Friedhof-Besuch 2016
Dezember 20, 2016 um 18:03 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen KommentarSchlagwörter: 1. Bezirksarzt, 1934, Arthur Lemisch, Büchsenmacher, Chemische Werke Treibach, Chirurg, Deutsch- und Slawentum, Dr. Franz Krall, Dr. Josef Lemisch, Eisenbahn, Eisenbahner, Eisschießen, Familienschmuck, Franz Krall, Friedhof, Grenzübergang nach Bayern, Hass-Parolen, Kartenspiel, Kärntner Abwehrkampf, Kegeln, Kraigerberg, Krankenhaus Weiern, Lehrplätze, Leichenbestattungsverein, mündelsicher, Mittelsmänner, Nationalsozialist, Nazi, Pettau(Ptuj, Radikkalismen, Reisepass, Schwarz, Sornig, Spitalgasse, SS-Leute, Studium in Graz, Träher, Wahrheit, Weberitsch, Weltwirtschaftskrise, Wertverluste
Mein sorgenvoller Bericht zum vorjährigen Friedhof-Besuch wird Lesern vielleicht noch in Erinnerung sein. Was zu befürchten war, ist inzwischen leider eingetreten. Der schöne, alte Stein – von mir abgebildet – ist nicht mehr, die Grabstelle des „1. Bezirksarztes“ ist aufgelassen. Weil es sich dabei um eine einst recht angesehene Familie handelte, versippt mit den ersten Adressen St. Veits, sei hier eine kleine Reminiszenz versucht, die immerhin etwas von den Höhen und Tiefen der letzten zweihundert Jahre erkennen lassen sollte.
„Chirurg“ Franz Krall etwa 1800-1850 Von ihm und dass er aus Pettau/Ptuj, aus der ehemaligen Südsteiermark zugezogen ist, dann als „Chirurg“ (Wundarzt) 1832 in die Bader Familie mit Namen Träher, in der alten Mühlbacher Straße, einheiratete, war schon die Rede. Witwe Träher übergab das Haus alsbald dem Gatten ihrer Tochter Eleonore.
Dr. Franz Krall 1831-1885. Franz hieß auch er Sohn, dieser erblickte allerdings schon ein Jahr vor der Eheschließung das Licht der Welt! Mit 22 Jahren hatte er das Studium in Graz abgeschlossen. Der tüchtige junge Mann, Mediziner und Geburtshelfer nahm sich Maria Susanne Wahrheit, Tochter des bürgerlichen Fleischhauers Johann Wahrheit (1816-1888) zur Frau. Finanziell gesichert eröffnete Krall in St. Veit seine Praxis, wo übrigens auch der Mediziner Josef Lemisch (1826-1886), Vater von Dr. Arthur Lemisch, zeitgleich tätig war. Als Vater Krall 1885 all zu früh starb und Sohn Franz das Vaterhaus übernahm, war er im 34. Lebensjahr. Mit der um 23 Jahre jüngeren Ehefrau Maria Susanne hatte er neun Kinder, wovon nur Sohn
Robert 1874-1948 und Tochter Pauline 1884-1968, verehelichte Jost, über das Kindesalter hinaus kamen. Robert und Paula scheinen in der Besitznachfolge dann nicht mehr auf, auch nicht deren Mutter! Schon 1886 wird das Haus, heute Spitalgasse 8, an Anton Sornig verkauft. Hat Maria Susanne, mit 32 Jahren Witwe geworden, noch einmal geheiratet? Die zwei unmündigen Kinder machten reiches Erbe, zunächst von Vaters und später bestimmt auch von Mutters Seite. Ob sie mit einem Stiefvater oder bei einer Großmutter aufwuchsen, ist nicht bekannt? Was auffällt, ist die Tatsache, dass Ehefrau Maria Susanne, am Grabstein des Dr. Franz Krall nicht vorgekommen ist. Die „Wahrheiten“ zählten damals zu den Reichsten in der Stadt. Sie waren seit Generationen nicht allein als Fleischhauer, auch und insbesondere als Geldverleiher und Grundstücksspekulanten äußerst erfolgreich. Wahrheit-Töchter (-Witwen?) waren dementsprechend höchst begehrt. Von Roberts Nachkommen, zwei Söhne und eine Tochter, lernte ich
Ekkehard 1916-2001 persönlich kennen als er sich schon sehr schwer tat, sein Wochen-End-Haus in Eggen am Kraigerberg wie gewohnt selbst zu pflegen. 2001 musste er dann im Krankenhaus Weiern/Feldkirchen Aufenthalt nehmen, da gab er mir am 13. April ein letztes Interview.
Es interessierte mich vor allem, wie geschehen konnte, dass ein Jüngling, noch während der Lehrzeit beim Büchsenmacher Schwarz zum radikalen und überaktiven Nationalsozialisten wurde. Immerhin war mir bekannt, dass er in frühen Jahren an vielen einschlägigen und staatsfeindlichen Aktionen der Nazis, bis hin zum Hochverrat beteiligt war. Die Fragen kreisten darum erst einmal um Vater Robert und seinen möglichen Einfluss. Über eine fixe Beschäftigung des Vaters vermochte Ekkehard nur wenig zu sagen, so viel aber mit Gewissheit: Die Hinterlassenschaft des Großvaters betrug im Jahre 1885 sage und schreibe 180.000 Goldkronen. Man hätte sich dafür fünf Bauernhuben kaufen können. Wegen Minderjährigkeit der Erben (damals war man erst mit 24 eigenberechtigt!) wurde „mündelsicher“ in Wertpapieren angelegt, von Dr. Spöck und von einem zweiten Rechtsanwalt, nicht ohne separate Kosten gerichtlich verwaltet. Vater Robert und Tante Pauline, die spätere Handarbeits-Lehrerin, lebten ganz gut von den Erträgnissen der Papiere, dies aber nicht sehr lange. Sie stritten viel und gerne miteinander und konnten sich nie auf eine sinnvolle Änderung in der Geldanlage einigen. Als es zum Weltkrieg kam und Vater Robert einrücken musste, war es dafür bereits zu spät. Nach Heimkehr nahm Robert Krall am Kärntner Abwehrkampf teil. Die familiäre Einstellung zu Deutsch- und Slawentum dürfte von Pettau her bestimmt gewesen sein. Eine Beschäftigung als Angestellter bei den Chemischen Werken in Treibach endete für Robert 1928 im Zuge der Weltwirtschaftskrise. Robert dürfte also auch über eine entsprechende Schulausbildung verfügt haben. Er hätte angeblich auch bei der Eisenbahn Aussichten gehabt. Mutter war sehr dafür, Vater zögerte zu lange „wegen der Wahrheit Verwandtschaft“.
Das wirft jetzt ein bezeichnendes Licht auf den Spalt, in der St. Veiter Gesellschaft jener Zeit. Auf der einen Seite die stolzen, arbeitsamen, meist hart arbeitenden aber wenig verdienenden Bürger, auf der anderen Seite die selbstbewussten, scheinbar über zu viel Freizeit verfügenden, regelmäßige Einkünfte beziehenden, früh pensionierten Eisenbahner. In St. Veit waren höhere Eisenbahn Beamte gerade noch akzeptiert. Ansonsten blieb man lieber unter sich. Jede Gruppe hatte ihre eigene politische Ausrichtung ihre eigenen Vergnügungen, Lokale und Vereine, bis hin zum Eisenbahner Leichenbestattungsverein. Zur Beliebtheit dieser meist Neuzugezogenen in bürgerlichen Kreisen, so weit es nicht der geschäftliche Nutzen gebot, lese man nach bei Sebastian Weberitsch! Dass vor und nach der Jahrhundertwende Gasthäuser und Kegelbahnen immer zahlreicher wurden, hat eindeutig mit dem Spielbedürfnis (Kegeln, Kartenspiel, Eisschießen) der Eisenbahner zu tun.
Noch einmal zurück zu unserem „getreuen“ Ekkehard. Um ihm oder seinem älteren Bruder Fritz 1913-1933, Lehrplätze zu sichern – das Lehrgeld allein bei Schwarz belief sich auf 600 Schilling – wurde der letzte Familienschmuck in Klagenfurt versetzt. Auch der Schwester Paulines Lehrer-Ausbildung war nur so zu finanzieren. 1934 hatte Ekkehard ausgelernt und war als Geselle, wie so oft in solchen Fällen, dem Meister einfach zu teuer. Er konnte nicht weiterbeschäftigt werden. Deshalb bemühte er sich nach eigenen Worten, eine Stelle als Büchsenmacher in Deutschland zu finden! Ein Reisepass dorthin war aber nicht zu bekommen. Ob er deshalb bald danach, oder wie er meinte erst 1937 über die Grüne Grenze nach Deutschland ging oder ob ihn doch schon die Ereignisse von 1934 zum Untertauchen gezwungen haben? Ein alter Freund des Ekkehard erzählte mir, ihn 1938 als SS-Mann lungenkrank in einem Wiener Krankenhaus persönlich besucht zu haben. Das muss stimmen. In Ekkehards eigener Erinnerung sei er aber erst 1937 mit der Bahn nach Salzburg gefahren, wo ihn zusammen mit einigen zwanzig anderen der illegale Grenzübergang nach Bayern durch Mittelsmänner ermöglicht wurde. Es ging für ihn bei tief winterlichen Bedingungen über die Saalach, bei welcher Gelegenheit er sich eine Lungen TBC geholt haben könnte. Auf der anderen Seite wurde man schon erwartet, behelfsmäßig versorgt, auf Strohlager gebettet und dann ehestens auf Lkw nach München gebracht. Bald schon sei es zur Vereidigung und Aufnahme in die SS-Division „Der Führer“ gekommen. Die Zeitspanne für Erkrankung, Einkleidung, Ausbildung, Vereidigung usw. und alles zwischen 1937 und Frühjahr 1938 scheint viel zu kurz. Ekkehard müsste also wohl schon früher über die Grenze gegangen sein. Nach dem Anschluss 1942 wieder in der Heimat kam es zur Verehelichung mit Leopoldine Smoditsch und zur Familiengründung. Das Talent zum Untertauchen ist ihm scheinbar geblieben. Auch 1945 blieb er nämlich für die Besatzer unauffindbar. Genau so, wie 1934 für die österreichische Justiz. Während andere SS-Leute mit Kriegsende in Internierungslager wanderten, entzog er sich erfolgreich jeder Verfolgung. So weilte er Monate und Jahre mit falscher Identität unbehelligt in einem der hintersten Gräben um Hüttenberg. Seine geheimen Besuche bei der jungen Ehefrau blieben natürlich nicht ohne Folgen. Diese zwangen seine Frau zu einer Notlüge. Als die Ordnungshüter von damals die junge Wöchnerin bedrängten, den Aufenthaltsort des Mannes nun endlich bekannt zu geben, wo doch ihre Niederkunft alles offenbare, war ihre Antwort „Es gibt ja auch andere Männer“!
Wenn jetzt klar zu Tage tritt, dass nichts anderes als Kriegszeiten, Wertverluste, mangelnde Einkünfte und Lebenschancen, in diesem Falle wohl auch eine gewisse Familientradition zur Anfälligkeit für Hass-Parolen und schließlich zu Radikalismen geführt haben, dann fragt man sich doch, hat denn die Welt seither nichts dazu gelernt?
Vom Hause Klagenfurter Straße 26
August 10, 2012 um 10:26 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen KommentarSchlagwörter: "Burger-Meister", "Landschaft", "Schönbrunner Stöckl", Alois Petautschnig, aus Gmünd, Bahnhof Glandorf, Eisenbahner, Erich Kraschnig, Eschenauer, Fritz Knapp, Gewölbe, Kaiser, Karl Wittek Pianist, Kesselbier, Löschnig, Lehofer, Reichsstraße, Ringmauer, Sparkassendirektor, StadtBlattl, Stadtbrand 1676, Stagnation, Steinbier, Tabakpfeife, Wehrgänge
Nach langewährender, beängstigender Stagnation scheint sich in der Klagenfurter Straße wieder Erfreuliches zu tun. In den schönsten Zeiten, da man noch an der „Reichsstraße“ lag , wo dann später Eisenbahner aus allen Ländern der Monarchie Wohnungen und Unterkünfte suchten, der Schnellzug-Bahnhof in Glandorf und die Haltestelle St. Veit (Güterbahnhof) viel fahrendes Volk und starken Fuhrwerksbetrieb anzog, ja da waren Geschäfte und Gasthöfe hier Gold wert, die bauliche Entwicklung in der ganzen Vorstadt lebhaft. Erst allmählich wurde es stiller und stiller. Nicht nur die Eisenbahner und Zugfahrer wurden weniger auch der zunehmende Auto- und Individual-Verkehr schadeten, von der notwendig gewordenen Umfahrung der Stadt ganz zu schweigen. Handel und Gewerbe zogen aus. In der Gegend ein Haus oder ein Geschäft zu haben, war infolge dessen nicht mehr die wahre Freude.
Inzwischen schöpft man da und dort wieder neue Hoffnung. Das ehemalige Meisterl-Haus ist nett herausgeputzt und neu besetzt. Gleich daran anschließend gibt es seit wenigen Tagen einen „Burger-Meister“, das Prinzhofer-Haus ist eingerüstet und erwartet wohl ebenfalls eine Verschönerung. Belebung ist im Steirerhof angesagt. Wenn dieser Artikel erscheint, rinnt vielleicht schon frisches „Wimitzer“ in durstige Kehlen. Die unschöne, große Lücke von einst füllt ein moderner Wohnblock. An dieser Straßenseite ist zum Unterschied von der gegenüberliegenden fast kein Wunsch mehr offen. Wunderbar!
Über Meisterl und Steirerhof wurde schon berichtet. Heute schauen wir uns das 26er Haus näher an. Dem Biermachen und -ausschenken begegnet man hier 1770 zum ersten Mal. Kurioserweise ist es zuerst ein Simon Hochhatler „hier geboren“ während man 60 Jahre später den Braumeister Peter Hattler „aus Gmünd“ als Hausherrn antrifft, beides laut Bürgerbuch. Noch so mancher Hausherr liebte es, Bier zu brauen, sie heißen der Reihe nach Lebmacher, Regenfelder und Hafner, letztere Familie von 1886 bis 1927 für mindestens drei Generationen. Die alte Berechtigung, Steinbier zu machen, wird 1812 infolge Gubernial-Dekret aus Laibach in eine Kesselbier-Gerechtsame umgestaltet. Das bedeutete erstens, eine wesentliche Qualitätsverbesserung und zweitens, dass nicht länger nur in der Bräuhausgasse gutes Kesselbier geboten wurde. Richard Löschnig kaufte das Haus 1927 von Hermann Hafner, er war wohl Wirt aber sicher nicht länger Bierbrauer. Auf Löschnig folgten Ehefrau Franziska, geborene Eschenauer und Tochter Franziska, verehelichte Lehofer zu gleichen Teilen. Das fünfachsige Haus geht über zwei Geschoße und ist ungefähr zur Hälfte unterkellert. Durch Zumauern des ehemaligen Mitteleinganges mit Hofeinfahrt hat man – unbekannt wann – die Hausfassade unvorteilhaft verändert. Mit dem „Burger-Meister“ ist der Anfang einmal gemacht. Die schönen Gewölbe des hinteren Gastraumes lassen erahnen, wie die anderen, noch nicht in Angriff genommenen Gebäudeteile beschaffen sind. Man will vorsichtig und schrittweise zu Werke gehen und auch die restlichen Gewölbe, einst der beste Feuerschutz, zu voller Wirkung kommen lassen.
Bei dieser Gelegenheit kann man ein wichtiges Detail der Stadtgeschichte festhalten: Der Stadtbrand vom 13. Juli 1676 wütete in der Klagenfurter Vorstadt besonders arg. Gute eintausend Gulden betrug die Teil-Entschädigung der Opfer, aufgebracht zur Hälfte vom Kaiser in Wien, zur anderen Hälfte von der „Landschaft“ sprich Ständische Landesregierung, in Klagenfurt. Weil dabei aber auch die Schuldfrage angeschnitten worden ist, hört man von einem Zimmermann, der bei Ausbesserung der Bedachung der Ringmauer sträflicherweise seine noch glosende Tabakpfeife auf einem morschen Balken ausgeklopft hat! Von dort hat nachweislich der Stadtbrand seinen Ausgang genommen. Das ist deshalb interessant, weil man jetzt mit Bestimmtheit sagen kann, dass die Stadtmauern und wohl auch die Wehrgänge noch eine gute Zeit über dieses Jahr hinaus in Schuss gehalten worden sind. Der Bericht darüber wird nur zwei Häuser weiter von einer sehr lieben Dame aufbewahrt…..
Nachtrag von Leser Alois Petautschnig:
Nach 1945 befand sich in diesem Hause links das sog. „Schönbrunner Stöckl“ eines gewissen Karl (Maria) Wittek. Letzterer war Pianist und wohnte am Hauptplatz 20 – Mieter hier wie dort. Hauptplatz 20 gehörte dem Sparkassendirektor Erich Kraschnig, Höhenstraße 19. Auf einer Wand des Lokals war ein Motiv von Schönbrunn zu sehen.
Walter Wohlfahrt in StadtBlattl von Fritz Knapp – Juni 2012
Gendarmen auf Wanderschaft
Juni 5, 2012 um 16:20 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen KommentarSchlagwörter: "Konzentrationslager Wolfsberg", Arbeiterkammer, Bahnbau, Bezirks-Gendarmerie-Kommando, Bezirksverwaltungsbehörde, Bomben-Volltreffer, Bundesschatz, Dragoner, Eisenbahner, Feistritz, Flüchtling, Gendarmerie, Gewerkschaft, Hausbesitzerverein, Heimatschutzbund, Hohenstein, Hotel Stern, Husaren, Internierungslager, Jubiläumsjahr, Kommunalverein, Kraig, Kriegseintritt Italiens, Kriegsgefangene, Kuttnig Haus, Launsdorf, Leo Biresky, Mietrecht, Mietverträge, Parteienverbote, Pulst, Radelsdorf, Republikanischer Schutzbund, Sicherheits Wache, Tanzenberg, Wolscharträuber
Seit Einführung der Gendarmerie in unserer Stadt, also seit 1850 sind die St. Veiter Gendarmen schon mindestens zehnmal umgezogen. Im Schnitt musste alle 15 Jahre der Standort wechseln. Die letzte Adresse, Platz am Graben 1 sollte für die Gesetzeshüter und die für die öffentliche Sicherheit Zuständigen vielleicht wohl eine längere Bleibestätte sein.
Die Einführung der Gendarmerie im alten Österreich des Jahres 1850 hatte den Zweck, allen künftigen politischen und sonstigen Unruhen nach den Ereignissen von 1848/49 vorzubeugen. Der Chronist irrt, wenn er meint, es sei die Antwort auf die zuvor von den Wolscharträubern ausgegangene Verunsicherung der Landbevölkerung. Die Obrigkeit konnte wohl vorübergehend auf die neu geschaffenen Bezirksverwaltungsbehörden, keinesfalls jedoch auf die Gendarmen verzichten. Viel zu frisch waren noch die Erinnerungen an die vorangegangenen Aufstände innerhalb und außerhalb des Reiches. Die Zuständigkeit der Gendarmerie erstreckte sich ursprünglich auf den gesamten Gerichtsbezirk St. Veit. Erst viel später kam es zur Schaffung weiterer Kommanden und zwar 1.2.1891 Kraig, 1.1.1902 Launsdorf und 1.8.1911 Feistritz-Pulst (Radelsdorf). Von 1850 bis 1860 soll der Gendarmerieposten die Adresse Klagenfurter Vorstadt 26 (heute Klagenfurter Straße 49. Die Nachschau im Landesarchiv, Landtafel Tom XXII Folio 408 ergab, dass es sich dabei um die einstige Wasserleitkeusche, ganz alte Hausnummer 238 handelte und dass darauf tatsächlich ein Bestandsrecht, d.h. ein Mietrecht zu Gunsten des k.k. Aerars gemäß Vertrag vom 30.6.1854 verbüchert war. Die diesbezügliche Löschung stammt aus dem Jahr 1861. Weil die folgenden Mietverträge selten grundbücherlich sichergestellt erscheinen, wird man über deren Umfang und Lage der Räume meist nicht unterrichtet. 1860 rückte man der Stadt etwas näher um dann 6 Jahre im Rainerhaus, Klagenfurter Vorstadt 37, später Klagenfurter Straße 21 untergebracht zu sein. Ab 1866 ist man für einige Jahre am Oberen Platz. Haus Nr. 9 (Vermieter von 1860 bis 1879 war Johann Götz) und Haus Nr. 13 (Vermieter bis 1905 war die Familie Feistl) tragen heute noch die gleichen Hausnummern. Jetzt entdeckt man in der Gendarmerie-Chronik erstmals amtlich, dass im nahen Glandorf zunächst Jäger, dann Dragoner und schließlich Husaren stationiert waren und dass es dort einen Exerzierplatz gegeben hat. Mit der Kriegserklärung an Rußland, 5.8.1914 zog das Militär von St. Veit fort um nie mehr wiederzukehren.
Zuvor schon kam es zu neuerlicher Übersiedlung des Postens in die Villacher Vorstadt Nr. 64 in das Haus von Frau Albine Lippitz (heute Sonnwendgasse 2), wo man von 1905 bis 1917 blieb. In diese bewegte Zeit fällt eine ganze Reihe bemerkenswerter Ereignisse: 1906 nahmen angeblich zwei Parteien, nämlich der Hausbesitzerverein, ein Zusammenschluss der Konservativen und als Gegenstück der Kommunalverein (klingt fast schon nach Kommunisten) ihre politische Tätigkeit in St. Veit auf. 1910 bis 1912 drückte der Bahnbau Launsdorf-Goggerwenig-St.Veit mit seinen rund 1.200 Beschäftigten aus aller Herren Länder, dem Stadtleben seinen Stempel auf. Der Gendarmeriepost war deshalb vorübergehend um zwei Mann zu verstärken. Lebhaft bedauert unser Chronist, dass der erhoffte Segen des Bahnbaues und die folgenden Anstrengungen der Stadt, sowie die großen Bemühungen des örtlichen Verschönerungsvereines um eine Belebung des Fremdenverkehrs durch den Kriegsausbruch mit einem Schlag zunichte gemacht wurden. Gallizien wurde von den Russen überlaufen, was zu einer Flüchtlingswelle unerhörten Ausmaßes führte und so trafen auch in St.Veit schon am 21.9.1914 per Güterzug 432 heimatlos gewordene Menschen ein, darunter ein Geistlicher namens Leo Biresky. Er dürfte mit der Behandlung seiner Schutzbefohlenen nicht zufrieden und vielleicht gar in Äußerungen hinsichtlich einer politischen Verantwortung etwas unvorsichtig gewesen sein. Kurzum, wegen Störung der öffentlichen Ruhe wurde er am 21.10. verhaftet. Über sein weiteres Schicksal herrscht amtliches Stillschweigen. Am 11.11.1914 erfolgte jedenfalls der Weitertransport aller Flüchtlinge in das „Konzentrationslager Wolfsberg“. Noch manch andere Arbeit wartete in diesen bedrängten Tagen auf unsere Gendarmen. Schon am 20.3.1915 kamen die ersten 200 russischen Kriegsgefangenen hier an und wurden in Hohenstein bei Pulst interniert. Mit dem Kriegseintritt Italiens gegen Österreich ergeht an die Gendarmen der Befehl, alle sogenannten „Reichsitaliener“ – und deren gibt es nicht wenige – der Bezirkshauptmannschaft vorzuführen. Diese wurden in der Folge vom Kleinkind bis zum Opapa um sie der nahe gerückten Feindgrenze fernzuhalten in Internierungslager bei Leibnitz und gar bis Burgenland abgeschoben, weil man in ihnen ein Sicherheitsrisiko zu erblicken glaubte.
Noch 1917, ein Jahr vor Kriegsende müssen die Gendarmen wieder packen und umziehen. Es geht ins Haus Villacher Vorstadt 63, seit 1929 Landstraße 8, heute Ossiacher Straße 11 bezeichnet, kurz ins Kuttnig Haus. Einem verbücherten Mietvertrag 1934 ist zu entnehmen, dass die zwei einfenstrigen Zimmer im 2. Stock, eine Holzlage, sowie die Mitbenützung von Abort und Wasserleitung den Mietgegenstand bildeten. Von hier aus tragen die Gendarmeriebeamten zusammen mit der Städtischen Sicherheits Wache Sorge dafür, dass die aufs äußerste beunruhigte Stadtbevölkerung vor den zwölf Tage lang rückflutenden Militärs so gut wie möglich beschützt sei. In Kärntens schwerster Zeit, genau vom 1.10.1919 bis 30.5.1920 beherbergt Hotel Stern in St. Veit sogar das Landes-Gendarmeriekommando, welches von hier nach Tanzenberg und erst am 25.10.1920 wieder nach Klagenfurt verlegt wird. Unter 1921 ist sowohl die Bildung des Heimatschutzbundes in St. Veit, Hörzendorf, St. Donat und Obermühlbach wie auch jene des Republikanischen Schutzbundes St. Veit vermerkt. Hier Grund- und Hausbesitzer, Bauernsöhne, Handwerksmeister, Angestellte, Beamte dort Fabriksarbeiter und vorallem Eisenbahner. Sehen die einen ihr Land, ihr Hab und Gut von außen wie von innen bedroht, so sorgen sich die anderen mehr ums Überleben der jungen Republik und um Fortbestand ihrer neuen politischen, arbeiterfreundlichen Errungenschaften. Waren die bisherigen Anforderungen an die Gendarmen nicht schon groß genug, die stärksten Herausforderungen stehen ihnen mit der Zuspitzung der innenpolitischen Verhältnisse aber noch ins Haus! Bürgerkriegsartige Zustände, Machtwechsel und Parteienverbote bis hin zu hochverräterischen Gewalttaten, all dies trug sicher nicht dazu bei, den Gendarmen einen nur halbwegs erträglichen Dienst-Alltag zu gestatten. Die hochdramatischen Geschehnisse von 1934 liegen noch keine drei Jahre zurück, da zog die Gendarmerie schon wieder um. Das Eckhaus Klagenfurter Straße 45 gehörte seit 1923 dem Verein „Arbeiterheim St. Veit“ und beherbergte Arbeiterkammer, Partei- und Gewerkschafts-Diensstellen. Dem schon angesprochenen Parteienverboten folgt für die Sozialisten alsbald der Vermögensverlust und so stand ab 1936 der „Österreichische Bundesschatz“, wenn auch als unrechtmässiger, jedenfalls als neuer Eigentümer fest. Hier wurde 1937 die Gendarmerie einquartiert und verblieb bis zum 28.2.1945, als ein Bomben-Volltreffer die neuerliche Umsiedlung erzwang. Bis 1947 dienten provisorisch freigemachte Räume im Bezirksgericht als Postenkommando. Das war natürlich eine Notlösung. Deshalb mietete man sich von 1947 bis 1960 im Hause Meisterl, Klagenfurter Straße 24 ein, von wo man dann gemeinsam mit dem Bezirks-Gendarmerie-Kommando ins Erdgeschoß des Buwog-Neubaues in der Friesacher Straße 17 umzog. Haus und Unterkunft waren damals noch von der Friesacherstraße her zugänglich, welch letztere bis zum Jahre 1983 diente.
Der Standort, Platz am Graben 1 wird voraussichtlich weit über das Jubiläumsjahr 2000 hinaus gelten und es bleibt zu hoffen und zu wünschen, dass den Gendarmen von nun an ein seßhafteres und friedvolleres Dasein bescheiden sein möge.
Walter Wohlfahrt in St.Veit Kommunal 1998 (umredigiert 2012)
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