Baron Battaglia ein St. Veiter Patrizier

Juni 5, 2012 um 18:33 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen Kommentar
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Die teilweise noch vorhandenen Besitzveränderungsprotokolle unserer alten Stadtverwaltung, sie liegen im Kärntner Landesarchiv unter den Signaturen 189 und 190 , sind eine unerschöpfliche Quelle der Hausgeschichte. Diese Bücher verzeichnen jeden anfallenden Besitzwechsel und so kann man oft von Dingen erfahren, die uns heute kaum noch bewußt sind. Zwei Verträge aus den Jahren 1831 bzw. 1834 sollen hier genauer unter die Lupe genommen werden. Dabei handelt es sich jedesmal um den sogenannten „Baron Bataglia´schen Mayerhof vor dem Mühlbacher Tor“. Dieser war gegen Ende des 16.Jahrhunderts, das in Emilie Zennecks Buch „Glaubensstreiter“ Seite 106 erwähnte „Alte einstöckige Christalnigg Haus vor dem Weitensfelder Türlin mit großem Baumgarten“, rechts neben dem heutigen Haus Grabenstraße 22 – siehe aufgelassene Baufläche 205/1!

 Den ungewöhnlichen Namen Bataglia´scher Mayerhof hatte das Anwesen von den Freiherren Bataglia, welche von etwa 1740 bis 1829 das Stadthaus am Oberen Platz Nr. 3 (Cafe Zentral) bewohnten. Ihre Besitzvorgänger waren hier über zwei Jahrhunderte die bekannten Tallmann, Besitznachfolger hingegen die Dickmann von Secherau, berühmte Eisenherren allesamt.

 Als sich die Bataglia in St.Veit nicht mehr finden lassen, sind bereits Primus Tonitz, Weinhändler in St.Veit,  Oberer Platz 27 und seine Gattin Anna, geborene Gritzner im Besitze des Mayerhofes. Das Ehepaar schließt mit dem bürgerlichen Handelsmann und Gastwirt Leopold Maurer den Vertrag vom 15.7.1831 „um Abtrennung eines vonwegen(?) des Städtischen Feuer-Bassins befindlichen Wurz- und Ziergartens, welcher ganz mit Mauer umfangen ist, auch ein gemauertes Lusthaus und Glashaus enthält, gegen Süden an den Fahrweg zur Friesacher Vorstadt, gegen Westen an jenen nach Obermühlbach, gegen Norden an den Kraschnig Garten und gegen Osten an den Baumgarten des besagten Mayerhofes grenzt.“ Das war das Grundstück Parzelle 181 mit der damals noch winzigen Baufläche 205/2, die erst später auf die heutige Größe anwuchs, wie sich das Haus Grabenstraße 22 heute darbietet. Von besonderem Interesse sind hier zwei Vertragspunkte und zwar

„4) wird diesem Gartenkauf die wenige Lusthauseinrichtung an Tisch, Sessel, Bilder, Spritzkandel, Stechschaufel, unleserlich, Rechen, Baumsägel, Kegelspiel und lignum sanctum Kugel nebst einem Buschen neue Schindel und mehrere neue Spargel-Glocken unentgeltlich überlassen –

5) wird dem Herrn Käufer der Mitgenuß des außerhalb dieses Gartens, im Baumgarten des Herrn Verkäufers bestehenden, vom Stadtbrunnrohr hergeleiteten und altberechtigten laufenden Brunnens dergestalt eingeräumt, daß a) dieser Brunnen nunmehr in das den Wurz- und Baumgarten scheidende Eck übersetzt und von dem sogenannten Tattermann eine Teilung des Wassers mittels einer Wippe in den Garten des Herrn Käufers hineingeleitet werde, wohingegen b) der Herr Käufer und seine Besitznachfolger 2 Fünftel der zum Stadtkammeramt zu leistenden Brunnsteuer und im gleichen Verhältnis die zum Stadtrohr hin zu bestreitenden Leitungskosten künftig mitzutragen hat.“ Dieser Aufteilungsschlüssel entspricht auch ziemlich genau den Parzellengrößen Nr.181 und 182. Der Gartenanteil, Parzelle 181 wurde dem Hause Nr. 41 des Leopold Maurer, heute Spitalgasse 4 grundbücherlich zugeschrieben.

Im zweiten Kaufakt vom 15.7.1834 wird auch der Rest des sogenannten Bataglia´schen Anwesens“ samt Baum- und Wurzgarten, (Parzelle 182 mit Mayerhof Baufläche 205/1) nebst der dort befindlichen Obstpresse, Obstbäumen, Winterfenstern und Chalosien…..“ von der inzwischen Witwe gewordenen Anna Tonitz um 2.400 Gulden an Katharina Kronegger, hiesige bürgerliche Lederermeisterin, Oberer Platz 14 weitergegeben.

 Bevor wir uns einigen der herausgehobenen Stichworte zuwenden, sollte man eigentlich noch den Urzustand des Bataglia´schen Maierhofes kurz ins Augen fassen. Er reichte von der Mühlbacherstraße bis hin zur heutigen Sponheimer Straße und zeigt sehr schön die Lebensgewohnheiten der einst wirklich vermögenden Leute der Stadt. Sie hatten innerhalb der Mauern ihre Stadtpalais und möglichst nahe an Mauer und Stadtgraben eine kleine Meierei, vor allem aber ein Lustgärtel mit Möglichkeiten für allerlei gesellschaftliche Zerstreuung. Man zog Gemüse, betrieb den Obstbau und trank den eigenen Most!

 Städtischer Feuer-Bassin: Jetzt ist wohl klar, was das im Kataster von 1828 zu sehende, vom Obermühlbacherbach gespeiste längliche Gebilde, Parzelle (1076) bedeutet! Die immer wiederkehrenden und gefürchteten Stadtbrände, erforderten einen entsprechenden Wasservorrat für Löschzwecke. Außerdem konnten dort Wäscherinnen tätig werden. Später hört man dafür die Bezeichnung „Sandkasten“, was nur eines aussagt: Da mit dem zurinnenden Gewässer einmal mehr einmal weniger Geschiebe und Schotter daher kam, was weder im Wassergraben noch im Feuerbach erwünscht war, brauchte man ein Becken mit Überlauf, dass sich das unerwünschte Material dort sammeln und von Zeit zu Zeit entleert werden konnte.

 Das Lusthaus wird ein besseres, gemauertes und mit Schindel gedecktes Gartenhäuschen inmitten von Obstbäumen gewesen sein, während das Glashaus, zur Haltung von exotischen Gewächsen, und die Kegelbahn für lustige Gesellschaften bestimmt war. Kegelscheiber kennen vielleicht noch die sogenannte, die schwere Sanktuskugel! Aber wissen sie auch, warum sie so heißt? Nun ja, sie war eben aus einem besonderem Wurzelholz, dem lignum sanctum gedrechselt.

 Ein Wort noch zur Spargel-Glocke! Bei Dr.Martin Wutte kann man 1927 zwar lesen, daß Karl Prinzhofer den Spargelanbau um 1800 herum nach St.Veit gebracht hätte und so steht es auch im Stadtbuch von 1997. Eine Spargel-Glocke im Garten des Baron Bataglia, auch wenn sie als neu bezeichnet wird, läßt aber vielleicht doch darauf schließen, daß auch anderen gut situierten Zeitgenossen die Spargelzucht in St.Veit längst nicht ganz fremd war. Ob St.Veiter Spargel wirklich und in welchem Umfange nach Wien geliefert wurde, bedarf noch einer Prüfung. Ähnliches gilt für die genaue Lage der Anbauflächen und ihre Besitzer. Die Gendarmerie-Chronik verzeichnet den Spargelanbau in St.Veit allerdings ebenfalls als bedeutend. Daß Kaiser Franz Josef anläßlich seines Kurzbesuches in Glandorf Spargel aufgetischt worden sein soll, gehört aber eindeutig in das Reich der Fabel. Diesbezügliche Andeutungen, wie zuletzt in Kleine Zeitung vom 6.Mai tragen nur zur Legendenbildung bei. Ein kurzes Nachlesen bei Dr.Sebastian Weberitsch hätte genügt, um zu erfahren, wie der hohe Besuch am Glandorfer Bahnhof tatsächlich verlaufen ist, auf jeden Fall ohne Mahlzeiten!

 Das erwähnte Stadtbrunnrohr erinnert daran, daß die öffentlichen Brunnen von einer oder mehreren nordwestlich der Stadt gelegenen Quellen gespeist worden sind. Wer es sich leisten konnte und dem Stadtkammeramte die Brunnsteuer entrichtete, durfte ausnahmsweise seinen privaten Tattermann am Stadtbrunnrohr anschließen. Der Begriff Kammeramt wiederum weistdarauf, daß unsere Stadt zum kaiserlichen Kammergut gehörte, gleich dem berühmten Salzkammergut etc.

Zwei alte Verträge und doch – so bleibt zu hoffen – wieder einige städtische „Neuigkeiten“ für eine geneigte Leserschaft.

Walter Wohlfahrt in „St. Veit Kommunal“  April 2000, erweitert 2012

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