Tirof-Haus, Bräuhausgasse 5

Juli 19, 2013 um 12:19 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen Kommentar
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Die Baugeschichte dieses alten Stadthauses liegt weitgehend im Dunkeln. Sie ist obendrein ziemlich undurchsichtig verquickt mit dem Gebäude Nr. 3 dieses direkt an der Stadtmauer. Anfänglich waren es sicher getrennte Besitztümer, Haus 3 mit einem Schneider, Haus 5 mit einer Tischler-Gerechtsame, das heißt, mit Gewerberecht, fix mit dem Haus verbunden. Später kamen die Häuser in eine einzige Hand. Hausnummern wurden aufgelassen und wieder eingeführt. Alles ist also ziemlich verworren, was sich zwischen der einstigen Kirche der 14 Nothelfer (aufgelassen 1789) und dem „Millesi-Garten“ (heute Rosengarten) baulich getan hat.
Bleiben wir bei Haus Nr. 5 und stellen wir fest, dass es einen unregelmäßigen Grundriss hat. Es scheint, als wäre das ursprünglich normal viereckige Gebäude an der Nord-Ecke einmal zu sanieren gewesen und als der noch immer zu sehende Halbkegel nicht reichte, hat man einfach einen stützenden Zubau gemacht. Vielleicht wurde eines Tages die Unterkellerung aus guten Gründen erweitert und hat sich damit das vorerwähnte Problem ergeben. Der einzig vorhandene Bauakt stammt aus 1932 und betrifft den von Baumeister Wank für Markus Tirof ausgeführten Dachgeschoss-Ausbau. Damals entstand auch als Giebel-Zier und Hauszeichen der Heilige Florian, Schutzpatron der Rauchfangkehrer.
Hausgeschichten sind aber meist auch Familiengeschichte, besonders dann, wenn mehrere Generationen auf einander folgen. Wir gehen jetzt zurück ins Jahr 1788. Da wurde einem Südtiroler, namens Josef Fischer das St. Veiter Bürgerrecht verliehen. Er übte hier tatsächlich noch das Tischler- oder Schreinergewerbe aus, hatte eine geborene Pacher zu Frau und war jedenfalls ein Zeitgenosse des Barock-Bildhauers Johann Pacher! Zufall?

Hauszeichen Kaminfeger Tirof in Bräuhausgasse 5

Hauszeichen Kaminfeger Tirof in Bräuhausgasse 5

Tirof-Müller

Bräuhausgasse 5

Bräuhausgasse 5

 

 

Von Pachers Witwe kaufte 1827 der Klagenfurter Josef Felfernig. Auch ihm wird Bürgerrecht verliehen und zwar 1813, da wird er als 46 jähriger Drechsler und Weinhändler beschrieben. Noch zwei Generationen, ein Karl und ein Friedrich folgen im Besitz nach und werden gleichfalls der Bürgerwürde teilhaftig. Die beiden waren von 1859 bis 1872 auch Eigentümer des abgekommenen Hauses Bräuhausgasse Nr. 7 (Baufläche 15). Als Friedrich, Wirt und Weinhändler um 1888 das Zeitliche segnete, wurde seine Witwe Maria, geborene Remschnig wohl Nachfolgerin, jedoch mit der Auflage zur Weitergabe an die noch unmündigen Kinder Carl und Robert Felfernig. Die Ansprüche der Kinder wurden fein säuberlich im Grundbuch festgeschrieben und doch ist es anders gekommen!
Hier sei ein kurzer kulturgeschichtlicher Einschub gestattet. Die junge Maria Remschnig kam als „Wirtschafterin“ ins Haus. Das war damals in St. Veit ein probates und kein seltenes Mittel, eine sogenannte – kirchlich natürlich streng verpönte – Probeehe führen zu können. In den meisten Fällen wurde die Probe auch bestanden, wie die Ankunft der zwei Kinder beweist. Maria, wohl -bestallte Witwe, erwarb 1888 nicht all zu schwer das Cafe Zentral Hauptplatz 3, baute um und modernisierte. Es dauerte nicht lange und sie verehelichte sich Ende 1890 noch einmal, diesmal mit dem Zugsführer der Staatsbahn Franz Xaver Ettl, aus Waidhofen an der Ybbs gebürtig. Einer der Trauzeugen unterschreibt mit Ferdinand Felfernig, Cafetier! Vermutlich ein Schwager, der das frei gewordene Lokal als Pächter eine Weile fortführte. Schon am 14. 1. 1891 kommt Sohn Franz Ettl zur Welt. 1899 stirbt der Vater und 1906 die Mutter. Der junge Ettl ist also mit 15 Jahren Vollwaise, wird aber infolge Testamentes der Mutter zum Besitzer in der Bräuhausgasse! Die Kinder aus erster Ehe werden zwar geldlich sichergestellt, verlieren ihre Ansprüche aber großenteils durch die nachfolgende Inflation. Vormund des Jugendlichen wird der Kaufmann Ewald Blankenhagen, der ihn auch gleich zu sich in die Lehre nimmt. Des Lehrherrn Rat ist gut und hilft dabei, die vorhandenen Ansprüche mit Inflations-Kronen ehest mühelos abzustoßen. Das Grundbuch ist wieder sauber!
Ende 1926 kann Franz Ettl, er nennt sich inzwischen Kaufmann, weil er bis zum Konkurs das große Blankenhagen, Kaufhaus zum Buren geführt hatte, an Markus Tirof, Kaminfeger-Meister um 32.500 Schilling gut verkaufen. Dabei entfallen 2.500 auf Bade- und Schlafzimmereinrichtung. „Verkäufer hat selbst bewirtschaftet (?)und verpflichtet sich zur geräumten Übergabe mit 1.3.1927“. Der Kaufpreisrest von 22.500 Schilling mit Goldparität abgesichert, ist in freibleibenden Teilbeträgen abzuzahlen und mit den üblichen Sparbuch Zinsen zu bedienen.
Der neue Besitzer wird zu einer Bekanntheit der Stadt und des ganzen Kehrbezirkes. Sogar zum Hauptmann der Trabantengarde wird er gewählt. Er zog schon 1901 von Hüttenberg kommend in die Stadt , hatte jedoch vorerst an anderer Stelle seine Bleibe. Zwischen 1906 und 1924 wurden ihm dort mindestens fünf Kinder geboren. Sein Leben endete tragisch am Katschberg (13.5.1950). Noch über Generationen blieb die Familie, eine Zeit lang auch mit Rauchfangkehrer Gewerbe an dieser Adresse sesshaft, ehe heiratsbedingt der Name wechselte. Michael Müller, der heutige Hausherr, weiß von interessanten Beobachtungen zu berichten. Bei Ausbesserungen ist neben einer alten Entlüftungsöffnung in der Außenwand, auch im Inneren unter der Wandfärbelung „Gastzimmer“ sowie der Spruch „Komm, tritt ein – Bring Glück herein“ in schönster Kunstschrift zu Tage getreten. Es ist nach all dem jetzt zeitlich ziemlich klar, wann diese Einzelheiten in Gebrauch gewesen sind.
Auch der vorhandene Keller ist vielsagend genug. Da haben wohl einige Fässer des Wirtes und Weinhändlers Felfernig Platz gefunden!
walter.wohlfahrt@gmail.com

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