Dr. Johann Spöck, Notar in St. Veit/Glan

September 9, 2013 um 16:42 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen Kommentar
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Dr. Spöck war einer der großen in der langen Reihe von Bürgermeistern der alten Herzogstadt St. Veit. 1904 trat er sein Amt an und 1908 wurde er auf überzeugende Art wiedergewählt. Weil er ein für die damalige Zeit recht modernes Amtsverständnis hatte, geriet er innerhalb seiner politischen Heimat, man kann diese als liberal und deutsch national bezeichnen, immer öfter in Querelen. Letztlich war er vielleicht doch zu wenig antiklerikal und zu arbeiterfreundlich. Er konnte mit beschränkten Mitteln große Erfolge erzielen, verzichtete dann aber 1912 auf eine Wiederwahl.

Für seine Schwierigkeiten mit den eigenen Leuten ist ein Brief so richtig bezeichnend, der in einem handschriftlich aufgesetztes Konzept vom 9.8.1911 erhalten geblieben ist. Gerichtet war dieser Brief  an keinen geringeren als an den hoch angesehenen Fabrikanten und Kaufmann Fritz Knaus:

Lieber Knaus

Du hast am 9. d M  mit einer Eingabe die Ämter eines Ausschusses und eines Direktors zurückgelegt; ich kann dieselbe natürlich erst bei den nächsten Sitzungen vorbringen. Aber ich muss Dir doch sogleich etwas erwidern.

Du hast mich gestern einen Tyrannen geheißen, ich bin darüber gar nicht erzürnt, denn Du hast offenbar eine falsche Auffassung bezüglich dieser Bezeichnung. Tyrann ist ein unbeschränkter, gewalttätiger Herrscher, der sich eigenmächtig an die Spitze empor geschwungen hat. Es ist aber doch bekannt, dass ich frei gewählt wurde und dass ich ferner nichts selbständig tue, sondern die geringsten Angelegenheiten vor den Ausschuss bringe.

Dass ich mehr Einfluss habe als irgend ein anderes Mitglied ist doch ganz natürlich und ich würde mich auch schön bedanken, wenn meine Anträge unbeachtet bleiben würden, man hat doch keinen Waschlappen oder dummen Menschen an die Spitze gestellt und bisher sind auch keine Dummheiten unter meiner Führung vorgekommen.

Ich anerkenne Deinen Verdruss vollkommen, Du hast Dinge durchgeführt, die Dir niemand nachmachen wird, aber Du hast einen Fehler, wenn nämlich nicht alles ganz genau nach Deinem Kopf geht, dann ist es aus. Nicht einmal eine Besprechung, eine Debatte über Deine Anträge ist Dir angenehm. So oder so!

Jetzt hast Du Dich in die Idee eines Fremdenführers verrannt und wir haben 1896 und 1904 solche mit Kosten herausgegeben. Die Geschichte der Stadt ist belanglos und kann auch in neuer Bearbeitung nichts Interessantes bieten und ein Führer, der 1.600 Kronen kostet, für die Stadt und Umgebung ist etwas naiv. Nicht 50 Exemplare werden verkauft, denn die Reisenden kaufen solch dicke Bücher über die interessantesten Städte der Welt nicht. Du siehst natürlich Deine Vaterstadt mit anderen Augen an, als ein Unparteiischer der viel herum gekommen ist. Sonst würdest Du nicht darauf dringen, den Esel beim Schweif aufzuzäumen. Wir müssen zuerst den Aufenthalt in St. Veit angenehm machen, für Unterkünfte sorgen und die Wirte für die Sache interessieren. Weit werden wir es mit dem Fremdenverkehr allerdings nie bringen, weil uns ein See und Berge fehlen.

Ich bin kein Hasser des Fremdenverkehrs, allerdings auch kein großer Freund, weil er uns alles verteuert und auch die …… sozialen Verhältnisse schlechter werden, und weil er … nie so viel eintragen wird, dass die Verhältnisse auffallend verbessert werden könnten.

Trotz der Nachteile für Beamte und überhaupt für Angestellte sind es gerade diese Kreise, welche den Fremdenverkehr durch Geldleistungen am meisten unterstützen und nicht die Geschäftsleute, die den Profit haben; dies ist die Klage im ganzen Land. Ich bin der Ansicht, dass ein ganz kleiner Führer mit einer kleinen Orientierungskarte, den man bei jeder Gelegenheit verschenkt, vollkommen genügend sein dürfte, denn solche Führer, wie projektiert, passen höchstens für Venedig, Neapel, Paris usw.

Gemeinde, Sparkasse, Verschönerungsverein, alles geht aus einem Sacke und man sagt, dass der letztgenannte Verein Schulden hat. Für die Gemeinde bin  i c h  verantwortlich und ich werde nicht zulassen, dass bei jeder Sitzung Ausgaben beschlossen werden, für die es keine Deckung gibt. Ich bin keine Puppe und wenn ich nicht wüsste, dass die Gemeinde in große Verlegenheit käme, würde ich den Ehrenposten in die Hände meiner verehrten Wähler zurücklegen, weil einer der hervorragendsten Bürger in seiner Aufgeregtheit, ein solches Urteil über das Oberhaupt abgibt. Im Inneren bist Du allerdings anderer Ansicht.

Sag mir einmal, wie kommt denn der Verschönerungsverein dazu, schon derzeit bezüglich eventueller Feierlichkeiten bei der Bahneröffnung Beschlüsse zu fassen? Und glaubst Du, dass diese hohen Beamten etc. das Buch lesen werden? 300 Exemplare musste ich an die Schulen verschenken, weil sie sonst im Archiv verfault wären und man will 3.000 machen! Man will Fremde herbeiziehen und kann dann nicht einmal ein Quartier bieten. Mich wundert Dein Vorgehen um so mehr, als Du ja in der Welt herumgekommen bist und gesehen hast, was man Fremden bietet.

Zur Sitzung kann ich natürlich nicht kommen, denn da gäbe es wieder einen Zusammenstoß und bekehrt werden wir beide nicht. (Unleserlicher Einschub) Ich kann Dir nur sagen, dass ich große Subventionen  nie zulassen werde. Ich fürchte, dass wir bei der Handwerks-Ausstellung noch sehr stark in Mitleidenschaft gezogen werden, denn auch diese ist zu großartig angelegt worden. Ich trage nichts nach und ich hoffe, dass Du mir auch in dieser Beziehung gleichst nicht nur in Bezug auf Heißblütigkeit.

Mit deutschem Gruß  Dr. Spöck

So weit der vielsagende Brief eines ehrlichen Mannes, der sich zu aller Zeit – welch seltenes Beispiel bis auf den heutigen Tag – mehr seinem Amt als seiner Partei verpflichtet fühlte. Wer daran nur den geringsten Zweifel hegt, dem sei der „Bericht über die Zeit des Gemeindeausschusses der Stadt St. Veit in Kärnten für die Zeit von 1890 bis Ende 1912“ erstattet von Dr. Johann Spöck, k.k. Notar – (vom Scheitel bis zur Sohle) –  im Druck erschienen bei Heinrich Schlick zur Lektüre wärmstens empfohlen.

Dr. Johann Spöck, Notar und Bürgermeister in St. Veit

Dr. Johann Spöck, Notar und Bürgermeister in St. Veit

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Die Geschichte eines Bürgermeisters von St. Veit

April 7, 2012 um 17:37 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen Kommentar
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 Dr. Franz Prettner, 1843-1915,  Advokat, Bürgermeister der Stadt St.Veit (1885-1891),  Abgeordneter zum Kärntner Landtag (1897-1900), ein Mensch wie Du und ich, oder vielleicht doch nicht?

 

Aus Gemäldereihe „Bürgermeister“ im Stadtmuseum (Richard Knaus)

Genaue Lebensdaten des in Klagenfurt geborenen Franz Prettner, Familie, seine Studienzeiten und ersten Berufsjahre sind weitgehend unerforscht. 1883 dürfte er jedenfalls schon einige Zeit Rechtsanwalt in St.Veit gewesen sein, denn in dieses Jahr fällt die Bekanntschaft mit einem Postfräulein, namens Helene Mitterdorfer. Zwei Jahre später war er schon  Bürgermeister und am 7. März des Jahres 1887 kaufte er von Aloisia Harrer die Häuser Lindengasse 2 und Spitalgasse 11 samt den dazwischen liegenden Gründen. Die Anwaltskanzlei wird so gut floriert haben, daß er sich 1879 einen Grabengarten in St.Veit und während der Zeit als Bürgermeister noch weitere Zukäufe erlauben konnte, so etwa 1887 einen Wald bei Hochosterwitz, oder 1888 das 81 Hektar große Gut Rosenbichel. Auch später war Dr. Prettner ein eifriger Käufer und zwar 1889 eines Waldes in Steinbichl, 1896 eines Grundes beim Pflegerl in Grasdorf, 1898 der Kowatschhube in Grafenbach mit 67 Hektar, 1902 und 1904 zwei Grundstücke in Steindorf am Ossiachersee. Immerhin hat er 1915 neben den Ländereien von zusammen 157 Hektar auch noch bedeutende Spar- und Barguthaben hinterlassen.

 Ein Menschenleben von seinem Ende her zu betrachten kommt der Wahrheit vermutlich  näher als eigene oder fremde Beurteilungen zeitlebens. Franz Prettner war nie verheiratet, lebte aber seit 1883 bis zu seinem Ende kinderlos mit vorgenannter „Helene von der Post“ in Lebensgemeinschaft. Korrekterweise nannte man so etwas damals Konkubinat, wogegen der Herr Stadtpfarrer, wenn auch nur im allgemeinen, sehr oft zu klagen hatte und sogar den Magistrat aufforderte, mehr dagegen zu tun….. Es war ja schließlich verboten, ohne Trauschein zusammenzuleben! Ein freisinniger Advokat sah die Dinge etwas anders. Er verfügte über Geld, Besitz und Unabhängigkeit und tat sich diesbezüglich etwas leichter. Daß er dabei aber doch auch mit seiner Umgebung da und dort in Konfrontation geriet, daß er sich nicht nur Freunde machte, verraten die vielen abgefaßten und wieder verworfenen Testamente, oft voll krauser Ideen. Helene als Universalerbin blieb zunächst nicht unumstritten. Er verfügte 1895 noch, daß als Nacherben nach ihr die Armen der Stadt St.Veit zu gelten hätten. Auch wurde von ihm das freie Grundstück in der Weitensfelder-Vorstadt zum öffentlichen Garten bestimmt und von dessen Betreten Beamte und Lehrer (!) ausgeschlossen. Für den Fall, daß die Stadt diese Bedingung nicht akzeptiere, bedenke er die Armen von Klagenfurt und Schaumboden. Auch waren in zwei Testamenten, datiert Rosenbichel 1905 und 1906, noch einmal das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder St.Veit ein andermal der Elisabethinnen-Konvent Klagenfurt zu Universalerben gemacht. Im Nachtrag von 1907 kam wieder Helene Mitterdorfer zur Eigenschaft als Universalerbin plus Fruchtgenuß in Rosenbichel. 1909 verfügte Prettner hinsichtlich Gut Rosenbichel, daß dieses an die Barmherzigen allein zu gehen hätte. Ein Testamentsnachtrag vom 25.10.1911 enthält nur eine einzige, aber recht bezeichnende Bestimmung. Demnach sollte bei seiner Verlaßabhandlung  k e i n  Notar zugezogen werden. Das wäre ein Novum gewesen, aber vielleicht hat er lange darunter gelitten, daß Rechtsanwälte nicht zu Todfallsaufnahmen berechtigt waren? 1912 kommt es in Rosenbichel zum wirklich letzten Testament, mit Helene M. als Universalerbin und mit dem Elisabethinnen Frauenkloster als Rechtsnachfolger. Für sein Begräbnis trifft Dr. Prettner folgende Anordnungen: in seinem Garten am Graben soll eine Gruft entstehen. Die dafür nötige Grundfläche und 20.000 Kronen vermachte er der Stadtpfarrkirche. Dies jedoch nur unter der Voraussetzung, einer wunschgemäßen Bestattung. 

Gott weiß, was Dr. Prettner noch gerne für letztwillige Verfügungen getroffen hätte, wäre er nicht am 16.8.1915 im Krankenhaus der Barmherzigen verstorben und noch am 5.7., also ein Monat vorher wegen Geistesstörung entmündigt worden. Kurator war sein Nachfolger als Advokat, Dr. Josef Dinkhauser.                                IX/2006

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