Die Stadt-Burgfried-Bereitung von 1673
August 8, 2011 um 15:22 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen KommentarSchlagwörter: Burgfriedsgrenze, Gerichtsconfin, Grundkataster 1828, Hungerbrunn, Hunnenbrunn, Markstein, Münzaufwurf, Raimund Dürnwirth, Schwarzfurt, Schwarzfurter Kreuz, Tschirnig

Burgriedstein, nicht in Loco
So titelt Schulrat Raimund Dürnwirth einen Aufsatz in der Carinthia I des Jahres 1901 und schildert darin sehr anschaulich, was sich am Montag, den 10. April 1673 rund um die landesfürstliche Stadt St.Veit zugetragen hat. Wer kennt noch R. Dürnwirth? Wer hat schon die alte Carinthia zum Hernehmen und wer kann sagen, was unter der Burgfried-Bereitung gemeint ist? Also der Reihe nach: Dürnwirth lebte von 1835 bis 1907 als Realschulprofessor und Heimatkundler in Klagenfurt (Anton Kreuzer, Kärntner Biographien 2004, S. 45). In einer Sammlung alter Handschriften des Geschichtsvereines fand er auf leer gebliebenen Zwischenblättern Aufzeichnungen aus dem 17. Jhdt. eines ungenannten Chronisten aus St. Veit und hat diese den Lesern von 1901 zugänglich gemacht.

Burgfriedstein
Was heißt „Stadt-Burgfried-Bereitung“? Spätestens mit der Verleihung von Bann- und Acht (1457), war die Stadt und ihr näheres Umfeld zum selbständigen Burgfried geworden, also der Gerichtsbarkeit der umliegenden Grundherrschaften entzogen. Desto wichtiger war es, den genauen Grenzverlauf zu kennen bzw. im guten Einvernehmen mit den Nachbarn von Zeit zu Zeit abzuschreiten bzw. zu Pferde zu „bereiten“. Es ist bekannt, dass man die von Mauern gesicherte Siedlung auch Burg, die Bewohner folglich Bürger nannte, die aber außerhalb der Mauern noch Wiesen, Äcker und Weiden benötigten, um auch wirklich unabhängig sein zu können.
Am oben genannten Tage versammelte sich nach Weckruf durch Drommelschlag die bewaffneten Stadtbürger, 40 Mann zu Pferde und 140 Mann Fußvolk unter ihren Offizieren und Korporälen – zwölf an der Zahl (!) – am Platze um bald durch das Villacher Tor hinaus zum Schwarzfurter Kreuz zu ziehen. Viel Volk und Jugend begleitete das städtische Aufgebot. Der Chronist schreibt vom genannten Kreuz „wo der Weg nach Herzendorf bzw. nach Projern abzweigt“. Tatsächlich ist im ältesten Kataster noch eine Straßeneinmündung von Süden her erkennbar, die schwarze, die moorige Furt also nicht weit. Der Pfleger von Frauenstein wurde mit Handschlag begrüßt, er sollte nun ein gutes Stück Begleiter sein. Zuvor wurde noch ein Markstein gesetzt, geschossen und – zum Gaudium der Jugend – eine Handvoll Münzen aufgeworfen. Dieser Brauch wurde im Verlaufe des Tages noch an mehreren Stellen wiederholt. Der Weg führte über Treffelsdorf – Pöllinger – Petschenegg (unter heutigen Radinger) zum „Doplspiller“ (heißt eigentlich Falsch-Spieler, Schwindler!) heute Doppelspichler und „unter Zensweg“ bis Hungerbrunn (heute Hunnenbrunn). An dieser Stelle lagerte man, um die Teilnehmer mit 300 Labl Brot und 6 Zuber Bier zu laben. Wie passend ist doch der alte Name Hungerbrunn! Ausgeruht und gestärkt wurde die Grenzbeschau fortgesetzt. Inzwischen wurde der Frauensteiner vom Osterwitzer und Taggenbrunner Pfleger, begleitet von Jägern und Bauern, abgelöst. Von Tratschweg ging es über Tschirnig (zu deutsch „Schwarzen“) über die „Hefferl“-Brucken (später Käferl-Brücke) zum mächtigen Kreuz und weiter nach St. Andrä, wo es allerhand Unstimmigkeit mit den Osterwitzern gegeben hat. Bald danach waren die Karlsberger Nachbarn gestellt und Zeugen des Grenzverlaufes über den Muraunberg nach Unterbergen und bis zum morgendlichen Ausgangspunkt am Schwarzfurter Kreuz.
Abschließend noch ein Wort zu den Marksteinen, den sogenannten „Burck-Frit“ Steinen. Sie sind zum größten Teil verloren oder „versunken“. Sie stimmen der Jahreszahl nach auch nicht immer mit den in St. Veit geprägten Aufwurf-Münzen überein. Ein Besuch des St. Veiter Museums am Hauptplatz ist auch in diesem Zusammenhang sehr zu empfehlen. Das Lapidarium im Hof zeigt einen sehr schönen, dreieckigen Stein mit der Jahreszahl 1572. Dieser kam an einer Stelle zur Verwendung, wo zwei Nachbarn zugleich an die Stadtgrenze stießen. Ein weiterer Stein, datiert 1674 trägt auf einer Seite „BSV“ d.h. Burgfried St. Veit, auf der anderen LH mit O eingeschlossen, für Landgericht Hochosterwitz. Die Abweichung um ein Jahr kommt davon, dass erst nach Streitbeilegung neu vermarkt werden konnte. Im Museum ist noch ein dritter Stein (St. Veit – Hochosterwitz) datiert mit 1750. Zwei Burgfried-Steine hat der Verfasser dieser Zeilen aufgespürt. Beide tragen sie die Jahreszahl 1638. Damit ist nebenbei nachgewiesen, dass sich Dürnwirth irrt (Fußnote 3) und nicht der alte Chronist. Ein Stein mit „Sanct Ve.. 1638“ steht in situ in Treffelsdorf direkt am Maria-Pulster-Weg gegenüber dem FF-Rüsthaus, links der Hofeinfahrt. Der Stein muss schon öfter angefahren worden sein. Er hat einen höchst gefährdeten Standort. Es wäre sehr zu überlegen, ob nicht das Museum in St. Veit ein sicherer Bleibeort wäre, oder ob man ihn am jetzigen Platz mit entsprechender Sicherung lassen sollte. Der zweite hier abgebildete Stein „Burch Frit Sant Veit 1638“ erscheint gut gesichert vor dem Vermessungsbüro Kastenhofer-Schweizer. Die Jahrzahl ist eindeutig, steckt aber zu tief im Asphalt und ist deshalb schlecht lesbar. IV/2010
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