Maximilian Fürst von Khevenhüller-Metsch (Erinnerungen)

Februar 23, 2016 um 15:10 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen Kommentar
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Bald jährt sich zum sechsten Mal der Tag, da der Herr auf Hochosterwitz im 91sten das Zeitliche segnete. Um 1980 trat er das Familienerbe an und nahm mit Gattin ständigen Aufenthalt in Kärnten. Er galt unter seinen Bediensteten als strenger aber sehr sozialer Chef. Die mächtige, recht eigenwillige Persönlichkeit war in ihrer Art nicht immer leicht zu verstehen, konnte aber im persönlichen Umgang durchaus liebenswürdige Züge zeigen. Davon soll hier kurz berichtet werden.

Als die Gemeindevertretung von  Launsdorf eines schönen Tages entdeckte, dass  in den Eintrittsgeldern der Burg neue Einnahmequellen (Vergnügungssteuer) zu erschließen wären, lief er zu kämpferischer Form auf. Auch sonst, etwa gegenüber den  lieben Verkehrspolizisten, die hinter seiner Lenkerberechtigung her waren,  bot er gerne jedermann Paroli.  War all das, worüber auch die Tagespresse meldete,  endlich überstanden, drängten neue Sachen auf Erledigung.  Jetzt sah man den hochbetagten und hochgewachsenen Herrn mit seinem typischen, etwas schwankenden Seemannsgang öfter in St. Veit und in einem Auto, viel zu klein für diese mächtige Gestalt. Fotomeister Hammerschlag sollte die vielen, im Schlosse vorgefundene Fotoaufnahmen,  fünfhundert Jahre alte Handschriften zeigend,  vergrößern und auch gleich vom Blatt lesen. Unerhört, er konnte das nicht! Wer dann? Gleich um die Ecke ist jemand, der das schaffen könnte, war der Bescheid und zugleich Anlass  dafür, dass sich Seine Durchlaucht höchstpersönlich vor unserem bescheidenen Häuschen einfand, sich als solche zu erkennen gab und das Resultat am liebsten gleich mitgenommen hätte.  Grad noch dass es ausreichte, den guten Willen erkennen zu lassen, aber eher widerwillig wurde hingenommen, man könne sich in drei Tagen – „warum nicht eher“  –  und nach entsprechendem Studium darüber weiter unterhalten.

Schon bei erster flüchtiger Durchsicht war klar, dass es sich hier um einst hochpolitisches Material handle, weniger  klar war allerdings, wie man sich erst einmal  das notwendige  Verständnis  für jene fernen  Zeiten verschafft.  Gut, die handelnden Personen, Absender und Empfänger waren fest  zu machen, aber was waren deren Zeitprobleme, was ihre Beweggründe? Dazu kamen geographische Fragen in und um Madrid einerseits, die weiten Kurierwege durch halb Europa  anderseits. Wer von dort gekommen ist, sollte eigentlich Hilfe geben können.  Solche Unterhaltungen waren immer schwierig und wenig ergiebig.  Als ich eines Tages zufällig gewahrte, dass mein Gesprächspartner seine Frau Gemahlin im kalten Auto beim Chauffeur und Gärtner Rudi sitzen ließ, glaubte ich, eingreifen zu müssen. Die Fürstin machte uns wirklich die große Freude. Sie nahm die Bitte, doch ins Haus zu kommen, freundlich  an.  Ihr wortloses Lächeln, mit welchem sie mich bei einem  nächsten Zornausbruch des Gatten zu trösten versuchte, sagte eigentlich alles aus, auch und vor allem über ihren wahren,  inneren Adel.

Um es kurz zu machen, der Nachschub von kopierten Briefen  riss nicht mehr ab und meine Bemühungen zogen  sich über Monate hin. Dabei hätten wir uns beide einiges ersparen können,  der Fürst sich viel Ärger und  Ungeduld,  ich mir hingegen einige meiner grauen Haare, hätte nämlich Se. Durchlaucht die  Hausbibliothek besser gekannt.  Darin hätte sich alles fein gedruckt finden lassen.  Günther Probst-Ohstorff war es nämlich, der 1971 über die Geheimen Tagebücher des Hans Khevenhüller, kaiserlicher Botschafter am Hofe Philipps II publizierte, wovon wohl auch die gesammelten Fotos stammen  und die vielen Kopien handeln mochten. Aber das wusste man noch nicht. Man plagte sich ganz unnötig ab.

Nun zur anderen Seite der Medaille, zu den sympathischen Charakterzügen des Schlossherrn: Eines Tages, wohl ein zwei Jahre später,  beschlossen drei Freunde, sich im Bezirk auf Kulturfahrt zu begeben. Einer davon hieß Alfons Haffner, war ein Tiroler mit tiefen familiären Kärntner Wurzeln und unermüdlich in der Behandlung  der Kärntner Historie tätig, der andere, ein Bibliothekar von hohen Graden, kam aus Klagenfurt und hieß Heinz Zintel. Letzterer  verfügte über ein hervorragendes Gedächtnis und was das Außergewöhnliche war, auch über ein optisches Gedächtnis. Das hieß,  er konnte meist von einer einzigen kopierten Buch- oder Zeitungsseite aus  auf richtige Titel oder Periodika schließen. Unsere  erste Station sollte die Feste Hochosterwitz sein, doch welch ein Pech, zu dritt standen wir vor dem verschossenen  Burgtor. Man sagte uns, es seien die Reinigungsarbeiten des Frühjahrs im Gange und es gebe keinerlei Möglichkeiten,  außer mit Erlaubnis Sr. Durchlaucht. Auf Schloss Niederosterwitz , wohin wir uns vertrauensvoll  begaben,  wurden wir  huldvoll empfangen, ein  Telefonat, und der Tag war gerettet. Sogar für ein gemeinsames Erinnerungsfoto stellte man sich bereitwilligst zur Verfügung. Tief beeindruckt  vom Charme dieses Kärntner Fürsten zeigte sich unser guter Tiroler.

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Gendarmen auf Wanderschaft

Juni 5, 2012 um 16:20 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen Kommentar
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Seit Einführung der Gendarmerie in unserer Stadt, also seit 1850 sind die St. Veiter Gendarmen schon mindestens zehnmal umgezogen. Im Schnitt musste alle 15 Jahre der Standort wechseln. Die letzte Adresse, Platz am Graben 1 sollte für die Gesetzeshüter und die für die öffentliche Sicherheit Zuständigen vielleicht wohl eine längere Bleibestätte sein.

Die Einführung der Gendarmerie im alten Österreich des Jahres 1850 hatte den Zweck, allen künftigen politischen und sonstigen Unruhen nach den Ereignissen von 1848/49 vorzubeugen. Der Chronist irrt, wenn er meint, es sei die Antwort auf die zuvor von den Wolscharträubern ausgegangene Verunsicherung der Landbevölkerung. Die Obrigkeit konnte wohl vorübergehend auf die neu geschaffenen Bezirksverwaltungsbehörden, keinesfalls jedoch auf die Gendarmen verzichten. Viel zu frisch waren noch die Erinnerungen an die vorangegangenen Aufstände innerhalb und außerhalb des Reiches. Die Zuständigkeit der Gendarmerie erstreckte sich ursprünglich auf den gesamten Gerichtsbezirk St. Veit. Erst viel später kam es zur Schaffung weiterer Kommanden und zwar 1.2.1891 Kraig, 1.1.1902 Launsdorf und 1.8.1911 Feistritz-Pulst (Radelsdorf). Von 1850 bis 1860 soll der Gendarmerieposten die Adresse Klagenfurter Vorstadt 26 (heute Klagenfurter Straße 49. Die Nachschau im Landesarchiv, Landtafel Tom XXII Folio 408 ergab, dass es sich dabei um die einstige Wasserleitkeusche, ganz alte Hausnummer 238 handelte und dass darauf tatsächlich ein Bestandsrecht, d.h. ein Mietrecht zu Gunsten des k.k. Aerars gemäß Vertrag vom 30.6.1854 verbüchert war. Die diesbezügliche Löschung stammt aus dem Jahr 1861. Weil die folgenden Mietverträge selten grundbücherlich sichergestellt erscheinen, wird man über deren Umfang und Lage der Räume meist nicht unterrichtet. 1860 rückte man der Stadt etwas näher um dann 6 Jahre im Rainerhaus, Klagenfurter Vorstadt 37, später Klagenfurter Straße 21 untergebracht zu sein. Ab 1866 ist man für einige Jahre am Oberen Platz. Haus Nr. 9 (Vermieter von 1860 bis 1879 war Johann Götz)  und Haus Nr. 13 (Vermieter bis 1905 war die Familie Feistl) tragen heute noch die gleichen Hausnummern. Jetzt entdeckt man in der Gendarmerie-Chronik erstmals amtlich, dass im nahen Glandorf zunächst Jäger, dann Dragoner und schließlich Husaren stationiert waren und dass es dort einen Exerzierplatz gegeben hat. Mit der Kriegserklärung an Rußland, 5.8.1914 zog das Militär von St. Veit fort um nie mehr wiederzukehren.

Zuvor schon kam es zu neuerlicher Übersiedlung des Postens in die Villacher Vorstadt Nr. 64 in das Haus von Frau Albine Lippitz (heute Sonnwendgasse 2), wo man von 1905 bis 1917 blieb. In diese bewegte Zeit fällt eine ganze Reihe bemerkenswerter Ereignisse: 1906 nahmen angeblich zwei Parteien, nämlich der Hausbesitzerverein, ein Zusammenschluss der Konservativen und als Gegenstück der Kommunalverein (klingt fast schon nach Kommunisten) ihre politische Tätigkeit in St. Veit auf. 1910 bis 1912 drückte der Bahnbau Launsdorf-Goggerwenig-St.Veit mit seinen rund 1.200 Beschäftigten aus aller Herren Länder, dem Stadtleben seinen Stempel auf. Der Gendarmeriepost war deshalb vorübergehend um zwei Mann zu verstärken. Lebhaft bedauert unser Chronist, dass der erhoffte Segen des Bahnbaues und die folgenden Anstrengungen der Stadt, sowie die großen Bemühungen des örtlichen Verschönerungsvereines um eine Belebung des Fremdenverkehrs durch den Kriegsausbruch mit einem Schlag zunichte gemacht wurden. Gallizien wurde von den Russen überlaufen, was zu einer Flüchtlingswelle unerhörten Ausmaßes führte und so trafen auch in St.Veit schon am 21.9.1914 per Güterzug 432 heimatlos gewordene Menschen ein, darunter ein Geistlicher namens Leo Biresky. Er dürfte mit der Behandlung seiner Schutzbefohlenen nicht zufrieden und vielleicht gar in Äußerungen hinsichtlich einer politischen Verantwortung etwas unvorsichtig gewesen sein. Kurzum, wegen Störung der öffentlichen Ruhe wurde er am 21.10. verhaftet. Über sein weiteres Schicksal herrscht amtliches Stillschweigen. Am 11.11.1914 erfolgte jedenfalls der Weitertransport aller Flüchtlinge in das „Konzentrationslager Wolfsberg“. Noch manch andere Arbeit wartete in diesen bedrängten Tagen auf unsere Gendarmen. Schon am 20.3.1915 kamen die ersten 200 russischen Kriegsgefangenen hier an und wurden in Hohenstein bei Pulst interniert. Mit dem Kriegseintritt Italiens gegen Österreich ergeht an die Gendarmen der Befehl, alle sogenannten „Reichsitaliener“ – und deren gibt es nicht wenige – der Bezirkshauptmannschaft vorzuführen. Diese wurden in der Folge vom Kleinkind bis zum Opapa um sie der nahe gerückten Feindgrenze fernzuhalten in Internierungslager bei Leibnitz und gar bis Burgenland abgeschoben, weil man in ihnen ein Sicherheitsrisiko zu erblicken glaubte.

Noch 1917, ein Jahr vor Kriegsende müssen die Gendarmen wieder packen und umziehen. Es geht ins Haus Villacher Vorstadt 63, seit 1929 Landstraße 8, heute Ossiacher Straße 11 bezeichnet, kurz ins Kuttnig Haus. Einem verbücherten Mietvertrag 1934 ist zu entnehmen, dass die zwei einfenstrigen Zimmer im 2. Stock, eine Holzlage, sowie die Mitbenützung von Abort und Wasserleitung den Mietgegenstand bildeten. Von hier aus tragen die Gendarmeriebeamten zusammen mit der Städtischen Sicherheits Wache Sorge dafür, dass die aufs äußerste beunruhigte Stadtbevölkerung vor den zwölf Tage lang rückflutenden Militärs so gut wie möglich beschützt sei. In Kärntens schwerster Zeit, genau vom 1.10.1919 bis 30.5.1920 beherbergt Hotel Stern in St. Veit sogar das Landes-Gendarmeriekommando, welches von hier nach Tanzenberg und erst am 25.10.1920 wieder nach Klagenfurt verlegt wird. Unter 1921 ist sowohl die Bildung des Heimatschutzbundes in St. Veit, Hörzendorf, St. Donat und Obermühlbach wie auch jene des Republikanischen Schutzbundes St. Veit vermerkt. Hier Grund- und Hausbesitzer, Bauernsöhne, Handwerksmeister, Angestellte, Beamte dort Fabriksarbeiter und vorallem Eisenbahner. Sehen die einen ihr Land, ihr Hab und Gut von außen wie von innen bedroht, so sorgen sich die anderen mehr ums Überleben der jungen Republik und um Fortbestand ihrer neuen politischen, arbeiterfreundlichen Errungenschaften. Waren die bisherigen Anforderungen an die Gendarmen nicht schon groß genug, die stärksten Herausforderungen stehen ihnen mit der Zuspitzung der innenpolitischen Verhältnisse aber noch ins Haus! Bürgerkriegsartige Zustände, Machtwechsel und Parteienverbote bis hin zu hochverräterischen Gewalttaten, all dies trug sicher nicht dazu bei, den Gendarmen einen nur halbwegs erträglichen Dienst-Alltag zu gestatten. Die hochdramatischen Geschehnisse von 1934 liegen noch keine drei Jahre zurück, da zog die Gendarmerie schon wieder um. Das Eckhaus Klagenfurter Straße 45 gehörte seit 1923 dem Verein „Arbeiterheim St. Veit“ und beherbergte Arbeiterkammer, Partei- und Gewerkschafts-Diensstellen. Dem schon angesprochenen Parteienverboten folgt für die Sozialisten alsbald der Vermögensverlust und so stand ab 1936 der „Österreichische Bundesschatz“, wenn auch als unrechtmässiger, jedenfalls als neuer Eigentümer fest. Hier wurde 1937 die Gendarmerie einquartiert und verblieb bis zum 28.2.1945, als ein Bomben-Volltreffer die neuerliche Umsiedlung erzwang. Bis 1947 dienten provisorisch freigemachte Räume im Bezirksgericht als Postenkommando. Das war natürlich eine Notlösung. Deshalb mietete man sich von 1947 bis 1960 im Hause Meisterl, Klagenfurter Straße 24 ein, von wo man dann gemeinsam mit dem Bezirks-Gendarmerie-Kommando ins Erdgeschoß des Buwog-Neubaues in der Friesacher Straße 17 umzog. Haus und Unterkunft waren damals noch von der Friesacherstraße her zugänglich, welch letztere bis zum Jahre 1983 diente.

Der Standort, Platz am Graben 1 wird voraussichtlich weit über das Jubiläumsjahr 2000 hinaus gelten und es bleibt zu hoffen und zu wünschen, dass den Gendarmen von nun an ein seßhafteres und friedvolleres Dasein bescheiden sein möge.

Walter Wohlfahrt in St.Veit Kommunal 1998  (umredigiert 2012)

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