Aus alten Ratsprotokollen

April 7, 2012 um 15:01 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen Kommentar
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(1. Teil)

 Die alten St.Veiter Ratsprotokolle im Kärntner Landesarchiv, (Handschriften Signatur A4) machen es möglich, daraus einer geneigten Leserschaft etliche Kieselsteinchen, besser gesagt Mosaiksteinchen zur Stadtgeschichte darzubieten. Wir versetzen uns in die Zeit von 1644 bis 1648, da in Europa gerade der schreckliche Krieg, den man den dreißigjährigen nennen wird, zu Ende geht. Erstaunlich, was damals schon den hohen Magistrat der k.k. Kammerstadt im Rathaus so alles beschäftigt hat. Dazu nur einige, nicht ganz wahllos herausgegriffene Beispiele zu denen man sich vergegenwärtigen sollte, daß Bürgermeister, Stadtrichter und Mitglieder des Inneren und Äußeren Rates zusammen-kamen um Berichte zu erstatten, Anträge entgegenzunehmen  und Beschlüsse zu fassen.

*  David Prinner, Ratsmitglied, begehrt für den Hauptmann Service (für seine Tätigkeit als Trabantenhauptmann?) bis 4. Januar 20 Silbergulden und 44 Kreuzer –  bewilligt!

* Gabriel Schönberger, Organist „ruft“ an und bittet, ihm das Gottsleichnamsbruderschaft- Häusl zu überlassen und dem Lexen und Simon Sohn aufzukündigen –  Soll sich gedulden!

* Der Stadtpfarrer bittet um Einantwortung (=Übergabe) des Gleismüllerschen Benefiziates, (mit Haus- und Grundbesitz) nachdem er von Salzburg bereits confirmiert (offiziell ernannt) worden sei.           Beschluß: Herrn Görizer (Stadtpfarrer?) auf nächsten Mittwoch herauf (in den Magistrat) bitten!

* Ruepp Felsensteiner, Stadtrichter war zugleich Spitalmeister (Verwalter des Bürgerspitals) von 1636-1644, ihm folgt Georg Purkstaller.

*  Joachim Khäzler bittet, weil ihm das Hübl von Tschirnig von einer löblichen Gottsleichnamsbruderschaft verlassen (überlassen) worden, dies auch auf Namen der Frau und Leibserben zu extendieren (auszuweiten) – Bescheid, weil eine löbliche Bruderschaft ehest soll zusammenkommen, möge sich Khäzler noch gedulden!

*  Versammlung der löbl. Gottsleichnahmbruderschaft am 16.3.1644, beiwesend Herr Stadtpfarrer, Zechprobst Carl Holer und folgende Brüder: Oberaufschlagseinnehmer Johann Gräßl, Andre Tallmann Bürgermeister, Ruepp Felsensteiner Stadtrichter, Mayer, Purgstaller, Prinner, Benedict Tallmann, Mirnig, Grasser, Bernardin, Waldner, Nuhsbaumer, Hohensasser, Khübler, Teutschmann, Knoller, Knieberger und Faßhuber – fast alle Ratsmitglieder und elf weitere Namen. – Beschluß: Wahl von zwei neuen Zechpröbsten, Besserung in Beachtung der alten Ordnung, wöchentliche Prozession (in der Kirche), Armenspeisung, Zusammenkünfte usw. 

*  Die (neuen) Zechpröbste Mayer und Felsensteiner wollen 90 Gulden an Zinsen der Bruderschaft und bei 300 Gulden von der Rosenkranzbruderschaft. Zur Erklärung sei gesagt, daß die Einkünfte dieser beiden geistlichen Bruderschaften von der Stadt wohl widerrechtlich entfremdet und bislang verwaltet worden sind und die neuen Zechpröbste nichts anderes taten, als bisher von der Stadt kassierte Erträgnisse nun in ihre Hand zu nehmen. Man hat wohl selbst den Stadtvätern von St.Veit inzwischen klar gemacht, daß die Sache der Lutheraner zumindest in den österreichischen Landen verloren ist.

*  Valtan Finster und Lienhart Wasserleiter, ein Schulknecht, werden zu Bürgern an- und aufgenommen, haben den Eid geleistet, Gabe und 3 Gulden für die Musketten erlegt.

*  Der Gerichtsdiener bittet um ein neues Kleid zum angehenden Jahrmarkt, wie es alter Brauch – Es wird ihm ein halbes Kleid bewilligt, sprich: der halbe Aufwand ersetzt.

*  Benedict Tallmanns Raitung (=Bürgermeisteramtsrechnung) für die Jahre 1643 bis 1645 enthält Posten wie: 2.100 Gulden wegen Ablösung des Hammers in Siebenaich (an der Wimitz), 150 Gulden für Erbauung (Reparaturen?) des Plähofens (Hochofen in Urtl), mehrmals Beträge für Flossen (Roheisen), mit denen gehandelt wurde.

*  Immer öfter ist von Pestfällen in der näheren und ferneren Umgebung zu hören. Ein Student, aus Graz zurückgekehrt, stirbt nach wenigen Tagen. Einreisebestimmungen aus gefährdeten Gegenden, wie beispielsweise Gurk und Straßburg, werden verschärft. Johann Pfaler, Apotegger (Apotheker) bittet, er wollt gern in jetzig gefährlichen Zeiten etliche Pservativa (Schutzmittel) präparieren, um ein Darlehen zur Erkaufung von Materialien um 12 Silberkronen. – Beschluß: Es ist ihm zuvor (d.h. schon einmal) ein schönes Darlehen beschehen, wenn dieses bezahlt sei, könnte die Stadt wieder helfen.

*  Blasi Hacker, Zirkelschmied ist offenbar auch für die Eisenwaage oder deren Wartung  zuständig, denn er begehrt und erhält dafür als Besoldung 1 1/2 Zentner Eisen.

*  Georg Kindermacher, Schweinhüter, bittet um die Kost aus dem Spital und um ein Kleidl (=Gewand) – Dies soll dem Herrn Spitalmeister überlassen sein! 

*  Die Herren Franziskaner bitten um Fastenspeis – 6 Kronen bewilligt wie im Vorjahr! 

*  Zacharias Gebhart, Gerichtsdiener, bittet um Holzgeld. – 3 Guld. wie zuvor bewilligt!

*  Für „Weißbott“ Ein Calender (fürs) Neue Jahr als wie ferten (Vorjahr) 1 Krone bewilligt.

*  Antrag, daß man an den drei eingegatterten Kapellen das Gemäuer und Gatterwerk abbrechen und um der Zierlichkeit wegen, die Altäre und Stühle übersetzen soll.                                                                                          Bewilligt, Herr Tallmann als Kirchenprobst soll das ehest ins Werk richten!

Herr Stiftsschaffer im Saal (Maria-Saal) bittet, weilen zu dem Altlärl im Saal so Herr Münzmeister (er)richt(et) ein Eisen abgängig, ihm mit etlich Centnern zu Hilf zu kommen. Beschluß: Zwei Centner bewilligt.  Nächstes mal mehr davon.                                    XII/2005 

Weihnachtsbaum 2005 und Rathaus am Hauptplatz                           

(2.Teil)

Blättern wir in den Ratsprotokollen weiter (KLArchiv, HS Signatur A4 St.Veit) so begegnen uns nicht nur zahlreiche Einzelschicksale sondern auch so manches Ereignis, welches die Stadt in Atem hielt.

Der Anrescher zu Meiselding

Im November 1646 besagt ein Eintrag „Dem alten Anrescher Ambros seien hiervor (d.h. bis jetzt) 5 Silberkronen verwilligt, er bittet, ihn besser zu bedenken. – Beschluß: Soll hinfür seinen Fleiß nicht sparen und fleißig Aufsicht haben, so will ihm ein Ehrsamer Magistrat von diesen drei Jahren reichen lassen neun Silberkronen“. oder „Veit Ponegger, Anrescher zu Meiselding ruft an und bittet, ihm ein Kleidl zu vergünstigen. – Beschluß: kommt für (d.h. es wird bekannt) daß er in der Raitung (Abrechnung) dem Herrn Pfarrer eine Rösch zu 58 Krippen verraith (verrechnet) hat, der doch erst des Mittwochs, als man von der Raitung graist (abgereist), laut des alten Anreschers Ansag (Aussage) 28 Krippen gestürzt, (er) ist aufs Rathaus bis auf weiteren Bescheid verboten. Daraus erhellt, daß die Stadt für ihre Eisenwerke u.a. auch in Meiselding einen Kohlbarren, also einen Holzkohlenlagerplatz unterhielt. Beim Wechsel des dort Verantwortlichen, also vom alten auf den neuen Anrescher, gab es anscheinend schwerwiegende Differenzen, so daß man den unter Verdacht geratenen neuen Mann vor einer entsprechenden Untersuchung sogar den Zutritt zum Rathaus verboten hat.

Das Bräuhaus 

1647 wird geklagt, dass das Bräuhaus – es muss also von der Stadt betrieben worden sein – bald ganz zusammenfallen würde 1647  –  und daß baldigst Abhilfe zu schaffen sei.

Bäcker und Müller

Ein andermal wird über die Bäcker und ihr schlechtes Brot Klage geführt. Sie wehren sich und fragen, wie sie gutes Brot machen sollen, wenn die Müllherrn und Müllner (interessante Unterscheidung zwischen Besitzer und Bediensteten!) unsauberes Mehl liefern, die Mehlkästen nicht konsequent vorher von Kleie und Verunreinigungen säubern, was wiederum die Müller allein auf schlechtes Trad (Getreide) zurückführen und übrigens, wenn die Bäcker schon so genau Bescheid wissen, dann sollen sie doch gleich selber das Mehl mahlen……Als sich diese dazu bereit finden, werden ihnen nächtliche Betriebszeiten angeboten, wohl wissend, daß Bäcker früh des morgens aufstehen und deshalb auch gerne bald zu Bett gehen!

Fleischhauer

Die Fleischhauer begehren, das Rindfleisch nicht länger um11 Pfennig sondern um einen Groschen (1 Groschen = 12 Pfennig) verkaufen zu dürfen – das wird abgelehnt!

Schmiedmeister

Michel Würth und Hans Crainer, beide Schmiedmeister, beklagen, daß immer mehr Schmidten in der Umgebung der Stadt („im Gäu“) von angrenzenden Gutsherrschaften zum Schaden der zünftigen Schmieden zugelassen werden. Da ist selbst der Magistrat ratlos.

Drei Altäre

Am 7.6.1647 befaßt sich der Rat mit dem „Tischler in der Burg“ der vorbringt, er habe einen Altar gemacht (wohl auftrags der Stadt) nichts eingenommen als allein (nur) empfangen darum 60 Gulden, das könne er nicht nehmen, bittet ihm zu reichen, was er vom vorigen gehabt. – Beschluß: Es seien ihm noch 5 Kronen hinzugeruckt (draufgegeben).

Mit 18.3.1848 hingegen erscheint Sebastian Khuen (laut Buchindex  „Tischler in der Burg“ genannt, und so wohl mit dem erstgenannten ident) und bittet, ihm noch 10 Gulden zu seinem Verdienst hinzuzutragen. Hab zu den 60 Gulden nur 15 von Herrn Bürgermeister empfangen, sei gar zu wenig (um) auch seine Gesellen mit einem Trinkgeld väterlich zu bedenken. – Beschluß: Soll sich gedulden, bis das andere Werk fertig ist.

Am 29.1.1848 referiert der Bürgermeister: Weil der Tischler am Altar stark arbeiten tuet (will sagen, große Fortschritte macht) also habe der Pfarrer einen Bildhauer hingeschickt, will vom Schuach (Schuh, Maß) 2 Gulden haben, begehrt geschwind Geld darauf – „Das hat Anstand“.

Über die Armen: Georg Pierproier (Name kommt vom Bierbrauen, siehe Ortsnamen von Projern!) sonst Kleidermacher genannt, ruft an um Gottes Willen ihn in das Spital (d.h. Bürgerspital) zu nehmen. I/2006                                                                                                                                                 

 

                         

Bildtext: Justizia, die Göttin der Gerechtigkeit, am Rathaus

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