufläche 116 und dem gegenüber liegenden Hause, heute Dr. Domenigstraße 1, Baufläche 114, fehlt die Baufläche 115 genau an jener Stelle, wo einst das Tor gestanden hat. Die oben zitierten Häuser der Barbakane sind hingegen im alten Stadtplan zeitgleich alle auszumachen. Zwei weitere Indizien gefällig? Wenn man schon 1869 das Friesacher Tor niedergelegt hat, um die Durchfahrt für größer und zahlreicher gewordene Fuhrwerke zu erleichtern, warum nicht auch das gegenüber liegende Villacher Tor? Warum existiert eine alte fotografische Aufnahme vom Friesacher Tor, aber keine von seinem Gegenüberr? Letzter Beweis: Markus Pernhart schuf knapp nacheinander zwei Stadtansichten von Osten her, eine ohne Eisenbahn und mit Villacher und  Friesacher Torturm, die spätere mit Eisenbahn, mit Friesacher Torturm (!) aber ohne Villacher Torturm! Der Bau der Kronprinz Rudolf Bahn erfolgte bekanntlich 1867/68.

 Mit etwas Glück ließe sich vielleicht im Kärntner Landesarchiv das Jahr des Abbruches ganz  genau feststellen. Für heute nur so viel: In der Reihenfolge seiner ursprünglichen Verwendung war dieser Turm wie alle anderen fix mit drei „W“ verbunden, mit Wache – Wehr – Wohnung. Mein Textvorschlag für die neue Zusatztafel lautet daher: DIE JAHRZAHL 1890 BEZIEHT SICH NUR AUF DAS EINSTIGE VORWERK. DER HIER GEZEIGTE WACH- WEHR- UND WOHNTURM KAM SCHON MEHR ALS 20 JAHRE FRÜHER UNTER DIE SPITZHACKE:                

Walter Wohlfahrt in „Zentrum Kärnten“     II/2008

1) kleiner, dem Hauptturm vorgelagerter Zwinger

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