Ein Räubernest inmitten von St.Veit
Juni 5, 2012 um 17:54 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen KommentarSchlagwörter: Bräuhausgasse, Hans Peter Weigand, Krammer, Krapfenbäck Simale, Simmerl
Allgegenwärtig ist zur Zeit die Erinnerung ans Krapfenbäck-Simale, egal ob durch Film, Fernsehen oder Printmedien, unerschöpflich die Legenden, die sich um diese geschichtliche Gestalt ranken. Nur, seit Vorliegen der genauen Forschungsergebnisse eines Hans-Peter Weigand, Graz und nach Erscheinen des Buches „Das Krapfenbäck-Simmerl“ im Eigenverlag, sollte man der historischen Wahrheit vielleicht doch ein bißchen mehr Beachtung schenken. Der Buchautor weist uns zwar vollkommen richtig in die Bräuhausgasse, aber mit der genauen Lokalisierung von Simmerls Elternhaus da hatte es bis heute so seine Schwierigkeiten. Wen darf das wundern, angesichts des bekannten Hausnummern-Wirrwarrs in unserer Stadt!
Wenn wir uns nun zwei Häuser der Bräuhausgasse in ihrer Besitzerfolge und hinsichtlich einiger spezieller Besonderheit ganz genau ansehen, so finden wir des Rätsels Lösung.
1. Bräuhausgasse 19, Bauparzelle 19/2, Grundbuchseinlage 32 KG St.Veit (alt Magistrat
Tom.I Folio 114, Urbar 19/16)
1743! Johanna Höcher, Malerin
1775! Frau Seidnerin
Sebastian Krammer a)
Jakob Krammer b)
1809 Ignaz Maggitz
1810 Mathias Greyer, Büchsenmacher
1847 Anton Jäger
1860 Magdalena Jäger
1871 Alois Jäger
heute Dr. K u s s bzw. „M2“
Sebastian ist Simmerls Vater. Dieser zog von der Krapfenbäck-Keusche nahe Pörtschach am Berg nach St.Veit. Von daher auch der Beiname des Simmerl. Laut Prozeßakten wurde Sohn Simmerl schon im Jugendalter vom Vater und dessen Spießgesellen zu kleineren Spitzbübereien angehalten. Wie nachfolgend belegt, starb der Vater 1810, seine anscheinend zwei Ehefrauen 1800 und 1803. Von einer der beiden stammte das mütterliche Erbe des Simon respektive Simmerl. Dieser wurde damals „dient als Knecht“ bezeichnet.
a) Sterbebuch St.Veit :
K r a m m e r Katharina 16.9.1800 Folio 7
Elisabeth 22.3.1803 Folio 29
Sebastian 7.8.1810 Folio 77: Gadler, 76 Jahre, Stadt 19
b) bei Jakob Krammer wird im Juni 1807 ein Schuldschein zu Gunsten des mj. Simon Kramer für das mütterliche Erbe intabuliert.
Waisenbuch der landesf.Kammerstadt St.Veit 1791-1850 Sign. 230 Bez.Ger.St.Veit LA
Folio 103 – Simon Kramer – ohne Geb.Datum – dient als Knecht –
Gerhab Sebastian Kramer, Vater – Erbschaft nach Mutter Maria
lt. Teillibell v. 15.4.1807 73 Gulden Vermögen, inliegend bei
Bruder Jakob Kramer, Sichergestellt am Hause Judengasse 19
Dazu lautet der Endfertigungsvermerk „gestorben und abgetan“
2.) Bräuhausgasse 21, Bauparzelle 20, Grundbuchseinlage 24 KG St.Veit, (alt Magistrat
Tom I Folio 122/126, Urbar 19 1/2 Folio 16 „Keller unter Haus Nr.20“
Franz Strugger Quelle 2)
Maria Obernig
Anton Furtner Quelle 3)
1840 Viktoria Furtner
1849 Michael Furtner
1886 Amalia Furtner
1901 Josef GABRIEL
1915 Johann Trixner
heute Peter Paulitsch
Quelle 2) Land.Arch., Grundbuch Kammerstadt St.Veit 1743ff, Sign.157, Folio 17
Quelle 3) ebenda, Folio 134 – Vertrag auf Gütergemeinschaft zw. Anton Furtner und Viktoria F. geb. Stadler insbes. hins. Haus 20 in der Judengasse am 7.8.1808
Taufeintrag 1852/53: Stadt 21 Michael Furtner, bürgerl.Feilhauermeister
V Anton Furtner, ebenfalls -„-
Eintrag im modernen Grundbuch EZ 24 Hs.21 Bräuh.Gasse, Bfl 20 Wohnhaus lt. A2-Blatt:
„KV v.1.3.1809 zw. Ignatz Maggitz u. Anton Furtner hier her zustehende Keller-Servitut unter Haus 20 (heute richtig 19!) des Alois Jäger ersichtlich gemacht“
Ignatz Maggitz war wie oben ersichtlich der Besitznachfolger des Jakob Krammer, Bruder des Simale und Anton Furtner einer der Vorbesitzer des heutigen Paulitsch-Hauses.
In der Tat findet sich im Paulitsch-Haus ein Keller, der zur Hälfte unter das Nachbarhaus reicht, womit unbeschadet der wechselnden Hausnummern der einwandfrei Beweis erbracht wird, daß das Vaterhaus des Räuberhauptmannes zumindest mit dem hinteren Gebäudeteil von Bräuhausgasse 19 ident ist. Vielleicht heißt M2 bald schon „Zum Krapfenbäck-Simmerl“?
So schließt sich also der Kreis hin zum Legendenwesen. Ist vielleicht wirklich etwas an der alten Redensart, man können seelenruhig den Wolschartwald passieren, wenn die St.Veiter Sonntags alle brav in der Kirche sitzen.
Walter Wohlfahrt in „St. Veit Kommunal“ Mai 2001
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