Dr. Arthur Lemisch (1865-1953) und seine Ahnen
August 8, 2011 um 16:04 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen KommentarSchlagwörter: Buzzi, Franziska Rainer, Goldhaubenfrauenverein, Pulcheria Milesi
Der Herr auf Schloss Köllnhof, er stand in Kärntens schwieriger Zeit an der Spitze des Landes, hat in seinen alten Tagen seine Herkunft noch gründlicher erforscht, als es andere um das Jahr 1938 herum üblicherweise taten. Die gesellschaftlichen Schichten aus denen seine väterlichen und mütterlichen Ahnen kamen, konnten unterschiedlicher nicht sein. Reichen die Wurzeln auf väterlicher Seite bald tief ins Kärntner Bauerntum, so sind seine Mutter, Großmutter usw. von ganz anderem Zuschnitt.
Dr. Lemisch war allemal stolz darauf, Bauernblut in seinen Adern zu haben. Seine politische Arbeit galt daher auch in erster Linie dem Landvolk, egal ob groß oder klein. So hat er auch in seinem Testament Wert darauf gelegt, dass man genau nach den von ihm gesammelten Daten, alle Eigentümer des Josel Hofes in Dellach am Friedhof von St. Peter ob Taggenbrunn auf einer Tafel verewigt. Die Tafel wurde von Steinmetzmeister Hans Bulfon geliefert. Es war ihr aber – man höre und staune – aus finanziellen Gründen kein langes Leben beschieden….
Die Väterseite führt zunächst unmittelbar zum Arzt Dr. Josef Lemisch. Dieser begabte Bauernbub, geboren 1826, durfte studieren, weil es ihm kein geringerer als Graf Egger von St. Georgen durch ein monatliches Stipendium von 15 bis 17 Gulden ermöglicht hat. Dazu sollte man folgendes in Erinnerung rufen. Es hat damals in Adelskreisen nicht wenige gegeben, die den Reformkaiser Josef II und dessen Bestrebungen, Bildungsmöglichkeiten breitesten Kreisen zu eröffnen, sehr unterstützten und es ebenso lebhaft bedauerten, dass so manches davon auf Druck aus Rom hinterher wieder zurückgenommen werden musste. Man kann annehmen, dass sich schon hier eine Kluft zwischen Intelligenz und Klerus aufgetan hat, die, wenn schon keine offene Gegnerschaft so doch eine nicht zu übersehende Reserve allem Religiösen gegenüber zur Folge hatte. Solches traf wohl mehr auf die Ehemänner als auf ihre Frauen zu. Der Köllnhofer hat ganz im Stillen dem gräflichen Beispiel nach Kräften nachzueifern getrachtet. So mancher mittellose aber hoch begabte Knabe wurde im geheimsten Einvernehmen zwischen dem Schlossherrn und den entsprechenden Schulleitern einer hoffnungsvollen Laufbahn zugeführt. Dr. Lemisch könnte sich auch am sogenannten „Bauernlegen“ beteiligt haben, ist eine unhaltbare Mähr.
Kommen wir zum Großvater. Es war dies Valentin Lemisch, Bauer vlg Josl in Dellach und dort geboren im Jahre 1793. Peter Lemisch, Bruder des oben genannten Arztes war Ortsschulratsobmann und Ausschuss des (Glantaler)Demokratenvereines. Darunter wird sich auch niemand mehr was vorstellen können? Diese sonst eher großbäuerliche Vereinigung wollte Demokratie für sich alleine, nicht auch für ihre Mägde und Knechte. Man richtete sich gegen selbst verspürte staatliche und kirchliche Bevormundung, nicht etwa gegen das Fehlen eines allgemeinen Wahlrechts.
Es fand sich sogar noch ein Ur-Großvater in der Person des Josef Lemisch (recte Leimisch), dieser 1739 noch in Baierdorf geboren und ein zweifacher Ur-Großvater namens Sebastian, ebenfalls in Baierdorf vlg Steinacher, der Urheimat aller Lemisch, 1704 geboren. Sebastian hat sich ungefähr um das Jahr 1750 in Dellach angekauft und schon Familie mitgebracht. Eine Verwandtschaft mit dem ältesten Lemisch vlg Wirt in Goggerwenig (recte Poggerwenig) ist ziemlich sicher, zumal man sich öfter als Trauzeuge wechselseitig zu Diensten stand.
Die Mütterseite unterscheidet sich, es wurde schon gesagt, wie Tag und Nacht von der der Väter. Der akademische Grad des Vaters erlaubte zwar, in St. Veit um die Hand von Franziska, geborene Rainer erfolgreich anzuhalten. Schwiegervater Josef Rainer hatte schon eine beispiellose Kariere hinter sich. Diese verlief vom Bauernbuben, über den abgesprungenen Priesterkandidaten zum Privatlehrer im Hause Millesi und schließlich über reichlich Protektion aus diesem Hause, zum anerkannten Beamten, heute würde man sagen zum Manager der Hüttenberger Eisenwerksgesellschaft AG. Der große Rainerhof in Klagenfurt trägt seinen Namen.
Die Großmutter des Arthur hieß Franziska Rainer, geborene Buzzi, und galt als Schutzherrin des Bürgerlichen Frauenvereines Goldhauben St. Veit. Bis hier her könnte man noch von Bürgerlichen sprechen, wäre nicht deren Mutter Pulcheria Buzzi eine geborene Millesi und damit von Adel gewesen. Den vornehmen Millesi hat es wenig gestört, die reiche Erbtochter Pulcheria des letzten Bauerngewerken Wolfgang Rauscher in der Mosinz zur Frau zu nehmen. Von Arthur Lemisch aus betrachtet war sie seine zweifache Urgroßmutter. Geld zu Geld fand sich scheinbar immer leicht, egal welchen Standes man war. Wenn dann noch die erbfähigen Söhne ausblieben und nur mehr schwere Erbtöchter vorhanden waren, dann kam es durch Heiraten leicht zu enormer Vermögensansammlung und dazu, dass eines schönen Tages ein Nachkomme mehr erbte als er jemals selbst schaffen oder erarbeiten konnte. Glücklicherweise hatte Dr. Arthur Lemisch Geschwister, so dass es zwischendurch auch wieder einmal zur Vermögensteilung kommen konnte. VIII/2010
Das Rauscher-Haus am Hauptplatz
Juli 28, 2011 um 13:52 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen KommentarSchlagwörter: Anna Obersteiner, Dickmann, Dr. Arthur Lemisch, Feuerwehr, Florian Brunnen, Floriani-Altar, Franziska Rainer, Gewerkenhaus, Kino Jäger, Pfeilheim, Rauscher von Plaggowitz, St.Johann am Hohen Pressen, Stadtbrand 1829, Walter von der Vogelweide
Das Haus Hauptplatz Nr. 24 ist ein stattliches Gewerkenhaus mit einer schmucken Fassade. Es liegt genau gegenüber dem einstigen Kino Jäger. Den Brunnen dazwischen zierte lange Zeit der Hl. Florian, mächtiger Schutzpatron gegen Feuersgefahr. Wie undankbar sind doch die St.Veiter! Bald nachdem die alten Schindeldächer durch Hartdachung ersetzt waren und die örtliche Feuerwache ihre Schlagkraft immer mehr gesteigert hatte, wurde der Hl. Florian vom Brunnen genommen und in den Innenhof der Bezirkshauptmannschaft verbannt. Die heutige Brunnenfigur stellt keinen Heiligen, sondern den Minnesänger Walter von der Vogelweide dar. Gut, daß wir noch den Floriani-Altar in der Stadtpfarrkirche haben. Man kann ja doch nie wissen….. Übrigens, das große Altarbild mit dem Heiligen und Patron der Feuerwehr, zeigt ein beeindruckendes Detail, die Stadt in Flammen, was zu unserem Thema gut paßt. Das Haus am Platze beherbergt zur Zeit u.a. das „Bieradies“, war jedoch Jahrhunderte hindurch Wohnsitz vieler Gewerkengeschlechter. Von den Pfeilheim kam es an die Dickmann von Secherau und von den Rauscher von Steinberg an Anna Obersteiner, geborene Rauscher. Ab 1848 im Besitz von Franziska Rainer, ging das weit nach hinten reichende Anwesen 1891 direkt auf deren Enkel, Dr. Arthur Lemisch über. Eine Tafel erinnert daran, daß es sich sogar um das Geburtshaus des einstigen Landesverwesers von Kärnten handelt.
Diese Adresse hat auch in anderem Zusammenhang Geschichte gemacht und zwar als im Jahre 1829 St.Veit den letzten Stadtbrand sah. Ein Bericht darüber findet sich auf dem hinteren Einbanddeckel einer Pfarrmatrikel des Pfarramtes St.Johann am Hohen Pressen. Der Pfarrherr bemühte sich, das tragische Ereignis, welches sich am 10. Juni des genannten Jahres auf dem Hauptplatz zutrug, in nicht gerade bestem Latein, wie folgt zu schildern:
Am besagten Tage, ungefähr zur dritten Stunde am Nachmittag, brach in St.Veit ein furchtbares Feuer aus, welches die ganze Stadt mit Kirche und Vorstädten zerstörte. Zur nämlichen Tageszeit befand sich Herr Ernst Rauscher, Gewerke von Mosinz und Heft im St.Veiter Stadthaus des verwandten Mitgewerken Johann Rauscher von Plaggowitz. Plaggowitz liegt im Mosinzer Graben hinter Hüttenberg. Als bereits vom Feuersturm getriebene, brennende Schindel beim Fenster herein zu fliegen drohten, bemühte sich der Gast und eine Magd, Fenster und Holzjalousien noch rasch zu schließen. In diesem Moment stürzte die Feuermauer des Nachbarhause auf das Rauscher-Haus und durchschlug dessen Dach und Zimmer-Decke. Die zwei an den Fenstern, vom Luftdruck erfaßt, fielen vom zweiten Stock auf den Platz hinunter. Die Folgen waren schrecklich. Brüche an Händen und Beinen, gewiß auch innere Verletzungen waren beim damaligen Stande der Heilkunde leider zu viel und führen bald zum Tode. So schließt der Bericht des Herrn Pfarrers mit Erwähnung eines großen Leichenzuges für den mit 61 Jahren aus dem Leben abberufenen Ernst Rauscher. Eine unüberschaubare Menschenmenge nahm nebst namentlich genannten Pfarrherren aus Guttaring, Wieting, Lölling usw. daran teil. Noch heute kündet eine gußeiserne Grabplatte (siehe Foto!) vom Brande in der Stadt St.Veit und dem prominenten Opfer. Die Magd wird wohl ein eher einfaches Begräbnis irgendwo in oder um St.Veit gehabt haben. Ihr wird nicht weiter Erwähnung getan.
Walter Wohlfahrt in „Zentrum Kärnten“ X/2005
Erstelle kostenlos eine Website oder ein Blog auf WordPress.com.
Entries und Kommentare feeds.