Oktober-Platz, die ewige Baustelle

März 31, 2012 um 19:12 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen Kommentar
Schlagwörter: , , , , , ,

                   Fortgeschriebener Katasterplan von 1828

Haus und Garten des Spenglers Woschitz lagen inmitten des späteren Platzes

In der Februar-Nummer wurde vom 1890 erfolgten Abriss einer Engstelle im Bereich des Jahrzehnte früher demolierten einstigen Villacher Tores berichtet und ein Bild aus vergangenen Tagen zur Veranschaulichung gezeigt. Unentwegt hat man da seither aufgebaut, niedergerissen, wieder gebaut und verändert, von den vielen Verbesserungen im öffentlichen Bereich, von ehemaligen Brunnengestaltungen und vom noch vorhandenen Denkmal für die Opfer des Abwehrkampfes  und der Kärntner Volksabstimmung von 1920, woher auch der Platzname kommt, ganz abgesehen. Am besten hält man sich diesbezüglich an Dr. Johann Spöcks „Bericht“ von 1912. Liest man dort aber von seinem ausdrücklichen Bedauern, nicht auch gleich das Carinthia-Haus ob der dortigen drei Engstellen abgerissen zu haben, dann ist man, unbeschadet seiner immensen Verdienste um die Stadtentwicklung doch versucht, ihm den Beinahmen „Oberdemolierer von St.Veit“ anzuhängen. Allein am Anfang der Villacher Vorstadt hat Spöck mehrere Häuser auf dem Gewissen. Das Argument lautete jedesmal „Verkehrshindernis“. Immerhin, die Stadteinfahrt von dieser Seite wurde verbessert, dem Grünbaum Wirt ein repräsentativer Erweiterungsbau ermöglicht und ein schönes neues Wohnhaus der Maria Korpitsch (Mitte 1891 – Zubau 1912 zwecks Unterbringung des k. k. Postamtes) konnte Platz finden. Die Post verblieb übrigens bis 1953 um danach der Raiffeisenkasse Platz zu machen. Maria Korpitsch (1855-1896) war die Tochter des Bartolomäus Smole. Dieser wurde 1862 als Bürger aufgenommen und war 1873 einer der Gründer der  damals noch durch und durch bürgerlichen Städtischen Sparkasse St.Veit. Nach Ableben der Maria folgte ihr Gatte Anton Korpitsch im Besitze nach. Weil aber deren einzige Tochter Anna (1874-1965) keinen Kaufmann, sondern den k. k. Rittmeister Hans Weissl (1868-1906 !) ehelichte, ging das altehrwürdige und ausgedehnte Kaufmannsgewölbe, direkt an der Stadtmauer  gelegen, (Dr. Domenig Straße 1) 1905 auf Ewald Blankenhagen (heute Wilhelm Sabitzer), über. Anna und Hans Weissl hatten zwei Kinder. Walter Weissl, 1904 geboren, fand 1944 den Soldatentod. Ines Weissl, Schulrat in Ruhe, entschlief am 30. Dezember 2004, einen Tag vor ihrem 103. Geburtstag. Die Familiennamen Smole (auch Smoly) und Korpitsch kommen beide aus dem gemischtsprachigen Kärnten und bedeuten so viel wie Kranawit und Korbmacher (E. Kranzmayer). Ein Johann Korpitsch, Fratschler, erscheint schon 1792 im Bürgerbuch. Es handelt sich dabei möglicherweise um einen Vorfahren. Zwischen einem Fratschler und einem Kaufmann liegen zwar Welten, doch irgendwie gehören sie doch zusammen. Fratscheln hieß damals herumfragen, einmal Verkäufer, ein andermal Kaufwillige ausfindig zu machen und diese gegen ein Vermittlungsentgelt zusammen zu bringen.

Heute geht es auch ums Haus der Spenglerei Woschitz (siehe Foto!), das im Jahre 1903 zum Abbruch kam. Dr. Sebastian Weberitsch – übrigens schon wieder ein echter Kärntner Name auf  -itsch  – erinnerte sich noch an den säumigen Spenglermeister. 1903 lebte nur mehr des Spenglers Witwe  Maria, die der Gemeinde verkaufte. Es folgt eine kurze Bildbeschreibung:

Auf den Vorplatz fällt der tiefe Schatten der Bürgerspitalskirche, am linken Bildrand erblickt man das noch recht schlichte Wirtshaus Zum Grünen Baum (damals schon, laut Aufschrift, mit Getreidehandlung). Zwischen Woschitz und Grünen Baum lugt ein Gebäude hervor, das heute noch steht und aktuell einen Handy Shop (Waagstraße 1A) beherbergt. Links vom großen kahlen Baum ist gerade  noch ein kleines Stück des damaligen Neubaus der Maria Korpitsch, doch noch ohne Zubau durch deren Witwer zu erkennen, rechts des Baumes der 2003 gänzlich geschliffene Gasthof Zur Traube mit ungewohnter Fassade. Vollkommene Klarheit über Lage und Erstreckung der Alt- und Neubauten ist allerdings nur durch einen Blick auf den alten, bis ca. 1950 fortgeschriebenen Katasterplan zu gewinnen. Siehe Ausschnitt! Dort finden sich alle zur Zeit der Katasteranlegung 1828 bestandenen Häuser mit ihren Bauflächen-Nummern in schwarzer Umrandung, spätere Neu- und Umbauten hingegen in roter Schraffierung.  So gilt z. B. Nr. 127 bis 129 für Bürgerspital, Nr. 149 für Gasthof  Grüner Baum, Nr. 150/1 und 150/2 für Woschitzhaus und Garten, Nr. 151 heute Handy Shop,  Parzelle 1059 steht für Öffentliches Gut (=Straße zur städtischen Waage, diese mit Nr. 214/2), Nr. 122 teildemoliertes Premitzerhaus, Nr. 123 Maria Korpitsch mit Postamt, Nr. 124 Gasthof Zur Traube, Nr. 126 Sebastian Weberitsch. Rot durchgestrichene Grenzlinien sind nicht mehr existent.                                                                                                            VIII/2008

Werbung

Wehrturm des Villacher-Tores und Vorwerk

August 1, 2011 um 13:29 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen Kommentar
Schlagwörter: , , , , , , , , , , , , , , , ,

 Unser Verschönerungsverein (Obmann H. Meckel) ist unermüdlich tätig. Unterstützt von Kulturabteilung und Bauamt der Stadtgemeinde schuf er in jüngerer Zeit kunstvolle Erinnerungstafeln in Form von Marmorreliefs und angeschlossene Texte und brachte diese überall dort zur Aufstellung, wo einstens die vier Stadttore waren. Ein aktueller Anlaß erforderte die genauere Betrachtung der Situation am Villacher Tor. Dabei zeigte sich, daß 1890 als das in der Literatur stets genannte Jahr des Abbruchs, schlicht und einfach falsch ist.

 Erstmals begegnet diese irrige Jahrzahl in der Gedenkschrift des Kriegervereines (1898, Seite 6). Alle späteren Autoren, wie etwa Karl Ginhart, der große Kunsthistoriker in „Die Stadt St. Veit“ von Norbert Rainer (1927, Seite 12), dann in „Die Kunstdenkmäler des Bezirkes“ (1931, Seite 25) und in Carinthia I (1961, Seite 842) haben den Fehler fortgeschleppt. Selbst die übereinstimmende Angabe im Dehio und bei Andreas Besold „St.Veit an der Glan“ (1997, Seite 79), die da lautet, „die vier Stadttore wurden zwischen 1851 und 1890 abgetragen“ ist nicht länger zu halten. Lediglich auf Norbert Rainer (1927, Seite 85) und auf Johann Spöcks „Bericht 1890 bis 1912“ (Sept.1912, Seite 54) ist diesbezüglich, wenn auch nur beschränkt Verlaß. Norbert Rainer spricht ausdrücklich „vom Rest des Villacher Tores….der 1890 zu Fall kam“ und meint damit das Vorwerk, während Spöck ganz eindeutig jene Häuser nennt, die sich im Laufe der Zeit im Vorwerk eingenistet haben und die von der Gemeinde entweder gänzlich oder zum Teil zwecks Abbruch und Straßenerweiterung mit Kaufvertrag de dato 1890 erworben worden sind. Es waren dies das Haus des Ledermachers Josef Breschan und jenes der Erben nach Kupferschmied Josef Premitzer, beide Liegenschaften zur Villacher Vorstadt zählend.

 Mit der angeführten Jahrzahl 1890 kann also in keiner Weise der abgebildete Torturm, sondern einzig und allein dessen Vorwerk, die sogenannte Barbakane1) gemeint sein. Wie konnte ein solcher Irrtum überhaupt entstehen und sich so lange halten? Ganz einfach!

Irgendwann einmal vor 1890 entstand eine Zeichnung, die als Karte „Villacher Tor“ viel Verbreitung fand und die 1934 sogar in Farbe nachgemalt worden ist! Man beachte dabei im rechten Bildteil die heute noch existierende Stadtmauer (Sabitzer). Vom Villacher Torturm ist nichts zu sehen! Er müßte ja laut Merian die Stadtmauer ums Doppelte überragen! Leider wissen Kunstgelehrte wenig von den Eigenheiten einer exakten Grundbuch- und Katasterführung. Doch genau dort liegt der Schlüssel für unser Problem.

 Ich behaupte einmal, daß der Villacher Torturm schon nicht mehr existierte als 1869 das Friesacher Tor abgetragen wurde und trete auch gleich den Beweis dafür an. Ein Blick in das Grundbuch, genauer gesagt in zwei Grundbücher ist hilfreich dabei! Um 1871 wurde nämlich das alte Grundbuch der „Kammerstadt St. Veit 1743 ff“ (Landesarchiv Handschriften Signatur 157) geschlossen und das moderne Grundbuch eingeführt. Während zuvor die „Hausnummer 111 Villacher Torturm“   g e l ö s c h t  erscheint, kommt die dazu gehörige Baufläche 115 im neuen Grundbuch erst gar nicht mehr vor. Zwischen BH mit Baufläche 116 und dem gegenüber liegenden Hause, heute Dr. Domenigstraße 1, Baufläche 114, fehlt die Baufläche 115 genau an jener Stelle, wo einst das Tor gestanden hat. Die oben zitierten Häuser der Barbakane sind hingegen im alten Stadtplan zeitgleich alle auszumachen. Zwei weitere Indizien gefällig? Wenn man schon 1869 das Friesacher Tor niedergelegt hat, um die Durchfahrt für größer und zahlreicher gewordene Fuhrwerke zu erleichtern, warum nicht auch das gegenüber liegende Villacher Tor? Warum existiert eine alte fotografische Aufnahme vom Friesacher Tor, aber keine von seinem Gegenüberr? Letzter Beweis: Markus Pernhart schuf knapp nacheinander zwei Stadtansichten von Osten her, eine ohne Eisenbahn und mit Villacher und  Friesacher Torturm, die spätere mit Eisenbahn, mit Friesacher Torturm (!) aber ohne Villacher Torturm! Der Bau der Kronprinz Rudolf Bahn erfolgte bekanntlich 1867/68.

 Mit etwas Glück ließe sich vielleicht im Kärntner Landesarchiv das Jahr des Abbruches ganz  genau feststellen. Für heute nur so viel: In der Reihenfolge seiner ursprünglichen Verwendung war dieser Turm wie alle anderen fix mit drei „W“ verbunden, mit Wache – Wehr – Wohnung. Mein Textvorschlag für die neue Zusatztafel lautet daher: DIE JAHRZAHL 1890 BEZIEHT SICH NUR AUF DAS EINSTIGE VORWERK. DER HIER GEZEIGTE WACH- WEHR- UND WOHNTURM KAM SCHON MEHR ALS 20 JAHRE FRÜHER UNTER DIE SPITZHACKE:                

Walter Wohlfahrt in „Zentrum Kärnten“     II/2008

1) kleiner, dem Hauptturm vorgelagerter Zwinger

Bloggen auf WordPress.com.
Entries und Kommentare feeds.