Ziegelstadel von 1827 und Gratzer Reiden

Juli 31, 2011 um 16:10 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen Kommentar
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Ein Konflikt zwischen Militärpersonen und rechtschaffenen Stadtbewohnern war es, der im April des Jahres 1827 zwei Einvernahmen vor den St.Veiter Stadtrichter nötig machte. Zwar hatte der Richter keinerlei Gewalt, gegen Militärs Strafen auszusprechen, oder solche gar zu vollstrecken, doch der Schutz von Bürgern lag ihm deutlich am Herzen.

 Josef Dorfmann aus der Villacher Vorstadt, Hausherr und biederer Lohnkutscher im Nebenberuf, brachte zur Anzeige, was ihm von zwei kaiserlichen Fähnrichen jüngst widerfahren ist. Des Dorfmann Gehilfe, Bartlmä Brandner, 25 Jahre alt, ledig., wohnhaft beim Vater Primus Brandner im Lazarett-Gebäude wurde als Zeuge geladen. Seine unter Eid gemachte Aussage lautete:

Mein Dienstherr wurde öfter mit seinen Pferden vom hiesigen Posthalter Mayer herangezogen, wenn sich unvorhergesehen Sonderfahrten ergaben. Auch diesmal übernahm er es, zwei Fähnriche samt Bagage vom Gasthof Stern in St.Veit zum Gasthof Ochsen in Klagenfurt zu bringen. Dazu benötigte man zwei Gespanne. Während Dorfmann vorne weg das Gebäck übernahm, kutschierte ich die Galesche mit den beiden Fahrgästen ihm hinterher. Bald forderten die Offiziere, ich solle doch dem Straßenstaub des Dorfmann ausweichen und diesem vorfahren. Das war bei der Koller’schen Bleiweißfabrik. Beim Ziegelstadel vorbei war es dann so weit und in die Gratzer Reiden wollte ich das trabende Pferd auf Schrittempo zurücknehmen, weil dort die Straße gegen St.Donat hin ansteigt. Dies gefiel jedoch dem links von mir sitzenden Offizier gar nicht und er forderte die rasche Gangart beizubehalten. Weil ich wußte, daß mein Herr keinesfalls wünschte, das Ross zu überanstrengen, wollte ich solches Ansinnen vorerst überhören. Da griff der Offizier selbst ein, nahm mir die Peitsche aus der Hand und trieb damit kräftig an. Dorfmann folgte bald, hielt an und verlangte die Peitsche zurück, was man ihm aber verweigerte. Es entspann sich ein hitziger Wortwechsel in dessen Verlauf die Uniformierten reklamierten, für den Transport doch gezahlt zu haben und daß in Klagenfurt der Anschluß zu erreichen sei. Dorfmann wiederum konnte darauf hinweisen, die Pferde seien sein Eigen und von ihm bezahlt. Er könne nicht dulden, daß diese zuschanden gefahren werden. Im übrigen hätten sie eben schon in St.Veit an eine frühere Abfahrt denken sollen. Dem Dorfmann gelang es nicht, die Peitsche an sich zu nehmen. Im Gegenteil, der erste  Offizier zog den Säbel blank und schlug dem Dorfmann, unbekannt wo, eine Wunde. Auch der zweite Offizier trat hinzu und versetzte dem Dorfmann einige Hiebe, den Säbel allerdings in der Scheide belassend. Dorfmann mußte nachgeben und die Fahrt fortsetzen, behielt sich jedoch vor, den Vorfall an geeigneter Stelle anzuzeigen.

Wie die Sache letztendlich ausgegangen ist, verrät ein späteres, gleichfalls erhalten gebliebenen Schreiben eines auswärtigen Militärkommandos. Dort heißt es, die Sache sei halb so schlimm und die angeheuerten Fuhrleute ziemlich renitent gewesen. Des Dorfmanns Wunde, so überhaupt vorhanden, könne nur passiert sein, weil er vielleicht mit eigener Hand in die Klinge griff. Den Brandner unter Eid aussagen zu lassen, sei sowieso eine voreilige und unnötige Sache des St.Veiter Magistrates. Im übrigen habe man den einen Fähnrich – sie hießen Medtrovic und Zavtaonikowitsch – zu vier Wochen, den anderen zu zwei Wochen Militär-Haft verurteilt. (Landesarchiv, Stadt St.Veit, Faszikel 48)

 Was läßt sich dadurch in historischer Geographie an neuer Erkenntnis gewinnen? Die Lage der ehemaligen Bleiweißfabrik beim heutigen Bürohaus der Firma Funder ist bekannt. Ein Ziegelstadel um 1827 sowie die „Gratzer Reiden“ sollen aber noch gefunden werden! Wohlgemerkt, Eisenbahn, Glanregulierung  und moderner Straßenverlauf, all das ist noch wegzudenken! Beim Nachfragen vor Ort fand sich zum Glück eine interessierte und gut  informierte Dame. Frau Ilse Eichwalder, in Untermühlbach führte nicht nur zu einem alten Vulgarnamen  (siehe Bild!). Sie machte auch auf die im dazugehörigen Rinderstall außen eingemauerten Römersteine, sowie auf ein Stück Römerstraße in nächster Nähe aufmerksam.  In Bezug auf den Ziegelstadel konnte sie sogar mit einem Mappenblatt der Katastralgemeinde St. Donat aufwarten. Darauf erkennt man eine über Ried „Pula“ führende Feldbahn, die nur zur Ziegelei gehört haben kann. Die Chronik der Gemeinde St. Georgen (Seite 341) erwähnt unter Jahreszahl 1830 eine „Ziegelei im Pulawald“, mit 8 bis 10 Arbeitern und einer Jahresproduktion von 380.000 Stück Mauer- und Dachziegel. Die Ziegelei muß aber einmal nahe der Straße gelegen sein, sonst hätte sie wohl kaum Erwähnung gefunden. Die genannte Feldbahn kommt im Kataster von 1828 noch nicht vor, wohl aber eine kolorierte Fläche östlich der alten Glan, die man als Ziegelteich deuten könnte. Das wäre dann das erste Rohstofflager gewesen. Erst nach dessen Erschöpfung hätte man die Feldbahn für ein entfernter, weiter im Osten gelegenes Lehmvorkommen, gebraucht. Der verstorbene Amtsrat Ing. Erich Egger erinnerte sich einmal, als junger Glandorfer auf dem Gelände der ehemaligen Ziegelei (heute Finkenweg) oft Fußball gespielt zu haben. Möglicherweise hat diese dem Bahnbau in Glandorf teilweise Platz machen müssen und ist dadurch von der Hauptstraße weiter ab zu liegen gekommen. In der Gegend kannte man auch noch gewölbte, inzwischen eingeebnete Baureste, vermutlich vom letzten Brennofen herrührend.                                               

Walter Wohlfahrt in „Zentrum Kärnten“    XI/2007

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Soldaten in der Stadt

Februar 11, 2011 um 16:52 | Veröffentlicht in St.Veit | Kommentare deaktiviert für Soldaten in der Stadt
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Schloß Weyer nach Gemälde von Margit Hennings

Man schrieb das Jahr 1834, da begann sich der Magistrat – wohl nach höherer Weisung – Gedanken darüber zu machen, wie und wo die immer öfter durchmarschierenden Soldaten des Kaisers für Tage oder Wochen unterzubringen wären. Also ging man einmal Haus für Haus, ob in oder außerhalb der Stadt, im Geiste durch und verfaßte eine Einquartierungsliste. Dieses Dokument befindet sich im Landesarchiv (Sign.191) und daraus ist mancherlei zu ersehen:

Insgesamt war für 15 Offiziere und 467 „Gemeine“  vorzusorgen. Das entsprach etwa einem Bataillon oder fünf Kompanien. Keine leichte Aufgabe, so man bedenkt, in welch bedrängten Verhältnissen man nach dem Stadtbrande von 1829 ohnedies zu leben hatte. Gewiß, große Ansprüche hatten Soldaten nicht zu stellen, etwas eher die Chargierten. Ein Dach über dem Kopf und ein bißchen Stroh genügten in aller Regel. Der Belag schwankte zwischen ein und sechs Mann in den Häusern, deren man damals insgesamt 273 zählte. Wo ein Nebengebäude fehlte, reichte die Aufnahme eines einzigen Mannes. Hatte jemand mehrere Häuser, dann durfte er schon auf 3 bis 4 Soldaten verpflichtet werden. Je  f ü n f  Einquartierte konnten auf die ehemaligen Gewerkensitze Hauptpl. 2 und 3, auf Anna Haller, Hauptpl. 6 auf die Familie Felfernig, Bräuhausgasse 3, Maria Polster, U. Platz 4, auf Apotheker Weißenhof, U.Platz 22 oder auf Bäckermeister Franz Wahrheit, heute Herzog Bernhard Platz 4 sowie auf einige weitere Häuser kommen. S e c h s  Mann mußten nur wenige aufnehmen: der Fleischhauer Johann Wahrheit, U.Platz 10, Gewerke Rauscher und Kaufmann Milesi, beide am Hauptplatz, aber auch Bauern wie Pueller und Poganzer. Ganz schlecht kam Graf Egger als Eigentümer von Schloß Weier, samt Mühle, Rainhof und Rasnig Mühl weg. Er hatte alleine 20 Mann zu beherbergen. Während nämlich Schloß Weier rustikal, d.h. als (verpachtetes) Bauerngut geführt wurde, so galt Herrn Mayers Ranftlhof als dominikal, also als selbst geführtes Herrengut und blieb damit von Einquartierung frei.

Wer die Ehre hatte, einen Offizier bei sich aufzunehmen, von dem ist zu erwarten, daß er einen überdurchschnittlich feinen Haushalt führte, etwa Familie Buchstabler, Ratsmitglied und Klampferer, Spitalgasse 1 – ein Herr Ofner, Spitalgasse 5 – der Arzt Franz Krall, Spitalgasse 2 – Kaufmannsfamilie Kraschnig U.Platz 5 und einige mehr. Ein Oberoffizier samt Begleitung und Pferden logierte beim Lebmacher in der Friesacher Vorstadt, heute Mayländerhof Dr. Kotzmann. Der erste Herr Stabsoffizier samt Equipage und Pferden kam beim Sternwirt namens Pickl standesgemäß unter und ein Gleichrangiger beim k.k. Postmeister Mayer in der Klagenfurter Vorstadt.

Ohne Privilegien ist es aber auch damals nicht abgegangen. Es waren nämlich die vier Viertelmeister, eine Art Vorsteher ebenso befreit wie die Herren Magistratsräte Größnig, Kirchgasse 8 und Mühlfellner am Hauptplatz. Letztendlich war auch der Abdecker (Schinder) Pergmoser, an der Straße nach Völkermarkt gelegen, von Quartierlasten verschont geblieben. Offensichtlich wollte man niemandem den üblen Geruch zumuten, welcher in besagter Gegend notgedrungen vorherrschte. I/2005

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