Erinnerungen an die Besatzungszeit 1945-55
Juli 30, 2011 um 19:44 | Veröffentlicht in St.Veit | Hinterlasse einen KommentarAndrey Murphy aus Liverpool als Hochzeiter (oben) und Briefpartner
Heute führe ich Sie in eine längst vergangene Zeit, in die Zeit, wo zumindest in unseren Breiten endlich die Waffen zu schweigen hatten. Der Krieg war zu Ende und das Dritte Reich samt der bis dahin gewohnten öffentlichen Ordnung ebenfalls. Englische Soldaten, denen man teils mit gemischten Gefühlen, teils mit Neugier begegnete, rückten in die Stadt ein. Während es der Zivilbevölkerung noch lange am Notwendigsten mangelte, versorgten sich die Besatzer selbst reichlich mit jeglicher Art Lebens- und Genussmittel. Die große Zahl, rückströmender und vorübergehend hier angehaltener deutscher Landser sowie Flüchtlinge aus dem Südosten vertieften die allgemeine Not. Daneben durchstreiften Titos Leute noch kurze Zeit ganz Kärnten und kamen sogar bis in den St.Veiter und Glantaler Raum. Es war das große Verdienst der Briten, dass sie diesem gefährlichen Intermezzo ein rasches Ende setzten. Schließlich wollte man uns ja doch Demokratie und nicht den Kommunismus bringen! Darüber hinaus wurde uns Entwicklungshilfe in englischen Fußball zuteil, wovon nachfolgend berichtet werden soll.
Nach Aufhebung des Fraternisierungsverbotes für die Besatzungssoldaten – man hatte darunter zu verstehen, dass freundschaftliche Kontakte zwischen Angehörigen der Englischen Armee einerseits und österreichischen Staatsbürgern anderseits bis dahin strikt untersagt waren – verschwand das gegenseitige Misstrauen bald und dies vor allem gegenüber der heimischen Damenwelt. Erstens, konnten die englischen Boys nicht gut alleine oder mit einander zu den modernen Rhythmen tanzen und zweitens wusste so mancher unter ihnen zum Glück nicht, was er mit den Sonderrationen an Weißbrot, Schokolade, Zigaretten und Gin anfangen sollte……. Dass die einheimische Männerwelt darüber nicht gerade begeistert war, kann man sich vorstellen!
Auch ein Kinobesuch – im Kino Jäger am Hauptplatz durfte ausschließlich für englische Soldaten gespielt werden – war ohne Damenbegleitung bald eher langweilig. Es gibt glaubwürdige Berichte, dass das Hausmeister Ehepaar Buxbaumer, welches für die Reinigung des Saales verantwortlich zeichnete, schon auch einmal den einen oder anderen jungen St.Veiter(in) hineinschlüpfen ließ, so bald das Licht ausgegangen war. Man konnte so die neuesten amerikanischen Filme sehen und bestaunen. Frau Anna Moser, geboren 1902, seit 1939 verheiratete Buxbaumer, hatte eine Tochter, namens Aloisia Moser, diese 1927 geboren. Mit zarten 19 Jahren begegnete sie keinem geringeren, als dem feschen Andy (Andrew) Murphy aus Liverpool, welcher damals nebenher zusammen mit Bertl Lassnig, Toni Medwed, Ludwig Grosse, Josef Jäger, Alfred Riedl u.a. in der Kampfmannschaft des ATUS St.Veit Fußball spielte. 1947 wurde geheiratet, doch erst 1949 ging es ab nach Engeland. Es ist weder im Standesamt der Stadtgemeinde, noch im Trauungsbuch der Stadtpfarre ein Heiratseintrag zu finden, was darauf schließen läßt, daß die Ehe nach dem anglikanischen Ritus vor einem Militärseelsorger in Klagenfurt geschlossen worden sein könnte. Das Hochzeitsbild zeigt das glückliche Paar, einen zivilen und einen uniformierten Beistand nebst fünf Angehörigen. Andy Murphy hat später St.Veit noch oft besucht. II/2007
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