Juli 16, 2015 um 12:07 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen Kommentar
Schlagwörter: „God save the King“., Baracken, George und Harry, Hauptschule, Johann Meisinger, Kino Jäger, Militärlazarett, Sulzbach an der Saar, Thaler, Tiefflieger, Tommies, Vorführraum, Zeit-Bilder
Drei Zeit-Bilder sind es heute und dazu die Feststellung: „Wie schnell und wie sehr sich doch Zeiten und Verhältnisse ändern“
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Bild 1 zeigt im Foyer des alten Kino Jäger, Kasse, Garderobe, Aufgang in den Vorführraum, Zugänge in den Kinosaal und, bei genauem Hinsehen, noch das obligate Hitler-Bild an der Wand. Seit den fast täglich zu befürchtenden Luftangriffen gab es für Otto Normalverbraucher kein Kino mehr, höchstens Propaganda Filme und das Bild an der Wand. Ich glaube, weder das eine noch das andere ist das eine oder andere damals noch jemanden wirklich abgegangen.
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Bild 2 darf wohl erklärt werden. Dass es aus dem Vorführraum des Kino Jäger in St.Veit stammt und dass die zwei zum Film vorführen befähigten englischen Besatzungssoldaten George und Harry hießen, müssen Sie mir einfach glauben so wie das Datum dazu 14-8-45! Zu der Zeit waren Filme nur mehr für unsere Besatzer gedacht, außer einigen wenigen Privilegierten, die sich bei Dunkelheit und mit Wohlwollen der Billetteurin, damals nur Raumpflegerin, möglichst unauffällig hinein stahlen.
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Bild 3 ist noch schwieriger zu verstehen. Da muss noch mehr nachgeholfen werden. Zuerst Ort und Zeit. Bahnhofstraße, vor Park mit Sitzbank heute noch, anschließend – nicht mehr im Bild – die ehemalige Hauptschule. Zeit: Sommer 1945. Gesellschaft? Insassen und Betreuer des im Hauptschultrakt untergebrachten Lazarettes. Sechs deutsche Männer, drei Damen und ein englischer Arzt, alle unbekannt, bis auf zwei: das Fräulein mit den schicken Shorts ist die zu früh verstorbene Tochter von Schulwart Thaler. Der Mann rechts im Hintergrund ist Herr Johann Meisinger aus Sulzbach an der Saar. Warum ich den kenne? Weil er uns hungrigen Mäulern nicht nur einmal gutes englisches Weißbrot zugesteckt hat.
Warum habe ich den Schulwart Thaler und seine Tochter gekannt? Weil ich dort die 1., 2. und 4. Klasse Hauptschule besuchte. Und was war mit der dritten Klasse? Die ist relativ kurz ausgefallen, weil das Stammhaus in der Bahnhofstraße vorübergehend eben ein Militärlazarett war und die Baracken unter der evangelischen Kirche für uns erst einmal wintertauglich gemacht werden mussten. In sehr guter und angenehmer Erinnerung sind mir die braven englischen Lkw-Fahrer, die uns früh morgens abgeholt und nach Unterrichtsschluss wieder heim gebracht haben. Alle Flüche auf die Tommies, weil sie uns mit ihren Tieffliegern auf unserem Schulweg längs der Eisenbahn vor nicht langer Zeit arg bedroht haben, all diese Verwünschungen waren angesichts der neuen Hilfeleistung bald vergessen. Wenn dann vielleicht noch einer einmal zufällig Schokolade übrig hatte, dann konnte man schon zu schwärmen anfangen und zaghaft zu intonieren „God save the King“
August 21, 2011 um 17:49 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen Kommentar
Schlagwörter: Barbakane, Böller vom Kalvarienberg, Bürgerspital, Eisentratte, Erlgasse, Freiherr von Wucherer, Gasthaus Bothenwirt, Gasthaus zum Mondschein, Jakob Kobalter, Johann Mlinek, Kino Jäger, Klosterkirche, Mathias Grawein, Pueller-Hof, Pulverturm, Robitsch-Keusche, Schwarzfurter Kreuz, Trabantengarde, Waag, Weberitsch, Woschitzhaus

Aus Kataster von 1829
„Vom Eise befreit sind Glan und Bäche……“ Wir schreiben das Jahr 1871 und wir unternehmen an Hand der abgebildeten, zeitgleichen Karte einen Osterspaziergang. Das Villacher Tor steht zwar nicht mehr, wohl aber die enge und überbaute Barbakane davor, mit dem „Sporer-Gewölbe“. Schlosser, Kupferschmied sowie ein Lederer sind hier eng beisammen Hausherren Domenig-Gasse. Das Woschitzhaus (Mitte Oktoberplatz – demoliert) mit einer Spenglerei versperrt uns Aussicht und geraden Weg. Wir müssen uns entscheiden, gehen wir rechts der Waage und der ehemaligen Eisentratte zu, oder wenden wir uns nach Süd-Westen. Wir wollen letzteres und müssen zwischen zwei Möglichkeiten wählen, entweder rechts oder links am Bürgerspital vorbei. Rechts hätten wir die obere und neuere, links die untere, die ältere Ausfahrt. Wir bleiben am älteren Weg und stoßen auf das Weberitsch Haus. Der junge Sebastian soll uns führen! Vielleicht begegnen wir mit ihm dem einen oder anderen seiner guten Freunde, den Hantierern? Vater Weberitsch, Vizebürgermeister, Spitalmeister, Kommandant der Trabantengarde usw. betreibt eine gut gehende Backstube. Es duftet dementsprechend aus dem Hause. Hinten im Klostergarten des Mathias Grawein hat sich Freiherr von Wucherer eingemietet, ein berühmter Büchsenmeister, der sich allerdings für feineres Zubehör des Zeugschmiedes Tindl bedient.
Gerade als wir an der Klosterkirche vorbeikommen und links unten den Zeneggenhof erblicken, schlagen im Turm die Osterglocken an. Ihr Klang vereint sich bald mit dem schönen Geläute das von der Stadtpfarrkirche herüber tönt. In diesem Augenblick melden sich die ersten Böller vom Kalvarienberg. Johann Mlinek, Trattentischler (Waag Str.2), Pionier des St.Veiter Hopfenanbaus und Feuerwerker sendet seine unüberhörbaren Grüße. Selbst Wachmann Fenz, der uns ein kurzes Stück das Geleit gibt, wird von festlicher Stimmung erfaßt. Er verabschiedet sich, um die gefahrvolle Schießerei zu inspizieren. Bald sind die letzten Häuser hinter uns. Vorbei am Schwarzfurter Kreuz erreichen wir schließlich den Wendepunkt beim Reidenwirt, dem alten Räubernest des Krapfenbäck Simale. Dort zweigt die Straße nach Hörzendorf ab und dort werkt auch ein fleißiger Körbler. Die von ihm gepflanzten und genutzten Kopfweiden werden noch über hundert Jahre lang zu sehen sein. Am Rückweg erblicken wir hoch über uns auf grünen Hängen den Pueller-Hof und bald auch schon den zweiten Pulverturm. Genau zwischen demselben und dem Pueller stand der Pulverturm 1, bis er in die Luft flog. Beim Pulverturm 2 gibt es noch ein paar dazugehörige Nebengebäude, sonst aber kein einziges Haus. Es wäre viel zu gefährlich, dort zu wohnen. Dieser gefährliche Patron wird die Ausdehnung der Vorstadt noch lange hemmen.
Die Robitsch-Keusche (demoliert – heute Spar) sowie der Wirt Georg Weitzer ( Gasthaus und Kino Jäger) liegen dem Pulverturm am nächsten und ihre Bewohner sind die Mutigsten.
Ehe wir ab Brückenwirt eine einigermaßen geschlossene Verbauung vorfinden, enbietet uns und seinem jungen Freund Sebastian Meister Johann Tindl (heute Schlecker) im Vorübergehen seinen Gruß. Das Bürgerspital rechts, kommen wir zur Häuserzeile mit dem Gasthaus Zum Mondschein des Jakob Kobalter (Vill.Str.16), gerade erst von Josef Preschern abgekauft. Dieses Gasthaus hieß einmal „Zum Bothenwirt“, weil hier die aus Villach und Feldkirchen, aber auch aus Klagenfurt über Pörtschach am Berg gekommen Boten erwartet und gelabt worden sind. Auf engstem Raum folgen jetzt zwei weitere Wirtshäuser, das des Josef Huber (Vill.Str.8) und das Gasthaus „Zum grünen Baum“ von Karl und Therese Egger.
Von den insgesamt 58 Hausnummern der Villacher Vorstadt haben wir nicht einmal halb so viele gesehen. Die größere Zahl liegt in und um die Erlgasse. Doch das ist eine andere Geschichte. IV/2005
Juli 28, 2011 um 13:52 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen Kommentar
Schlagwörter: Anna Obersteiner, Dickmann, Dr. Arthur Lemisch, Feuerwehr, Florian Brunnen, Floriani-Altar, Franziska Rainer, Gewerkenhaus, Kino Jäger, Pfeilheim, Rauscher von Plaggowitz, St.Johann am Hohen Pressen, Stadtbrand 1829, Walter von der Vogelweide
Das Haus Hauptplatz Nr. 24 ist ein stattliches Gewerkenhaus mit einer schmucken Fassade. Es liegt genau gegenüber dem einstigen Kino Jäger. Den Brunnen dazwischen zierte lange Zeit der Hl. Florian, mächtiger Schutzpatron gegen Feuersgefahr. Wie undankbar sind doch die St.Veiter! Bald nachdem die alten Schindeldächer durch Hartdachung ersetzt waren und die örtliche Feuerwache ihre Schlagkraft immer mehr gesteigert hatte, wurde der Hl. Florian vom Brunnen genommen und in den Innenhof der Bezirkshauptmannschaft verbannt. Die heutige Brunnenfigur stellt keinen Heiligen, sondern den Minnesänger Walter von der Vogelweide dar. Gut, daß wir noch den Floriani-Altar in der Stadtpfarrkirche haben. Man kann ja doch nie wissen….. Übrigens, das große Altarbild mit dem Heiligen und Patron der Feuerwehr, zeigt ein beeindruckendes Detail, die Stadt in Flammen, was zu unserem Thema gut paßt. Das Haus am Platze beherbergt zur Zeit u.a. das „Bieradies“, war jedoch Jahrhunderte hindurch Wohnsitz vieler Gewerkengeschlechter. Von den Pfeilheim kam es an die Dickmann von Secherau und von den Rauscher von Steinberg an Anna Obersteiner, geborene Rauscher. Ab 1848 im Besitz von Franziska Rainer, ging das weit nach hinten reichende Anwesen 1891 direkt auf deren Enkel, Dr. Arthur Lemisch über. Eine Tafel erinnert daran, daß es sich sogar um das Geburtshaus des einstigen Landesverwesers von Kärnten handelt.
Diese Adresse hat auch in anderem Zusammenhang Geschichte gemacht und zwar als im Jahre 1829 St.Veit den letzten Stadtbrand sah. Ein Bericht darüber findet sich auf dem hinteren Einbanddeckel einer Pfarrmatrikel des Pfarramtes St.Johann am Hohen Pressen. Der Pfarrherr bemühte sich, das tragische Ereignis, welches sich am 10. Juni des genannten Jahres auf dem Hauptplatz zutrug, in nicht gerade bestem Latein, wie folgt zu schildern:
Am besagten Tage, ungefähr zur dritten Stunde am Nachmittag, brach in St.Veit ein furchtbares Feuer aus, welches die ganze Stadt mit Kirche und Vorstädten zerstörte. Zur nämlichen Tageszeit befand sich Herr Ernst Rauscher, Gewerke von Mosinz und Heft im St.Veiter Stadthaus des verwandten Mitgewerken Johann Rauscher von Plaggowitz. Plaggowitz liegt im Mosinzer Graben hinter Hüttenberg. Als bereits vom Feuersturm getriebene, brennende Schindel beim Fenster herein zu fliegen drohten, bemühte sich der Gast und eine Magd, Fenster und Holzjalousien noch rasch zu schließen. In diesem Moment stürzte die Feuermauer des Nachbarhause auf das Rauscher-Haus und durchschlug dessen Dach und Zimmer-Decke. Die zwei an den Fenstern, vom Luftdruck erfaßt, fielen vom zweiten Stock auf den Platz hinunter. Die Folgen waren schrecklich. Brüche an Händen und Beinen, gewiß auch innere Verletzungen waren beim damaligen Stande der Heilkunde leider zu viel und führen bald zum Tode. So schließt der Bericht des Herrn Pfarrers mit Erwähnung eines großen Leichenzuges für den mit 61 Jahren aus dem Leben abberufenen Ernst Rauscher. Eine unüberschaubare Menschenmenge nahm nebst namentlich genannten Pfarrherren aus Guttaring, Wieting, Lölling usw. daran teil. Noch heute kündet eine gußeiserne Grabplatte (siehe Foto!) vom Brande in der Stadt St.Veit und dem prominenten Opfer. Die Magd wird wohl ein eher einfaches Begräbnis irgendwo in oder um St.Veit gehabt haben. Ihr wird nicht weiter Erwähnung getan.
Walter Wohlfahrt in „Zentrum Kärnten“ X/2005