St. Veiter Wiesenmarkt 1900-1950
August 29, 2012 um 18:35 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen KommentarSchlagwörter: "Jahrmarkt-Kegelbahn" 1818, "Musikverein Bundeskapelle", Anton Sallinger, Arbeitslosigkeit, Auer von Welsbach, Austro-Faschismus, Besatzungszeit, Bettina Steiner-Köferle, Diktatur, Dr. Hubert Huber, Eisenbahner Musikkapelle, Epidemie, Erlgasse, Fürsorge, Festzug, Franz Franziski, Fridolin Rainer, Fritz Knaus, Gösser Bierniederlage, Gemeinde-Archiv, Gemeindewache, Gerhard Mock, Glockenkomitee, Hubert Zankl, Jagdschutzverein, Johann Plöb, Josef Mauko, Josef Pucher, Karl Dinklage, Kegelbahn, Kinderfreunde, Kirchenglocken, Klagenfurter Messe, Kriegsopfer, Landsmannschaft, Leo Knaus, Leopold Polanz, Leseheft, Luftgefahr, Marktberufung, Marktfreyung, Marktrichter, Martin Wutte, Maul- u. Klauenseuche, Max Weberitsch, Micheli-Markt, Monarchie, Norbert Rainer, Notlage, Pfarrhof, Polizei, Prim-Geiger, Pukelsheim, Radfahrer, RAVAG, Roma, Rudolf Niederl, Ruhr, Sinti, Stagnation, Tichatschek, Verschönerungsverein, Viehmarkt, Wiesenmarkt, Wirte, Witwen und Waisen, Zigeunerkapelle
Ein Glück und ein Segen für jede Gemeinde, für jede Stadt, wenn ihr erster Bürger neben Eifer für Gegenwart und Zukunft auch noch tätiges Verständnis der Geschichte gegenüber an den Tag legt. So hat Bürgermeister Gerhard Mock veranlaßt, daß der reiche historische Schatz des Gemeinde-Archives digital verfügbar gemacht worden ist. Frau Mag. Bettina Steiner-Köferle hat sich in bewundernswerter Akribie dieser monatelangen, wertvollen Aufgabe unterzogen. So ist es erstmals möglich, themenspezifisch relevante Sachverhalte aus einem großen Datenbestand mit wenig Mühe auszufiltern und diese, wie beispielsweise hier den Wiesenmarkt betreffend, darzubieten.
Vieles ist über den historischen St.Veiter Micheli-Markt bisher schon von berufenen und weniger berufenen Leuten geschrieben, manches davon auch gedruckt worden, Stichhaltiges und Legendäres. Als Standardwerk gilt wohl die von Bürgermeister Hubert Zankl zum 600 Jahr Jubiläum in Auftrag gegebene, von Dr. Karl Dinklage verfaßte und 1962 gedruckte „Geschichte des St. Veiter Wiesenmarktes“. Auch einmal einen nicht so fernen Zeitraum, an den sich der eine oder andere vielleicht noch selbst oder vom Hörensagen erinnern wird, auf Grundlage handfester Daten im Zeitraffer vorüber ziehen zu lassen, ist nicht ohne Reiz, zumal die hier benutzten Quellen dem obgenannten Buchautor sicher nicht zur Verfügung standen.
Was dabei als erstes ins Auge springt, ist der Umstand, daß die jährliche Zählung der Märkte, wie diese immer wieder in den Zeitungsberichten vorkommt, streng genommen unkorrekt ist. Inzwischen ist diese Übung im offiziellen Ankündigungsplakat ganz zu Recht einer Nennung der Zeitspanne gewichen. Allein in der kurzen Betrachtungszeit von fünfzig Jahren wurde mit der Abhaltung des Ereignisses mehrmals ausgesetzt. Sei es 1910, wo sich die Maul- und Klauenseuche derart ausbreitete, daß ein Marktverbot ausgesprochen werden mußte – und man vielleicht deshalb auch noch bis ins 12er Jahr etwa von Ausschankbewilligungen nichts vernimmt – sei es die Ruhrepidemie des Jahres 1917, die es geboten erscheinen ließ, keinen Wiesenmarkt anzusetzen; oder man werfe den Blick auf einige Kriegsjahre sowohl 1914-1918 als auch 1939-1945. Zunächst sollte 1944 noch J. Hopfgartner die Marktaufsicht übernehmen, doch kam dann am 12.9. das endgültige Verbot. Der Reichsstatthalter für Kärnten begründete diese Verfügung mit dem Schutz der Bevölkerung vor der bestehenden Luftgefahr. Die älteren Leser werden sich erinnern, wie damals die englischen Jagdflugzeuge, ob Spitfire oder Lightnings, bereits unangefochten den Kärntner Himmel beherrschten. Auch gab es in jener Zeit schon lange keinen rechten Anlaß mehr für jegliche Volksbelustigung. Die einen waren an der Front, die anderen sorgten sich um sie. Bestenfalls kam es noch zu Absatzveranstaltung für Pferde und Rinder. Im Herbst des Jahres 1945 war der Krieg gottlob vorüber und der Wiesenmarkt konnte ohne weitere Unterbrechung langsam wieder in Schwung kommen!
Die Ausschankbewilligungen spielten immer eine besondere Rolle. Sie versprachen gutes Geschäft und waren dementsprechend begehrt. 1905 ersuchten die Schankwirte gar darum, vorzeitig, also v o r der offiziellen Eröffnung, mit dem Ausschank beginnen zu dürfen. Dagegen werden aber wohl die ortsfest gebliebenen Wirte Einspruch erhoben haben.
1913 wurde ein gewisser Johann Plöb genannt. Er gehörte der Gemeindewache an – damals eine Art gemeindeeigene Polizei – und er hatte als ernannter Marktrichter auf Einhaltung der Marktordnung zu schauen. Ebenso oblag ihm das Einnehmen der Standgelder.
1920 mußte der Wiesenmarkt mit Rücksicht auf die Kärntner Volksabstimmung verschoben werden und als man 1922 daran dachte, die im Kriege abgenommen Kirchenglocken nachzuschaffen, kam es zu einem recht krausen Gedanken. Der Festausschuß des Glockenkomitees unter Obmann Tichatschek trat allen Ernstes an die Stadtgemeinde heran, den ganzen Wiesenmarkt dem Komitee zu verpachten. So wären, nach Meinung der Bittsteller, die Standgelder einem guten Zweck zugeführt. Aus „prinzipiellen Gründen“ ist man diesem Ansinnen nicht nahegetreten.
1924 hört man von einem Gemeinderatsbeschluß, wonach anläßlich des Wiesenmarktes die Bäcker der Stadt an zwei Sonntagen schon um zwei Uhr früh beginnen dürfen, ein deutlicher Hinweis darauf, daß man ansonsten den großen Bedarf nicht hätte decken können.
1926 kam es erstmals expressis verbis zur Vergabe von „Lizenzen für die Ausübung des Gast- und Schankgewerbes“ auf Marktdauer und zwar genau vom 19. September bis zum
18. Oktober, eine recht lange Zeitspanne. Verbunden damit war eine Neufestsetzung der Standgelder und der Belustigungssteuer.
1928 wurde über Ansuchen des Landesverbandes der Kriegsbeschädigten, Witwen und Waisen, demselben das Aufstellen einer Rasenkegelbahn zur Zeit des Wiesenfestes gestattet. Diese Einrichtung hat sich nicht nur bis vor wenigen Jahren erhalten, nein, sie wurde sogar wesentlich erweitert und ausgebaut. Der Bestandsinhaber hieß von 1938 an „NS-Kriegsopferversorgung“ und ab 1945 „Kärntner Kriegsopferverband“. Keine Frage, daß auch zuvor schon dem Kugel- und Kegelspiel gefrönt worden ist. Was aber bislang meist das Anhängsel einer Schankbude war, wurde damit zum Monopol der Kriegsopferfürsorge. Allerdings, eine Eintragung im Grundbuch des Pfarrhofes St.Veit (Landesarchiv, Stadt St.Veit, Signatur 213, Folio 35) erwähnt 1818 die „Jahrmarkt-Kegelbahn“ und deutet darauf hin, daß schon damals zumindest die Kegelbahnen eine temporäre Einnahme des Pfarrhofes geboten haben.
Der Zustrom von Radfahrern ist 1928 schon so stark, daß Max Weberitsch in der Villacher Vorstadt 7 um das Gewerbe zur Einstellung von Fahrrädern der Marktbesucher auf seinem Grund und Boden ansucht.
Einer Initiative des damaligen Kustos des Stadtmuseums und Obmannes des Verschönerungsvereines, Volksschuldirektor Rudolf Niederl und der Unterstützung durch die Kärntner Landsmannschaft, ist es zu verdanken, daß der längst abgekommen gewesene Brauch von Aufstellung und festlicher Übertragung der Marktfreyung, verbunden mit der sogenannten Marktberufung, das ist die Verlesung der Rechte und Pflichten der Marktteilnehmer, 1932 wiederbelebt wurde. Mit kriegsbedingten Unterbrechungen ist dies seither und bis auf unsere Tage ein fester Bestandteil der Marktkultur. Es spricht viel dafür, daß Dir. Niederl von seinem Berufskollegen Josef Pucher inspiriert worden ist. Pucher war es, der Mitte der zwanziger Jahre über den „Wiesenmarkt in früherer Zeit“ im Periodikum „Für das Kind, Leseheft für Kärntens Schuljugend“ schrieb, selbst aber sein Wissen von keinem geringeren als aus Franz Franziskis „Kulturstudien… in Kärnten“ bezogen hat. Übrigens, die Marktfreyung wurde 1932 vom Bildhauer Pichler in Klagenfurt neu geschaffen und am 17.9. geliefert. 70 Jahre neue Marktfreyung wären demnach zu feiern gewesen…..
Die Zahl der Radfahrer stieg weiter, so daß 1932 auch ein gewisser Anton Sallinger das Einstellen von Fahrzeugen auf dem Kinderfreunde Spielplatz an der Marktstraße bewilligt haben möchte. Das Geschäft auf diesem Platz hat noch in den fünfziger Jahren gut floriert. Eine unabsehbare Menge von Rädern, Rollern und Motorrädern prägte das Bild.
1934 war ein politisch all zu sehr bewegtes Jahr, um an eine größere Veranstaltung denken zu können, obwohl die Fertigstellung der großen Markthalle in dieses Jahr fiel.
Als Hinweis auf einen Festzug von 1935 ist ein Schreiben erhalten geblieben, welches sich an Baron Auer von Welsbach, Obmann des Kärntner Jagdschutzvereines, mit der Bitte richtete, eine entsprechende Abordnung möge am Festzug teilnehmen. All zu gerne hätte in diesem Jahr die Kärntner Brauerei AG Villach die große Markthalle gemietet, doch war leider die ortsansässige Gösser-Bierniederlage etwas schneller.
1936 wollte der „Musikverein Bundeskapelle“ unter Obmann Josef Mauko eine teilweise Rückerstattung der Marktabgaben. Die Begründung lautete, es handle sich um einen jungen, in Aufbau befindlichen Verein mit knappen Geldmitteln. Weil sich dahinter offensichtlich die umgetaufte Eisenbahner-Musikkapelle verbarg, die politischen Verhältnisse sich aber bereits in Richtung Austro-Faschismus verändert hatten, wurde das Ansuchen abgelehnt.
Musik in jeder Form, ob Leierkasten, Orchestrion, ob zu Unterhaltung oder Tanz, Musik spielte am Wiesenmarkt eine große Rolle! Im Festzug von 1932 begegnen wir noch der Musikkapelle der Eisenbahner und der Arbeiter-Musik-Kapelle. Beide mußten später aus rein politischen Gründen vorübergehend in Bundeskapelle bzw. in Stadtkapelle umgetauft werden.
Eine lustige Episode gehört gerade in die Zeit 1936 oder 1937: Herr Pukelsheim engagierte eine Zigeunerkapelle aus ungarisch Burgenland. Die Instrumente wurden gegen gutes Trinkgeld vom Bahnhof abgeholt und zunächst in die Erlgasse geschafft. Es war ausgemacht, daß vorher noch einige Tage im dortigen Gastgarten und erst danach in der Weinbude am Wiesenmarkt aufgegeigt werde. So geschah es dann wohl auch und die Sinti oder Roma mit ihrem Prim-Geiger namens Ference machten großen Eindruck auf das zahlreiche Publikum. Dies galt ganz besonders für eine angesehene Dame der St.Veiter Gesellschaft. Kurzum, der Wiesenmarkt war zu Ende und für Ference das nächste Engagement in Nizza angesetzt. Besagte Dame ward danach volle vierzehn Tage nicht mehr gesehen, ehe sie sich eines schönen Tages wieder bei ihrem großmütigen Ehemann einfand!
Um zwischendurch auch das Archiv des Stadtmuseums bzw. eine erhalten gebliebene Niederschrift von Rudolf Niederl aus 1947 heranzuziehen, sei kurz daraus zitiert:
„In den Jahren 1936 und 1937 flaute jedoch das Interesse an der weiteren Ausgestaltung der festlichen Marktberufung merklich ab, so daß 1937 nur noch zwei Stadträte und der Stadtschreiber in der Person des Amtsleiters bei der Übertragung der Freyung auf die Marktwiese, also sang- und klanglos und ohne Festakt, assistierten.
„Einerseits war es die wirtschaftliche Notlage, die ungeheure Zunahme der Arbeitslosigkeit, welche eine Stagnation auf allen Gebieten erkennen ließ, anderseits schlugen die Wellen der einsetzenden politischen Bewegung immer höher und bewirkten ein Abseitsstehen jener Kreise, die sich einst in den Dienst der Wiederbelebung einer feierlichen Markteröffnung gestellt hatten.
Dir.Niederl kommt abschließend zu seinem Vermächtnis:
„Nach mehrjähriger Unterbrechung konnte das Getriebe des Wiesenmarktes erst allmählich wieder in Schwung gebracht werden. Abgesehen von seiner ehemaligen Bedeutung hat der Wiesenmarkt viel von seiner Anziehungskraft verloren (1947! Anm.d.Verf.), als Klagenfurt durch die Veranstaltung eines Herbstfestes, das inzwischen auf August verlegt und mit einer Gewerbe- und Industrieausstellung (spätere Klagenfurter Messe ) verbunden wurde und damit dem traditionellen Wiesenmarkt den Rang abgelaufen hat.
„Ich widme diese Niederschrift mit den gesammelten Zeitungsabschnitten (darunter merkwürdigerweise auch solche von 1950 und daher später beigegeben – Anm. d. Verf.) sowie mit dem Bildmaterial, das ausschließlich von Amateuren stammt, dem Museum der Stadt St.Veit, das diese Erinnerungen als Zeichen der Bereitschaft, für die Belange der Stadt in uneigennütziger Art zu wirken, bewahren möge.
Dir. Niederls Sorgen von 1947 haben sich zum Glück nicht bewahrheitet. 1950 titeln die Tageszeitungen bereits in großen Lettern und vorausschauend „600 Jahre St.Veiter Wiesenmarkt“ – „St.Veiter Wiesenmarkt im alten Glanz“ – „Tausende beim St.Veiter Wiesenmarkt“ – „Massenauftrieb beim Viehmarkt“ – „St.Veit im Festeszauber“ usw.
Viele, oft sehr gegensätzliche Kräfte vermochte der Wiesenmarkt im Festausschuß von 1932 zu vereinen. Die Namen der acht Protagonisten muß man kennen: Bürgermeister Leopold Polanz, Norbert Rainer, Fritz Knaus, Rudolf Niederl, Dr. Hubert Huber, Leo Knaus, Fridolin Rainer und Josef Glatzl. Es kam in jenem Jahr nicht nur zum bis dahin größten Festzug, sondern obendrein zur österreichweiten Ausstrahlung einer Wiesenmarkt-Rundfunkreportage, mit wissenschaftlichen Beiträgen von Dr. Martin Wutte in der Programm-Zeitschrift von Radio Wien (RAVAG, gegründet 1.10.1924).
Gar viel hat der altehrwürdige Markt in den beschriebenen fünfzig Jahren zu leiden gehabt, etwa unter der Furie des Krieges oder ganz einfach durch die zeitweilige Unverträglichkeit der Menschen. Man bedenke, die letzten 18 Jahre der Monarchie, turbulente 20 Jahre Zwischenkriegszeit, 7 Jahre Diktatur und 5 Jahre englische Besatzung, das alles hat unser guter alter Wiesenmarkt in dem betrachteten Zeitraum durchlebt! Ganz abgesehen vom markantem Wandel, welchen die Ablöse des Pferdes durch den Traktor oder der Weg vom Fahrrad zur Vollmotorisierung mit sich brachten.
Walter Wohlfahrt in Kärntner Landsmannschaft, Oktober 2004
Baron Battaglia ein St. Veiter Patrizier
Juni 5, 2012 um 18:33 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen KommentarSchlagwörter: Anna Tonitz, Battaglia, Brunnen, Brunnsteuer, Christalnigg Haus, Feuer-Bassin, Glashaus, Hausgeschichte, Kegelspiel, Kronegger, Leopold Maurer, lignum sanctum Kugel, Lusthaus, Martin Wutte, Mayerhof, Mühlbacher Tor, Patrizier, Primus Tonitz, Spargel, Spargel-Glocken, Stadtbrunnrohr, Stadtkammergut, Tattermann, Türlin
Die teilweise noch vorhandenen Besitzveränderungsprotokolle unserer alten Stadtverwaltung, sie liegen im Kärntner Landesarchiv unter den Signaturen 189 und 190 , sind eine unerschöpfliche Quelle der Hausgeschichte. Diese Bücher verzeichnen jeden anfallenden Besitzwechsel und so kann man oft von Dingen erfahren, die uns heute kaum noch bewußt sind. Zwei Verträge aus den Jahren 1831 bzw. 1834 sollen hier genauer unter die Lupe genommen werden. Dabei handelt es sich jedesmal um den sogenannten „Baron Bataglia´schen Mayerhof vor dem Mühlbacher Tor“. Dieser war gegen Ende des 16.Jahrhunderts, das in Emilie Zennecks Buch „Glaubensstreiter“ Seite 106 erwähnte „Alte einstöckige Christalnigg Haus vor dem Weitensfelder Türlin mit großem Baumgarten“, rechts neben dem heutigen Haus Grabenstraße 22 – siehe aufgelassene Baufläche 205/1!
Den ungewöhnlichen Namen Bataglia´scher Mayerhof hatte das Anwesen von den Freiherren Bataglia, welche von etwa 1740 bis 1829 das Stadthaus am Oberen Platz Nr. 3 (Cafe Zentral) bewohnten. Ihre Besitzvorgänger waren hier über zwei Jahrhunderte die bekannten Tallmann, Besitznachfolger hingegen die Dickmann von Secherau, berühmte Eisenherren allesamt.
Als sich die Bataglia in St.Veit nicht mehr finden lassen, sind bereits Primus Tonitz, Weinhändler in St.Veit, Oberer Platz 27 und seine Gattin Anna, geborene Gritzner im Besitze des Mayerhofes. Das Ehepaar schließt mit dem bürgerlichen Handelsmann und Gastwirt Leopold Maurer den Vertrag vom 15.7.1831 „um Abtrennung eines vonwegen(?) des Städtischen Feuer-Bassins befindlichen Wurz- und Ziergartens, welcher ganz mit Mauer umfangen ist, auch ein gemauertes Lusthaus und Glashaus enthält, gegen Süden an den Fahrweg zur Friesacher Vorstadt, gegen Westen an jenen nach Obermühlbach, gegen Norden an den Kraschnig Garten und gegen Osten an den Baumgarten des besagten Mayerhofes grenzt.“ Das war das Grundstück Parzelle 181 mit der damals noch winzigen Baufläche 205/2, die erst später auf die heutige Größe anwuchs, wie sich das Haus Grabenstraße 22 heute darbietet. Von besonderem Interesse sind hier zwei Vertragspunkte und zwar
„4) wird diesem Gartenkauf die wenige Lusthauseinrichtung an Tisch, Sessel, Bilder, Spritzkandel, Stechschaufel, unleserlich, Rechen, Baumsägel, Kegelspiel und lignum sanctum Kugel nebst einem Buschen neue Schindel und mehrere neue Spargel-Glocken unentgeltlich überlassen –
5) wird dem Herrn Käufer der Mitgenuß des außerhalb dieses Gartens, im Baumgarten des Herrn Verkäufers bestehenden, vom Stadtbrunnrohr hergeleiteten und altberechtigten laufenden Brunnens dergestalt eingeräumt, daß a) dieser Brunnen nunmehr in das den Wurz- und Baumgarten scheidende Eck übersetzt und von dem sogenannten Tattermann eine Teilung des Wassers mittels einer Wippe in den Garten des Herrn Käufers hineingeleitet werde, wohingegen b) der Herr Käufer und seine Besitznachfolger 2 Fünftel der zum Stadtkammeramt zu leistenden Brunnsteuer und im gleichen Verhältnis die zum Stadtrohr hin zu bestreitenden Leitungskosten künftig mitzutragen hat.“ Dieser Aufteilungsschlüssel entspricht auch ziemlich genau den Parzellengrößen Nr.181 und 182. Der Gartenanteil, Parzelle 181 wurde dem Hause Nr. 41 des Leopold Maurer, heute Spitalgasse 4 grundbücherlich zugeschrieben.
Im zweiten Kaufakt vom 15.7.1834 wird auch der Rest des sogenannten Bataglia´schen Anwesens“ samt Baum- und Wurzgarten, (Parzelle 182 mit Mayerhof Baufläche 205/1) nebst der dort befindlichen Obstpresse, Obstbäumen, Winterfenstern und Chalosien…..“ von der inzwischen Witwe gewordenen Anna Tonitz um 2.400 Gulden an Katharina Kronegger, hiesige bürgerliche Lederermeisterin, Oberer Platz 14 weitergegeben.
Bevor wir uns einigen der herausgehobenen Stichworte zuwenden, sollte man eigentlich noch den Urzustand des Bataglia´schen Maierhofes kurz ins Augen fassen. Er reichte von der Mühlbacherstraße bis hin zur heutigen Sponheimer Straße und zeigt sehr schön die Lebensgewohnheiten der einst wirklich vermögenden Leute der Stadt. Sie hatten innerhalb der Mauern ihre Stadtpalais und möglichst nahe an Mauer und Stadtgraben eine kleine Meierei, vor allem aber ein Lustgärtel mit Möglichkeiten für allerlei gesellschaftliche Zerstreuung. Man zog Gemüse, betrieb den Obstbau und trank den eigenen Most!
Städtischer Feuer-Bassin: Jetzt ist wohl klar, was das im Kataster von 1828 zu sehende, vom Obermühlbacherbach gespeiste längliche Gebilde, Parzelle (1076) bedeutet! Die immer wiederkehrenden und gefürchteten Stadtbrände, erforderten einen entsprechenden Wasservorrat für Löschzwecke. Außerdem konnten dort Wäscherinnen tätig werden. Später hört man dafür die Bezeichnung „Sandkasten“, was nur eines aussagt: Da mit dem zurinnenden Gewässer einmal mehr einmal weniger Geschiebe und Schotter daher kam, was weder im Wassergraben noch im Feuerbach erwünscht war, brauchte man ein Becken mit Überlauf, dass sich das unerwünschte Material dort sammeln und von Zeit zu Zeit entleert werden konnte.
Das Lusthaus wird ein besseres, gemauertes und mit Schindel gedecktes Gartenhäuschen inmitten von Obstbäumen gewesen sein, während das Glashaus, zur Haltung von exotischen Gewächsen, und die Kegelbahn für lustige Gesellschaften bestimmt war. Kegelscheiber kennen vielleicht noch die sogenannte, die schwere Sanktuskugel! Aber wissen sie auch, warum sie so heißt? Nun ja, sie war eben aus einem besonderem Wurzelholz, dem lignum sanctum gedrechselt.
Ein Wort noch zur Spargel-Glocke! Bei Dr.Martin Wutte kann man 1927 zwar lesen, daß Karl Prinzhofer den Spargelanbau um 1800 herum nach St.Veit gebracht hätte und so steht es auch im Stadtbuch von 1997. Eine Spargel-Glocke im Garten des Baron Bataglia, auch wenn sie als neu bezeichnet wird, läßt aber vielleicht doch darauf schließen, daß auch anderen gut situierten Zeitgenossen die Spargelzucht in St.Veit längst nicht ganz fremd war. Ob St.Veiter Spargel wirklich und in welchem Umfange nach Wien geliefert wurde, bedarf noch einer Prüfung. Ähnliches gilt für die genaue Lage der Anbauflächen und ihre Besitzer. Die Gendarmerie-Chronik verzeichnet den Spargelanbau in St.Veit allerdings ebenfalls als bedeutend. Daß Kaiser Franz Josef anläßlich seines Kurzbesuches in Glandorf Spargel aufgetischt worden sein soll, gehört aber eindeutig in das Reich der Fabel. Diesbezügliche Andeutungen, wie zuletzt in Kleine Zeitung vom 6.Mai tragen nur zur Legendenbildung bei. Ein kurzes Nachlesen bei Dr.Sebastian Weberitsch hätte genügt, um zu erfahren, wie der hohe Besuch am Glandorfer Bahnhof tatsächlich verlaufen ist, auf jeden Fall ohne Mahlzeiten!
Das erwähnte Stadtbrunnrohr erinnert daran, daß die öffentlichen Brunnen von einer oder mehreren nordwestlich der Stadt gelegenen Quellen gespeist worden sind. Wer es sich leisten konnte und dem Stadtkammeramte die Brunnsteuer entrichtete, durfte ausnahmsweise seinen privaten Tattermann am Stadtbrunnrohr anschließen. Der Begriff Kammeramt wiederum weistdarauf, daß unsere Stadt zum kaiserlichen Kammergut gehörte, gleich dem berühmten Salzkammergut etc.
Zwei alte Verträge und doch – so bleibt zu hoffen – wieder einige städtische „Neuigkeiten“ für eine geneigte Leserschaft.
Walter Wohlfahrt in „St. Veit Kommunal“ April 2000, erweitert 2012
Vom „Hafner-Platzl“ in St. Veit
April 13, 2012 um 13:31 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen KommentarSchlagwörter: Comptur von Pulst, Fischereirecht, Freiberg, Hafnermeister, Herzog Meinhard von Görz-Tirol, Hinrichtungen, Indikationsskizze, Karlsberg, Konrad von Türlin, Landeshauptmann, Martin Wutte, Rudolf von Habsburg, Schwarzfurter Kreuz, Strafgericht 1292
Hauptplatz St. Veit/Glan, knapp ober Pestsäule das kleine Hafnerplatzl
Gar schrecklich war ein Strafgericht in alter Zeit. So auch jenes vom Sommer des Jahres 1292, welches auf dem Hauptplatz der Stadt mit der Exekution der Aufständischen seinen Höhepunkt erreichte. Die näheren Umstände im Zusammenhang mit der Einsetzung Herzog Meinhards von Görz-Tirol als Landeshauptmann von Kärnten durch Rudolf von Habsburg und warum dies den heimischen Adel so aufbrachte, wird bei Norbert Rainer „Geschichte der Stadt St.Veit, 1903“ und von Martin Wutte in „Die Stadt St.Veit, 1927“ ausführlich geschildert. Hier sei nur kurz rekapituliert, daß die Todesurteile auf Schloß Freiberg gesprochen und in St.Veit am Hauptplatz exekutiert wurden. An Pferde gebunden hat man die Bedauernswerten – ein Karlsberger, der Comptur von Pulst als geistlicher Herr, Konrad von Freiberg und Konrad von Türlin – in die Stadt geschleift und dort, sofern noch lebend angekommen, mit dem Schwert gerichtet. Andere wollen sogar von einer „Vierteilung“ wissen. Die Zahl der Verschwörer, die sich am Herzogssohn Ludwig mit dessen Festnahme im besondern und an der Bürgerschaft durch Plünderung der Stadt im allgemeinen vergriffen haben, war natürlich größer, doch konnten sich die meisten davon bei Zeiten in Sicherheit bringen.
Hier geht es nur um die Frage, wo der Karlsberger Hafnermeister seinen zinsfreien Verkaufsstand am Hauptplatz regelmäßig aufschlagen und seine Produkte an den Mann bringen durfte und wie es überhaupt so gekommen ist? N. Rainer nennt auf
Seite 20, Fußnote 6 eine Stelle „6 Quadratklafter nördlich der Dreifaltigkeitssäule“ wo die Hinrichtung vollzogen worden sei. 1 Klafter entspricht rund einem Meter 90 und so ergäbe sich eine Fläche von beiläufig 24 Meter (etwa 4m x 6 m). Tatsächlich enthält die hier, dank des Entgegenkommens des Vermessungsamtes Klagenfurt gezeigte, alte Indikationsskizze neben der Parzelle Nr. 1063/1 (das ist der Hauptplatz) eine weitere kleine Teil-Parzelle mit Nr. 1063/2 präzise an der Einmündung der Pogatschnig-Gasse. Wenn man davon ausgeht, daß dieses blutige Schauspiel einen einzigen Zweck hatte, nämlich den der Abschreckung – Konrad von dem Türlin war immerhin St.Veiter Bürger gewesen – dann muß man wohl annehmen, die Hinrichtung fand in der Platzmitte statt und die 24 Quadratmeter reichten gerade einmal für den Auffensteiner als Richter und seine Beisitzer. Er hat ja dann auch tatsächlich die herrenlos gewordene Burg Karlsberg samt dem Richtplatz in St.Veit bekommen. Zumindest bis in die dreißiger Jahre des letzten Jahrhunderts war die winzige Parzelle ein, wenn auch bescheidener Bestandteil der großen Landtafeleinlagezahl 891– ausdrücklich „Hafnerplatzl“ genannt – im Eigentum der Herren von Karlsberg, genauer gesagt der Grafen Goess. Daß man jetzt nicht mehr auf den Tag genau sagen kann, wann und mit welchem Rechtstitel das Hafnerplatzl in das Öffentliche Gut gelangte, liegt allein daran, daß das fragliche Hauptbuch unsachgemäß beschnitten wurde und sich die Blattüberträge nicht mehr verfolgen lassen.
In anderen Städten markiert man solche historisch bedeutsamen Plätze im Boden oder in anders geeigneter Form. Es könnte Stadtführern ein fixer Anhaltspunkt, für die Stadtverwaltung vielleicht eine Anregung sein? Möglicherweise ist gerade deshalb die nordwestseitige Frontlinie des Platzes gegenüber der südwestlichen deutlich zurückgesetzt?
Aber wenn man schon die alte Landtafel in der Hand hat, dann springt einem gleich noch was ins Auge: Im A1-Blatt, Ordnungszahl 2a der genannten Einlagezahl von Schloß Karlsberg steht geschrieben „Fischereirecht an der Glan gehört vom Schwarzfurterkreuz bis zur Rohnsdorfer Brücke der Fideicommissherrschaft Carlsberg“.
XI/2006
Unsere Stadtmauer (2)
August 8, 2011 um 15:58 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen KommentarSchlagwörter: Bachverlauf, Eisenbahnmuseum, Erlgraben, Karl Ginhart, Kirche St.Johann im Erlach, Martin Wutte, Stadtmuseum
Herzog Bernhard (1202-1256) hielt sich sehr oft in seiner Residenz zu St.Veit auf und stellte dort mehr als die Hälfte seiner Urkunden aus. St. Veit selbst wurde unter ihm befestigt. 1224 und 1252 wird es als Ort mit einer größeren Gemeinschaft von Bürgern zum ersten male „Stadt“ (civitas), später aber bis 1263 noch wiederholt „Markt“ (forum) und 1268 „fester Platz“ (opidum) genannt. Im Jahre 1228 ist bereits von der Stadtmauer die Rede. – So weit ein wörtlicher Auszug aus Martin Wuttes Aufsatz in Norbert Rainers „Die Stadt St.Veit“ Seite 55.
Wie groß der Stadtumfang damals gewesen sein mag, ist unklar. Karl Ginhart, der große St.Veiter und Kunsthistoriker vertrat die Meinung, der heutige Untere Platz lag außerhalb der Stadtmauer und wurde erst anlässlich einer späteren Stadterweiterung einbezogen. Obwohl es dazu gelehrte Gegenmeinungen gibt, hat diese Ansicht doch einiges für sich! Noch vor jeder Ansiedlung in diesem Bereich musste man doch den natürlichen Verlauf des Baches, der aus dem Erlgraben zur Glan strebte, im Auge haben. Die Gewalt des Wassers ist bis heute Furcht einflößend, auch wenn wir inzwischen die besten Talsperren, Uferschutzbauten und die gewaltige Bachumleitung über die Villacher Vorstadt kennen. Ursprünglich muss sich der zeitweilig recht ungemütliche Nachbar doch wohl nordöstlich der Stadt befunden haben. Hätte sich sonst die alte, inzwischen abgekommene Johannes Kirche als St. Johann im Erlach nennen können? Erlach nennt der Kärntner einen Erlenbestand in Wassernähe. Allen bekannt sind Erlgraben und die Erlgasse.
Damit zum eigentlichen Thema „Stadtmauer“ . Es gibt Experten, die das Mauerwerk fachkundig zu untersuchen in der Lage sind. Diesen sei mitgeteilt, dass es jetzt die einmalige Gelegenheiten gibt, Teile der Stadtmauer auch von innen zu betrachten und zu beurteilen. All zu viel hat man der Mauer durch Anbauten, Durchbrüche und Abriss schon angetan. Jetzt empfiehlt sich jedermann ein Vergleich. Einmal wurde westlich der Bezirkshauptmannschaft sehr schön restauriert. Ein Besuch im Museum St.Veit wäre mit einer Liftfahrt zu verbinden und schon ergibt sich der beste Blick auf diesen Teil der Stadtmauer. Die zweite Möglichkeit bietet sich in der Botengasse. Die Kaffee-Konditorei Taupe hat das ehemalige Sörschen Anwesen erworben. Dieses reichte weit in die Tiefe, hatte einst dort Fremdenzimmer und auch einige ganz berühmte Gäste wie Thomas Bernhard und Ernst Jandl, welche sich beide im Gästebuch verewigten. Herr Taupe macht alles neu, hat aber vor allem diesen unbedeutenden Trakt an der Stadtmauer abgetragen. Vielleicht ist sogar ein schöner Sitzgarten an der alten Mauer geplant? Es wäre ein reizvolles und stilles, im Sinne von verkehrsloses Plätzchen!
Ein Experte könnte nun das Innenleben der zwei Mauerabschnitte studieren und feststellen, ob sich tatsächlich ein verschiedenes Baualter nachweisen lässt. So könnte ein Gelehrtenstreit friedlich beigelegt werden. Auf, auf alle, die sich dazu befähigt fühlen. St. Veit ist immer einen Besuch wert. Die hier gezeigten zwei Bilder mögen der Orientierung und Anschaulichkeit dienen. V/2010
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