Bildbeschreibungen

Juli 3, 2016 um 19:35 | Veröffentlicht in St.Veit | 1 Kommentar
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  1. Gruß aus St. Veit a/d Glan

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Diese Karte wurde  1877 geschrieben. Der Text lautet „Papa und ich kommen am Montag nach Klagenfurt, ich glaub Du hast nachmittag frei. Herzliche Grüße von uns Mama.

Der Hintergrund der Kartensendung vom 4.11.1877 ist der, dass der Sohn von Bürgermeister (1890-1912) Dr. Johann Spöck, Notar in St. Veit in Klagenfurt die Mittelschule besuchte und dort einen Kostplatz hatte. Dieser Student ist der Sammler vieler Ansichtskarten von St. Veit und Umgebung, die heute noch im Besitz der Nachkommen bewahrt werden. Der „Gruß aus St. Veit“ zeigt oben links die Buchbinderei Schneeberger mit Durchblick auf das Hauptportal der Stadtpfarrkirche, darunter eine Totale über den Haupt-Platz von Südwest nach Nordost. Oben rechts eine Totalansicht über die Klagenfurter Vorstadt, Stadt und bis weit hinauf gegen Obermühlbach. Man beachte dabei das Vorherrschen großer Hopfen-Anpflanzungen. (Das heißt auch, dass Hopfen sowohl exportiert als auch in der städtischen Bierproduktion Verwendung fand) Rechts daneben ein kleiner Einschub mit Pestsäule. Geteilte Ansichtskarten, noch dazu in Farbe, waren damals nicht billig. Für weniger bekannte Orte gab es solche nur in schwarz/weiß. Der Verlag in Wien-Leopoldstadt  hieß Karl Schwiedernoch.

2. Gruß aus St. Veit

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Wieder handelt es sich um eine geteilte Karte vom selben Verlag in Wien mit gleicher Beschriftung auf der Bildseite, weil der Platz vorne allein für Adressierung verwendet werden durfte. Zu sehen sind diesmal links oben das (Kronprinz) Rudolf Spital der Barmherzigen Brüder. Rechts eine Totale über die Stadt von Westen her. Dabei steht der Anfang des Volksschul-Baues schon sehr deutlich da. Linke Ecke unten, mit Hochosterwitz insofern beachtenswert, weil das Vorwerk am Fuße des Schlosshügels noch gut erhalten ist. In der Mitte der Karte eine idyllische Ansicht des „Mineralbades Vitusquelle“  Der geschriebene Text lautet „Klagenfurt 18.10.1897 mit Fahrrad“

 

3. Gruß aus St. Veit a/d Glan

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Geteilte Karte, schlecht gezeichnet, grau in grau, Verlag E M Hamburger Wien, zwölf Unterschriften mit Datum 20.10.97 – erkennbar nur die Unterschrift von Dr. Domenig. Die Totale über die Stadt von Westen her ist nur schematisch einigermaßen brauchbar, Hintergrund wurde vernachlässigt. Burg Hochosterwitz mit stark überhöhtem Kirchturm (!), Mineralbad Vitusquelle mit Edelweiß !!? Platz von West nach Ost einigermaßen gelungen.

4. Gruß aus St. Veit a.d. Glan

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zeigt eine Dame mit Fahne, unterhalb der Fahne eine schlechte Stadtansicht von Westen her aufgenommen. Bezeichnung 13.7.1906 „A.Schorn“ !! Das war dann wohl schon der Tabak Hauptverleger?

5. Gruss  aus St. Veit a/d Glan

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Gute Fotos vom Hauptplatz und dem Unteren Platz, datiert 24.4.902 vom Verlag Alois Ginhart St. Veit. Alois Ginhart führte am U.Platz, neben der Bären Apotheke einen gut gehenden Gemischtwaren Laden. Die alte hölzerne Auslage gibt es heute noch, nicht mehr jedoch das Geschäft.

Dazu ein Auszug aus Krämer-Seelen und Kreuzer-Fuxer?Glantalergeschichten (11) erschienen in Kärntner Landsmannschaft.

„Sogar den Inhalt der Auslage hat man anlässlich einer Schätzung von 1911 sehr penibel verzeichnet. Auf diese Weise erfahren wir schon von außen, was uns in den großen und kleineren Stellagen, auf und in der Hauptpudel, an den Wänden und am Plafond des Verkaufslokales, in dessen Kellern, Vorhäusern und Magazinen bis hinauf unter das Dach so an Güter- und Warengruppen erwartet. 790 Positionen im Werte von 23.000 Kronen sind es im Hauptgeschäft, damals Haus Nr.68, 144 Posten zu 750 Kronen im Nebenbetrieb Villacher Vorstadt Nr.16 – heute Brückenwirt.

In der Auslage links I fanden sich Taschen, Hemden, Leiberl, Deckerl und Rucksäcke – in Auslage links II, Blaudruckstoffe, Schuhe und Schirme – in der großen Auslage rechts vom Eingang, 10 Kleiderstoffreste, Barchente sowie, der Jahreszeit gemäß (denn es war schon im Oktober des Jahres 1911) Kalender und Schulbücher – in der kleinen Auslage rechts, Knabenanzüge und Filzschuhe – beim Eingang links, Hemden und Strümpfe. Zum Sortiment gehörten auch, meist unverpackte Lebensmittel, doch ohne besondere Eignung für die Auslage.

Im Geschäft selbst lagen neben und übereinander, obzwar in guter, übersichtlicher Ordnung – die Reihung in der Inventur ist eher zufällig – Tee, Schuhpaste, Schultaschen, Ansichtskarten, Schreibrequisiten, Toilettseife, Geldtascherl, Krawatten, Schokoladen, Taschentücher, Kinderhauben, Handschuhe, Hosenträger, Krägen, Garne, Manschetten, Schuhbänder, Wolle, Knöpfe, Riemen, Balsam, Trikotwäsche, Tücher, Bodenlappen, Waschmaschinen (für den „Handbetrieb“!), Kleiderbürsten, Arbeiterwäsche, Pippen für Fässer, Arbeiterhemden, 15 Laib Brot, 30 Hüte Zucker, diverse Nachtlichter (Strom gab es erst ab 1912), Vitriol zu Baumschutz und Schädlingsbekämpfung, Aloe, Wurzen, Weinstein, Kolofonium zum Sauhaar´n, Leinsamen als Hausmittel für Magen- und Darmbeschwerden, Borax vielleicht schon als Putzmittel, Korke, Kreide, Kletzen, Schellack zur Versiegelung von Briefen oder Flaschen, Federweiß das bewährte Gleitmittel für Tanzböden, Kalmus, Antimon vielleicht für Heilzwecke, Wacholder, Pfeffer, Farben, Sämereien, Myrthen, Gewürze, Erbsen, kärntnerisch Arbaslan.

Zu den Arbaslan zur Auflockerung ein kurzes G´schicht`l. Der Stine (Augustin) und sein Freund der Wastl (Sebastian) haben sich zum Heiligen Gandolf bei Maria Feicht, dem Schutzpatron aller geplagten Ehemänner verlobt. Es ist ausgemacht, zum Antritt der Wallfahrt für jede schwere Sünd ein Arbasl in den Schuh zu legen. Auf halber Strecke kommt Wastl schon sehr ins Schwitzen, denn die Blasen seiner Füße machen ihm schwer zu schaffen. Der Stine neben ihm, schreitet wacker voran ohne jeden Wehlaut. Endlich am Ziel angekommen, wundert sich der eine, und fragt seinen Begleiter, ob ihm denn gar nichts weh täte?. Ei wo, der Stine, ich hab ja die Arbaslan vor`m Weggehen z`erst gekocht……

Weiter nun mit der großen Warenvielfalt! So mancher Artikel ist uns heute ohne Erklärungsversuch kaum noch verständlich: Asank (Teufelsdreck) wer kennt das heute? Wurmsamen, ja das mußte im Hause sein, um die Kinder vom Spülwurm zu befreien. Fenchel, Anis, und Kümmel wurden in der Backstube gebraucht. Stärke, Waschpulver (noch markenlos!), Mehl, Gerste, Karotten, Reis, Fisolen, Hirse, Zwieback bevorratete die gute Hausfrau, aber wer benötigte Cinober und wozu?

Am Plafond hingen 20 Mieder („bald eng bald zweit!“ im Kärntner Lied), Waffeln zum Saufutter zerhacken, Samt, Hemden, Schirme, Stöcke, Mützen, Töpfe, Blechschaufeln für den Kohlenkeller, Reibeisen oder Riebeisen ohne diese konnte die Köchin weder Griadlansuppe noch Schmalzmus machen, –  Milchkannen, Pfannen, Schürzen und Würste, ganz kunterbunt.

In der Querstellage lagerten 30 Flaschen Cognac zu 1/2 Liter, 40 Flaschen zu 1/4 Liter, 14 Flaschen zu 1/8 Liter, Kaffeesurrogate, 22 Flaschen Rum, Hauswald-Kaffee.

In der großen Stellage links fand man Messer, Baumwolle, Bänder, Briefpapier, Eßzeug, Pfeifen, Kotton, Trauerstoffe für Hut, Ärmel oder Revers – heute ganz aus der Mode! -Barchent, Futterstoffe, Zwirn, Satin – eine Halbseide, Pfeifenrohre meist aus Weichselholz, Feigenkaffee, Bleistifte, Blaudrucke, Futterleinen, Leinwand, Hemdenstoffe, Hosenzeug, Rockfutter, Bettzeug (Leinen), Tischzeug (Damast), Zwillich, Strohsackleinen (Jute), Hausleinwand, Gradl für Matratzen, Spitzen, Zipfelhauben, Wäsche, Kaffeemaschinen (zum Reiben!), Tischgarnituren, Chiffon, Bettuchleinen, Oxford (engl. Anzugsstoff), Kinderwäsche.

In oder auf der Hauptpudel lagerten Hafteln, Zwirne, Gummisauger (Schnuller), Reis, Kaffee, Gatien (Herrenunterhosen, meist aus Leinen, umgangssprachlich „die Gatte“, als Wort aber kaum zu deuten, am ehesten aus ungarisch gate = zwei – nach Dr.Michael Rauchensteiner), Gewürze, Käseglocke, Kerzen, Speiseöl, Leinöl, Petroleum, Ziweben – das waren große getrocknete Weintrauben schwarz-blau mit großen Kernen und deshalb auch billiger als Rosinen. Schuhnägel, Sternanis, Salpeter zum Würstemachen – nur sollte man ihn sehr vorsichtig anwenden. Kamillen, Weihrauch, Waschblau, Tamarinde als Hausmittel zum Abführen, Alaun benötigten die Naßrasierer zum Blutstillen, Mutterblätter ebenfalls ein Abführmittel, Paprika, Zimt, Ingwer, Kandis, Mandeln, Piment ein Gewürz, das die Gerüche von Gewürznelken, Zimt und Pfeffer in sich vereinigt und unbedingt zu jedem echten Kärntner Reindling gehört, Nelken, Pfeffer, Rosinen, Pflaumen, Salz, Kunstfette, 30 Kilo Speck, Kleie, Hühnerfutter, Kornmehl.

Im Handmagazin roch es nach Schweinsfett, Rindsschmalz, Wasch- und Pechseife aber auch nach Kaffee. Pechseife war mit Sand versetzt und den Holzknechten unentbehrlich. Daneben verstaute man Drahtstifte, Wolle in Menge, 6 Paar Schuhe, Suppennudel, 1 Paar Maurerhosen, 40 Kinderanzüge, 6 Lodenröcke, 14 Anzüge, 8 Steireranzüge, 6 Stoffanzüge, Kinderschuhe, 12 Knabenanzüge, 20 Steirerhosen  —  von Kärntneranzügen war noch nicht die Rede!!! — 50 Hosen aus Teufelshaut, Tuchhosen und Zeuganzüge (Leinen), 60 Paar Segeltuchschuhe a 40 Heller, 50 Paar Zockel a 30 Heller, Zahnstocher, Mieder-schürzen, Frauenhemden, Blusen, Borchentwesten, Schletzkugeln, Schlingerei (Garn) und Clot-Schürzen.

Der Keller war mit 40 Liter Kornbranntwein a 50 Heller, 160 Liter Rum a 1 Krone, 150 Liter Magenbitter a 1 Krone 30 Heller, 120 Liter Spiritus a 1 Krone 30 Heller zum Selbermachen geistiger Getränke, 20 Liter Spiritus denaturiert a 50 Heller – also ungenießbar gemachter und daher billigerer Brennspiritus, 80 Liter Kümmel a 80 Heller, 10 Liter Kaiserbirn a 80 Heller, 160 Liter Slivowitz a 1 Krone, 10 Liter Weingeläger a 1 Krone – wohl eine Art Grappa, 70 Liter Wacholder a 1 Krone 20 Heller, 30 Liter Cognac a 2 Kronen und noch mehr Rum in anderen Preisklassen sehr gut bestückt. Neben den geistigen Sachen war noch Platz für 600 Kilo Würfelzucker a 90 Heller.

Im Hofmagazin wurden 500 Kilo Soda – ein Waschmittel – festgestellt, desgleichen in der Holzhütte 3 Laib Topfenkäse und im Vorhaus 1500 Kilo verschiedene Weizenmehle, 1200 Kilo Polentamehl, 60 Kilo Heidenmehl, 50 Kilo Mais, 400 kg Stocksalz, 1 Sack Bittersalz als bewährtes Hausmittel in der Human- und Tiermedizin, je1 Sack Wermut und Hafer. Der Wermut oder Wirmat mit Schnaps und wohl auch Wein versetzt ergab eine Magenmedizin.

Im Hauskeller lagerten die Vorräte für Kartoffel um 200 Kronen, daneben 200 Liter Wein a 40 Heller, 50 Kilo Powidl, 50 Kilo Feigenkaffee offen a 40 Heller, 200 Kilo Feigenkaffee a 1 Krone 10 Heller, 100 Kilo Petroleum, 180 Kilo Maschinenöl, 200 Liter Essigessenz, 120 Liter Weinessig, 250 Liter Rüböl.

Drei weitere Magazine im 1. und im 2. Stock dienten der Haltung größerer Vorräte teils bereits vorgekommener Waren, und obendrein von Zündhölzern (Schwedenhölzer), Kratzel, Vogelfutter, Reisbesen, Fischtran, Terpentin ev.zur häuslichen Seifenherstellung, Stockfisch worunter man luftgetrockneten Kabeljau zu verstehen hat, 15 Säcke Türckenfedern – eigentlich Türkenstroh zur Füllung der Strohsäcke auf denen man wunderbar schlafen konnte – , 1 Karton Blumen, 3 Karton Grabkränze (!), Weidenkörbe, Laternen, Leuchter, allerlei Geschirr, Petroleumlampen, Nachttöpfe, Wassereimer und  -schäffer, Mäntel, Decken und Kotzen, Steppdecken, Gamaschen und immer wieder Männergatien in großer Menge. Damit ist die Handelsware noch keinesfalls vollzählig wiedergegeben.

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Wiederum eine geteilte Karte, oben Krankenhaus, Hauptplatz und Unterer Platz (re. Ginhart) darunter Stadtansicht bis zum Muraunberg reichend, datiert 10.12.1899, vom Verlag Alois Ginhart, viele Unterschriften, dass man den Eindruck gewinnt, das who ist who in St.Veit hat keinen anderen Ehrgeiz gehabt als die neuesten Karten, vom Stammtisch weg, dem Studiosus in Klagenfurt zu senden!

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Diesmal war die „Runde“ scheinbar auf Ausflug (mit Fahrrad?) Unter Datum 21. Juni 1898 liest man von der zurückgelegten Strecke: St. Veit, Klagenfurt, Reifnitz, Keutschach, Viktring, Klagenfurt!!! Im Bilde zu sehen oben links Hauptplatz gegen Südwest, Hochosterwitz, unten links der Bahnhof von Glandorf. Verlag Schwidernoch.

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Immer öfter definiert sich die Stadt St. Veit mit ihrer „reizvollen“ Umgebung, so auch hier mit Bahnhof Glandorf, Ruine Liebenfels, Ruine Taggenbrunn mit Schloss Kleinszig. Die Karte aus dem Verlag von Heinrich Schlick, St. Veit enthält die nichtssagende Mitteilung vom 12.6.1897: Liege Mili, Die größte Neuigkeit theile ich Dir mit, dass unsere Henne zwei Hendeln ausgebrütet hat, die recht herzig sind!

Heinrich Schlick war ein äußerst erfolgreicher Drucker, Buchbinder und Papierwarenhändler am Unteren Platz.

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Geteilte Karte grau in grau mit bekannten Motiven vom 8.8.1897                unterschrieben von Vater, Mama, Leo Knaus, Rainer usw.

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Karte s/w in Klagenfurt am 5.11.1899 geschrieben, zeigt die zwei                Plätze von St. Veit und das Krankenhaus, Verlag Alois Ginhart

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Schwarz/Weiß Karte in Klagenfurt gekauft und geschrieben 5.11.1899. Sie zeigt St. Veit von Südost mit der alten Biegung der Klagenfurter Straße in Richtung Ost. Die Glanbrücke befand sich damals etwas flußabwärts. Im kleinen Bild ist die Cavallerie Kaserne (heute Funder-Max) in Glandorf zu sehen. St. Veit war seit Maria Theresias Zeiten Garnisonsstadt und blieb es bis zum 1. Weltkrieg. Verlag Joh. Leon Klagenfurt.

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Trachten-Mädel als Schmetterling „Im Fluge durch das Glantal“ zeigt Stadtplatz, Krankenhaus, Hochosterwitz und Frauenstein. Die Glantaler Frauen Tracht, Hut, Mieder, knielanger Kittel, Schürze, Strümpf und Schuhe wären von kompetenter Seite auf Authentizität noch zu prüfen. Unbeschriftet und undatiert. Verlag Anna Schorn, St.Veit

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Internationale Postkarte, unbeschrieben, undatiert, Verlag Eduard Blankenhagen – wieder eine Phantasie-Tracht?! St. Veit und Edelweiß!! Blankenhagen war Kaufmann (später Sabitzer in Domenig Gasse).

4-2Pendant zur vorigen Frauentracht, originell und nicht billig in der Herstellung, Verlag Eduard Blankenhagen. Mit Sicherheit auch eines der vielen Verlustgeschäfte dieses Hauses. Hier ein weiterer Auszug aus Krämer-Seelen und Kreuzer-Fuxer?  Glantalergeschichten (11) erschienen  in der Kärntner Landsmannschaft, Klagenfurt:

Wären wir einige Häuser weiter, genauer gesagt vom Unteren Platz in die heutige Dr.Karl Domenig Straße Nr.1, damals Innere Stadt Nr.111 gewandert, hätten wir wiederum  mit einem Blick in die Geschäftsauslagen erkennen können, daß wir es diesmal mit einem Handelsmann ganz anderen Zuschnittes zu tun haben. Wir befänden uns nämlich vor dem Handelshause des Herrn Ewald Blankenhagen (12.6.1872 – 27.2.1916).

Was sehen wir da? Oder, was hat der Schätzmeister hier im März 1916 so alles vorgefunden? 16 Flaschen Cognac, 12 Dosen Sardinen, 17 Dosen Gansleber, 5 Konserven, 5 Dosen kondensierte Schweizermilch, Feldpost-Liquer, Haferflocken, 7 Dosen Beuschl, 5 Dosen Leberpastete, 10 kg Reiskonserven, 6 Dosen Karbonaden, 27 Karton Kaiser-Borax, 6 Pakete Erbsenmehl, 30 Flaschen Rum, 22 Pakete Tee, 1 Kilo Julien, 2 kg Hafergrütze, 20 Flaschen Cognac**, 3 Flaschen Cognac***

Von Erbsenmehl und Hafergrütze abgesehen, ist eigentlich nicht zu glauben, dass man sich bereits im zweiten Kriegsjahr befindet. Auch im Inneren, der Tabakkasten zeigt noch keinerlei Mangelerscheinungen. Wir finden da jede Menge Kuba- , Portorico-  und Kurze-Zigarren, Cigarillos, Sport-Zigaretten, Briefe von Türkischen- , Knaster- , Herzog-  und Drei-König- Tabak, ebenso von Ungarischen- und von Land-Tabak je 100 Briefe.

Die Gewürzpalette ist natürlich ebenfalls viel umfangreicher und ausgefallener als beim Kollegen am Unteren Platz. An Süßigkeiten werden Bäckereien, Haselnußkipferl, Kindernahrbisquitte, Stefaniecabos, Ruhmpastillen, Cabos mit Creme, süße Herzen, Weinscheiben und Chocoladen geboten.

Ein eigener Delikatessenkasten strotzt vor Jamaika Rum I, Getreidekümmel, Jamaika Rum II, Cuba Rum, Klostergeheimnis, Becherbitter, Damenpunschessenz, Kraftbitter, Franzbranntwein und Edelraute, Karpatenbitter, Magenbitter, Aramantino neben Spargel, Trüffel, Gurken im Glas, Kompotten und diversen Sardinen.

Vom Inhalt des Nebenlokals seien allein die verschiedenen Kaffeesorten betrachtet:

Fruchtkaffee, Hidro, Frank-Kaffee in Ballen, Kneipp Kaffee, Feigenkaffee Andrä Hofer,

Frank-Kaffee Roller, Cafe gebrannt, Cafe gemahlen. Die ersten Marken-Waschmittel tauchen auf: Persil und Sapolin. Es begegnen uns Schichtseife Ominol, Frauenlob, Bleichsoda und Sunlicht Seife.

Aus der üblichen Geschäftseinrichtung stechen hervor: ein Stehpult, die bis zu 4 Meter langen Geschäftspudeln, eine Panzerkasse, eine Hamond Schreibmaschine, sowie die National Registrierkasse.

Im Magazin Nr.7 lagern 100 Kilo Spaghetti, 100 Kilo Makkaroni und 60 Kilo Bandnudel.

Im Magazin Nr.8 gibt es eine Farben-Stellage mit 21 Laden und entsprechendem Inhalt.

Seperat erwähnt werden ein Käsekeller, ein Salzmagazin und eine Farbenkammer.

Jetzt wechselt die Inventur zu den Eisenwaren. Seitenlang wird der Inhalt des Stabeisen-magazins, der Magazine 2 und 4, des Vorhauses, des Dachbodens, des Magazins 7, des Trägerlagers und des Lagers 9 wiedergegeben. Alles was Private, Hausherren, Gewerbetreibende und Bauherren an Baumaterial, Maschinen und Werkzeugen benötigen, ist hier vorrätig. Ein späterer Blick auf die diesmal reichlich vorhandenen, weil unbezahlten Lieferanten, erspart uns die Aufzählung, obwohl der eine oder andere Artikel aus historischer Sicht zu nennen bzw. festzuhalten wäre.

Das Haus mit seinen unzähligen Gewölben und mit Garten wird für sich allein mit 57.000 Kronen bewertet, das Spezereien-Warenlager mit rd. 36.000 Kronen, die Kundenforderungen, 539 Positionen mit in Summe 42.000 Kronen, davon angeblich 189 Positionen und rund 16.000 Kronen uneinbringlich. Selbst wenn dieser letzte Ansatz aus Gründen der Steuer- und Taxenersparnis frisiert wäre, so ist die Hälfte davon auch zuviel. Ein Warenlager in Sörg (!)

wird mit 900 Kronen geschätzt und der Wert der geschäftlichen und privaten Einrichtung mit zusammen 3.500 Kronen. Den Gesamtaktiven von 176.000 Kronen stehen auf der Passivseite

Intabulierte Schulden von 77.000 Kronen, Nichtintabulierte Schulden, sprich Lieferantenver-bindlichkeiten etc. von 80.000 Kronen und ein bescheidenes Reinvermögen von 3.000 Kronen gegenüber. Fürwahr ein trauriges, oder sollte man aus heutiger Sicht lieber sagen, ein sehr modernes Bilanzbild!

Die Einrichtung der Privatwohnung war, verglichen mit jener des erstgenannten Berufskollegen natürlich schon etwas luxuriöser, obwohl die Witwe nicht verabsäumte darauf hinzuweisen,

daß sie die Wohnungseinrichtung in die Ehe mitgebracht und insbesondere das Schlafzimmer seinerzeit billig vom Fürsten Waldenburg in Stadelhof erworben habe. Dies alles sei daher ihr Eigentum und unterliege weder der Schätzung, geschweige einer Erbteilung.

Auch hier werden natürlich die Zimmer mit Betten gezählt um zu sehen, wie groß die Familie bzw. der Mitarbeiterstand zum Stichtage war: 2 bis 3 Betten im Schlafzimmer scheiden, wie oben gesagt zwar aus, werden aber mitgezählt. 1 Bett im Köchinnenzimmer,1 Bett in der Küche (für die Küchenmagd?) 4 Betten im Lehrlingszimmer, 2 Betten im anstoßenden Zimmer (für Hausknecht und Magazineur?), 2 Betten im Comis-Zimmer I, schließlich1 Bett im Comis-Zimmer II. Da der Personalstand vermutlich wohl etwas höher war, gab es einige Externe.

Abschließend soll noch den Finanziers, ihren Schuldtiteln und offenen Beträgen Aufmerksam-keit geschenkt sein. Eine solche Aufstellung ist durchaus geeignet, das Nebeneinander von institutionellen und privaten Geldgebern, wie es damals noch gang und gäbe war, zu illustrieren. Weniger solide war die große Kreditschöpfung über die Lieferanten. Fürs eine hatte man immer wieder Liquiditäts- und Wechselprobleme, fürs andere verschlechtert eine solche Übung die Einkaufskonditionen automatisch. Mit ausführlicher Beschreibung der

Lieferfirmen nach Branche und Domizil ergibt sich damit auch ein guter Überblick auf die weitgespannten kommerziellen Verbindungen.

Es folgen Total-Ansichten aus verschiedenen Richtungen:

6-3

Karte vom Verlag Ferd. v. Kleinmayer, Klagenfurt – beschrieben und gestempelt 1898 – Totale über die Stadt in Richtung Hochosterwitz, links im Vordergrund Spital der Barmherzigen. Text: „Treu deutsche Grüße dem Vorstand“ viele Unterschriften (von Vereinsmitgliedern?) wie z.B. Brüder Jesch, Schreiber, Tschikof, Weismayr, Elsner o.ä., Felfernig usw. Hier manifestiert sich deutlich die großdeutsche Sehnsucht (pro Kaiser Wilhelm und geeinigtes Reich!!!)

6-1

Totale wie zuvor, „Gruss aus St.Veit“ gestrichen! Statt dessen „Knappenberg am 21.5.1899“ Wieder ein Vereinsausflug mit vielen Unterschriften (Hofer, Heinrich Schlick, Anna Schlick, V.Schlick, Ebner) und Text: „Hier ist gut sein, laßt uns drei Hütten bauen, mir eine, dem Toni eine und dem Heinrich (Schlick) eine“

7-2

beschriebene, undatierte Farbkarte mit Krankenhaus im Vordergrund. Text spricht von Personal-Häusern, wovon gerade eines neu entsteht.

Nachtrag 30. Aug. 2016: Ich bedanke mich bei Freund Rudi Lilli, dass er mich auf die fehlenden Bilder aufmerksam gemacht hat. Mit etwas Mühe ist es mir doch wieder gelungen, die Scharte auszuwetzen…… Auch danke ich ihm für die Weiterempfehlung ganz lieb. Der Verkehr auf meinem Blog hat dadurch sprunghaft zugenommen. Ich habe noch allerlei im Talon, also können auch Sie mich d.h. meine Adresse altstveit gerne weiter empfehlen.

 

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Documenta Schneeberger

Juni 21, 2013 um 13:34 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen Kommentar
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1822/1842

r:
Stadtmagistrat St. Veit am 10. November 1822(1842)

Gegenwärtige
Matthäus Pinder, Syndikus
Heinrich Pehr, Aktuar

Protokoll
welches mit Ferdinand Schneeberger, wegen gewerbbüchlicher Umschreibung seiner Buchbindergerechtsame aufgenommen wird.

Anbringen (d.h.Ansuchen oder Vorbringen)

Es erscheint Ferdinand Schneeberger und sagt:
Laut Kauf und Verkaufsvertrag dato 27. Dezember 1840 hab ich von Franz Reinhardt *) die
verkäufliche Buchbindergerechtsame zu St. Veit abgekauft und .nachdem ich den Kaufschilling zu 300 fl berichtiget, hat mir der Verkäufer die Aufsandungserklärung B (d.i. ein grund-bücherlicher Formalakt und „B“ bezeichnet eine Extra-Beilage zum vorliegenden Gesuch) behufs der gewerbbüchlichen Umschreibung ertheilt. Ich bitte demnach: der löbl: Magistrat wolle diese Umschreibung bewilligen und vornehmen lassen.
Ferdinand Schneeberger mp

Hierauf wurde das Protokoll geschlossen und ämtlich gefertiget.

*) 1834 als Bürger und Buchbinder, 32 Jahre alt und ledig, Graz gebürtig aufgenommen (angemerkt von W.Wohlfahrt)

Pinder mp Syndikus
Heinrich Pehr mp: Aktuar

v:
Die angesuchte gewerbbüchliche Umschreibung wird auf Grundlage des Kauf= und Verkaufvertrags A (=Beilage) und der Aufsandung B bewilligt und dem Grundbuchsamte aufgetragen, den Vertrag, die Aufsandung und dieses vorbeschriebene Prottokoll zu ingrossieren und die Umschreibung vorzunehmen.
Hievon wird der Gesuchsteller nach vollzogener gewerbbüchlicher Manipulation über eine Protokollabschrift verständiget und wird eine zweite Protokollabschrift dem Franz Reinhardt bestellt.
Stadtmagistrat St. Veit am 10ten November 1842

Pinder, Synd.

Zeugnis 1838

Ich Endes-Unterzeichneter bestätige hiemit, dass Ferdinand Schneeberger bey mir durch 5 Jahre gelernt, den 8. Jänner 1832 fraygesprochen wurde, und nach dieser Zeit noch ein Jahr als Geselle sehr geschickt, brav und fleißig zu meiner Zufriedenheit gearbeitet habe, so dass ich ihn überall bestens empfehlen kann.

Gratz den 3. September
1838

Alois Schibert oder Schubert, bürgerl. Buchbinder

Zeugnis 1854

S c h u l z e u g n i s

Ferdinand Schneeberger Schüler der II. Classe an der Stadtschule St.Veit hat im Schuljahre 1853 die Schule sehr fleißig besucht, in seinen Sitten sich sehr gut verhalten und die vorge-schriebenen Lehrgegenstände folgendermaßen erlernt:

Den Katechismus g u t
Das Lesen mit Anwendung der Regeln des Deutschgedruckten
s e h r g u t
Lateinischgedruckten s e h r g u t
Deutschgeschriebenen s e h r g u t
Lateinischgeschriebenen s e h r g u t
Des Schönschreibens Deutsch Current s e h r g u t
Lateinisch s e h r g u t
Die deutsche Sprachlehre g u t
Die Rechtschreibung s e h r g u t
Das Dictandoschreiben g u t
Das Rechnen in den 4 Rechnungsarten s e h r g u t
Die Anleitung zu schriftlichen Aufsätzen g u t
Die richtige Aussprache g u t

Dieser Schüler verdient daher in die erste Classe mit Vorzuge gesetzt zu werden

Musterschule St.Veit am 1. März 1854

Rund-Siegel schwarz Alois Neckham, Musterlehrer
Kais.köni.Stadtpfarr St.Veit
Franz Xaver Schiffer, Dechant, Schuldistriktsaufseher und Stadtpfarrer
Klesl, Katechet

Z e u g n i s 1898
Womit Endesgefertigte bestätigen, daß Herr Franz Schneeberger aus St.Veit an der Glan in der Zeit vom 4. Jänner 1897 bis 9. Juli 1898 in unserer Buchbinderei als Gehilfe beschäftigt war. Wir sprechen demselben für sein Verhalten während dieser Zeit unsere volle Zufriedenheit aus und empfehlen ihn als strebsamen, fleißigen und geübten Arbeiter jedem Kollegen auf das beste.

Wien 9. Juli 1898 Georg Rautters Ww & Sohn m.p.
Stampiglie:
Georg Rautter´s Wwe & Sohn
k.k. Universitäts-Buchbinderei
Wien I, Bäckerstraße 30

Oval-Siegel Genossenschaft der Buchbinder, Ledergalanterie- und Cartonagewaren-Erzeuger
Futteralmacher etc.etc. in Wien
wird bestätigt: Wien 24.April 1905
N.N. Genossenschaftsvorsteher

Gesehen! 2/5 05 Oval-Siegel Magistr.Bezirksamt Wien für den I.Bezirk N.N. Sekretär

Viertel Joanneum wohnhaft Nr. 351

Moralitäts-Zeugnis
Zum Behufe der Erlangung einer
Buchbinder-Conzession.

Vom unterzeichneten Viertel wird auf Anlangen der Wahrheit getreu bestättiget, dass gegen den Ferdinand Schneeberger von Graz gebürtig, 24 Jahre alt, von Profession gelernter Buchbindergesell derzeit in Condition bey H. Stadlmeyer, während seines Aufenthalts in
benannte Viertel nie eine Klage oder sonstige Beschwerde vorgekommen ist, selber sich stets sittlich und ordentlich betragen hat, auch laut vorgewiesenen Dienstzeugnissen überall zur zur Zufriedenheit serviert hat, so wird kein Anstand genommen, ihm zu obig angeführten Gebrauch dieses Zeugnis zu erteilen.

Gräz, Viertel Joanneum am 4. Sept. 1838 Franz Zilli o.ä. Vorsteher der Gemeinde Joanneum

vidi (gesehen): Vinzenz Egger, Pfarradministrator

Vidi Magistrat Gratz den 7. Sept. 1838

Rundsiegel MAGISTRAT DER KK HAUPTSTADT GRAZ

F. Schneeberger – Buchbinder, Sänger und Hopfenbauer

Juli 1, 2012 um 14:34 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen Kommentar
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Das Haus Hauptplatz 14 mit seiner alten Lederer-Gerechtsame hatte zuvor schon einen Hof- und Gerichtsadvokaten, einen geschickten Arzt und eine kleine Greislerin beherbergt gehabt, als schließlich Ferdinand Schneeberger dort seine Buchbinderei einrichtete.

1814 in Graz geboren, kam der junge Mann,  ob direkt oder auf Umwegen weiß man nicht, nach St.Veit und heiratete hier – wie es uns das Trauungsbuch der Stadtpfarre auf Folio 61 zeigt – am 31.5.1841 Anna Mayer, Tochter des Caspar Mayer, vermutlich wohl ein Kind der Stadt. Als Trauzeugen fungierten nämlich der bürgerliche Glasermeister Georg Grundner nebst dem bürgerlichen Schuhmachermeister Jakob Premitzer. Die Wohnadresse lautete „Stadt 43“. Ob es wirklich das später diese Nummer tragende Carinthia-Haus oder vielleicht doch ein Haus in der Spitalgasse war, wo Mayer eher vorkommen, ist nicht mit Gewißheit zu sagen. Schon drei Jahre später wird Ferdinand Schneeberger Bürgerrecht verliehen, mit Bürgereid, 12 Gulden Bürgertax und allem Drum und Dran.

Trotz des in der Familie reichlich vorhandenen Urkundenbestandes ist auch nicht auszumachen, wo in der Stadt der neue Buchbinder erstmals seinen Leim anrührte. Fest steht aber soviel, daß spätestens mit der Heirat – und von da an zählt auch das 160 Jahr Jubiläum – eine entsprechende Tätigkeit in der Stadt entfaltet wurde. Buchbinder, lateinisch Bibliopegus, selbst solche mit Bürgerrecht hat es wohl schon davor immer wieder einen oder zwei in der Stadt gegeben, doch jetzt sind die Zeiten dafür so günstig wie nie zuvor. Die Verwaltung von Stadt und Land erfordert zunehmend Schriftlichkeit und in immer mehr Amtsstuben, Geschäftskontoren und Fabrikskanzleien werden Folianten, Tagebücher etc.etc. benötigt. Ein Buchbinder aus Graz hat bestimmt sein Gewerbe gut gelernt und man darf annehmen, daß er mit seinen Kenntnissen auf dem neuesten Stande der Technik war. Das Geschäft geht tatsächlich sehr gut. Die ersten Erfolge treten deutlich zutage:

 Schon 1861 und zwar mit Kaufvertrag vom 2.6. erwirbt Schneeberger von Frau Karoline Spiehs, einer ehemaligen Krämerin, um dreitausend Gulden das heutige Stammhaus. Es bestand zunächst auf Seiten der Verkäuferin die Absicht, den offen gebliebenen Kaufpreisrest pfandrechtlich sicherzustellen, als sie aber davon Kenntnis bekommt, daß die Kirchenvorstehung von St.Peter bei Taggenbrunn – das waren damals neben anderen die Geldverleiher – dem Käufer 1200 Gulden vorstrecken wird, verzichtet sie auf Sicherstellung.

 Mit großem Elan möchte der neue Hausherr, die räumliche Situation für seinen Bedarf verändern, dort einen Durchbruch machen, da eine Tür vermauern, doch gemach, gemach! Da gibt es ja noch einen Mieter namens Alois Archer im Hause. Sein Mietvertrag läuft  bis 1865 und er fühlt sich durch die geplanten Maßnahmen in seinen Rechten beeinträchtigt. Er geht zu Gericht. Sachverständige, man nannte sie damals Kunstbefugte, treten auf den Plan. Archer wird Recht gegeben. Mit dem Geschäftsumbau geht vorerst nichts.

 Im Hause des Ernst Feistl, heute befindet sich dort der Tabakhauptverlag oder das, was man einmal so genannt hat, ist glücklicherweise Platz frei geworden. Unser junger Meister mietet sich dort laut Vertrag vom 16.6. mit Wirksamkeit ab 1.10.1861 ein. Für ein Gassengewölb rechts vom Haupteingang, für zwei im zweiten Stock gelegene Zimmer, für die Mitbenützung des Unterdaches, der Vorsäle, Vorlaube und des Kellers werden für die nächsten vier Jahre insgesamt 368 Gulden gezahlt werden.

Vergessen wir getrost einmal den Buchbinder und wenden wir uns Ferdinand Schneeberger, dem Sänger zu. Neben beruflichen Fähigkeiten hat er nämlich von Graz auch noch andere Gaben, so zum Beispiel eine prächtige Tenorstimme nach St.Veit mitgebracht. Also ein Gesangsverein fehlt da noch und man wird Schneeberger recht bald unter den Gründern des MGV 1863 finden. In der 50-Jahr-Festschrift dieses Vereines, also 1913 scheinen nicht weniger als vier Schneeberger in der Liste der einstigen bzw. damals noch ausübenden Mitglieder auf und zwar Ferdinand Schneeberger I  „Hausbesitzer 2.Tenor 1863-1897“, sein Sohn gleichen Namens „Buchbinder (der Vater lebte ja nicht mehr) 2.Baß 1864-1905“ das war der legendäre und Langzeit-Chormeister, ein Ferdinand III  „Kaufmann 2.Tenor 1900“ und schließlich Franz Schneeberger „Kaufmann 2.Baß 1898-1900 und 1903“. Damit erscheint Ferdinand Schneeberger I schon früh in Gesellschaft und Wirtschaft St.Veits voll integriert. Die kulturellen Großtaten von MGV St.Veit, von dessen Mitgliedern und Funktionären sind zwar mittlerweile Geschichte aber unvergessen und wären eine eigene Betrachtung wert. Kritisch müßte dabei allerdings die politische Ausrichtung des Sängerwesens im allgemeinen und die auffälligen Aktivitäten der St.Veiter Sänger im besonderen gesehen werden. Der MGV war die Wiege wachsender alldeutsch-liberaler Geisteshaltung in Stadt und Umland.

Schon im Jahre 1867 gelang Ferd.Schneeberger I ein weiterer Zukauf. Simon Aßl, Besitzer des Hauses 147 samt Garten in der Villacher Vorstadt – heute befinden sich an dieser Stelle die Häuser Sonnwendgasse 5 und 7 und die Gärten der Firma Sattler – verhandelte dieses sein Besitztum „samt Fenster und Balken,  H o p f e n s t a n g e n, Dünger und Mistbetter“ um 1473 Gulden dem Herrn Ferdinand Schneeberger gemäß Kaufvertrag vom 19. Oktober des genannten Jahres. Auch die zur Kaufliegenschaft gehörigen Ansprüche auf sogenanntes Bürger-Terrain wurden miterworben. Darunter hat man die im Weichbild der Stadt gelegenen landwirtschaftlichen Flächen zu verstehen, welche durch die sogenannte Bürger-Gilt, eine Art Selbstverwaltungsinstitution der St.Veiter Hausbesitzer von Zeit zu Zeit neu vergeben werden konnten. Alle Bürger-Terraine wurden übrigens um die Jahrhundertwende fix ins Eigentum der jeweils Berechtigten übertragen und die Bürger-Gilt aufgelöst. Der Vorbesitzer Simon Aßl dürfte offensichtlich in finanzielle Schwierigkeiten geraten sein, denn vom Käufer mußte wenig Bargeld aufgewendet, dafür aber so manche Hypothek übernommen werden.

Dreiundzwanzig Jahre lang erfreute sich der Buchbinder und Sänger nebenher eines erfüllten Lebens als Kleinbauer, Gärtner und Hopfenpflanzer ehe er sich mit Kaufvertrag vom 7.8.1890 von diesem Anwesen in der Villacher Vorstadt wieder trennte. Käufer war ein gewisser Franz Sawitzer, Gartenpächter in Zischenwässern. Im Vertrag heißt es ausdrücklich, daß sich der Verkäufer die Gartenfrüchte sowie den Platz zum Trocknen des Hopfens bis Ende des Jahres vorbehält. Ein schöner Hopfengarten muß dort also 1890 noch bestanden haben. Der Erlös von 2.300 Gulden ist um 800 Gulden höher als die seinerzeitige Kaufsumme. Schneeberger wird an der Liegenschaft also einiges verbessert haben.  Wir begegnen weiteren Flächen, wenn sie im Verlaßverfahren nach dem am 15.2.1897 das Zeitliche segnenden Stammvater als „Wiese und Acker am Glabitsch“ aufscheinen. Diese zwei Grundparzellen wurden von Schneeberger im Jahre 1879 im Zuge einer Zwangsversteigerung erworben und lagen östlich des heutigen Verwaltungsgebäudes der Firma Funder an der unteren Glan. Die slawische Bezeichnung Glabitsch (Tiefental), heute weder gebräuchlich noch bekannt, ist aber durchaus passend und vielsagend. – Die Buchbinderei ist allerdings schon zuvor und zwar im Jahre 1875 dem gleichnamigen Sohne übergeben worden.

 Gesunder Geschäftssinn, gepaart mit einer ausgeprägten musischen und kulturellen Begabung waren kennzeichnend für viele Generationen bis auf den heutigen Tag. Ein Jubiläum, unter solchen Prämissen gefeiert, berechtigt zu großen Hoffnungen für die weitere Zukunft. Glückauf also dem altehrwürdigen Hause der einstigen Buchbinder und heutigen Buchhändler!

Walter Wohlfahrt in „Sankt Veit Kommunal“ 2001

 

 

 

 

 

 

 

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