Die Geschichte eines Bürgermeisters von St. Veit

April 7, 2012 um 17:37 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen Kommentar
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 Dr. Franz Prettner, 1843-1915,  Advokat, Bürgermeister der Stadt St.Veit (1885-1891),  Abgeordneter zum Kärntner Landtag (1897-1900), ein Mensch wie Du und ich, oder vielleicht doch nicht?

 

Aus Gemäldereihe „Bürgermeister“ im Stadtmuseum (Richard Knaus)

Genaue Lebensdaten des in Klagenfurt geborenen Franz Prettner, Familie, seine Studienzeiten und ersten Berufsjahre sind weitgehend unerforscht. 1883 dürfte er jedenfalls schon einige Zeit Rechtsanwalt in St.Veit gewesen sein, denn in dieses Jahr fällt die Bekanntschaft mit einem Postfräulein, namens Helene Mitterdorfer. Zwei Jahre später war er schon  Bürgermeister und am 7. März des Jahres 1887 kaufte er von Aloisia Harrer die Häuser Lindengasse 2 und Spitalgasse 11 samt den dazwischen liegenden Gründen. Die Anwaltskanzlei wird so gut floriert haben, daß er sich 1879 einen Grabengarten in St.Veit und während der Zeit als Bürgermeister noch weitere Zukäufe erlauben konnte, so etwa 1887 einen Wald bei Hochosterwitz, oder 1888 das 81 Hektar große Gut Rosenbichel. Auch später war Dr. Prettner ein eifriger Käufer und zwar 1889 eines Waldes in Steinbichl, 1896 eines Grundes beim Pflegerl in Grasdorf, 1898 der Kowatschhube in Grafenbach mit 67 Hektar, 1902 und 1904 zwei Grundstücke in Steindorf am Ossiachersee. Immerhin hat er 1915 neben den Ländereien von zusammen 157 Hektar auch noch bedeutende Spar- und Barguthaben hinterlassen.

 Ein Menschenleben von seinem Ende her zu betrachten kommt der Wahrheit vermutlich  näher als eigene oder fremde Beurteilungen zeitlebens. Franz Prettner war nie verheiratet, lebte aber seit 1883 bis zu seinem Ende kinderlos mit vorgenannter „Helene von der Post“ in Lebensgemeinschaft. Korrekterweise nannte man so etwas damals Konkubinat, wogegen der Herr Stadtpfarrer, wenn auch nur im allgemeinen, sehr oft zu klagen hatte und sogar den Magistrat aufforderte, mehr dagegen zu tun….. Es war ja schließlich verboten, ohne Trauschein zusammenzuleben! Ein freisinniger Advokat sah die Dinge etwas anders. Er verfügte über Geld, Besitz und Unabhängigkeit und tat sich diesbezüglich etwas leichter. Daß er dabei aber doch auch mit seiner Umgebung da und dort in Konfrontation geriet, daß er sich nicht nur Freunde machte, verraten die vielen abgefaßten und wieder verworfenen Testamente, oft voll krauser Ideen. Helene als Universalerbin blieb zunächst nicht unumstritten. Er verfügte 1895 noch, daß als Nacherben nach ihr die Armen der Stadt St.Veit zu gelten hätten. Auch wurde von ihm das freie Grundstück in der Weitensfelder-Vorstadt zum öffentlichen Garten bestimmt und von dessen Betreten Beamte und Lehrer (!) ausgeschlossen. Für den Fall, daß die Stadt diese Bedingung nicht akzeptiere, bedenke er die Armen von Klagenfurt und Schaumboden. Auch waren in zwei Testamenten, datiert Rosenbichel 1905 und 1906, noch einmal das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder St.Veit ein andermal der Elisabethinnen-Konvent Klagenfurt zu Universalerben gemacht. Im Nachtrag von 1907 kam wieder Helene Mitterdorfer zur Eigenschaft als Universalerbin plus Fruchtgenuß in Rosenbichel. 1909 verfügte Prettner hinsichtlich Gut Rosenbichel, daß dieses an die Barmherzigen allein zu gehen hätte. Ein Testamentsnachtrag vom 25.10.1911 enthält nur eine einzige, aber recht bezeichnende Bestimmung. Demnach sollte bei seiner Verlaßabhandlung  k e i n  Notar zugezogen werden. Das wäre ein Novum gewesen, aber vielleicht hat er lange darunter gelitten, daß Rechtsanwälte nicht zu Todfallsaufnahmen berechtigt waren? 1912 kommt es in Rosenbichel zum wirklich letzten Testament, mit Helene M. als Universalerbin und mit dem Elisabethinnen Frauenkloster als Rechtsnachfolger. Für sein Begräbnis trifft Dr. Prettner folgende Anordnungen: in seinem Garten am Graben soll eine Gruft entstehen. Die dafür nötige Grundfläche und 20.000 Kronen vermachte er der Stadtpfarrkirche. Dies jedoch nur unter der Voraussetzung, einer wunschgemäßen Bestattung. 

Gott weiß, was Dr. Prettner noch gerne für letztwillige Verfügungen getroffen hätte, wäre er nicht am 16.8.1915 im Krankenhaus der Barmherzigen verstorben und noch am 5.7., also ein Monat vorher wegen Geistesstörung entmündigt worden. Kurator war sein Nachfolger als Advokat, Dr. Josef Dinkhauser.                                IX/2006

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