Wehrturm des Villacher-Tores und Vorwerk

August 1, 2011 um 13:29 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen Kommentar
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 Unser Verschönerungsverein (Obmann H. Meckel) ist unermüdlich tätig. Unterstützt von Kulturabteilung und Bauamt der Stadtgemeinde schuf er in jüngerer Zeit kunstvolle Erinnerungstafeln in Form von Marmorreliefs und angeschlossene Texte und brachte diese überall dort zur Aufstellung, wo einstens die vier Stadttore waren. Ein aktueller Anlaß erforderte die genauere Betrachtung der Situation am Villacher Tor. Dabei zeigte sich, daß 1890 als das in der Literatur stets genannte Jahr des Abbruchs, schlicht und einfach falsch ist.

 Erstmals begegnet diese irrige Jahrzahl in der Gedenkschrift des Kriegervereines (1898, Seite 6). Alle späteren Autoren, wie etwa Karl Ginhart, der große Kunsthistoriker in „Die Stadt St. Veit“ von Norbert Rainer (1927, Seite 12), dann in „Die Kunstdenkmäler des Bezirkes“ (1931, Seite 25) und in Carinthia I (1961, Seite 842) haben den Fehler fortgeschleppt. Selbst die übereinstimmende Angabe im Dehio und bei Andreas Besold „St.Veit an der Glan“ (1997, Seite 79), die da lautet, „die vier Stadttore wurden zwischen 1851 und 1890 abgetragen“ ist nicht länger zu halten. Lediglich auf Norbert Rainer (1927, Seite 85) und auf Johann Spöcks „Bericht 1890 bis 1912“ (Sept.1912, Seite 54) ist diesbezüglich, wenn auch nur beschränkt Verlaß. Norbert Rainer spricht ausdrücklich „vom Rest des Villacher Tores….der 1890 zu Fall kam“ und meint damit das Vorwerk, während Spöck ganz eindeutig jene Häuser nennt, die sich im Laufe der Zeit im Vorwerk eingenistet haben und die von der Gemeinde entweder gänzlich oder zum Teil zwecks Abbruch und Straßenerweiterung mit Kaufvertrag de dato 1890 erworben worden sind. Es waren dies das Haus des Ledermachers Josef Breschan und jenes der Erben nach Kupferschmied Josef Premitzer, beide Liegenschaften zur Villacher Vorstadt zählend.

 Mit der angeführten Jahrzahl 1890 kann also in keiner Weise der abgebildete Torturm, sondern einzig und allein dessen Vorwerk, die sogenannte Barbakane1) gemeint sein. Wie konnte ein solcher Irrtum überhaupt entstehen und sich so lange halten? Ganz einfach!

Irgendwann einmal vor 1890 entstand eine Zeichnung, die als Karte „Villacher Tor“ viel Verbreitung fand und die 1934 sogar in Farbe nachgemalt worden ist! Man beachte dabei im rechten Bildteil die heute noch existierende Stadtmauer (Sabitzer). Vom Villacher Torturm ist nichts zu sehen! Er müßte ja laut Merian die Stadtmauer ums Doppelte überragen! Leider wissen Kunstgelehrte wenig von den Eigenheiten einer exakten Grundbuch- und Katasterführung. Doch genau dort liegt der Schlüssel für unser Problem.

 Ich behaupte einmal, daß der Villacher Torturm schon nicht mehr existierte als 1869 das Friesacher Tor abgetragen wurde und trete auch gleich den Beweis dafür an. Ein Blick in das Grundbuch, genauer gesagt in zwei Grundbücher ist hilfreich dabei! Um 1871 wurde nämlich das alte Grundbuch der „Kammerstadt St. Veit 1743 ff“ (Landesarchiv Handschriften Signatur 157) geschlossen und das moderne Grundbuch eingeführt. Während zuvor die „Hausnummer 111 Villacher Torturm“   g e l ö s c h t  erscheint, kommt die dazu gehörige Baufläche 115 im neuen Grundbuch erst gar nicht mehr vor. Zwischen BH mit Baufläche 116 und dem gegenüber liegenden Hause, heute Dr. Domenigstraße 1, Baufläche 114, fehlt die Baufläche 115 genau an jener Stelle, wo einst das Tor gestanden hat. Die oben zitierten Häuser der Barbakane sind hingegen im alten Stadtplan zeitgleich alle auszumachen. Zwei weitere Indizien gefällig? Wenn man schon 1869 das Friesacher Tor niedergelegt hat, um die Durchfahrt für größer und zahlreicher gewordene Fuhrwerke zu erleichtern, warum nicht auch das gegenüber liegende Villacher Tor? Warum existiert eine alte fotografische Aufnahme vom Friesacher Tor, aber keine von seinem Gegenüberr? Letzter Beweis: Markus Pernhart schuf knapp nacheinander zwei Stadtansichten von Osten her, eine ohne Eisenbahn und mit Villacher und  Friesacher Torturm, die spätere mit Eisenbahn, mit Friesacher Torturm (!) aber ohne Villacher Torturm! Der Bau der Kronprinz Rudolf Bahn erfolgte bekanntlich 1867/68.

 Mit etwas Glück ließe sich vielleicht im Kärntner Landesarchiv das Jahr des Abbruches ganz  genau feststellen. Für heute nur so viel: In der Reihenfolge seiner ursprünglichen Verwendung war dieser Turm wie alle anderen fix mit drei „W“ verbunden, mit Wache – Wehr – Wohnung. Mein Textvorschlag für die neue Zusatztafel lautet daher: DIE JAHRZAHL 1890 BEZIEHT SICH NUR AUF DAS EINSTIGE VORWERK. DER HIER GEZEIGTE WACH- WEHR- UND WOHNTURM KAM SCHON MEHR ALS 20 JAHRE FRÜHER UNTER DIE SPITZHACKE:                

Walter Wohlfahrt in „Zentrum Kärnten“     II/2008

1) kleiner, dem Hauptturm vorgelagerter Zwinger

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