Geschichteln meines Freundes
Juli 25, 2020 um 13:01 | Veröffentlicht in St.Veit | 2 KommentareSchlagwörter: August Voraberger, Feuerwehr St.Veit, Fleischhauer, FN Fabrique National, Gurktal Bahn, Kajetan Wutte, Karl Funder, Klimbacher Kurve, Major F.X.Kohla, Rudi Zygartowski, Tito Partisanen 1945, Trixner, Zechner
Rudolf Zygartowski, am 28. Feb. 2006 im 88. Lebensjahr in St. Veit verstorben, war mir ein sehr guter Freund, ein Kenner des alten St.Veit und ein begnadeter Erzähler obendrein. Gar oft haben wir uns im Cafe am Weyerfeld getroffen. Es war mir leider nicht immer ein Vergnügen, ihm zuzuhören.
Die Kameraden der Feuerwehr trafen sich wieder einmal im Gasthaus Mayer in der Spitalgasse und Zechner, Fleischhauer-Meister am Platz war darunter. Da wollte er sich großzügig zeigen, nahm einen Zettel, schrieb darauf „7 Paar Frankfurter“ und sandte damit den Jüngsten in seinen Laden. Dieser nicht faul, setzte heimlich vor die 7 eine 1 und die Lieferung fiel dementsprechend stark aus. Als Zechner dessen gewahr wurde, verwünschte er ahnungslos die „blöden Weiber“ seines Hauses……
Mit seiner zweiten Frau – die erste ist ihm mit dem Buchhalter der Fa. Klimbacher beizeiten getürmt – hatte der cholerische Fleischermeister unzählige Auseinander- Setzungen. Selbst neben Kundschaft im Geschäft tat er sich nichts an.
Eines Tages stülpte er seiner Ehefrau im Zorn einen vollen Fett- oder anderen Blechtopf übers Haupt, der sich zum Schreck so verkeilte, dass er nicht mehr herunter wollte. Sie musste in ihrer Not quer über den Hauptplatz zum Meister Zedischnig, der ihr den unpassenden Kopfschmuck mit einer Blechschere und viel Mühe abnehmen konnte.
Ein andermal hatte Zechner im Gurktal zu tun. Ein wenig Alkohol im Blut war damals noch kaum mit all zu großen Risiken verbunden. Erstens, waren die Straßen weniger befahren und ums andere, die Gendarmen noch in keiner Weise geschult oder ausgerüstet. Jedenfalls in Mellach war es, dort wo die Straße die Gurktalbahn übersetzte, als sich Zechner mit seinem Lieferauto plötzlich sehr über die holprige Straße wunderte. Das ganze Vehikel hüpfte und polterte…… Der Grund, er fuhr nicht mehr die Straße, sondern den Bahnkörper entlang.
Rudis Bruder Walter, ist beim Vormarsch nahe Lemberg auf tragische Weise 1941 „gefallen“ – Abgeschossene russische Panzer standen in großer Zahl links und rechts der Vormarsch-Piste. Da kam ein deutscher Soldat auf die Idee, einen Panzer zu besteigen. Er hantierte leichtsinnig am Geschütz und löste einen Schuss aus, was einen sogenannten Rohrkrepierer zur Folge hatte……
Rudolf war zu jener Zeit in Norwegen und traf ganz unerwartet seinen Bruder Reini, ebenfalls Soldat, der sagte ihm, er hätte von einem St.Veiter Kameraden gehört, dass ein St.Veiter Fahrlehrer in Russland „gefallen“ sei. „wird ja wohl nicht unser Bruder sein“ „es gibt ja auch noch andere Fahrlehrer….“ – Doch es war unser Bruder!
Im August 2003 – rund drei Jahre vor seinem Ableben – war Rudi im Krankenhaus und ich zu Besuch bei ihm, da erzählte er mir vom Peppo Kleinszig, dem Herrn auf Taggenbrunn und dass dieser mit Karl Funder von Mölbling gerne beim Schubernig in St.Veit das Kartenspiel pflegte. Eines Tages gerieten die beiden wegen angeblichen Falschspiel in Streit, was damit endete, dass Funder dem Kleinszig eine Orfeige verpasste. Um eventuellen Weiterungen aus dem Wege zu gehen, griff Funder schlussendlich großzügig in seine Brieftasche. Alles war wieder in Ordnung und Kleinszig (der kurzfristige Bezirkshauptmann von 1934!) inzwischen wieder heimgekehrt, erzählte seiner Eheliebsten vom Vorgang. Ihre Antwort soll gelautet haben: „Nach langer Zeit bringst Du wieder einmal ein selbst verdientes Geld nach Hause“
Eine FN (steht für fabrique national) war ein belgisches Motorrad und Mitte der Dreißiger der Traum vieler junger Männer. Weil aber Peppo Kleinszig Kriegskollege des FN Generalvertreters für Österreich war, vermittelte er Rudis Vater die FN Vertretung für St.Veit, obwohl diese auch Herr Trixner haben wollte. Zygartowski Senior hatte eine Kfz-Werkstätte im Innenhof des Hotels Stern (Fuchspalast) am Platz, wo sich heute die Arbeiterkammer befindet. Die ersten Modelle dieser Maschine kauften Jungschlossherr Kajetan Wutte von Lebmach und der alte Miklautschitsch (Vater des Mothe). Letzterer hatte die Verwaltung des Städtischen Sandgrube, nahe der Klimbacher Kurve, inne. Er ließ den Mothe arbeiten, jagte selbst aber seinem Vergnügen nach. Er stammte übrigens aus Slowenien. Dem Wutte bekam das neue Motorrad gar nicht gut! Als er nämlich bald an seinem privaten Geld- sprich Darlehensgeber, August Voraberger, vorbei prasselte, war letzterer mit der Geldverwendung nicht einverstanden und forderte das Darlehen vorzeitig zurück. Banken und Sparkassen waren damals unfähig Geld zu verleihen. Das trieb Wutte dann in die Arme eines Wieners namens Neumann (später Newman in Amerika!) mit sehr bösen Folgen!
Noch viele Geschichten hätte Rudi auf Lager gehabt, doch wollen wir mit einer solchen aus näherer Zeit schließen, sie handelt von Major F.X.Kohla dem Landesfeuerwehrkommandanten von Kärnten. Zugetragen hat sich dies 1945 nach Kriegsende, als Tito-Partisanen das Sagen zu haben glaubten in Kärnten. Vier Jugoslawen erschienen in Kohlas Wohnung und es ergab sich der folgende Wortwechsel. „Sind Sie Major Kohla?“ „Ja, und wer bist Du und von wo bist Du? immer noch Kohla „Dann bist Du dort der Feuerwehrkommandant gewesen!“ „Ja, das war ich“ „Dann musst Du mich ja kennen“ Darauf salutierte der Partisan, zog mit seinen Begleitern ab und ward nicht mehr gesehen.
Freund Rudi – Erinnerungen
Juni 6, 2014 um 16:30 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen KommentarSchlagwörter: Altdornhof, Bezirksrichter, Feuerwehr, Funder, Griffnerberg, Kleinszig, Leo Knaus, Major F.X.Kohla, Ottilienkogel, Schlaraffen, Schubernig, Wolfsberg
Acht Jahre sind schon wieder ins Land gezogen, seit mein väterlicher Freund und alter St. Veiter im 88sten zur letzten Ruhe bestattet wurde. Er war ein liebenswürdiger, humorvoller, ein geselliger und angenehmer Mensch – ein Glück für jedermann, der ihm begegnete oder der ihn so wie ich noch in hohen Jahren in voller geistiger Frische kennenlernen durfte um seinen Geschichten zu lauschen. Regelmäßig machte er seine Runden durch das Städtchen. Irgendwo, am sichersten beim Bäckerladen Schöffmann am Weyerfeld konnte man ihn im Kreise von Bekannten bei einem Glas Rotwein treffen. Rudi war das personifizierte Zeitgeschehen, eine Stadt-Chronik auf zwei Beinen so zu sagen. Ein gutes Gedächtnis machte ihn zum talentierten Erzähler familiärer Schicksale oder zum Schilderer weit zurück liegender Begebenheiten. Sein Soldatenleben brachte in weit in die Welt hinaus. Dank seiner Profession kannte er die Stadt und Bezirk, wie kein anderer. Er war nämlich ein höchst begehrter und tüchtiger Fahrlehrer, der auch noch in scheinbar hoffnungslosen Fällen zur Fahrtauglichkeit verhalf. Mehr sei hier nicht verraten, wohl aber einige seiner „Lieblings-Stückel“.
Oben das alte Hotel Stern (heute Fuchspalast) im Hof hinten wirkte der alte Zygartowski, ehe er seine Werksätte nach vorne an die Straße verlegte (heute Notariat Sauper in der Friesacher Straße)
Etwa jenes von einem ehemaligen Bezirksrichter, namens Reinhold P. Von diesem wurde erzählt, er sei fast täglich, egal ob gerade amtshandelnd oder nicht, des guten Weines voll. Er pflegte deshalb, seine Sachen zu vereinfachen und die ihm lästigen Verhandlungen durch überraschende Freisprüche abzukürzen. Das blieb den Anwälten von St. Veit bis Klagenfurt nicht lang verborgen und führte eines schönen Tages dazu, dass man den Herrn Rat nach Gurk versetzte, wo es von Haus aus weniger zu tun gab.
Über die St. Veiter Schlaraffen, eine Verbindung akademischer alter Herren, sagte man, dort dazu gehörten u.a. Apotheker Berger, Dr. Gabron und Werner Knaus – doch mit Hitler war alles aus! Ihre „Burg“, den Ort ihrer Zusammenkünfte, hatten die Schlaraffen im Weißen Lamm. Nur Willi Anwandter, einstiger Oberkellner im Hotel Stern besaß ihr Vertrauen und durfte ihnen servieren. Keinesfalls war weibliches Personal zugelassen.
Leo Knaus und Major F.X. Kohla (1890-1977) waren dicke Freunde. Beide hatten es mit der Feuerwehr, der eine als Stadt- und Bezirks-, der andere als Landeskommandant. Das gute Einvernehmen kam nicht davon, dass beider Ehefrauen Ottilie hießen und so zu Namengebern für den frühgeschichtlichen Ausgrabungshügel der dreißiger Jahre zwischen Pulst und Glantschach (Ottilien-Kogel) geworden sind. Eher kam es wohl davon, dass Kohla seinen Freund zum Haus- und Hoflieferanten der Feuerwehr ernannte. Wo überall das Landeskommando einen Feuerwehrmann neu einkleidete, gab es den Stoff dazu gratis. Zu beziehen war das Material allerdings bei Leo Knaus in St. Veit. Kohla war übrigens auch Ausgräber auf Alt-Dornhof, ein wenig bekannter, versteckter Burgplatz direkt unter dem Lorenziberg, wo ihm wiederum Männer der FF aus St. Veit sehr hilflichreich waren.
1945 erschienen vier Partisanen bei Kohla in Klagenfurt. Er wäre nicht der einzige gewesen, den man damals kurzerhand auf nimmer Wiedersehen mitgenommen hat. Dabei soll sich folgende Wechselrede entsponnen haben. Partisan: „Sind Sie Major Kohla“ – Antwort „Ja, und wer bist Du? und von wo bist Du?“ Nach kurzer Auskunft wieder Kohla: „Dann warst Du dort der Feuerwehrkommandant.“ Partisan: „Ja , das war ich“ Kohla: „Dann musst mich ja eh kennen“ Daraufhin salutierte der Partisan, zog mit seinen Begleitern ab und kam nie wieder.
Leo Knaus war hoch betagt, da wollte ihm die Kameradschaft der Wehr gratulieren. Tochter Paula fand dies schon etwas zu beschwerlich und musste den Besuch abweisen. Die flotten Floriani-Jünger wussten sich zu helfen. Sie fuhren mit der neuen Drehleiter auf den Kirchplatz, klopften von der Hinterseite des Hauses an ein bewusstes Fenster und überreichten so ihren Blumenstrauß.
Es war die Zwischenkriegszeit und ein Auto zu fahren, einfach faszinierend. Nur reichten dazu die Mittel weder bei Herrn Gorton von Rothenstein noch bei Pepo Kleinszig auf Taggenbrunn und schon gar nicht beim Rechtsanwalt Franz Kleinszig. Man einigte sich daher auf den gemeinschaftlichen Ankauf und Gebrauch eines neuen Automobils. Leider war das keine glückliche Idee. Alsbald gab es Ärger über anfallende Kosten, Fahrzeiten und gerechte Aufteilung. Das Experiment war von kurzer Dauer. Und übrigens, nach Rudis Worten gab es damals nur zwei Persönlichkeiten in St. Veit, die über Bares verfügten: Dr. Lemisch und August Voraberger, Gutsherr der eine und Landprodukte-Händler-Gastwirt der andere.
Noch einmal zurück zu Pepo Kleinszig. Der Herr auf Taggenbrunn pflegte mit Karl Funder beim Schubernig in St.Veit regelmäßig Karten zu spielen. Eines Tages kam es dabei zu einer leichten Meinungsverschiedenheit was damit endete, dass Funder dem Partner eine Ohrfeige gab. Um eventuellen Weiterungen aus dem Weg zu gehen, griff Funder schlussendlich großzügig in seine Brieftasche. Alles war damit wieder in Ordnung und Kleinszig, inzwischen heimgekehrt, erzählte davon seiner Eheliebsten. Ihre Antwort soll gewesen sein: „Nach langer Zeit bringst wieder einmal selber verdientes Geld nach Hause.“
1945 wurden mehrere prominente St.Veiter in Wolfsberg von Engländern festgehalten. Ihre Ehefrauen fassten den Entschluss, den Männern, von denen man wusste, an welchen Tagen sie auf Außenarbeit sein würden, nicht nur einen Besuch zu machen, sondern auch etwas Nahrhaftes mitzubringen. Auto und Benzin waren vorhanden, doch wer fährt? Rudi wurde dazu ausersehen und eines schönen Wintertages ging es los. Am Griffner-Berg steckte eine Kolonne englischer Militärfahrzeuge fest. Sie konnten die schneeglatte Bergstraße nicht bezwingen. Auch Rudi kam mit seinem Gefährt ins Rutschen und zum Stillstand. Kurz entschlossen, ließ er die Damen aussteigen, empfahl ihnen, das Stück bis zur Passhöhe zu Fuß zurückzulegen. Zwei Holzknechte, welche gerade des Weges kamen und in die gleiche Richtung wollten, hieß er links und rechts auf den vorderen Kotflügeln Platz nehmen, denn der Wagen hatte Frontantrieb. Zum Staunen der hilflosen Briten, kurvte unser Mann an ihnen vorbei und mühelos den Berg hinauf, erreichte die Höhe, wechselte seine Passagiere, kam gut nach Wolfsberg und auch wieder gut nachhause.
Noch viel mehr wäre zu berichten, wenn nur der Platz nicht immer knapp wär. Rudi war immerhin ein Kriegsjahrgang und hat als Soldat viel erlebt und sich manchmal gerne an relativ ruhige Zeiten hoch oben in Norwegen erinnert. Davon vielleicht ein andermal.
In St.Veiter Stadt-Blattl Fritz Knapp erschienen April 2014
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